Kristallklar - Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung
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KRISTALLKLAR<br />
Heft 105 | 2012 | Region westlicher <strong>Bodensee</strong><br />
MAGAZIN DER BODENSEE-WASSERVERSORGUNG
Editorial<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
<strong>Bodensee</strong> – das klingt nach Sommer,<br />
Sonne, am Wasser sitzen und den Wellen hin -<br />
ter her sehen. Wir möchten Sie in diesem Heft<br />
mit nehmen an das westliche Ende des größten<br />
Binnengewässers Deutschlands, an den fjord -<br />
ähn lichen Überlinger See mit seinen steilen<br />
Ufern und an den lieblichen Untersee mit seinen<br />
Inseln und Kulturschätzen.<br />
Der <strong>Bodensee</strong> ist ein wertvoller Teil Baden-<br />
Württembergs. Um ihn zu schützen, müssen wir<br />
so gut wie möglich über ihn Bescheid wissen.<br />
Ausgewiesene Kenner des Sees sind die Mit ar -<br />
beiter des Instituts für Seenforschung in<br />
Langenargen, die wir über ihre Arbeit befragt<br />
haben. Der Artikel über „<strong>Bodensee</strong>Online“ gibt<br />
ebenfalls Einblick in unbekannte Vorgänge im<br />
See.<br />
Der <strong>Bodensee</strong> ist auch die Heimat von Juliane<br />
Hempel und Alexandra Lang. Die eine konstruiert<br />
exklusive Segelyachten, Jollen und manchmal<br />
auch Motorboote für den <strong>Bodensee</strong> und<br />
andere Gewässer. Die andere ist Meisterin sü -<br />
ßer Nachtische. Zudem stellen wir Ihnen die<br />
Vo gelwarte Radolfzell vor, die nicht nur Vögel<br />
beobachtet, und die Kirche St. Georg, ein be -<br />
sonderes Juwel der Insel Reichenau. Freiherr von<br />
Bodman hat uns einen Einblick gewährt in die<br />
vielen Bereiche seines traditionsreichen Fa mi -<br />
lien betriebs und unsere Azubis in die vielen<br />
Aus bildungsmöglichkeiten bei der <strong>Bodensee</strong>-<br />
<strong>Wasserversorgung</strong>.<br />
Wir wünschen viel Vergnügen beim gedanklichen<br />
Ausflug an den <strong>Bodensee</strong>.<br />
Michael Stäb ler<br />
Kaufmännischer Geschäftsführer<br />
Prof. Dr. Hans Mehlhorn<br />
Technischer Geschäftsführer<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
4<br />
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Inhalt<br />
Trinkwasserreservoir, Freizeitparadies, Verkehrsweg<br />
Sie wissen viel, aber kennen noch längst nicht alles<br />
Wellen, Wind und Sonne liefern wichtige Daten<br />
Das Schönste gibt’s zum Schluss<br />
Weltkulturerbe Insel Reichenau<br />
Nachrichten<br />
Veranstaltungen und Feste<br />
Vom Stapel, nicht von der Stange<br />
Aus Stahl wird fließendes Wasser<br />
Verwunschen, verwachsen, verzaubert<br />
Der Nase nach immer nach Süden<br />
Die einen rechnen und schreiben,<br />
die anderen schrauben und reparieren<br />
Zwischen Tradition und Vision<br />
Auf einen Blick<br />
3
<strong>Bodensee</strong><br />
Trinkwasserreservoir, Freizeitparadies, Verkehrsweg<br />
In den Städten und Gemeinden<br />
am größten See Deutschlands leben<br />
rund eine Million Menschen. An seinen<br />
Ufern finden sich Naturschutzgebiete,<br />
die unzähligen Tier- und Pflan zen ar -<br />
ten Versteck und Nahrung bieten. Er<br />
ist Freizeitparadies und Urlaubs at trak -<br />
tion. Aber nicht nur. Der <strong>Bodensee</strong> ist<br />
das größte Trink was ser re servoir Eu ro -<br />
pas und ein wahrer Glücks fall für Ba -<br />
den-Württemberg.<br />
Das Wasser des <strong>Bodensee</strong>s ist von bes -<br />
ter Qualität, klar und sauber. Das war<br />
nicht immer so, und es bedarf großer<br />
Anstrengungen, damit die heutige<br />
gu te Wasserqualität so bleibt. Aus den<br />
meist unbesiedelten Höhenlagen der<br />
Alpen strömen gewaltige Mengen sehr<br />
sauberen Gebirgswasser in den See.<br />
Über 200 Flüsse und Bäche sorgen für<br />
einen niemals endenden Strom, der den<br />
<strong>Bodensee</strong> speist. Dabei hat der Alpen -<br />
rhein den weitaus größten Anteil. Ins -<br />
gesamt 11,5 Milliarden Kubikmeter<br />
4 <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
Der <strong>Bodensee</strong> wird von vielen genutzt – und von vielen geschützt<br />
Was ser fließen jährlich in den Bo den see.<br />
Durch seine große Tiefe von 254 Meter<br />
kann der <strong>Bodensee</strong> eine stabile Schich -<br />
tung ausbilden. Kaltes Wasser ist<br />
schwe rer als warmes Wasser. Die meis -<br />
te Zeit des Jahres ist die obere, lichtdurchflutete<br />
Schicht wärmer als das<br />
darunter liegende Tiefenwasser. Diese<br />
Schichtung ist für Schadstoffe eine<br />
un durchdringliche Barriere; sie können<br />
daher praktisch nicht die Tiefe und da -<br />
mit auch nicht zu den Trink was ser ent -<br />
nahmestellen absinken.<br />
Am Ende des Winters ist die obere<br />
Schicht soweit abgekühlt, dass das Was -<br />
ser im See nahezu durchgehend ei ne<br />
Tem pe ra tur von etwa vier Grad Celsius<br />
aufweist. Die Frühjahrsstürme bringen<br />
dann Bewegung in den See, er wird um -<br />
gewälzt. Bei dieser Zirkulation wird<br />
sau erstoffreiches Wasser aus den oberen<br />
Schichten in die Tiefe getragen, ein<br />
wichtiger Vorgang, um dem See seine<br />
sehr gute Wasserqualität zu erhalten.<br />
Die dichte Besiedlung am See, Pro duk -<br />
tions stätten, Ge sund heits ein rich tun gen<br />
und Verkehr bringen Belastungen für<br />
das Gewässer. Nahezu alle Abwässer<br />
wer den sorgfältig in modernsten Klär -<br />
an lagen gereinigt, bevor sie dem See<br />
zu geleitet werden. Mit ausgeklügelten<br />
Messmethoden können kleinste Spu ren<br />
unseres modernen Alltags im See nachgewiesen<br />
werden.<br />
Zur Reinhaltung des Sees ist der Ge -<br />
wäs serschutz bereits im Was ser ein zugs -<br />
gebiet des <strong>Bodensee</strong>s von großer Be -<br />
deutung. Natürliche Flussläufe, ge -<br />
schützte Gebiete, Überwachung der<br />
Schutzbestimmungen und regelmäßige,<br />
strenge Kontrollen der Ge wäs ser qua -<br />
lität sind unabdingbare Vor aus setz un -<br />
gen hierfür. Es ist ein Segen für den<br />
See, dass alle Anrainerstaaten, das sind<br />
die Schweiz, Österreich, Liech ten stein,<br />
und in Deutschland der Freistaat Bay -<br />
ern und das Land Baden-Würt tem berg,<br />
an einem Strang ziehen.<br />
5
Wasserqualität<br />
Niemand kennt den <strong>Bodensee</strong> besser<br />
als sie: Seit über 90 Jahren beobachten<br />
und untersuchen die Exper -<br />
ten des Instituts für Seenforschung<br />
(ISF) der LUBW (Landesanstalt für<br />
Umwelt, Messungen und Natur -<br />
schutz Baden-Württemberg) in Lan -<br />
genargen den Zustand des Boden -<br />
sees, seiner Zuflüsse und der weiteren<br />
mehr als 4.000 natürlichen Seen<br />
in Baden-Württemberg.<br />
Sie schätzen zum Beispiel die Ge -<br />
fah ren ein, die die Uferzonen oder<br />
die Was ser qualität bedrohen, und<br />
un tersuchen das komplexe Öko sys -<br />
tem. Mit den von ihnen erhobenen<br />
Langzeit be obachtungen und durchgeführten<br />
Projekten liefern sie der<br />
Politik die Grundlage, um wichtige<br />
Entschei dun gen zu treffen wie zum<br />
Beispiel neue Gewässer schutz maß -<br />
nahmen.<br />
Das ISF wurde 1920 gegründet.<br />
Warum?<br />
Es gab damals einen „Verein für Seen -<br />
forschung und Seenbewirtschaf tung“;<br />
d.h. man hat sich zu dieser Zeit schon<br />
Gedanken gemacht, warum es jedes<br />
Jahr unterschiedliche Fanger ge bnisse<br />
gibt (ich kann Ihnen verraten, das weiß<br />
man bis heute nicht). Letzt endlich hoff-<br />
Sie wissen viel, aber kennen noch längst nicht alles<br />
Die Forscher in Langenargen sind die Hüter des <strong>Bodensee</strong>s<br />
Dr. Gerd Schröder<br />
Interview mit Dr. Gerd Schröder, Leiter des Instituts für Seenforschung (ISF) der LUBW<br />
te man sagen zu können, nächstes Jahr<br />
gibt es ein gutes Fisch jahr – oder<br />
nicht.<br />
Am Genfer See ist Professor Forel zu<br />
Beginn des letzten Jahrhunderts der<br />
Frage nachgegangen, wie funktioniert<br />
so ein See, welche Strömungen treten<br />
auf, welche Nahrungsketten sind vorhanden,<br />
wie ist alles miteinander verwoben.<br />
Das wollte man auch am Bo -<br />
densee haben.<br />
Welche Themen standen am Anfang<br />
im Mittelpunkt?<br />
Das Thema Umweltschutz war zu -<br />
nächst überhaupt kein Thema. Der<br />
<strong>Bodensee</strong> war in den ersten Jahr zehn -<br />
ten nach Gründung des Instituts, was<br />
den Nährstoffgehalt angeht, ex trem<br />
nähr stoffarm. Im Gegenteil, das Ins ti -<br />
tut hat sich sogar Gedanken gemacht,<br />
wie man den See düngen könnte. Der<br />
Münchener Wissenschaftler Professor<br />
Demoll machte den ernst gemeinten<br />
Vorschlag, spezielle Düngeschiffe zu<br />
konstruieren, um Gülle aufzunehmen,<br />
und den See damit zu düngen.<br />
Man wusste allerdings damals schon<br />
sehr wohl, dass ein Bestandteil der<br />
Gül le, also im Wesentlichen der Phos -<br />
phor, für das Wachstum der Algen ein<br />
wichtiger Faktor ist. Nur hat man das<br />
damals anders gesehen und gesagt,<br />
man will dem See was Gutes tun.<br />
Wenn es mehr Algen gibt, dann gibt’s<br />
mehr Wasserflöhe, und dann gibt’s<br />
mehr Fische. Durch die zunehmende<br />
Besiedlung kam es tatsächlich zu einer<br />
Überdüngung des Sees, was ja in der<br />
Nachkriegsphase diese großen Proble -<br />
me bereitet hat. Was damals als positiver<br />
Impuls gedacht worden war, kam<br />
