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FREITAG 5. OKTOBER 2007 STANDORT NEUSS<br />
NGZSPEZIAL<br />
Fiege plant<br />
Mega-Center<br />
Die Fiege-Lastwagen sollen künftig zum<br />
Mega-Center Neuss rollen. NGZ-FOTO: WOI<br />
(schum) Bescheidenheit hört sich<br />
anders an: „Wir wollen das Mega-<br />
Center Neuss bauen“, sagt Paul-Richard<br />
Eichholzer vom westfälischen<br />
Familienunternehmen Fiege. Was<br />
nach einem gigantischen Einkaufspark<br />
klingt, soll ein vergleichsweise<br />
optisch schlichter Hallenkomplex<br />
mit allerdings riesigen Ausmaßen<br />
werden: 528 Meter lang und 156 Meter<br />
breit ist das Logistikzentrum, das<br />
Fiege an der Straße Am Blankenwasser,<br />
südlich des Autobahnkreuzes<br />
Neuss-Süd, errichten will. Auf dem<br />
A<strong>real</strong> sollen einmal bis zu 600 Men-<br />
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schen arbeiten. Das Investitionsvolumen:<br />
80 Millionen Euro. „Ein<br />
Glücksfall für Neuss“, sagte Wirtschaftsförderer<br />
Andreas Galland.<br />
Lange sah es so aus, als würde das<br />
Logistikunternehmen Fiege seinen<br />
neuen Betrieb im benachbarten<br />
Dormagen errichten. Daraus wurde<br />
nichts, und mit vereinten Kräften<br />
wollen Dormagen, Rhein-Kreis und<br />
Neuss dafür sorgen, dass der nach<br />
eigenen Angaben „größte private<br />
Kontraktionsdienstleister Europas“<br />
in die Quirinusstadt kommt.<br />
Das international operierende Logistikunternehmen<br />
will in Neuss als<br />
Investor auftreten. Mieter des neuen<br />
Komplexes, zu dem auch Tankstelle<br />
und Werkstätten gehören werden,<br />
ist „Techno Cargo Logistik“ (TCL)<br />
mit Sitz in Hilden. Dabei handelt es<br />
sich um ein Joint Venture von Fiege<br />
mit dem Hildener Unternehmen<br />
Vaillant, das im Bereich Heizung<br />
und Fotovoltaik zu den führenden<br />
Anbietern gehört. Vaillant will selbst,<br />
so sagte Heinz Gräber, Generalbevollmächtigter<br />
von Fiege, für mindestens<br />
zehn Jahre sein Ersatzteillager<br />
unterbringen und von dort aus<br />
weltweit Kunden beliefern.<br />
Bis Dezember wird sich entscheiden,<br />
ob es gelingt, Fiege an den<br />
Standort zu binden oder nicht.<br />
Dann muss das Planungsrecht einen<br />
Status erreicht haben, der gleichzeitig<br />
die Baugenehmigung zulässt.<br />
„Daran wird in der Verwaltung mit<br />
Hochdruck gearbeitet. Die verlorene<br />
Zeit aus vorangegangenen Planungen<br />
muss aufgeholt werden“, so<br />
Wirtschaftsförderer Frank Wolters.<br />
Das Unternehmen habe vielfach erwähnt,<br />
dass das Joint Venture die 1a-<br />
Logistikfläche ab Herbst kommenden<br />
Jahres benötigt. Die Verträge<br />
sind geschlossen.<br />
Das Konjunkturbarometer<br />
zeigt nach oben, und der<br />
wirtschaftliche Aufschwung<br />
macht sich an vielen Standorten bemerkbar<br />
– insbesondere an solchen,<br />
die über gute Bedingungen verfügen.<br />
Auch wenn die Arbeitslosenzahlen<br />
grundsätzlich Anlass zur Sorge<br />
sein sollten, so können wir in<br />
Neuss im Bundesvergleich zuversichtlich<br />
sein. Dennoch ergibt sich<br />
stets die Notwendigkeit, die wirtschaftliche<br />
Grundlage für die ansässigen<br />
Unternehmern zu sichern und<br />
zu fördern und gleichzeitig die Voraussetzungen<br />
zu schaffen, die notwendig<br />
