Standpunkt 444, 5.5.2017
Standpunkt der Wirtschaft – Offizielles Informationsorgan der Wirtschaftskammer Baselland
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ENERGIEPOLITIK<br />
Haus der Wirtschaft -– Dienstleistungs- und Kompetenz-Zentrum für KMU aus Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie 5. Mai 2017 – Schweizerische Gewerbezeitung<br />
BL 5<br />
KMU-POLITIK<br />
Nach <strong>Standpunkt</strong>-Artikel: Landrat<br />
überweist Vorstoss «Betriebswegweiser».<br />
Jetzt handelt<br />
auch die Politik<br />
Der Fall der Tenniker Grovana Uhrenfabrik AG<br />
hat die Politik hellhörig gemacht. Während gut<br />
45 Jahren zeigte ein Firmenwegweiser den<br />
Kundinnen und Kunden sowie den auswärtigen<br />
Zulieferbetrieben den Weg zum Betrieb. Damit<br />
sollte nach dem Willen der Behörden bald<br />
Schluss sein. Sie verlangten von Grovana-CEO<br />
und -Mitbegründer Christopher Bitterli die Entfernung<br />
des Betriebswegweisers.<br />
Wie Recherchen des <strong>Standpunkt</strong>s ergaben, handelte<br />
es sich nicht um einen Einzelfall. Weil der<br />
Fall Grovana exemplarisch ist, reichte Landrat<br />
Hansruedi Wirz (SVP), Vizepräsident der Wirtschaftskammer,<br />
einen parlamentarischen Vorstoss<br />
ein. Dieser wurde vom Landrat in seiner<br />
Sitzung vom vergangenen 6. April überwiesen.<br />
Kulant und gewerbefreundlich<br />
Mit dem Postulat wird die Regierung gebeten,<br />
«sicherzustellen, dass bei der Bewilligung der<br />
Signalisierung von Betrieben (Industriezonen,<br />
Gewerbebetriebe, Betrieben, denen eine<br />
öffentliche Funktion zukommt) hohe Kulanz<br />
angewendet wird und die Schweizerische<br />
Signalisations verordnung gewerbefreundlich<br />
ausgelegt wird».<br />
ENERGIEGESETZ – Energie-Event der Liga Baselbieter Stromkunden zeigte auf: Die Förderung der<br />
Energieeffizienz ist unbestritten, Differenzen bestehen aber im Bereich Versorgungssicherheit.<br />
«Ausbalancierter Kompromiss»<br />
Dagegen hielt Nationalrat Christian<br />
Imark, SVP Solothurn: Es dürfe nicht<br />
sein, «dass der Energiemarkt an den<br />
Subventionstropf gehängt wird».<br />
Es sei unbestritten, dass man investieren<br />
müsse, damit der Energiemarkt<br />
wieder gesunde. Um dies zu erreichen<br />
sei aber das Marktdesign zu<br />
verändern, damit die Energieversorgungsunternehmen<br />
wieder Gewinne<br />
erwirtschaften könnten, sagte Imark<br />
laut Medienmitteilung. Dies sei<br />
aktuell nicht möglich und werde es<br />
auch mit der Energiestrategie 2050<br />
nicht.<br />
Die Ziele seien unrealistisch und<br />
führten zu einer Kostenexplosion. Im<br />
Weiteren verwies Imark auf steigende<br />
Abhängigkeiten vom Ausland und<br />
warnte davor, «ein ganzes Land an<br />
den Fördertopf» zu hängen.<br />
Laut Medienmitteilung war man sich<br />
an der Veranstaltung einig, dass die<br />
Versorgungssicherheit sichergestellt<br />
werden muss und dafür Investitionen<br />
notwendig sind. Über die Frage der<br />
Finanzierung hingegen seien die Meinungen<br />
auseinandergegangen.<br />
Schild des Anstosses: Dieser Firmenwegweiser<br />
war – wie viele andere –<br />
den Behörden ein Dorn im Auge.<br />
<br />
FOTO ZVG<br />
Falls ein Verwaltungsentscheid bestehe,<br />
Betriebswegweiser nicht mehr oder nur sehr<br />
beschränkt zu genehmigen, soll der Regierungsrat<br />
diesen Entscheid rückgängig machen.<br />
Weiter werde der Regierungsrat gebeten, aufzuzeigen,<br />
wie der Kanton Baselland den Nachweis<br />
abschätzt, ob ein Betrieb «häufig aufgesucht»<br />
und «schwer auffindbar» ist.<br />
Haben am Energie-Event der Liga Baselbieter Stromkunden die Klingen gekreuzt: Aeneas Wanner, Geschäftsführer von Energie Zukunft<br />
Schweiz, Stefan Müller-Altermatt von der CVP Solothurn und Christian Imark von der SVP Solothurn (v.l.).<br />
FOTO FRÜH<br />
Die im Rahmen der Energiestrategie<br />
2050 vorgesehenen Investitionen sind<br />
zwingend nötig, um den dysfunktionalen<br />
Energiemarkt wieder auf ein<br />
