2018-06 Pfarrblatt
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Editorial Interview<br />
„Kirche muss in die Welt hinausgehen”<br />
Im Herbst findet im Vatikan die<br />
Bischofssynode zum Thema „Jugend,<br />
Glaube und Berufungs unterscheidung“<br />
statt. Zur Vorbereitung<br />
sollten die jungen Erwachsenen<br />
selbst zu Wort kommen. Die 23-jährige<br />
Theologiestudentin Medea<br />
Sarbach war eine der über 300<br />
Teilnehmenden bei der Vorsynode<br />
im Frühjahr in Rom. Sie vertrat die<br />
Schweizer Kirche. Über ihre Eindrücke<br />
sprach sie mit Christina-Mönkehues-Lau.<br />
Wie war deine Reaktion, als du von<br />
der Bischofs konferenz als Vertreterin<br />
ausgewählt wurdest?<br />
Ich habe mich sehr gefreut und war<br />
dankbar über das Vertrauen der Bischöfe<br />
in mich. Vielleicht hat meine<br />
Wahl damit zu tun, dass ich in der<br />
Jubla war, ministriert und mit Voyage-Partage<br />
ein Volontariat gemacht<br />
habe und ausserdem Mitglied der<br />
ARGE Weltjugendtag bin – und somit<br />
ein wenig eine Übersicht über<br />
die kirchliche Jugendarbeit in der<br />
Schweiz habe.<br />
Wie hast du dich vorbereitet?<br />
Ich habe die Ergebnisse der Online-Umfragen<br />
zur Jugendsynode<br />
gelesen und so die Erfahrungen<br />
der Jugendlichen aus anderen Regionen<br />
z.B. dem Wallis oder Tessin<br />
mitnehmen können. Aber natürlich<br />
ging es auch darum, die eigenen Erfahrungen<br />
einzubringen.<br />
Mit welchen Erwartungen bist du<br />
aufgebrochen?<br />
Ich war ganz offen und wollte mich<br />
überraschen lassen. Ausserdem<br />
fand ich es sehr gut, dass nicht nur<br />
junge Katholiken aller Kontinente<br />
eingeladen waren, sondern auch<br />
VertreterInnen anderer Religionen.<br />
Allein schon der Austausch mit den<br />
anderen Schweizern Sandro Bucher,<br />
der sich als Atheist bezeichnet, und<br />
Jonas Feldmann, der kirchenkritisch<br />
ist, war sehr spannend und bereichernd<br />
für mich.<br />
Welche Themen waren dir wichtig?<br />
Ich fand es wichtig, die Frage nach<br />
dem Sinn, der eigenen Identität und<br />
die Relevanz des Glaubens dabei<br />
einzubringen. Viele junge Menschen<br />
stellen sich diese Fragen und finden<br />
keine Antworten. Ich würde mir von<br />
der Kirche wünschen, dass sie genau<br />
dort die Jugendlichen mehr begleitet.<br />
Ich bin überzeugt, dass die Kirche<br />
viel zu sagen zu diesen Themen,<br />
weil ich selbst im Glauben und in<br />
der Kirche immer wieder neu Sinn<br />
und Halt gefunden habe. Die Kirche<br />
sollte ein Ort sein, wo man die Freude<br />
des Glaubens an Jesus Christus<br />
erfahren kann.<br />
Auch das Thema „Einheit“ in der Kirche<br />
ist mir wichtig. Die Einteilung<br />
in „konservativ“ und „liberal“ bringt<br />
uns nicht weiter. Ich habe immer<br />
wieder erfahren, wie wichtig es ist,<br />
sich mit Offenheit zu begegnen;<br />
egal, von welchem Hintergrund<br />
man kommt. In einem Praktikum<br />
habe ich ausserdem eine sehr schöne<br />
Erfahrung gemacht mit einem<br />
Pfarreicafé im Dorfkern. Hier ist Kirche<br />
dort, wo die Menschen sind. Das<br />
ist sehr wichtig. Gerade im Bezug<br />
auf die Jugendlichen muss die Kirche<br />
in die Welt hinausgehen und auf<br />
keinen Fall warten, bis sie von alleine<br />
wieder in die Kirche kommen. Es<br />
wäre schön, wenn sie sich vermehrt<br />
darum bemüht, Gesprächspartner<br />
zu sein für junge Menschen – gerade<br />
auch bei der Sinnsuche und der Berufungsunterscheidung.<br />
Die Vorsynode<br />
war meiner Meinung nach ein<br />
starkes Zeichen der Wertschätzung<br />
und des Zutrauens der katholischen<br />
Kirche der Jugend gegenüber.<br />
Mit 300 jungen Leuten habt ihr ein<br />
Abschluss papier verabschiedet.<br />
Wie war das möglich?<br />
Wir haben in Kleingruppen gearbeitet<br />
und jeder konnte seine persönliche<br />
Erfahrung und seine ehrliche<br />
Meinung einbringen. Eine Gruppe<br />
der Teilnehmenden hat dann alle 26<br />
verschiedenen Dokumente zusammengefasst.<br />
Anschliessend konnten<br />
wir mehrmals die ausgearbeitete<br />
Version kommentieren und Änderungen<br />
einbringen. Der Papst hat<br />
uns am Anfang gesagt: Redet miteinander<br />
ohne Zensur. Und so war der<br />
Austausch dann auch geprägt von<br />
Foto: zVg<br />
Medea Sarbach ist 23 Jahre alt<br />
und studiert in Freiburg im 3. Jahr<br />
Theologie. Sie stammt aus dem<br />
Kanton Baselland<br />
einer lockeren Atmosphäre – alle waren<br />
offen, haben einander zugehört,<br />
aber es auch ehrlich gesagt, wenn<br />
sie eine andere Meinung hatten. Am<br />
Ende hat es mich sehr berührt, dass<br />
wir uns alle im Schlussdokument<br />
wiedergefunden haben, unabhängig<br />
von Kultur, Religion oder Herkunft.<br />
Die Stärke des Dokuments ist,<br />
dass verschiedene Realitäten und<br />
Meinungen nebeneinanderstehen<br />
können, z.B. wie unterschiedlich die<br />
Kirche von jungen Menschen weltweit<br />
wahrgenommen wird.<br />
Ein wichtiger Punkt war das Thema<br />
Berufungs unter scheidung.<br />
Was heisst das für dich?<br />
Der Begriff „Discernement vocationnel“<br />
gefällt besser. Es geht darum,<br />
Berufung nicht nur in Bezug auf das<br />
Priesteramt zu verstehen, sondern<br />
Berufung auch auf die Ehe, den Platz<br />
in der Gesellschaft, Welt und Kirche<br />
zu beziehen. Ich glaube, dass jeder<br />
Mensch eine eigene, persönliche<br />
Berufung hat. Diese zu finden kann<br />
aber eine Herausforderung sein für<br />
junge Menschen. Deshalb hoffe<br />
ich, dass die Kirche in Zukunft noch<br />
eine grössere Hilfe für sie dabei sein<br />
kann.<br />
Kath. Pfarreiseelsorge Freiburg Stadt und Umgebung | Juni <strong>2018</strong> 3