dann als schlechte Geschichte tatsächlich<br />
auf den See zu.<br />
Wie sieht die Bilanz nach 90<br />
Jahren Bestehen des Instituts aus?<br />
Wir haben mitgewirkt, diesen See zu<br />
erforschen und zu erkunden. Er gilt als<br />
einer der am besten untersuchten<br />
Seen, die wir kennen. Wir können auch<br />
vieles aus den Langzeituntersu chun -<br />
gen nutzen. Wir haben zum Beispiel<br />
ein kleines Projekt, bei dem wir die<br />
nächsten drei Jahren modellieren<br />
möch ten: Was passiert, wenn es tatsächlich<br />
zu weiteren Erwärmungen<br />
kommt? Dabei können wir auf Lang -<br />
zeitdaten zurückgreifen, die uns helfen,<br />
so etwas einigermaßen realistisch<br />
zu berechnen. Noch etwas schwierig<br />
ist es, die Ergebnisse einzuordnen.<br />
Welche Auffälligkeiten gibt es<br />
im Zeitraum dieser 90 Jahre?<br />
Was man auf jeden Fall sagen kann,<br />
ist, dass sich das Seewasser ähnlich<br />
wie auch die Luft erwärmt, aber nicht<br />
ganz so stark. Wir haben nur 0,03 Grad<br />
pro Jahr für die vergangenen vier<br />
Jahr zehnte gemessen, aber wir haben<br />
festgestellt, dass das sowohl an der<br />
Oberfläche als auch im Tiefenbereich<br />
stattfindet. Das sagt natürlich noch<br />
nichts über die Ursachen.<br />
Ebenfalls lässt sich feststellen, dass seit<br />
etwa 20 Jah ren der <strong>Bodensee</strong> immer<br />
weniger die jährliche Durchmischung<br />
schafft. Nor malerweise wird einmal im<br />
Jahr das Wasser so kalt, dass es im<br />
Frühjahr zu einem Temperaturaus gleich<br />
kommt und kaltes, sauerstoffreiches<br />
Ober flä chenwasser nach unten abtauchen<br />
kann. Wichtig dabei ist, dass<br />
auch in den tiefen Schichten im See<br />
Sauer stoff ankommt. Genau dies funktioniert<br />
seit Jahren nicht mehr alljährlich,<br />
oder aber der Austausch findet<br />
nur unvollständig bis zu einer Was -<br />
sertiefe von 150 bis 200 Metern statt.<br />
Müssen wir uns wegen der<br />
Arzneimittelrückstände im Wasser<br />
Sorgen machen?<br />
Der Arzneimittelverbrauch steigt leider<br />
immer noch, was auch nicht weiter<br />
verwundert. Die Menschen werden äl -<br />
ter, und mit zunehmendem Alter kommen<br />
gesundheitliche Probleme, die mit<br />
Arzneimitteln sehr gut behandelbar<br />
sind. An die Umwelt wird da leider noch<br />
wenig gedacht.<br />
Wir wissen, dass es Stoffe gibt, die sich<br />
auf Organismen auswirken, und wir<br />
wissen auch, dass die da sind. Baden-<br />
Württemberg hat sich entschieden,<br />
ei nige Kläranlagen mit zusätzlichen Aktiv<br />
kohlefiltern auszustatten, um die se<br />
Stoffe aus dem Wasser herauszuholen.<br />
Wir müssen sehen, was wir da mit erreichen<br />
können.<br />
Was sind die wichtigsten Themen<br />
für die Zukunft?<br />
Ich denke, der Klimawandel bleibt uns<br />
erhalten. Ich denke auch, dass die Öko -<br />
toxikologie-Effekte, also z.B. langzeitige<br />
Auswirkungen von anthropogenen<br />
Spurenstoffen auf die Biosphä re<br />
und damit letztendlich auch auf den<br />
Menschen, uns sehr beschäftigen werden.<br />
Hinzu kommen die Strukturprobleme,<br />
die der <strong>Bodensee</strong> hat. Über die Hälfte<br />
des Ufers ist vom Menschen überformt,<br />
also naturfern. Wenn Sie sich<br />
zum Beispiel ein Ufer im Bereich unserer<br />
Städte und Ortschaften ansehen,<br />
da haben Sie nicht nur Häfen, da gibt<br />
es auch z.T. großflächige Beton ram -<br />
pen. Sie haben alles Mögliche dort,<br />
nur keinen ursprünglichen Pflan zen -<br />
bestand und kein natürliches Ufer mit<br />
Durchgängigkeit. Dadurch haben beispielsweise<br />
Amphibien, die sowohl an<br />
Land als auch im Wasser sind, keinen<br />
Lebensraum mehr. Wir Menschen ha -<br />
ben da schon sehr viel verändert –<br />
wahrscheinlich nicht immer positiv.<br />
6 <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
7
Wissenschaft<br />
Wellen, Wind und Sonne<br />
liefern wichtige Daten<br />
Das Projekt <strong>Bodensee</strong>Online dient der Vorhersage von Störfällen<br />
Das riesige Becken des <strong>Bodensee</strong>s<br />
wird von gewaltigen Mengen Wasser<br />
durchströmt. Die großen und kleinen<br />
Zu flüsse, der Wind und die unterschiedlichen<br />
Temperaturen von Wasser und<br />
Luft haben Einfluss auf die Ström un -<br />
gen im See und ändern diese ständig.<br />
Dank modernster Technik ist es heute<br />
möglich, Vorgänge im See abzubilden,<br />
die für das Auge nicht sichtbar sind.<br />
Nicht nur für die <strong>Wasserversorgung</strong><br />
und die Gemeinden, sondern auch für<br />
die Schifffahrt, die Wasser schutz po li -<br />
zei, Fischer oder Segler ist die an schauliche<br />
Auswertung dieser Infor ma tio -<br />
nen von Interesse.<br />
Die Messdaten kommen laufend aus<br />
ver schiedenen Einrichtungen und Or -<br />
ga nisationen. So liefert beispielsweise<br />
der Deutsche Wetterdienst die An ga -<br />
ben zu Lufttemperatur, Windrichtung<br />
und Windgeschwindigkeit. Die Wasser -<br />
werke speisen Daten über die In halts -<br />
stoffe des Wassers in den zentralen<br />
Rechner ein, und die Messstationen an<br />
den Flussmündungen übermitteln die<br />
genauen Zuflussmengen zum See. All<br />
diese Informationen liefern ein genau-<br />
es Bild über die Abläufe im See. Ähn -<br />
lich dem Vorgehen bei der Wetter vor -<br />
hersage kann mit „<strong>Bodensee</strong>Online“<br />
ei ne Prognose erstellt werden, wie sich<br />
die Vorgänge im See in den nächsten<br />
drei Tagen entwickeln werden. Der<br />
Nutzen liegt auf der Hand. Vor al lem<br />
der Katastrophenschutz, die Schiff fahrt<br />
und die <strong>Wasserversorgung</strong> profitieren<br />
von diesen Prognosen.<br />
Die Belange der <strong>Wasserversorgung</strong> am<br />
<strong>Bodensee</strong> waren überhaupt der wichtigste<br />
Aspekt bei der Entwicklung von<br />
„<strong>Bodensee</strong>Online“. Es gibt 16 Wasser -<br />
wer ke rund um den <strong>Bodensee</strong>, die insgesamt<br />
5,5 Millionen Menschen in<br />
Deutschland und der Schweiz mit<br />
Trinkwasser versorgen. Um das See was -<br />
ser zu bestem Trink wasser aufzubereiten,<br />
müssen die Was ser versorger die In -<br />
halts stoffe des Was sers genau kennen.<br />
Bei einem Eintrag von unerwünschten<br />
Stoffen in den See kann heute mit<br />
„<strong>Bodensee</strong>Online“ be rechnet werden, ob<br />
eine Ge fähr dung für die Was ser ent -<br />
nah mestelle besteht. Die Kenntnis<br />
hier über ermöglicht es den Was ser wer -<br />
ken, angemessen zu rea gieren.<br />
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele für<br />
die Anwendung solcher Prognosen. So<br />
werden bei heftigen Gewittern in den<br />
Alpen oft große Mengen von Treibholz<br />
in den See geschwemmt. Die Schiff -<br />
fahrt kann mit entsprechenden Vor -<br />
her sagen über die Bewegungen der<br />
Treib holzfelder auf dem See ihre Rou -<br />
ten anpassen und Schäden an den<br />
Schif fen vermeiden. In einem anderen<br />
Fall konnte mit Hilfe dieser Be rech -<br />
nun gen die Wasserschutzpolizei eine<br />
Mo toryacht bergen lassen, ohne eine<br />
in der Nähe befindliche Ent nah me stel -<br />
le für Trinkwasser zu gefährden.<br />
Werfen Sie selbst einen Blick auf die<br />
Prognosen von „<strong>Bodensee</strong>Online“:<br />
www.bodenseeonline.de<br />
Der <strong>Bodensee</strong>:<br />
Fläche: 536 Quadratkilometer<br />
Länge: 63 Kilometer<br />
Breite: 14 Kilometer<br />
Tiefe: 254 Meter<br />
Inhalt: 50 Kubikkilometer<br />
Zufluss im Mittel: 360 Kubikmeter pro Sek.<br />
8 <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
9
Kulinarisches<br />
Das Schönste gibt’s zum Schluss<br />
Alexandra Lang aus Meersburg zaubert preisgekrönte Desserts<br />
Mit 25 war sie die Beste ihres<br />
Fachs in Deutschland. Heute ist sie 27<br />
und staunt noch immer darüber, wie<br />
das passieren konnte: 2010 wurde<br />
Alexandra Lang aus Meersburg als erste<br />
Frau mit dem vom Schlemmer Atlas<br />
verliehenen Titel „Pâtissier des Jahres“<br />
ausgezeichnet. Ein Traum sei das schon<br />
gewesen, bekennt die gelernte Konditorin,<br />
aber damit gerechnet habe sie<br />
nicht. Die Tester, die vor Ort ihre<br />
Kreationen probiert und bewertet hatten,<br />
kennt sie bis heute nicht. Irgendwann<br />
erhielt sie einen Anruf, dass sie<br />
in der engeren Wahl sei, bald danach<br />
flatterte ein Brief mit der Auszeichnung<br />
ins Haus. „Diesen Tag hätte nichts<br />
vermiesen können“, freut sich Alexandra<br />
Lang noch heute.<br />
Der Titel zieht natürlich viele Genießer<br />
an. „Hin und wieder kommen Gäste,<br />
die nur ein Dessert essen möchten.<br />
Darüber freue ich mich natürlich sehr.“<br />
Zumal das Romantik Hotel Residenz am<br />
See, in das sie vor drei Jahren zurückgekehrt<br />
ist, über zwei Restaurants mit<br />
ausgezeichneter Küche verfügt: Das<br />
Residenz-Restaurant mit regionaler<br />
Küche und das mit einem Michelin-<br />
Stern gekürte Gourmet-Restaurant<br />
Casala. Vor 17 Jahren hatten die Eltern<br />
von Alexandra Lang das Haus übernommen.<br />
Schon als kleines Kind war<br />
sie häufig in der Küche, weniger an den<br />
Kochtöpfen – den Fisch- und Fleischgeruch<br />
am Morgen mochte sie nicht –,<br />
sondern beim damaligen Pâtissier. Der<br />
stellte sie auf einen Stuhl und ließ sie<br />
zuschauen. Vermutlich war er schuld,<br />
dass sie nach ihrem Schulabschluss<br />