sind, um ein ansiedlungsfreundliches<br />
wie gründungsfreundliches<br />
Klima zu schaffen. Für viele<br />
Unternehmen stehen oft gesetzliche<br />
Auflagen, zum<br />
Beispiel aus dem<br />
Bereich Umweltschutz,<br />
weiteren<br />
Entwicklungen<br />
entgegen. Manchmal<br />
städtebaulich<br />
gewünschte oder<br />
zumindest wün-<br />
schenswerteEntwicklungen in einem<br />
gesunden<br />
Nebeneinander<br />
von Wohnen und Gewerbe und eine<br />
damit verbundene mögliche Angst<br />
von Einschränkungen des Betriebs<br />
sind da keine Seltenheit. Gleiches<br />
gilt für die Wohnnachbarschaft. Es<br />
ist daher eine wichtige Aufgabe, die<br />
Wirtschaftsförderungsstrategie einer<br />
Stadt langfristig auch auf diese<br />
Bedürfnisse auszurichten, so dass<br />
die Sicherung der wirtschaftlichen<br />
Tragfähigkeit bestehen bleibt. In<br />
Neuss gehen wir da meines Erachtens<br />
genau den richtigen Weg. Nicht<br />
nur die Ansiedlung neuer Unternehmen<br />
steht im Fokus unserer Arbeit,<br />
sondern gerade das Angebot für die<br />
bestehenden Unternehmen, die wir<br />
in allen Phasen des betrieblichen Lebens<br />
begleiten. Wir nennen das gern<br />
Gut gepflegte Nachbarschaft<br />
➔ GASTBEITRAG Frank Wolters, Abteilungsleiter im Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Neuss<br />
Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe:<br />
Wirtschaftsförderer Frank Wolters.<br />
„Bestandspflege“. Denn Wachstum,<br />
also Expansionen, bedeuten Umsatzsteigerung,<br />
mehr Beschäftigung<br />
und letztlich mehr Steuereinnahmen.<br />
Selbstverständlich gehen damit<br />
Themen wie „Innenstadt“ oder<br />
„Stadtteilzentren“ einher. Auch dort<br />
muss sich die Arbeit der kommunalen<br />
Wirtschaftsförderung erkennbar<br />
zeigen. In den vorigen Jahren konnten<br />
Initiativen auch gegen politischen<br />
Widerstand durchgesetzt werden,<br />
die Entwicklungen am Markt<br />
sind da nur einige der Beispiele.<br />
Aber es geht weiter. Im Rahmen<br />
der Entwicklung des Einzelhandelskonzepts<br />
werden gerade solche<br />
Standorte eine Stärkung erfahren,<br />
die für die Versorgung der Bürgerinnen<br />
und Bürger in einer funktionierenden<br />
Stadt erforderlich<br />
sind.<br />
Die Landesgesetzgebung<br />
hat hier in<br />
diesem Sommer<br />
starke Akzente gesetzt,<br />
die zwar<br />
nicht immer hilfreich<br />
für die Ent-<br />
wicklung des Einzelhandels<br />
sind,<br />
aber im Ergebnis<br />
die vielfach zitierte<br />
Abwanderung auf die „grüne Wiese“<br />
begrenzt, deren Zulässigkeit sogar<br />
ganz ausschließen wird.<br />
Aber grundsätzlich werden wir die<br />
Zeit auch nicht zurückdrehen können.<br />
Eine nachhaltige Wirtschaftsförderung<br />
muss daher auch den<br />
Blick auf die Entwicklungen am<br />
Markt und in der Technologie haben.<br />
Stichworte sind hier E-commerce,<br />
also der Handel über das Internet,<br />
die zunehmende Filialisierung<br />
und die Entwicklungen beim<br />
überdachten Einkaufen in so genannten<br />
Malls. Einer der wesentlichen<br />
Eckpfeiler einer erfolgreichen<br />
Wirtschaftsförderungspolitik ist<br />
grundsätzlich eine intelligente Bodenvorratspolitik.<br />
Aber auch die<br />
Großinvestition stärkt<br />
Aluminium-Cluster<br />
(ki) Die größte und technologisch<br />