gesundes Fundament zu stellen und<br />
Wettbewerb zu ermöglichen. Dies<br />
sagte Nationalrat Stefan Müller-Altermatt,<br />
CVP Solothurn, vor rund<br />
160 Gästen am Energie-Event der<br />
Liga Baselbieter Stromkunden vom<br />
5. April im Hotel Engel in Liestal.<br />
Um die landesweite Stromversorgung<br />
langfristig zu sichern, seien die vorgeschlagenen<br />
Investitionen ein Muss,<br />
so Müller-Altermatt. Der Schlüssel<br />
liege in der Etappierung, sagte Müller-Altermatt<br />
laut Medienmitteilung<br />
der Liga Baselbieter Stromkunden.<br />
Eigenverantwortung statt Zwang<br />
Die Subventionen würden klar befristet<br />
und das aktuelle Fördermodell<br />
der kostendeckenden Einspeisevergütung<br />
(KEV) marktnäher ausgestaltet,<br />
so Müller-Altermatt. Die<br />
Bewilligungs- und Realisierungsverfahren<br />
für Wasser- und Windkraftwerke<br />
würden vereinfacht und beschleunigt.<br />
Das Energiegesetz baue<br />
auf Anreize und Eigenverantwortung,<br />
nicht auf Zwang. Und: Der<br />
Status quo sei keine Option.<br />
Investitionen wieder ermöglichen<br />
Auch Aeneas Wanner, Geschäftsführer<br />
Energie Zukunft Schweiz, sprach sich<br />
für das neue Energiegesetz aus: «Die<br />
Versorgungssicherheit kann nur<br />
sichergestellt werden, wenn wir wieder<br />
Rahmenbedingungen schaffen,<br />
die Investitionen ermöglichen.» Ohne<br />
Förderung sei dies nicht möglich.<br />
Wirtschaftsrat fasste Ja-Parole<br />
Laut Ligapräsident und Wirtschaftskammerdirektor<br />
Christoph Buser<br />
liegen Energieeffizienz und Energieeinsparungen<br />
im Interesse aller. Die<br />
Energiestrategie 2050 schaffe die entsprechende<br />
Planungssicherheit und<br />
damit die Basis für einen gesunden<br />
Energiemarkt, heisst es in der Mitteilung.<br />
Es handle sich «um einen gut<br />
ausbalancierten Kompromiss».<br />
Der Wirtschaftsrat hatte bereits in<br />
seiner Sitzung vom vergangenen<br />
30. März mit einer deutlichen Zweidrittesmehrheit,<br />
bei wenigen Enthaltungen<br />
die Ja-Parole zum Energiegesetz<br />
beschlossen (siehe <strong>Standpunkt</strong><br />
443).<br />
Daniel Schindler<br />
Verordnung lässt Interpretationsspielraum<br />
Für Hansruedi Wirz steht fest: Die Bedingungen<br />
für Betriebswegweiser, die in der Schweizerischen<br />
Signalisationsverordnung (SSV Art. 54)<br />
festgehalten sind, lassen Interpretationsspielraum<br />
zu. Dort heisst es, Betriebswegweiser<br />
können bewilligt werden, wenn sie den Weg zu<br />
häufig aufgesuchten Zielen weisen, die abseits<br />
von Durchgangsstrassen und wichtigen Nebenstrassen<br />
liegen und ohne besondere Wegweisung<br />
schwer auffindbar sind.<br />
Werde der Interpretationsspielraum im kantonalen<br />
Bewilligungsverfahren nicht genutzt und<br />
zum Beispiel «häufig aufgesuchte Ziele» sehr<br />
zurückhaltend beurteilt, werde die Gesuchstellung<br />
für KMU mit grossen Hürden versehen,<br />
schreibt Hansruedi Wirz in seinem Postulat. Es<br />
sei «irritierend, wenn aufgrund neuer Bewilligungsgesuche<br />
eine Neubeurteilung der Ausschilderung<br />
vor Ort erfolgt und bestehende<br />
Betriebswegweiser nach 30 Jahren entfernt<br />
werden müssen». Das sieht nun offensichtlich<br />
auch der Baselbieter Landrat so.<br />
Grosses Medienecho auf <strong>Standpunkt</strong>bericht<br />
Auf die Problematik aufmerksam wurde das<br />
Kantonsparlament nach einem Artikel im <strong>Standpunkt</strong><br />
der Wirtschaft (Nr. 441). Der Bericht wurde<br />
zuerst am 8. März vom Internetportal «onlinereports»<br />
aufgegriffen und danach vom «SRF-<br />
Regionaljournal Basel-Baselland» am 20. März<br />
und von der «Schweiz am Sonntag» am 26. März<br />
weiterverbreitet.<br />
Gegenüber der «Schweiz am Sonntag» hatte die<br />
Baselbieter Polizei bestätigt, dass alleine 2016<br />
rund 20 Unternehmen die Aufforderung erhalten<br />
hatten, ihre Betriebswegweiser zu entfernen,<br />
wobei in der Hälfte der Fälle eine Lösung<br />
gefunden werden konnte. Dies, indem etwa<br />