eine Ausbildung als Konditorin in Fried -<br />
richshafen begann.<br />
Schokolade ist ein Muss<br />
Irgendwann möchte sie ihr „eigenes<br />
Ding“ machen, vielleicht ein Café oder<br />
ein Bistro, auch wenn das ein wenig<br />
von dem abweicht, was sie gerade<br />
macht und was ihr Spaß macht. Denn<br />
10<br />
als Chef-Pâtissier im elterlichen Betrieb<br />
ist sie vor allem für die Desserts in den<br />
beiden Restaurants verantwortlich.<br />
Natürlich gebe es auch täglich drei bis<br />
fünf Kuchen, aber ihr Metier sieht sie<br />
nicht im Backen, auch wenn die französische<br />
„Pâtisserie“ meist mit Konditorei<br />
übersetzt wird. In reinen Speiserestaurants<br />
ist der Pâtissier zuständig<br />
für die Herstellung von Desserts, Pralinen<br />
und Petit Fours. Für die zwei Restaurants<br />
im Haus kreiert Alexandra Lang<br />
je vier Desserts. Immer dabei sein muss<br />
eins mit Schokolade und ein warmes.<br />
Eine Ausbildung zum Pâtissier gibt es<br />
in Deutschland noch nicht. Viele machen<br />
zunächst eine Kochausbildung mit<br />
dem Schwerpunkt Pâtisserie. Fachwissen<br />
und Können erwerben sich die<br />
meis ten dann in gehobenen Restaurants<br />
oder durch Fort- und Weiterbildungen.<br />
Auch Alexandra Lang schaute nach ih -<br />
rer Ausbildung einigen Meistern über die<br />
Schulter wie zum Beispiel in der Traube<br />
Tonbach bei Harald Wohl fahrt, dem besten<br />
Koch Deutschlands, in Baiers bronn.<br />
Als Chef-Pâtissier ar bei tete sie dann in<br />
der Wie landshöhe von Vincent Klink in<br />
Stuttgart und im Schlosshotel Velden<br />
am Wörthersee.<br />
Arbeit im Millimeterbereich<br />
„In der Traube Tonbach wurde mir ordentlich<br />
auf die Finger geklopft“, lacht<br />
Alexandra Lang. Heute ist sie dankbar,<br />
dass der Chef der Pâtisserie Pierre<br />
Lingelser nicht zimperlich war. „Er ist<br />
ein absoluter Perfektionist.“ Bei ihm<br />
lern te sie präzise zu arbeiten und auf<br />
den Millimeter zu achten. Wichtig sei<br />
natürlich auch eine gehörige Portion<br />
Geduld, damit die süßen Kunstwerke ge -<br />
lingen. Daher rät sie auch jedem Laien:<br />
Üben und Ausdauer zeigen. Denn zu<br />
Hause ist es nicht anders wie in einem<br />
Spitzenrestaurant. Das Dessert ist der<br />
wichtigste Gang des Essens und als<br />
letzter bleibt er im Gedächtnis haften.<br />
www.hotel-residenz-meersburg.com<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
Große Fingerfertigkeit und viel<br />
Phantasie sind nötig, um solche<br />
süßen Kunstwerke zu schaffen.<br />
Der Lohn: Für ihre exquisiten<br />
Desserts wurde die Meers bur gerin<br />
Alexandra Lang 2010 zum<br />
„Pâtissier des Jahres” gekürt
Kultur<br />
Großes Bild: Die einzigartigen<br />
Wandmalereien und Ornament bänder<br />
der St. Georgskirche gelten als Haupt -<br />
zeugnisse des Klosters Reichenau und<br />
bilden die älteste erhaltene Kirch -<br />
ausmalung nördlich der Alpen<br />
Kleines Bild: Die romanische<br />
Basilika gehört zum Weltkulturerbe<br />
„Klosterinsel Reichenau“<br />
Mit dem Bau eines Dammes hat<br />
Reichenau zwar 1838 sein Inseldasein<br />
aufgeben, dennoch betritt der Be su cher<br />
auch heute noch eine andere Welt:<br />
Obst- und Gemüseanbauflächen, Ge -<br />
wächshäuser und Weinreben erzeugen<br />
ein beschauliches Bild, das durch weit<br />
verstreut liegende Höfe, kleine Orts -<br />
teile und viele Kulturdenkmäler unterbrochen<br />
wird.<br />
Im Jahr 2000 wurde die „Klosterinsel<br />
Reichenau“ in die Welterbeliste der<br />
UNESCO aufgenommen als „ein herausragendes<br />
Zeugnis der religiösen und<br />
kulturellen Rolle eines großen Be ne -<br />
dik tinerordens im Mittelalter“. Neben<br />
mehreren Bauwerken des ehemaligen<br />
Benediktinerklosters aus dem Jahr 724<br />
waren vor allem drei romanische Kir -<br />
chen Grund für die Aus zeichnung.<br />
Ein besonderes Kleinod ist die Basilika<br />
St. Georg in Reichenau-Oberzell. Sie<br />
ent stand Ende des 9. Jahrhunderts<br />
aller Wahrscheinlichkeit nach, um ei -<br />
nige Reliquien des Märtyrers und<br />
Schutzpatrons aufzubewahren. Die<br />
Wand malereien an den Längsseiten er -<br />
zählen in großen Bildtafeln von den<br />
Wundertaten Christi und sind der<br />
wert vollste Teil der spätkarolingischen<br />
Georgskirche. In den Zwickeln zwischen<br />
den Arkaden sind Medaillons<br />
mit Bildern der Äbte und zwischen den<br />
Fenstern Apostelfiguren zu sehen. Die<br />
Malereien wurden zwischen 1982 und<br />
1990 aufwendig restauriert.<br />
www.reichenau.de<br />
Weltkulturerbe<br />
Insel Reichenau<br />
Die Kirche St. Georg ist ein besonderer Schatz<br />
12 <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
13
Nachrichten<br />
Wasserentnahme wird besser geschützt Neuer technischer Geschäftsführer<br />
Zum Schutz der See wasser ent -<br />
nahme der <strong>Bodensee</strong>-Wasser ver sorg ung<br />
haben das Landesministerium für Ver -<br />
kehr und Infrastruktur sowie das Land -<br />
ratsamt Bo denseekreis eine Ver ord -<br />
nung erlassen, die seit dem 26. Januar<br />
2012 in Kraft ist.<br />
Im Oktober 2005 hatte ein unbekannter<br />
Täter Kanister mit Pflanzen schutz -<br />
mit tel bei der Seeentnahmestelle der<br />
Bo densee-<strong>Wasserversorgung</strong> versenkt.<br />
Die <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> hatte<br />
als Reaktion auf diesen Anschlag einen<br />
entsprechenden Antrag gestellt. Da so -<br />
wohl der <strong>Bodensee</strong> als auch seine Ufer<br />
Bereiche sind, die von vielen Men -<br />
schen unterschiedlich genutzt werden,<br />
musste ein Kompromiss gefunden werden,<br />
der sowohl den Schutzzweck als<br />
auch die Nutzung des Überlinger Sees<br />
als Nah erholungsraum und Erwerbs -<br />
grund lage nicht zu stark einschränkt.<br />
Dies ge lang dem Landratsamt Bo den -<br />
see kreis und dem Ministerium, die Ge -<br />
spräche mit allen Be tei lig ten führte.<br />
Mit dieser Ver ord nung ist ein weiterer<br />
14<br />
wichtiger Mei len stein erreicht worden,<br />
das hohe Maß an Versorgungssicherheit<br />
der <strong>Bodensee</strong>-Was ser ver sorgung weiter<br />
zu steigern.<br />
Entsprechend der Verordnung ist es ver -<br />
boten, sich in die Schutzzone hinein -<br />
zu begeben und dort aufzuhalten, sie zu<br />
be fahren, dort zu baden oder zu tau -<br />
chen. Für bestimmte Nutzer grup pen<br />
(z.B. Berufsfischer oder organisier te Ru-<br />
Experte der <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> berät in China<br />
Nachdem ein Unbekannter 2005<br />
zwei Kanister mit Pflan zen schutz mit -<br />
teln im Überlinger See versenkt und<br />
die <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> in ei -<br />
nem Bekennerbrief bedroht hatte,<br />
wur de ein Krisenmanagement ins Le ben<br />
gerufen. Mit Hilfe der Methode des Ri -<br />
sikomanagements wurden Gefahren<br />
ana lysiert und neu bewertet. Dabei<br />
konn ten die Experten auf die schon seit<br />
der Gründung 1954 vorhandenen Si -<br />
cher heitssysteme aufbauen. Schon von<br />
Beginn an hat die <strong>Bodensee</strong>-Was ser ver -<br />
sorgung großen Wert auf eine si chere<br />
Trinkwasserversorgung gelegt. In zwi -<br />
schen wurden die Krisenmanager schon<br />
einige Male von verschiedenen Or ga -<br />
ni sationen eingeladen, um über die Er -<br />
fahrungen während des Vorfalls und die<br />
gewonnen Erkenntnisse zu berichten.<br />
Etwas ungewöhnlich aber war die An -<br />
frage aus China. Im Februar dieses<br />
Jah res reiste Martin Sigle, Diplom-In -<br />
ge nieur und Verantwortlicher für das<br />
Kri senmanagement bei der <strong>Bodensee</strong>-<br />
<strong>Wasserversorgung</strong>, mit einem Ex per ten -<br />
team unter Federführung der Deut schen<br />
Gesellschaft für Internationale Zu sam -<br />
menarbeit (GIZ) und der chinesischen<br />
Verwaltungsakademie nach Chi na, um<br />
vor Ort zu beraten.<br />
Die chinesischen Partner wünschten<br />
sich insbesondere Unterstützung bei der<br />
Prävention und bei der Bewältigung<br />
von Katastrophen. Auch in China<br />
wächst mittlerweile das Bewusstsein für<br />
die durch die Megastädte verursachten<br />
Probleme bei der Trink was ser ver -<br />
sorg ung und die Verschmutzung der<br />
Flüs se durch Industrieabwässer. Die<br />
der- und Paddelsportler) gelten Ausnahmeregelungen.<br />
Die Schutzzone schließt<br />
nicht direkt an das Ufer an, ein schmaler<br />
50 bis 100 Meter breiter Streifen<br />
bleibt ausgenommen. Dieser Ufer be -<br />
reich bleibt somit für jedermann zur<br />
Nah erholung nutz- und er leb bar.<br />
Die Rechtsverordnung finden Sie unter:<br />
www.zvbwv.de<br />
Ex perten der Kommission konnten mit<br />
ihren theoretischen Ansätzen und<br />
prak tischen Berichten wichtige Hin -<br />
wei se zum Beispiel für den Hoch was -<br />
ser schutz oder Schutzmaßnahmen ge -<br />
ben, die schon bei der Planung von In -<br />
frastrukturanlagen berücksichtigt wer -<br />
den sollten.<br />
Wie die meisten Besucher, die zum ers -<br />
ten Mal nach China kommen, war auch<br />
Martin Sigle von der schieren Größe<br />
des Landes tief beeindruckt: „Bei uns<br />
versorgen wir mit dem Trinkwasser der<br />
<strong>Bodensee</strong>-Was ser ver sorg ung etwa vier<br />
Millionen Menschen in Baden-Würt -<br />
temberg. Im Reich der Mitte entspricht<br />
dies eher der Größe eines Stadt teils in<br />
