Im Reisefieber – das Schüler-Ferien-Ticket - NVS ...
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Bahnverkehr entlang der Grenze<br />
Obwohl mitten in Deutschland gelegen, geriet die Werrabahn mit der Vertiefung der deutschen<br />
Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr in eine Grenzlage.<br />
Folge 6<br />
Die Veränderungen begannen im Süden der<br />
Strecke. <strong>Im</strong> Juni 1945 standen die Amerikaner<br />
noch in Thüringen. Um den Verkehr wieder<br />
in Gang zu bringen, veranlassten sie die<br />
Wiederherstellung der bei Kriegsende gesprengten<br />
Brücke in die Einfahrt des Bahnhofs<br />
Eisfeld. Am 20. Juni 1945 war die Arbeit<br />
geschafft, die Fahrpläne fertig ausgearbeitet.<br />
Doch trotzdem rollte kein Zug von Eisfeld<br />
nach Coburg. Die Amerikaner wussten,<br />
<strong>das</strong>s die Rote Armee Anfang Juli in die ihr<br />
zugewiesene Besatzungszone und damit<br />
auch nach Thüringen vorrücken wür de. Da<br />
sollten keine Züge mehr von Bayern nach<br />
Thüringen verkehren.<br />
Über Teile der Werrabahn senkte sich der Eiserne<br />
Vorhang. Die Grenze zwischen Thüringen<br />
und Bayern wurde zur Demarkationslinie,<br />
später zur Staatsgrenze zwischen der<br />
DDR und der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Der Streckenabschnitt von der Grenze bis<br />
nach Coburg wechselte von der Reichsbahndirektion<br />
Erfurt zur späteren Bundesbahndirektion<br />
Nürnberg. Exemplarisch ables bar<br />
wird der Anachronismus der deut schen Teilung<br />
am einstigen Bahnhof Görsdorf der<br />
Werrabahn. Er lag auf bayerischem Gebiet,<br />
der Ort, den er einst bediente, in Thüringen.<br />
Nichts ging mehr. Westdeutsche Eisenbahnfreunde<br />
pirschten sich in den 1970er Jahren<br />
an die Streckenreste bis zur Grenze heran<br />
und sahen, <strong>das</strong>s dort nie wieder ein Zug fahren<br />
konnte, weil die Deutsche Reichsbahn<br />
der DDR ihre 6,4 Kilometer Gleise zwischen<br />
Eisfeld und der Grenze schon in den 1950er<br />
Jahren abgebaut hatte.<br />
Denkmal für eine Nebenbahn<br />
Nicht zu verwechseln ist die Werrabahn<br />
mit der Werratal-Eisenbahn. Fast vierzig<br />
Jahre ist es her, <strong>das</strong>s auf der Strecke, die<br />
im Oktober 1907 zwischen Wartha und<br />
Treffurt eröffnet wurde, der letzte Zug<br />
fuhr. Regionalhistoriker Rainer Lämmerhirt<br />
beweist in seinem Buch aus dem Verlag<br />
Rockstuhl, wie viel von der einstigen<br />
Nebenbahn noch zu erkennen ist. Mehre-<br />
Schwer getroffen wurde die Werrabahn <strong>–</strong><br />
wie fast alle anderen Hauptstrecken der<br />
DDR-Reichsbahn ebenfalls <strong>–</strong> von der Demontage<br />
des zweiten Gleises. Das so gewonnene<br />
Material ging als Reparationsleistung<br />
an die Sowjetunion. Betroffen von<br />
diesem schmerzhaften Einschnitt in die Infrastruktur<br />
waren auf der Werrabahn die<br />
Abschnitte Eisenach <strong>–</strong> Bad Salzungen und<br />
Meiningen <strong>–</strong> Grimmenthal. Mit nur noch<br />
einem Gleis und schlechter Kohle für die betagten<br />
Dampflokomotiven begann der<br />
schwierige Wiederaufbau. Dabei mussten<br />
gerade auf der Werrabahn Höchstleistungen<br />
im Kaliverkehr gefahren werden. Die<br />
Züge liefen bis nach Wismar, den Verladehafen<br />
für dieses wichtige Exportgut.<br />
1961 folgte der nächste Einschnitt: Die<br />
Grenzsperrmaßnahmen der DDR vom 13.<br />
August setzten <strong>das</strong> Fanal der Berliner Mauer,<br />
doch sie hatten ebenso gravierende Auswirkungen<br />
entlang der gesamten innerdeutschen<br />
Grenze. Betroffen war vor allem die<br />
„große Schwester“ der Werrabahn, die<br />
Hauptstrecke von Eisenach in Richtung Bebra.<br />
Hier führte die mehrfach gewundene<br />
Grenze zwischen Hessen und Thüringen<br />
re Bahnhöfe stehen noch, werden heute jedoch<br />
anders genutzt. Auch mancher Brückenpfeiler<br />
für die fünfmalige Überquerung<br />
der Werra ist noch auffi ndbar. Das Ergebnis<br />
der Spurensuche ist überzeugend und setzt<br />
dieser Nebenbahn ein Denkmal. Der Leser<br />
erfährt Details über die schwierigen Vorarbeiten,<br />
über den Bau der Strecke und den<br />
Betrieb. Er lernt aber auch, wie die großen<br />
dazu, <strong>das</strong>s der Zug hinter Wartha DDR-Gebiet<br />
verließ, kurz vor Gerstungen in die DDR<br />
zurückkehrte, um sich anschließend endgültig<br />
gen Westen zu wenden. Und <strong>das</strong> war im<br />
Zusammenhang mit dem Sicherheitswahn<br />
der DDR ein unhaltbarer Zustand. Der Ausweg<br />
wurde in einer neuen Strecke nur auf<br />
Thüringer Gebiet gesucht. Deshalb<br />
sollte von der Werrabahn bei Förtha die<br />
neue Hauptstrecke auf komplizierter Trasse<br />
hinunter ins Tal der Werra führen. Gebaut<br />
wurde ab Herbst 1961 als wahre „Staatsaktion“<br />
mit einem Riesenaufwand an Mensch<br />
und Technik. Nun bekam die Werrabahn<br />
zwischen Eisenach und Förtha auch ihr<br />
zweites Gleis zurück, und zwischen 1962<br />
und 1991 fuhren über diesen Teil der Mittelgebirgsbahn<br />
hochwertige Schnellzüge nach<br />
Frankfurt am Main mit Kurswagen bis Paris.<br />
Nur die wenigsten Menschen aus dem Osten<br />
durften mitfahren.<br />
·<br />
Werrabahn-Alltag in der DDR: Mit<br />
heulendem Turbolader schleppt die<br />
Diesellok 132 145 am 13. Oktober 1985<br />
einen schweren Güterzug unterhalb der<br />
Wartburg in Richtung Förtha<br />
Ereignisse der Geschichte ihre Spur an einer<br />
kleinen Strecke hinterließen. Fotos<br />
gibt es erstaunlich viele. Sie illustrieren<br />
den Text ebenso trefflich wie die stimmungsvollen<br />
Bilder des Malers Peter König.<br />
Für Thüringenfans Pfl ichtlektüre.<br />
Rainer Lämmerhirt: Die Werratal-Eisenbahn<br />
1907<strong>–</strong>1969, 128 Seiten.<br />
06.2008<br />
REGIOTAKTE<br />
Aktuell Serie<br />
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