nachträgliche Bewilligungen erteilt wurden oder<br />
die ursprünglichen Bewilligungen noch irgendwo<br />
in den jahrzehntealten Firmenarchiven auftauchten.<br />
Zu diesen Fällen gehört auch die<br />
Grovana Uhrenfabrik. Daniel Schindler<br />
FAMILIENFREUNDLICHKEIT IN KMU – Die AGEBA TREUHAND AG bietet ihren Mitarbeitenden<br />
attraktive Anstellungsbedigungen. Dabei müssen sich beide Seiten flexibel zeigen.<br />
Flexible Arbeitszeiten zahlen sich aus<br />
Die Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf ist für ein modernes Unternehmen<br />
ein entscheidender Erfolgsfaktor.<br />
Dies zeigt das seit zwei Jahren laufende<br />
Projekt der kantonalen Fachstelle<br />
für Familienfragen auch am Beispiel<br />
der AGEBA TREUHAND AG.<br />
Die in Muttenz domizilierte Firma<br />
wird im Projektbericht beschrieben<br />
als «eine attraktive und fortschrittliche<br />
Arbeitgeberin, die bereit ist,<br />
bestehende Strukturen zu hinterfragen<br />
und in die Zukunft zu investieren».<br />
Sie schaffe Chancengleichheit<br />
für Frauen und Männer, indem<br />
sie Rahmenbedingungen schaffe, die<br />
es den Mitarbeitenden ermöglichen,<br />
Beruf und Familie in Einklang zu<br />
bringen.<br />
Thomas Germann, Mitinhaber und Geschäftsführer AGEBA TREUHAND AG, und Carina<br />
Cavalieri, dipl. Wirtschaftsprüferin und Treuhänderin mit Fachausweis. FOTO MWB<br />
Attraktive Anstellungsbedingungen<br />
Den insgesamt 23 Mitarbeitenden der<br />
AGEBA TREUHAND AG werden nicht<br />
nur anspruchsvolle und verantwortungsvolle<br />
Aufgaben sowie interessante<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten<br />
geboten, sondern auch attraktive Anstellungsbedingungen.<br />
«Die Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie ist uns<br />
wichtig. Als fortschrittlicher Arbeitgeber<br />
gewähren wir flexible Arbeitszeiten»,<br />
sagt Mitinhaber und Geschäftsführer<br />
Thomas Germann. Dass<br />
dies nicht nur schöne Theorie ist, sondern<br />
auch gelebt wird, bestätigt<br />
Carina Cavalieri, dipl. Wirtschaftsprüferin<br />
und Treuhänderin mit Fachausweis.<br />
Die junge Mutter arbeitet als<br />
Mandatsleiterin in einem 60-Prozent-<br />
Pensum. Ihre fixen Arbeitstage sind<br />
Montag, Mittwoch und Donnerstag.<br />
«Auch in einem Teilzeitverhältnis<br />
muss die Arbeit zeitnah erledigt werden,<br />
was jeweils im intensiven ersten<br />
Halbjahr, wenn die Revisionen durchgeführt<br />
werden, sicher eine Herausforderung<br />
darstellt», sagt Cavalieri.<br />
Die Teilzeitmitarbeitenden müssten<br />
sich in den jeweiligen Teams organisieren<br />
und je nach Arbeitsanfall auch<br />
bereit sein, Überzeit zu leisten. Diese<br />
könne in der weniger hektischen,<br />
zweiten Jahreshälfte kompensiert<br />
werden. Auf die Möglichkeit von Teilzeitanstellungen<br />
wird in den Stellenausschreibungen<br />
ausdrücklich hingewiesen.<br />
Der Vollzeitanteil bewegt<br />
sich um 40 Prozent. Die Mehrheit der<br />
23 Mitarbeitenden nutzt Teilzeitpensen<br />
im Umfang von 40 bis 90 Prozent.<br />
Genutzt werden die Teilzeitmöglichkeiten<br />
von acht Frauen und<br />
fünf Männern.<br />
Unterstützung bei der Betreuung<br />
Die AGEBA TREUHAND AG bietet<br />
nicht nur flexible Arbeitszeiten, sie<br />
unterstützt ihre Mitarbeitenden auch<br />
im Falle von Betreuungsaufgaben.<br />
So übernimmt das Unternehmen<br />
einen Teil der Kosten für die Benützung<br />
von Tageskrippen. Im Rahmen<br />
des erwähnten Projekts ist das Unternehmen<br />
daran, einen bezahlten Vaterschaftsurlaub<br />
von fünf Tagen einzuführen.<br />
Für Germann zahlen sich<br />
flexible Arbeitszeiten und ein familienfreundliches<br />
Klima in zufriedenen<br />
und vor allem langjährigen Mitarbeitenden<br />
aus. Marcel W. Buess<br />
Der <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft stellt<br />
2017 in einer Serie KMU vor, die am<br />
kantonalen Programm «Familien-Checkup»<br />
teilgenommen haben.<br />
LINK<br />
www.ageba.ch<br />
www.familienfreundliche-kmu.bl.ch