einer der vielen Me ga ci tys, von denen<br />
viele mehr Einwohner haben als unser<br />
Bundesland.“<br />
Dr.-Ing. Marcel Meg geneder<br />
Das Bundesministerium für<br />
Gesundheit (BMG) und das Um welt bun -<br />
desamt (UBA) stellten im Januar 2012<br />
in ihrem Bericht über die Qualität von<br />
Wasser für den menschlichen Ge brauch<br />
fest, dass das Trinkwasser in Deutsch -<br />
land eine gute bis sehr gute Qualität<br />
hat. In Deutschland werden al le An -<br />
forderungen an Trinkwasser zu nahezu<br />
100 Prozent eingehalten. Grenz wert -<br />
über schreitungen von rund einem Pro -<br />
zent beschränken sich auf einzelne Pes -<br />
tizid-Parameter und den Indi ka tor wert<br />
coliforme Bakterien. Zu den Grund an -<br />
forderungen an unser Lebens mittel<br />
Nr. 1 gehört, dass Trinkwasser rein und<br />
ge nusstauglich ist, keine Krank heits e r -<br />
reger aufweist und keine Stoffe in ge -<br />
sundheitsschädigenden Kon zen tra tio -<br />
nen enthält.<br />
Die Ver bands ver sammlung der Bo densee-<br />
Was ser ver sor gung hat am 15. No vember 2011 in Pforz heim<br />
Dr.-Ing. Mar cel Meg gen eder zum neu en technischen Ge -<br />
schäfts füh rer der <strong>Bodensee</strong>-Was ser ver sor g ung gewählt. Er<br />
folgt Prof. Dr.-Ing. Hans Mehlhorn nach, der nach 20 Jah -<br />
ren an der Spitze des Ver bandes im September 2012 in den<br />
wohlverdien ten Ruhestand eintritt.<br />
Der <strong>Wasserversorgung</strong> ist Marcel Meggeneder (44) be -<br />
reits seit seinem Studium des Bauingenieurwesens von<br />
1989 bis 1995 mit dem Schwerpunkt Wasserwirtschaft<br />
an der Uni versität Hannover eng verbunden. Von 1995 war<br />
er zu nächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut<br />
für Sied lungswasserwirtschaft und Abfalltechnik an der<br />
Uni ver sität Hannover beschäftigt. Mit Abschluss der Pro -<br />
mo tion wechselte er 2003 zu den Stadtwerken Bre men/<br />
Bre mer haven und war dort bis Ende 2008 in verschiedenen<br />
technischen Leitungsfunktionen tätig. Seit 2009 leitet<br />
Marcel Meggeneder als Ge schäfts füh rer den Trink was -<br />
ser verband Verden an der Aller.<br />
Die Schwerpunkte seiner neuen Tätigkeit bei der Boden -<br />
see-<strong>Wasserversorgung</strong> sieht er in der Siche rung der Rohund<br />
Trinkwasserqualität, der Ener gie effi zienz und der<br />
künf tigen Erhaltung und Erwei terung des Lei tungsnetzes<br />
und der technischen Anlagen. Die He raus forderungen der<br />
Zukunft sind für ihn der Umgang mit kli matischen, demografischen<br />
und versorgungspolitischen Fragen.<br />
Wasserqualität ist gut bis sehr gut<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
Beim Umweltbundesamt ist die Bro -<br />
schüre „Rund um das Trinkwasser“ zu<br />
beziehen. Sie enthält weiterführende<br />
und allgemeine Informationen zu Her -<br />
Film über die <strong>Bodensee</strong>-<br />
<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Woher kommt unser Wasser?<br />
Wie wird <strong>Bodensee</strong>wasser zu Trink was -<br />
ser? Kann ich das Wasser aus der Lei -<br />
tung trinken? Wichtige Fragen werden<br />
im neuen Infofilm der <strong>Bodensee</strong>-Was -<br />
serversorgung kurz beantwortet. Kom -<br />
men Sie mit auf einen Rundgang<br />
durch die Anlagen auf dem Sipplinger<br />
Berg, in Deutschlands größtes Was ser -<br />
werk, und schauen Sie hinter die Ku lis -<br />
sen. Den Film können Sie auf unserer<br />
Internetseite www.zvbwv.de oder auf<br />
you tube ansehen. Auf Wunsch senden<br />
wir Ihnen gerne eine DVD zu.<br />
kunft und Schutz des Trinkwassers und<br />
Ratschläge für einen sinnvollen Trink -<br />
wassergebrauch.<br />
www.umweltbundesamt.de<br />
15
Veranstaltungen<br />
Veranstaltungen und Feste<br />
Region westlicher <strong>Bodensee</strong><br />
16<br />
April bis zum 28. Oktober 2012<br />
Städtisches Museum Überlingen:<br />
„Das Geheimnis der<br />
Heidenhöhlen“.<br />
Anhand pittoresker Gemälde sowie<br />
historischer Ansichten und Pläne<br />
rekonstruiert die Ausstellung im<br />
Städtischen Museum die ehemals<br />
berühmten Heidenhöhlen bei Gold -<br />
bach vor den Toren Überlingens. Die<br />
räumliche Inszenierung der etwa 80<br />
zum Teil noch nie gezeigten Expo -<br />
nate will dabei auch die besondere<br />
Aura der Heidenhöhlen wieder<br />
erlebbar machen. Geheimnis um -<br />
witterte Objekte wie Schädel und<br />
Schwerter sowie literarische Zeug -<br />
nisse machen den Aus stell ungs be -<br />
such zu einem spannenden Er lebnis.<br />
Schon der Dichter Joseph Victor von<br />
Scheffel schwärmte von ihnen: Die<br />
Heidenhöhlen waren ein einzigartiges<br />
Natur- und Kulturdenkmal – ein<br />
verwunschener Ort, der in der Ro -<br />
mantik zahlreiche Besucher und<br />
Dichter faszinierte. Ihre Be sich tig<br />
ung gehörte einst, neben der Insel<br />
Mainau, zum festen Programm punkt<br />
jedes <strong>Bodensee</strong>-Reisenden. Beim<br />
Straßenbau im Jahr 1849 wurden<br />
weite Teile der Heidenhöhlen abgetragen.<br />
Der immer noch beeindrucken<br />
de Rest wurde schließlich 1959<br />
un wi derruflich zerstört – aus heutiger<br />
Sicht eine tragische Fehlent -<br />
scheid ung damaliger Politik.<br />
Die geheimnisvollen Räume, Gänge<br />
und Treppen waren vermutlich seit<br />
dem frühen Mittelalter über lange<br />
Zeit in den weichen Fels gehauen<br />
worden. Über die Erbauer ist nichts<br />
bekannt, auch über die Funktionen<br />
der Höhlen können nur Ver mu tun -<br />
gen angestellt werden. Sicher ist<br />
für die Frühzeit nur, dass mindes -<br />
tens einer der Räume seit dem<br />
13. Jahrhundert als architektonisch<br />
ge staltete Höhlenkirche fungierte.<br />
Außerdem dienten die Heiden höh -<br />
len zeitweilig als festungsartige<br />
Fluchtburg, als Wohn- und Lager -<br />
räume – und zwischendurch auch<br />
als echte Räuberhöhlen.<br />
www.museum-ueberlingen.de<br />
Bis 6. Mai 2012<br />
Insel Mainau: „Vanille –<br />
die Königin der Gewürze“<br />
(Orchideenausstellung)<br />
Die einzig essbare Orchidee – die<br />
Vanille – steht im Mittelpunkt der<br />
diesjährigen Orchideenausstellung<br />
auf der Insel Mainau. Passend zum<br />
Jahresmotto „Sehnsucht nach Son -<br />
ne – Inseln des Südens“ widmet<br />
sich die Schau 2012 einer Or chi -<br />
deenart, die heute vor allem auf<br />
Inseln im Indischen Ozean angebaut<br />
wird und meist gar nicht als solche<br />
bekannt ist: „Vanille – die Königin<br />
der Gewürze“. Die „Vanilla“ umfasst<br />
mehr als 100 tropische Arten, von<br />
denen 15 jene aromatischen Kapseln<br />
liefern, die gemeinhin Vanilleschoten<br />
genannt werden. Die bedeutendste<br />
ist „Vanilla planifolia“, die Ge würz -<br />
vanille. Bei uns beliebt ist vor al lem<br />
die besonders aromatische Bour bon-<br />
Vanille. Da sich jedoch die „Kö ni gin<br />
der Gewürze“ nicht durch be son ders<br />
prächtige Blüten auszeichnet, wird<br />
die Vanille in der Orchideen schau im<br />
Palmenhaus flankiert von mehr als<br />
3.000 Or chi deen pflanzen mit ihrer<br />
üppigen Far ben pracht und For men -<br />
fülle.<br />
www.mainau.de<br />
31. Mai bis 3. Juni 2012<br />
Konstanz:<br />
Internationale <strong>Bodensee</strong>woche<br />
Für Bootsliebhaber ist die Inter na -<br />
tionale <strong>Bodensee</strong>woche in Konstanz<br />
ein Muss, doch das abwechslungsreiche<br />
Programm hält für jeden et -<br />
was bereit. Jedes Jahr zum Start der<br />
Wassersportsaison lädt der Altstadt -<br />
hafen zu sportlichen und kulturellen<br />
Veranstaltungen ein: Segel re -<br />
gatten, Ruderwettkämpfe, Was ser -<br />
ski-Cups, Hafenkonzerte und<br />
Shows. Weit über 140 klassische Ma -<br />
hagoni-Yachten, moderne High tech-<br />
Rennboote und Katamarane, schnittige<br />
Motorboote und historische<br />
Dampf boote sowie die funkelnden<br />
Oldtimer-Auto mo bile ziehen seit<br />
der Neuauflage der Ver an stal tung<br />
2009 mehr als 1.000 Teilnehmer und<br />
knapp 80.000 Be su cher an. Die Bo -<br />
denseewoche zählt zu den größten<br />
Was ser sport ver an stal tun gen in Mit -<br />
teleuropa. Herz stück ist die Aus stel -<br />
lungsmeile mit einer Was ser sportund<br />
Boots aus stel lung an Land und<br />
im Wasser, der In no va tions-Show<br />
und dem Maritim-Markt sowie der<br />
angrenzende Kunst&Kreativ-Markt.<br />
www.bodenseewoche.com<br />
6. Juli 2012<br />
Insel Reichenau:<br />
Insel-Klassik 2012<br />
Vor der malerischen Kulisse des<br />
Klosterhofs spielt auch in diesem<br />
Jahr wieder das Südwestdeutsche<br />
Kammerorchester – in großer Be -<br />
setzung – unter der Leitung von<br />
Douglas Bostock.<br />
www.reichenau.de<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
16. Juli 2012<br />
Moos: Wasserprozession<br />
An ein Gelübde aus dem Jahr 1797<br />
fühlen sich die Bürger von Moos<br />
noch heute gebunden. Jährlich am<br />
Montag nach dem dritten Juli-<br />
Sonntag erinnern sie mit der<br />
Was serprozession von Moos nach<br />
Ra dolfzell zu den heiligen „Haus -<br />
herren“ Theopont, Senes und Zeno,<br />
den Stadtpatronen von Radolfzell,<br />
an die Errettung vor einer schlimmen<br />
Viehseuche, die das Dorf be -<br />
drohte. Die Bauern beschlossen da -<br />
mals, die drei Heiligen um Hilfe zu<br />
ersuchen. Moos blieb verschont,<br />
und zum Dank pilgerten die Bauern<br />
jedes Jahr in die Nach bar stadt.<br />