führende Aluminium-Hütte<br />
Deutschlands ist jetzt noch ein Stück<br />
führender: Mit einem symbolischen<br />
Knopfdruck nahmen NRW-Wirtschaftsministerin<br />
Christa Thoben<br />
und Norsk-Hydro-Chef Eivind Reiten<br />
im Neusser Rheinwerk einen<br />
neuen Recycling-Ofen in Betrieb.<br />
Für Hydro Aluminium ist die Anlage<br />
wichtig, um kostengünstig größere<br />
Mengen Aluminium produzieren zu<br />
können. Für die über 800 Mitarbeiter<br />
des Werks ist die Zwölf-Millionen-Euro-Investition<br />
ein Signal da-<br />
NGZ-Druckplatte fertig fürs Recycling: Wirtschaftsministerin Christa<br />
Thoben und Norsk-Hydro-Chef Eivind Reiten im Rheinwerk. FOTO: WOI<br />
für, dass ihre Arbeitsplätze trotz steigender<br />
Energiekosten, die die Aluminiumproduktion<br />
in Deutschland<br />
belasten, akut nicht bedroht sind.<br />
Mit seinen Werken im Rhein-Kreis<br />
verfügt Norsk Hydro über eine weltweit<br />
einzigartige Aluminium-Produktionskette.<br />
Nirgendwo sonst gibt<br />
es so viel Kapazität, führende Technologie<br />
und Zusammenspiel von<br />
Entwicklung, Erzeugung, Verarbeitung<br />
und Wiederverwertung quasi<br />
auf einem Fleck. Rheinwerk–Alunorf–Grevenbroich:<br />
Manche nennen<br />
diesen Verbund „magisches<br />
Dreieck“, andere das Aluminium-<br />
Cluster Neuss. Dabei gehört eine angegliederte<br />
Maßschnitt-Anlage für<br />
Bleche in Dormagen ebenso dazu<br />
wie das Bonner Zentrum für Aluminium-Forschung<br />
und -Entwicklung.<br />
Fast alles beginnt in Uedesheim,<br />
wo ein Großteil der benötigten Tonerde<br />
angelandet wird. 231 000 Tonnen<br />
neues Aluminium erzeugt da-<br />
raus Deutschlands größte Aluminiumhütte.<br />
1962 war Hydro Aluminium<br />
Neuss als Rheinwerk der deutschen<br />
VAW eröffnet worden und<br />
wurde seither immer weiter entwickelt.<br />
Die eigene Anodenfabrik sichert<br />
mit mehr als 180 000 Tonnen<br />
Jahresleistung den Elektrodenbedarf<br />
der Hüttenöfen.<br />
Die Gießerei formt das neue Metall,<br />
gemeinsam mit immer mehr recyceltem<br />
Metall, zu über 350 000<br />
Tonnen hochwertiger Barren von bis<br />
zu neun Metern Länge für die weitere<br />
Walzverarbeitung. Für „sein“<br />
Rheinwerk hat<br />
Leiter Bernhard<br />
Eich ehrgeizige<br />
Ziele: Alle drei Betriebe<br />
sollen ihre<br />
Leistung weiter<br />
steigern und<br />
schon bald<br />
400 000 Tonnen<br />
Walzbarren im<br />
Jahr liefern. Der<br />
Empfänger arbeitet<br />
direkt nebenan:<br />
Alunorf. Die<br />
Aluminium Norf<br />
GmbH, in 50/50-<br />
Prozent-Kooperation<br />
von Hydro<br />
und dem Walzkonzern<br />
Novelis<br />
betrieben, ist das<br />
weltgrößte Aluminiumwalzwerk<br />
und zugleich die<br />
weltgrößte Aluminiumgießerei. Mit<br />
2100 Mitarbeitern liefert Alunorf<br />
über 1,2 Millionen Tonnen Aluminiumband,<br />
das entweder direkt an externe<br />
Kunden geht – etwa zur Fertigung<br />
von Dosendeckeln – oder weiter<br />
gewalzt wird.Vor allem geschieht<br />
dies 20 Kilometer entfernt im Walzwerk<br />
Grevenbroich. Dieser mit rund<br />
1900 Beschäftigten größte Standort<br />
der Hydro-Gruppe, technisch Spitzenklasse,<br />
liefert mehr als 500 000<br />
Tonnen hochwertiger Bänder und<br />
Folien an Kunden in aller Welt. Gegenwärtig<br />
ist Hydro, wesentlich von<br />