1926 fuhren sie erstmals mit Boo -<br />
ten in einer Wasserprozession nach<br />
Radolfzell, damals wie heute angeführt<br />
von dem Boot mit den geistlichen<br />
und weltlichen Wür den trä -<br />
gern der Gemeinde. Die prächtig<br />
geschmückten Boote mit den Pil -<br />
gern werden im Hafen von Radol f -<br />
zell erwartet und in einer feierli -<br />
chen Prozession ins Münster geleitet,<br />
wo ein Gottesdienst stattfindet.<br />
www.radolfzell.de<br />
11. August 2012<br />
Konstanzer Seenachtfest<br />
Bereits 1507 wurde in der einstigen<br />
Reichs- und Konzilstadt Konstanz<br />
das erste Feuerwerk gezündet, zu<br />
Ehren des genussfreudigen Kaiser<br />
Maximilians, der als "Letzter Ritter"<br />
in die Geschichtsbücher eingegangen<br />
ist. Damals verwendeten die Kons -<br />
tan zer Bürger Fässer mit Schwarz -<br />
pulver, heute wird modernste Pyro -<br />
technik eingesetzt. 2005 erleuchtete<br />
erstmals ein chinesisches Musik feu -<br />
erwerk den Himmel über der Kons -<br />
tanzer Bucht. In den vergangenen<br />
Jahren folgten deutsch-italienische,<br />
deutsch-spanische und deutschar<br />
gentinische Ko pro duktionen sowie<br />
ein Musikfeu er werk mit Holly wood-<br />
Glamour. Ein umfangreiches Rah -<br />
menpro gramm mit Live-Musik, Was -<br />
ser shows, Kleinkunst, Party und dem<br />
Seenachtsmarkt verkürzen die Wartezeit<br />
bis zum Beginn des Feuerwerks.<br />
www.seenachtfest.de<br />
7. bis 9. September 2012<br />
Meersburg: <strong>Bodensee</strong>weinfest<br />
Jeweils am zweiten Wochenende im<br />
September verwandeln sich der<br />
Meersburger Schlossplatz und die<br />
historische Altstadt in einen Treff -<br />
punkt für Weinfreunde von nah<br />
und fern. Angeboten werden auf<br />
dem <strong>Bodensee</strong>weinfest neben edlen<br />
Mooser Wasserprozession<br />
Tropfen der besten Weingüter am<br />
<strong>Bodensee</strong> auch regionale Spe zia li -<br />
täten der Bäcker, Metzger und<br />
Fischer.<br />
www.meersburg.de<br />
17
Porträt<br />
Als Vorschoter auf einem Regatta-Segelboot<br />
wäre Juliane Hempel<br />
kaum geeignet: viel zu leicht! Gefragt<br />
sind dafür eher Männer mit möglichst<br />
1,90 Meter Größe oder mehr und mindestens<br />
90 Kilogramm Körpergewicht.<br />
Denn Vorschoter müssen sich, wenn nötig,<br />
im wahrsten Sinn „in die Seile hängen“,<br />
um ein Boot in Balance zu halten.<br />
Juliane Hempel segelt zwar leidenschaft<br />
lich gern, aber noch lieber kons -<br />
truiert sie Segelyachten, Jollen und hin<br />
und wieder auch Motorboote. Vor et wa<br />
zehn Jahren hat sich die gebürtige Es s -<br />
lingerin in Radolfzell als Konstruk teurin<br />
selbstständig gemacht. Etwa fünf<br />
Boote pro Jahre werden nach ih ren Ent -<br />
würfen gebaut: von der Vier-Me ter-<br />
Jolle bis zur 18-Meter-Yacht, die gerade<br />
in einer Werft an ihrem Wohnort<br />
gebaut wird.<br />
Bootseigner sind begeistert<br />
Die dreijährige Bauzeit ist dem Auf -<br />
traggeber nicht zu lang: „Er kommt im -<br />
mer wieder hierher und freut sich über<br />
den Fortschritt“, erzählt Juliane Hem -<br />
pel. Einen anderen Eigner hat sie richtiggehend<br />
glücklich gemacht. „Immer<br />
wieder ruft er mich vom Boot an und<br />
sagt mir, wie viel Freude ihm das<br />
Schiff mache.“ Die „Lady Rose“ ist eine<br />
10-Meter-Yacht und gehört einem<br />
ehemaligen Spielzeugfabrikanten.<br />
Juliane Hempel entwirft überwiegend<br />
Boote aus Holz, die fast immer Ein zel -<br />
anfertigungen sind – und meist von<br />
Liebhabern gekauft werden. „Holz boo te<br />
von zehn Metern Länge kosten doppelt<br />
so viel wie Kunststoffboote; bei 18<br />
Metern ist der Unterschied geringer“,<br />
erklärt die Boots kons truk teurin. Für<br />
die Serienproduktion eig nen sich eher<br />
Juliane Hempel lebt und arbeitet in Radolfzell<br />
Yachten aus Kunst stoff, was die Kos -<br />
ten deutlich verringert.<br />
Olympische Bootsklasse<br />
Seit einigen Jahren betreut Juliane<br />
Hem pel das (Kunststoff-)Boot der<br />
ös ter reichischen Nationalmannschaft<br />
in der Starbootklasse. Diese nur bei<br />
Vom Stapel, nicht von der Stange<br />
olym pischen Spielen zugelassenen Re -<br />
gattaboote gelten als anspruchsvoll und<br />
sehr sportlich. Da die technischen Rah -<br />
men bedingungen vorgegeben sind,<br />
muss te sich Juliane Hempel darauf konzentrieren,<br />
Details wie das Ruder oder<br />
den Kiel zu optimieren. Vor allem Form<br />
und Größe des Kiels, der aus Stahl<br />
angefertigt wird, spielen eine wichtige<br />
Rolle. 2008 bei den olympischen Spie len<br />
in Peking hat Juliane Hempel die österreichische<br />
National mann schaft erstmals<br />
betreut. Auch bei den olympischen<br />
Sommer spie len in London in die -<br />
sem Jahr wird sie wieder dabei sein.<br />
Nach ihrem Abitur in Esslingen absolvierte<br />
Juliane Hempel zunächst ein ein -<br />
jähriges Praktikum bei der Yacht- und<br />
Bootswerft Martin in Radolfzell und<br />
zu sätzlich ein Praktikum auf einer Lü -<br />
becker Schiffswerft, lernte schweißen<br />
und Kunststoffe verarbeiten. Da nach<br />
studierte sie Schiffsbau an der Fach -<br />
hochschule Kiel. Da ihre Eltern be geis -<br />
terte Segler und häufig am Bo den see<br />
In Radolfzell konstruiert Juliane Hempel Boote nicht nur für den <strong>Bodensee</strong><br />
waren, zeichnete sich bei Juliane Hem -<br />
pel schon in der Schule der Wunsch ab,<br />
später einmal Schiffe zu bauen. Wenn<br />
sie malte und bastelte, entstand fast<br />
immer ein Boot.<br />
Nach dem Diplom arbeitete sie zu -<br />
nächst bei einer Firma für Yachtdesign<br />
in Laboe. Doch irgendwann wurde der<br />
Wunsch, eigene Projekte zu verwirkli -<br />
chen und auch wieder am <strong>Bodensee</strong> zu<br />
wohnen, so stark, dass sie zurückkehrte<br />
– und für sich selbst natürlich auch<br />
ein Boot konstruierte und bauen ließ:<br />
ei nen formverleimten 20er-Jollen kreu -<br />
zer aus Mahagoni, von dem in zwi schen<br />
zehn Exemplare angefertigt wur den.<br />
Zum Segeln aber fährt sie noch re gelmäßig<br />
an die Ostsee. Ihr Traum: Im<br />
Sommer im Norden segeln, im Herbst<br />
im Mittelmeer, dabei die Küs ten und<br />
andere Boote beobachten – von einer<br />
eigenen 12- bis 15-Meter-Yacht. „Na -<br />
tür lich aus Holz, flach und elegant“,<br />
schwärmt die Hobby-Motorrad fah re rin.<br />
www.hempel-design.com<br />
Großes Bild: In einer Werft in<br />
Radolfzell entsteht nach den Plänen<br />
von Juliane Hempel eine 18-Meter-<br />
Yacht aus Holz<br />
Bilder oben v. li. n. re.:<br />
Schwer zu entscheiden, ob es<br />
über oder unter Deck schöner ist<br />
Bei Regattabooten kann Form und<br />
Größe des Kiels den entscheidenden<br />
Vorteil bringen<br />
Das Starboot des österreichischen<br />
Olympiateams<br />
18 <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
19
Kunst<br />
Aus Stahl wird fließendes Wasser<br />
Das Bildhauerpaar Matschinsky-Denninghoff wurde mit Großskulpturen bekannt<br />
Sie war Bildhauerin, er Fotograf<br />
und Schauspieler. Zusammen waren sie<br />
das Bildhauerehepaar Matschinsky-<br />
Denninghoff. Kennengelernt haben sich<br />
der Badener und die Berlinerin 1952 am<br />
Theater in Darmstadt, wo er als Schauspieler<br />
und sie als Bühnen bild ne rin en -<br />
gagiert waren. Ab 1955 arbeiteten sie<br />
als Bildhauer zusammen.<br />
Vor allem mit ihren häufig riesigen<br />
Skulpturen von bis zu 15 Meter Höhe<br />
wurden sie bekannt. Die insgesamt zwölf<br />
Außenobjekte stehen u.a. in Athen, Hei -<br />
delberg, im japanischen Ka na zawa, in<br />
Berlin – und auf dem Sipp lin ger Berg<br />
bei den Aufbereitungs an la gen der Bo -<br />
den see-<strong>Wasserversorgung</strong>. Die 1973 in -<br />
s tal lierte Skulptur aus Chrom ni ckel -<br />
stahl ist zehn Meter lang und versinnbildlicht<br />
das reguliert fließende Was ser,<br />
das vom etwa 300 Me ter tiefer gele-<br />
20<br />
genen <strong>Bodensee</strong> durch große Rohre<br />
hochgepumpt wird. Das Paar erinnerte<br />
sich vor ein paar Jahren in einem Ra -<br />
dio interview noch deutlich daran, wie<br />
aufregend es war, die Skul ptur zum ers -<br />
ten Mal in voller Größer zu sehen: „Wir<br />
haben uns angeguckt und uns ka men<br />
die Tränen, weil wir gespürt ha ben, was<br />
wir da gemacht haben, ist in Ordnung,<br />
das können wir vertreten“, be schreibt<br />
Martin Matschins ky den Mo ment und<br />
sei ne Frau fügte hinzu: „Ich kann mich<br />
nicht erinnern, dass ich bei irgendeiner<br />
Ausstellung ein Gefühl sol chen Glü -<br />
ckes gehabt ha be. Aber die se Momente,<br />
wo die Sache, an der man Monate lang<br />
gearbeitet hat, plötzlich fertig da steht,<br />
und man sieht, ja es ist in Ord nung.<br />
Das ist ein unglaubliches Glück.“<br />
Von 1955 bis zum Tod von Brigitte<br />
Ma tschinsky-Denninghoff im April 2011<br />
lebte und arbeitete das Paar zu sammen,<br />
zunächst in München. Es folgen<br />
Paris und Berlin. Zweimal, 1959 und<br />
1964, stellen sie auf der weltbekannten<br />
Documenta (II und III) in Kas sel aus.<br />
Von ihren Eltern gefördert, beginnt<br />
Bri gitte Denninghoff 1943 an der<br />
Kunsthochschule in Berlin zu studieren.<br />
Nach einer Unterbrechung durch<br />
den Krieg nimmt sie 1946 ihr Studium<br />
in München wieder auf, fühlt sich dort<br />
aber bald eingeengt und beschließt<br />
frei zu arbeiten. „Ich habe überhaupt<br />
nicht darüber nachgedacht, wovon ich<br />
später einmal leben sollte“, blickte sie<br />
im Interview zurück.<br />
Abstrakte Bildhauerei war in den<br />
Nachkriegsjahren noch weitgehend un -<br />
bekannt in Deutschland. Nachdem<br />
Brigitte Denninghoff von dem englischen<br />
Bildhauer Henry Moore gehört<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
Das Künstlerehepaar<br />
Matschinsky-Denninghoff vor der<br />
Skulptur Kern (2002)<br />
hatte, beschloss sie, sich bei ihm als<br />
Assistentin zu bewerben. Nach einem<br />
weiteren Aufenthalt in Paris bei An toi -<br />
ne Pevsner musste sie sich zwischen<br />
zwei bildhauerischen Auffassungen<br />
ent scheiden: der organisch wirkenden<br />
Formensprache Moores oder der des<br />
Konstruktivisten Pevsners.<br />
Als Künstlerpaar entscheiden sie sich<br />
für einen eigenen Weg: keine kompakten<br />
organischen Formen, sondern Fi li -<br />
granes. Zunächst arbeiten sie vor al lem<br />
mit Messingstäben und fertigen fä cher -<br />
artige, abstrakte Objekte, die spitz<br />
nach oben ragen. Später entdecken sie<br />
Chrom nickelstahl, mit dem sie ihre<br />
Groß skulpturen verwirklichen. Stahl roh -<br />
re werden aneinander geschweißt, ra -<br />
gen, häufig gebündelt, waagerecht in<br />
die Landschaft, als ob die Schwer kraft<br />
aufgehoben sei. Trotz des schweren<br />
1973 entstand die Skulptur auf dem Sipplinger Berg<br />
Ma terials Stahl und der häufig riesigen<br />
Ausmaße gelingt es Ma tschinsky-<br />
Denninghoff immer wieder, die Objek -<br />
te natürlich wie zum Beispiel Bäume<br />
oder fließendes Wasser wirken zu lassen.<br />
Das erleichtert vielen Menschen<br />
den Zugang zu den eigentlich abstrakten<br />
Werken.<br />
Ihr bekanntestes Werk „Berlin“ entsteht<br />
1987 in der damals noch geteilten<br />
Stadt im Rahmen eines Skulp tu -<br />
ren-Boulevards, der anlässlich des 750jährigen<br />
Bestehens Berlins veranstaltet<br />
wird. Das monumentale Objekt steht<br />
noch heute auf dem Mit tel streifen der<br />
Tauentzienstraße in der Nähe der Ge -<br />
dächtniskirche. Die je zwei sich vereinenden<br />
senkrechten Stahl roh re symbo<br />
lisierten die zwei Hälften der Stadt,<br />
die nur zwei Jahre später wiedervereint<br />
wurde.<br />
21
Natur und Landschaft<br />
22<br />
Verwunschen, verwachsen, verzaubert<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
Die Sipplinger Steiluferlandschaft lockt viele Naturliebhaber an<br />
Großes Bild:<br />
Bei Wanderungen durch die<br />
Sipplinger Steilufer landschaft<br />
lassen sich noch viele unberührte<br />
Plätze und gefährdete Pflanzenarten<br />
entdecken<br />
Kleines Bild oben:<br />
Die so genannten „Magerwiesen“<br />
an den Steilhängen haben nur einen<br />
geringen, mageren Bewuchs, dafür<br />
aber eine Vielzahl von Blumen<br />
Kleines Bild unten:<br />
Immer wieder sind mitten im<br />
Wald Felsen zu sehen, die an vergangene<br />
Urzeiten erinnern<br />
Kommt man nach Sipplingen,<br />
zieht zuerst der weite Blick über den<br />
Überlinger See den Gast in seinen Bann.<br />
Landeinwärts beherrscht der Sipp lin -<br />
ger Berg die Szenerie, der sich ohne<br />
Übergang 300 Höhenmeter über den<br />
See erhebt. Bewaldete Steilhänge strecken<br />
ihre halbrunden Ausläufer dem<br />
See zu, tief eingeschnittene Wasser -<br />
läu fe, die sogenannten Tobel, und hell<br />
leuchtende Molassefelsen prägen das<br />
Bild dieser einzigartigen Landschaft.<br />
Der beeindruckende Hödinger Tobel ist<br />
bis zu 115 Meter tief in die steilen Mo -<br />
lassefelsen eingeschnitten. Bei ei ner<br />
Wan derung durch die dunkle, feuchte<br />
Schlucht grüßen Türkenbund und Silberblatt<br />
von den bemoosten Fels wän den.<br />
Es ist nicht viel Platz zwischen See und<br />
Berg, und so zieht sich Sipplingen ein<br />
gutes Stück den Hang hinauf. Zwi -<br />
schen dem Dorf und den Wäldern des<br />
Steilhangs liegen die Obstgärten. Be -<br />
rühmt ist Sipplingen für seinen Kir -<br />
schen anbau. Die süßen Früchte heißen<br />
hier „Kriese“ und werden im Ort zu<br />
Hochprozentigem veredelt.<br />
Auf den flachen, nach Süden gewandten<br />
Steillagen findet man die artenreichen<br />
Magerwiesen. Im Frühjahr strahlen<br />
die gelben Sonnenröschen, Zy pres -<br />
sen wolfsmilch, und der Hufeisenklee.<br />
Bis in den Sommer hinein blühen selte<br />
ne Orchideen wie das Knabenkraut<br />
und verschiedene Enziane.<br />
Markante Felswände aus heller Mo las -<br />
se unterbrechen das Grün des Waldes.<br />
Sie stammen aus Zeiten, als der Bo -<br />
den seeraum noch von tropischen Mee -<br />
ren und Seen bedeckt war – die Ab la -<br />
ge rungen sieht man heute als Felsen<br />
rund um den Überlinger See. Auf den<br />
sonnigen, warmen Felssimsen finden<br />
spe ziell angepasste Pflanzen und In -<br />
sek ten ihren Lebensraum.<br />
Um diese einzigartige Landschaft zu<br />
erhalten und zu unterhalten, wurde<br />
die „Sipplinger Steiluferlandschaft“ zu<br />
einem Gemeinschaftsprojekt der Ge -<br />
mein de Sipplingen, der Stiftung Na -<br />
tur schutzfonds Baden-Württemberg<br />
und der Heinz-Sielmann-Stiftung. Das<br />
Projekt unterstützt die Landnutzer und<br />
Grundstücksbesitzer bei der Pflege der<br />
steilen Lagen, damit das landschaftliche<br />
Kleinod in Zukunft erhalten bleibt.<br />
Die wertvollen Blumenwiesen müssen<br />
jährlich gemäht und abgeräumt werden.<br />
Auf nicht genutzten Flächen aber<br />
macht sich niederes Buschwerk breit,<br />
und die Artenvielfalt der Pflanzen und<br />
Tiere schwindet. Die Beweidung der<br />
Hänge mit Schafen oder Ziegen verhindert<br />
dies.<br />
Dem See einmal den Rücken zu kehren<br />
und auf einer Wanderung durch blumenreiche<br />
Wiesen und Obstgärten entlang<br />
der steilen Sipplinger Hänge die<br />
faszinierende Ausblicke auf den Bo den -<br />
see und die nahen Alpen zu ge nießen,<br />
ist ein Erlebnis. Und auf den Bän ken<br />
entlang der gut beschilderten Wan -<br />
derwege ist immer ein Plätzchen frei.<br />
www.sipplingen.de<br />
23
Wissen<br />
Der Nase nach immer nach Süden<br />
Die Forscher der Vogelwarte Radolfzell erkunden Tierwanderungen<br />
Selbst nach vielen tausend Ki -<br />
lometern verfehlen sie ihr Ziel nicht.<br />
Zugvögel kennen den Weg bestens, der<br />
sie Jahr für Jahr im Winter vom kalten<br />
Mitteleuropa in wärmere Gefilde führt.<br />
Das präzise Navigieren verdanken sie<br />
wahrscheinlich auch ihrem Geruchs -<br />
sinn. Manche Vo gelarten haben sich in<br />
den vergangenen Jahren neue Ge gen -<br />
den zum Über wintern gesucht.<br />
Die Wis sen schaftler der Vogelwarte Ra -<br />
dolfzell ha ben zum Beispiel herausge-<br />
Bild links: das Film- und Medienhaus „Hennhouse"<br />
Bild rechts: das Max-Planck-Institut für Ornithologie<br />
fun den, dass eine Gruppe von Mönchs -<br />
gras mücken statt nach Afrika nach<br />
Süd eng land fliegt. Ursache dafür ist<br />
vermut lich der Klimawandel.<br />
Die Wis senschaftler beobachten zunehmend,<br />
dass immer mehr Vögel überhaupt<br />
nicht mehr gen Sü den ziehen<br />
und entweder ganz hier blei ben oder<br />
aber in näher gelegene Re gionen fliegen.<br />
Amseln etwa, früher eher scheue<br />
Wald vögel, sind heute häu fig im Winter<br />
in den Städten zu finden, wo sie gute<br />
Fut ter be din gun gen vorfinden.<br />
24<br />
Die Tierwanderungen – nicht nur von<br />
Vögeln – und die Immunökologie, also<br />
die Frage, wie die Tiere bei ihren langen<br />
Reisen überleben, sind die zentralen<br />
Forschungsgebiete der Vogelwarte<br />
Radolfzell, die 1946 im Wasserschloss<br />
Möggingen eingerichtet wurde, nachdem<br />
die Vogelwarte Rossitten in Ost -<br />
preußen aufgelöst worden war. Heute<br />
ist die Vogelwarte ein Teilinstitut des<br />
Max-Planck-Instituts für Ornithologie<br />
im bayerischen Seewiesen.<br />
Seit einiger Zeit werden die wandernden<br />
Tiere mit so genannten Bio log gern,<br />
winzigen Sensoren, ausgestattet, die<br />
unter anderem Tempo, Körper tem pe -<br />
ratur sowie Herz- und Flügel schläge<br />
und sogar Gehirnströme erfassen. „Damit<br />
können wir rekonstruieren, wie, wo,<br />
wann und warum ein Tier eine bestimmte<br />
Entscheidung trifft, sich also<br />
zum Beispiel Anfang Oktober entscheidet,<br />
allein um 20 Uhr abends nach<br />
Frankreich loszufliegen, um dort zu<br />
überwintern“, erklärt Prof. Dr. Martin<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
Um die Wanderungsbewegungen zu verfolgen, werden verschiedene Tierarten wie Vögel, Schildkröten, Haie,<br />
Schmetterlinge oder Störche (großes Bild) mit kleinen Sensoren, so genannten Biologgern, ausgestattet<br />
Wikelski, Direktor der Radolf zeller<br />
Abteilung des Max-Planck-Insti tuts.<br />
Die gewonnen Daten werden in einer<br />
internationalen Datenbank an ge legt.<br />
Zusammen mit den Beo bach tungen,<br />
die zwischen 2014 und 2020 von der<br />
Internationalen Raumstation ISS durch -<br />
geführt werden sollen, er hof fen sich<br />
die Forscher zum Beispiel Er kennt nisse<br />
darüber, wo und wie Tie re sterben. „Dies<br />
ist wichtig zum Schutz wandernder<br />
Tierarten, auch für kommerziell wichtige<br />
Arten, sowie für das Ver ständ nis<br />
der Ausbreitung von Krank heiten wie<br />
Maul- und Klauen seuche oder Vo gel -<br />
grippe“, so Martin Wikelski.<br />