Grevenbroich aus, Marktführer bei<br />
Folien, Lithobändern, Walzhalbzeug<br />
für Wärmetauschersysteme und bei<br />
Strukturbauteilen im Automobilbau.<br />
Selbst die Marktstärke bei<br />
Reinstaluminium erarbeitet sich Hydro<br />
auch mit der Spezialgießerei am<br />
Standort Grevenbroich immer wieder<br />
neu.<br />
Büropark von Weltruf: Das Hammfeld stellt eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung unter Beweis.<br />
Global agierende Konzerne haben sich dort niedergelassen. NGZ-FOTO: A. WOITSCHÜTZKE<br />
Entwicklung brachliegender Flächen<br />
wie im Hafen stehen auf der<br />
Agenda, denn auch hier gilt der<br />
Grundsatz, dass verantwortungsvoll<br />
und zukunftsgerichtet mit den Ressourcen<br />
umgegangen werden muss.<br />
Ebenso ist die Branchenstruktur<br />
entscheidend für eine nachhaltige<br />
und damit positive Entwicklung eines<br />
Standorts. Insofern präsentieren<br />
wir immer wieder gern den Branchenmix,<br />
der den Erfolg dieser Stadt<br />
ausmacht. So haben wir in Neuss<br />
Vorteile, von denen die Städte und<br />
Gemeinden, die immer noch in<br />
Strukturwandel oder Monostruktur<br />
„hängen“, träumen. Ein gesunder<br />
Branchenmix überwiegend kleiner<br />
und mittlerer Unternehmen belebt<br />
unsere Gewerbegebiete ebenso wie<br />
5<br />
ein tüchtiger Handel. Unsere Arbeit<br />
haben wir darauf ausgerichtet. Regelmäßig<br />
sind wir mit den Unternehmen<br />
im Gespräch, bieten Veranstaltungen<br />
an, die informativ sind.<br />
Aber was noch viel wichtiger ist:<br />
Man kommt sich näher, trifft sich so<br />
dann in regelmäßigen Abständen<br />
und kann die Gespräche vertiefen.<br />
Andere nennen es Netzwerk, für<br />
mich ist es eine gut gepflegte Nachbarschaft<br />
mit einem wachen Augen<br />
für die Bedürfnisse des anderen. Das<br />
hilft beiden Seiten weiter und sorgt<br />
für die beste Nachhaltigkeit.<br />
Wichtige Projekte für die gesunde<br />
Entwicklung sind auch Wohnbauprojekte,<br />
insbesondere solche, die<br />
ökologische Aspekte berücksichtigen.<br />
Mit Allerheiligen ist den Planern<br />
genau das gelungen: Auf fossile<br />
Brennstoffe wird hier gänzlich verzichtet<br />
und insofern ein guter Beitrag<br />
für eine moderne Stadtentwicklung<br />
geleistet, der die Bemühungen<br />
um die wirtschaftliche Entwicklung<br />
nachhaltig fördert. Auch die Erschließung<br />
für das Wohnen im Umfeld<br />
des Lukaskrankenhauses ist<br />
weiterer Baustein im Bemühen, attraktiven<br />
Wohnraum zu schaffen,<br />
Zur Vermeidung einer städtebaulichen<br />
Entfremdung vom Dreiklang<br />
„Wohnen-Arbeit-Versorgung“ ist<br />
vermehrt darauf zu achten, dass die<br />
wohnortnahe Versorgung mit personenbezogenen<br />
Dienstleistungen<br />
und Handwerkern gewährleistet<br />
bleibt oder in Teilbereichen wieder<br />
gewährleistet wird. Wir müssen uns<br />
klar machen, dass die Überalterung<br />
der Gesellschaft zu einer wohnortnahen<br />
Versorgung der Bevölkerung<br />
führen wird. Daher kann nur an die<br />
Gesetzgebung appelliert werden, die<br />
Restriktionen nicht noch zu verschärfen,<br />
die besonders das Handwerk<br />
zunehmend aus der Wohnnachbarschaft<br />
verdrängt. Nachhaltige<br />
Wirtschaftsförderung bedeutet,<br />
die Zukunft im Blick zu haben. Wir<br />
schaffen die Angebote von morgen.