Die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung<br />
werden im Besucher zen trum<br />
MaxCine vorgestellt. Im Medienhaus<br />
„Hennhouse“, dem ehemaligen Hü h -<br />
nerstall der Schloss mühle, wird mithilfe<br />
von Com putern, Beamern, Touch -<br />
screens, gläsernen Pro jektionsflächen<br />
und einer auf den Boden projizierte<br />
Karte mit Zugrouten über neue For -<br />
schungs projekte in formiert.<br />
Bei der Gestaltung des Außenbereichs<br />
„Bee Marie“ haben Kinder der beiden<br />
nächstgelegenen Grundschulen mitgewirkt.<br />
Durch die Anlage führt ein kleiner<br />
Pfad. Die Wei de bietet Platz für<br />
Schmet terlinge, Bie nen und Insekten,<br />
und in einer Wildhecke sind Vögel zu<br />
beobachten. Ein Vogelhaus, ein Insek -<br />
ten hotel, ein kleiner Nutzgarten, ein<br />
Ei dech sen-/Kräuterhügel und Le bens -<br />
räume für Kleintiere begeistern vor al -<br />
lem die kleineren Besucher.<br />
www.orn.mpg.de<br />
25
Mitarbeiterporträt<br />
Die einen rechnen und schreiben, die anderen schrauben und reparieren<br />
Die ersten Schritte im Berufs -<br />
leben sind nicht einfach. Weg von den<br />
Klassenkameraden und dem bekannten<br />
Umfeld der Schule, hinein in den Be -<br />
rufs alltag, die völlig neue Welt der Ar -<br />
beit. Da ist es hilfreich, wenn neue Aus -<br />
zubildende auf „alte Hasen“ im Un ter -<br />
neh men treffen, die denselben Weg ge -<br />
gangen sind und ihnen unterstützend<br />
zur Seite stehen können. Zwölf junge<br />
Menschen bildet die <strong>Bodensee</strong>-Was -<br />
ser versorgung derzeit in den unterschied<br />
lichsten Sparten aus.<br />
In der Hauptverwaltung in Stuttgart-<br />
Vaihingen werden die Kaufleute ausge<br />
bildet. Vier junge Frauen und Män ner<br />
durchlaufen unterschiedliche Ab teil un -<br />
gen, um möglichst umfassend geschult<br />
zu werden. Jasmin Hillgärtner gefällt<br />
das duale System der Ausbildung: “Pro<br />
Woche sind wir zwei Tage in der Be -<br />
rufsschule und drei Tage im Betrieb.<br />
Durch diesen Mix vergeht die Zeit wie<br />
im Flug.“ Zu dem Grüppchen der Kauf -<br />
leu te gesellt sich in der Haupt ver walt<br />
ung der Fachinformatiker in Aus bil-<br />
d ung Patrick Veenhuis. „Es freut mich,<br />
dass ich schon vor Ende meiner Ausbildung<br />
den Kolleginnen und Kollegen<br />
helfen kann, wenn sie Schwierigkeiten<br />
mit ih ren Computern haben. So macht<br />
die Aus bildung Spaß.“<br />
Die <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> be -<br />
schäf tigt in ihren weitläufigen An la gen<br />
etliche Elektroniker und Anlagen me -<br />
cha niker und bildet diese Berufe auch<br />
aus. Doch die Auszubildenden sehen<br />
sich nicht oft, ihre Arbeitsplätze sind<br />
von Sipplingen am <strong>Bodensee</strong> über die<br />
Die <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> bietet viele verschiedene Ausbildungsberufe an<br />
Betriebsstelle auf der Schwäbischen Alb<br />
bis nach Stuttgart verteilt. Einsatzort<br />
ist überall dort, wo es etwas zu installieren,<br />
reparieren oder zu verändern<br />
gibt. Das macht die Ausbildung und<br />
später die Arbeit abwechslungsreich:<br />
„Wenn nach viel Arbeit und Einsatz<br />
eine große Anlage in Betrieb genommen<br />
wird und funktioniert, dann bin<br />
ich schon stolz. Da sieht man richtig,<br />
was man zusammen mit den Kollegen<br />
geleistet hat“, freut sich der angehende<br />
Elektroniker Kevin Raith.<br />
Isabelle Lutz hat den Beruf der An la gen -<br />
mechanikerin gewählt. „Mein Wunsch<br />
war ein handwerklicher Beruf. An so<br />
großen Anlagen wie hier ausgebildet<br />
zu werden, ist schon etwas Be son de -<br />
res. Meine Kollegen unterstützen mich<br />
nach Kräften und zeigen mir alles, was<br />
ich wissen muss und möchte. Ich fühle<br />
mich sehr wohl bei der <strong>Bodensee</strong>-Was -<br />
ser versorgung.“<br />
Im Labor der <strong>Bodensee</strong>-Wasser ver -<br />
sorg ung in Sipplingen wird Andreas<br />
Hellmann zum Chemielaboranten ge -<br />
schult. Während seiner Ausbildung pendelt<br />
er zwischen zwei Schulen und dem<br />
Labor in Sipplingen. „Ich freue mich im -<br />
mer darauf in Sipplingen zu sein. Da<br />
kann ich dann schon anwenden, was ich<br />
gelernt habe.“<br />
Der berufliche Nachwuchs der Bo den -<br />
see-<strong>Wasserversorgung</strong> schätzt den ho -<br />
hen Ausbildungsstandard des Unter -<br />
neh mens. In der Vergangenheit konnten<br />
Azubis immer wieder Belob i gun gen und<br />
Preise erwerben und sich oft beruflich<br />
weiterqualifizieren.<br />
26 <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
27
Firmenporträt<br />
28<br />
Zwischen Tradition und Vision<br />
Freiherr Johannes von und zu Bodman denkt weit voraus und blickt häufig zurück<br />
Sein Berufsziel stand schon<br />
fest, als er selbst noch gar nicht darüber<br />
entschie den hatte: Leiter eines Fa -<br />
mi li en betriebs mit 800-jähriger Tra di -<br />
tion. „Schon von klein auf war mir klar,<br />
dass ich es machen darf“, erklärt Frei -<br />
herr Johannes von und zu Bodman, der<br />
den gleichen Namen trägt wie die Teil -<br />
ge mein de von Bodman-Ludwigshafen<br />
am westlichen <strong>Bodensee</strong>ufer. „Mir wur -<br />
de die Möglichkeit geboten, Druck wur -<br />
de nicht ausgeübt.“ Dieser Unterschied<br />
ist Bodman wichtig. Einen möglichen<br />
Erben schon früh mit seiner Aufgabe<br />
ver traut zu machen, hält der 43-jährige<br />
Familienvater für erfolgversprechend.<br />
So möchte er es auch bei seinen<br />
eigenen Kindern – acht, sechs und<br />
fünf Jah re alt – handhaben.<br />
Die Familie ist dem studierten Be triebs -<br />
wirt am wichtigsten. „Zufrieden bin ich,<br />
wenn ich später mal sehe, wie meine<br />
Nachfolgerin oder mein Nachfolger<br />
den Betrieb mit eigenen Ideen generationenübergreifend<br />
weiterentwickelt.“<br />
Wie etwa die Land- und Forst wirt schaft,<br />
das Herzstück des Betriebs. Etwas un -<br />
geduldig reagiert Bodman auf die viele<br />
Bürokratie, die er als Waldbesitzer be -<br />
rück sichtigen muss, um den Ausgleich<br />
zwischen Ökologie und Ökonomie zu<br />
schaffen. Denn die Schlossherrn setzen<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
schon seit Jahrhunderten auf Nach -<br />
hal tigkeit und haben dafür Sorge ge -<br />
tragen, dass der Bodanrück seinen jahrhundertealten<br />
Charakter bewahrt hat:<br />
18 verschiedene Baumarten wie Eschen,<br />
Erlen, Eichen, Eiben, Tan nen und Lär -<br />
chen mit Wildschweinen, Füchsen, Hir -<br />
schen und Höhlenbrütern.<br />
Seit sechs Jahren wird der Obstanbau<br />
ökologisch bewirtschaftet. Beim Apfel -<br />
anbau heißt das: weniger und höhere<br />
Bäume sowie mehr resistente Baum -<br />
sor ten. 900 Tonnen Äpfel und Birnen<br />
wer den pro Jahr produziert; hinzu kommen<br />
Sauerkirschen für Fruchtsaft und<br />
Wildpflaumen für die eigene Schnaps -<br />
produktion. Zur Land- und Fors twirt -<br />
schaft zählt auch die vor einem Jahr in<br />
Betrieb ge nommene Waldruh St. Ka -<br />
tha rinen. In einem naturbelassenen<br />
Wald mit über 100-jährigen Buchen,<br />
auf dem bis zum Ende des 18. Jahr -<br />
hun derts ein kleines Kloster der Abtei<br />
Reichenau stand, das der heiligen Ka -<br />
tha rina ge weiht war, wurde ein Ort der<br />
Stille und des Abschiednehmens er -<br />
rich tet. Bis zu zwölf Urnen können an<br />
einem Ruhe baum bestattet werden.<br />
Für die Touristen werden Zeltplatz,<br />
Boot s liegeplätze und eine Werft be -<br />
trieben. Seit vergangenem Jahr liefert<br />
der auf einer Fläche von 16 Hektar er -<br />
richtete Solarpark, ein Gemein schafts -<br />
projekt von Stadtwerken und Bür ger -<br />
be tei li gun gen, 6,5 Megawatt Strom.<br />
Aber auch das uralte Wasserkraftwerk<br />
mit einer Fischaufstiegstreppe ist noch<br />
in Betrieb und erzeugt pro Jahr<br />
150.000 Kilo watt stun den Strom. Neu -<br />
es aus Altem entwickeln, Bewährtes er -<br />
halten und wei terentwickeln – dieser<br />
Grundsatz gilt bei den Bodmans seit Ge -<br />
Freiherr Johannes von und zu Bodman lebt mit seiner Familie im Schloss Bodman (Fotos linke Seite und oben links)<br />
Der Wald auf dem Bodanrück existiert schon seit Jahrhunderten (Foto oben rechts)<br />
ne ra tio nen. Pro fit: ja, aber auch an an -<br />
de re und vor al lem an die nächste Ge -<br />
neration den ken.<br />
Neuestes Beispiel da für ist die „Domäne<br />
Bodman” in Alt-Bodman. Etwa zwanzig<br />
Ge bäude rund ums Schloss sollen<br />
nach und nach renoviert oder er gänzt<br />
werden. Ei ni ge Häuser sind be reits fertig<br />
und vermietet: an eine bun te Mi -<br />
schung aus Alt und Jung, Orts an säss i -<br />
gen und Bo den see-Lieb ha bern. Als<br />
Nächstes soll die Orts mitte der 1.200<br />
Einwohner zäh lenden Gemeinde er neuert<br />
werden. Da zu wurde ein Be bau ungsplan<br />
für das im Bodman’schen Besitz<br />
befindliche „Linde-Areal“ um das ehemalige<br />
Hotel Linde entwickelt. Vor gesehen<br />
sind 15 Ein- oder Mehrfamilienhäuser.<br />
Zurzeit läuft die In ves torensuche.<br />
Für die Ge staltung wurde der Berliner<br />
Architekt Hans Kollhoff ge wonnen.<br />
www.waldruh.de<br />
29
Auf einen Blick<br />
30<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Geschäftsleitung <strong>Zweckverband</strong><br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
– Körperschaft des öffentlichen Rechts –<br />
Anschrift:<br />
Postfach 8011 80, 70511 Stuttgart<br />
Hauptstraße 163, 70563 Stuttgart<br />
Telefon: 0711- 9 73 - 0<br />
Telefax: 0711 - 973 - 20 30<br />
E-Mail: bwv@zvbwv.de<br />
Internet: www.zvbwv.de<br />
Koordination und Redaktion:<br />
Nicole Frey, Maria Quignon<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Rombach & Jacobi Kommunikation<br />
Layout:<br />
Rombach & Jacobi Kommunikation<br />
Fotos:<br />
Titelbild: Holger Spiering<br />
Seite 2/3: Holger Spiering<br />
Tourist-Information Reichenau<br />
Heidi Hintereck<br />
Hartmut Nägele<br />
Seite 4/5: f1online, Carrasco/AGE<br />
Seite 6/7: Institut für Seenforschung,<br />
Langenargen<br />
Seite 8/9: Holger Spiering<br />
Seite 10/11: Heidi Hintereck<br />
Seite 12/13: Tourist-Information Reichenau<br />
Seite 14/15: Fotolia<br />
Wolfram Otlinghaus<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Seite 16/17: Stadt Überlingen<br />
Mainau GmbH<br />
Stadt Konstanz<br />
Tourist-Information Reichenau<br />
Stadt Radolfzell<br />
Stadt Meersburg<br />
Seite 18/19: Martin-Sebastian Kreplin<br />
John Lammerts van Bueren<br />
Seite 20/21: <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Archiv KunstKabinettImTurm<br />
W. Thomeczek<br />
Seite 22/23: Wikipedia<br />
Gemeinde Sipplingen<br />
Seite 24/25: MPI ORN Rad MaxCine<br />
Andreas Schmidt<br />
Carrie Fudickar<br />
Fotolia<br />
Seite 26/27: <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Seite 28/29: Hartmut Nägele<br />
Seite 30/31: <strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Seite 32: Fotolia<br />
Beim Bau des 24 Kilometer<br />
langen Albstollens der <strong>Bodensee</strong>-<br />
<strong>Wasserversorgung</strong> kam diese<br />
Stollenbohrmaschine zum Einsatz<br />
Die <strong>Bodensee</strong>-<br />
<strong>Wasserversorgung</strong><br />
in Zahlen<br />
Der Beginn<br />
25.10.1954: Gründung des<br />
<strong>Zweckverband</strong>es <strong>Bodensee</strong>-<br />
<strong>Wasserversorgung</strong><br />
16.10.1958: Inbetriebnahme der<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong><br />
Das Unternehmen<br />
·<br />
·<br />
282 Stellen<br />
58 Millionen Euro Umsatz (2010)<br />
Die Mitglieder<br />
· 181 Mitglieder, die 320 Städte und<br />
Gemeinden in Baden-Württemberg<br />
vertreten<br />
Das Angebot<br />
· Circa vier Millionen Menschen in<br />
Baden-Württemberg erhalten<br />
Wasser aus dem <strong>Bodensee</strong><br />
· 670.000 Kubikmeter<br />
Entnahmerecht pro Tag<br />
· 4.100 Liter Wasser pro Sekunde<br />
werden durchschnittlich dem See<br />
entnommen<br />
· 126,1 Millionen Kubikmeter Wasser<br />
wurden 2011 abgegeben<br />
Das Leitungsnetz<br />
· 1.700 Kilometer meist großkalibrige<br />
Hochdruckleitungen<br />
· 29 Wasserbehälter mit 470.600<br />
Kubikmeter Fassungsvermögen<br />
· 38 Pumpwerke helfen zur<br />
Überwindung der Höhendifferenzen<br />
· 2.250 Millimeter ist der größte<br />
Leitungsdurchmesser<br />
Das Trinkwasser<br />
(Jahresmittelwerte 2011)<br />
· Temperatur: 4,5 bis 5,5° Celsius<br />
· pH-Wert: 7,96<br />
· Gesamthärte: 1,61 Millimol<br />
Calciumcarbonat je Liter<br />
(entspr. ehemals 9,0° dH)<br />
· Phosphat-Phosphor:<br />
< 0,0025 Milligramm je Liter (mg/l)<br />
· Nitrat: 4,5 Milligramm pro Liter (mg/l)<br />
<strong>Bodensee</strong>-<strong>Wasserversorgung</strong> · <strong>Kristallklar</strong> 2012 · Heft 105<br />
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Der Acker beim <strong>Bodensee</strong><br />
Dicht bei einem einzelnen Hof war ein großes Ährenfeld. Drei Wanderer kamen des Wegs. Sie wollten auf die Anhöhe, von wo man<br />
den See überblicken konnte. Zwei junge Leute standen am Ackerrand. Während das Kind der Wanderer Kornblumen pflückte, hörte<br />
das Ehepaar, wie die beiden miteinander zankten. „Der Acker gehört mir; der Vater hat es im Testament so verfügt!“, sagte das<br />
Mädchen überlaut. „Willst du ihn vielleicht mitnehmen in die Stadt?“, lachte der junge Bauer böse, „als ob ich wegen deiner Mitgift<br />
nicht genug Schulden hätte! Aber jeden Quadratmeter werde ich dir abkaufen.“ Seine Schwester lief beleidigt weg. Das Ehepaar<br />
hörte, wie der Bruder fluchte: „Bei Gott, Acker! Das mußt du mir teuer zurückbezahlen!“<br />
Der Acker hatte sich auf die Schollen in der Winterruh gefreut und vielleicht auf die KartoffelknolIen, die im andern Jahr in ihm<br />
reifen würden. Doch gleich nach der Getreideernte ging es los: Der Bauer und seine Helfer rammten hohe Stangen in den Boden<br />
und spannten Drähte. Es wurde ein Hopfenacker. Neben dem Stadel entstand ein neuer Bau, eine Hopfendarre, recht hoch und häßlich.<br />
Das Kind der Wanderer freute sich in den folgenden Sommern: „Der erste Hopf ist oben, jetzt sind bald Ferien!“ Manchmal<br />
sahen sie einem Trieb zu, der wie eine lebendige Schlange in der Luft kreiste, um einen Halt zu finden, oder sie zerrieben eine Hopfenfrucht<br />
zwischen den Fingern, um den feinen herben Geruch in der Nase zu haben. Oft schauten sie auch dem lustigen Völkchen der<br />
Pflücker zu.<br />
In einem Herbst, nach etlichen Jahren, mußten die Wanderer staunen, ihr Mädchen musste klagen: „Oh! Ein Zaun!“ Ein hohes Draht -<br />
geflecht faßte das Feld ein. Drinnen standen Tausende kleiner Apfelbäumchen. An manchen hingen schon ein, zwei große goldene<br />
Äpfel. Die Pflänzchen sahen aus wie zwölfjährige schwangere Mädchen. Der Bauer mußte schwer gepflegt und gedüngt haben, denn<br />
im dritten Apfeljahr brauchte er bei seinen Gebäuden eine Obsthalle. Seine Schwester kam Äpfel holen. Im Wegfahren schimpfte<br />
sie: „Er läßt mich das Obst bezahlen, wo er schon ein Vielfaches mehr aus dem Acker holte, als er mir damals für ihn gab.“<br />
Die Städter sind nie zufrieden! Diese süßliche ApfeIsorte schmeckte ihnen nicht mehr. In einem Vorfrühling erschraken darum die<br />
Wanderer. Die Apfelbäume waren bös zusammengestutzt. Wie Galgen sahen sie aus oder wie Kreuze auf Golgatha. Eine neue, säuerliche<br />
Sorte war ihnen aufgepfropft. Der Bauer konnte aber mulchen, düngen, Gras vertilgen und spritzen, soviel er wollte, die Bäume<br />
mochten keine Rekordernten mehr bringen. Darum mußten die Wanderer später noch ärger erschrecken: Alle Baumkronen waren<br />
abgesägt. Traurig sahen die vieIen Stümpfe aus und so, als ob der Acker sich seines Aussehens nun schämen müßte.<br />
Dann, als sie wieder einmal vorbeigingen, war kein Zaun mehr da. Es war erneut ein Hopfengarten, denn der Erlös aus dem Hopfen<br />
war derzeit besser als vom Obst. Aber der Acker hatte sich nicht mehr auf lustige Hopfenernten zu freuen, auch nicht mehr auf den<br />
Saft, der aus den aufgerollten Ranken in seine Erde zurückkam. Grob wurden diese mit dem reifen Hopfen abgehauen. Die Wanderer<br />
schauten eine Weile der Pflückmaschine beim Hof zu. Es lag nicht mehr der feine herbe Geruch des Hopfens in der Luft, sondern<br />
ein widerlicher, nach Fäulnis riechender Schwaden vom Abfall.<br />
Ein grausiges Unwetter hauste im Landstrich. Die beiden Städter sahen dessen Folgen. Der Hopfengarten lag wie plattgewalzt, alles<br />
von Sturm und Hagel zerschlagen. Der Bauer tat ihnen leid. Den ganzen Weg redeten sie über den Schaden und die Arbeit, die zu<br />
machen sei, bis die Anlage wieder stehe.<br />
Der Bauer hatte sich diese Mühe erspart, er nahm eine andere auf sich: Der Acker wurde ein Erdbeerfeld. Fremdarbeiter und Frauen<br />
bückten sich, um die Früchte zu pflücken. Die Bäuerin hatte am Rand des Feldes, am Weg, einen Tisch aufgestellt und bot sie den<br />
Vorübergehenden und -fahrenden in Pappkartons zum Kauf an. Sie sahen die Frau erstmals so aus der Nähe. Es war eine schöne,<br />
üppige Bäuerin, in fast elegantem, weit ausgeschnittenem Sommerkleid. Der Bauer ging weg, als er Käufer kommen sah. Seinem<br />
Rücken sah man an, daß er sich der Krämerei schämte.<br />
Die Wanderer waren nun ältere Leute. Als sie wieder vorbeigingen, sahen sie den Acker voller Pfähle. Der Bauer und sein Sohn<br />
waren dabei, sie nah am Weg in die Erde zu pflocken. Sie hatten des Mannes Gesicht nicht mehr gesehen, seit er damals in jungen<br />
Jahren geflucht hatte. Sie erschraken beinahe, denn es war ein gezeichnetes Gesicht. Nicht nur Sonne, Wind und Wetter hatten es<br />
gefurcht, sondern Verbitterung vom harten Wirtschaftskampf stand in ihm, Rückschläge und Ärger hatten es geprägt. Die alten<br />
Wandersleute grüßten freundlich und fragten, ob es wieder eine Obstanlage werde. Der Bauer tat nur einen Brummer und ging<br />
weg. Der Sohn sprach: „Der Großvater hat es gewußt, hier sei früher allezeit ein Rebacker gewesen.“ Es sah aus, als strecke der<br />
Acker der Sonne erwartungsvoll seinen Buckel entgegen. An Erinnerung gemahnte er, an fröhliche Menschen, muntere Vögel.<br />
Er wird sich wundern! Schüsse werden auf ihm krachen und nachgeahmte Todesschreie von Vögeln über ihm schrillen. Mit giftigen<br />
Brühen wird er getränkt werden und unter großen Netzen schmachten. Doch ein Rebacker wird er nun wieder viele Jahre sein.<br />
Zwischendurch hat er zwar die Menschen mit Brot und Bier, Most und Milch versorgt, aber nichts werden sie so nötig haben wie<br />
Wein, um das zu ertragen, was ist und was noch kommen wird.<br />
Maria Beig: Der Acker beim <strong>Bodensee</strong>. In: Maria Beig. Das Gesamtwerk. Herausgegeben von Peter Blickle und Franz Hoben. Band 5, S. 178-180.<br />
© Klöpfer & Meyer Verlag, Tübingen 2010.