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WEIN-ABC<br />
GLAS UND WEIN<br />
WEIN-ABC von:<br />
Frank Männle<br />
Qualitätsmanager<br />
Weinbau<br />
Oberkircher Winzer<br />
Glas und Wein ist eine Erfolgsgeschichte,<br />
die schon lange währt. Bereits die Ägypter<br />
tranken ihren Wein aus Gläsern, genauso<br />
wie die Venezianer. Ab Ende des 17. Jahrhunderts<br />
war Weingenuss im Glas Kultur. Beiden<br />
haftet ein edles Image an. Mit Wein im Plastikbecher<br />
mag sich kaum einer anfreunden, bei<br />
Bier regt sich keiner auf.<br />
Früher hatte man gerne bunte und klobige<br />
Weingläser, wie zum Beispiel das<br />
Römerglas. <strong>Das</strong> hat sich geändert.<br />
Heute sind klare Gläser für ungetrübten<br />
Genuss angesagt, zudem<br />
sind sie noch filigraner und feiner.<br />
<strong>Das</strong> liegt nicht an der Mode, sondern<br />
an den Ansprüchen, die der<br />
Rebensaft stellt. Ein Designer würde dies mit<br />
dem griffigen „form follows function“ (die<br />
Form folgt der Funktion) beschreiben. Zunächst<br />
will man sehen, was im Glas ist. <strong>Das</strong> steigert die Vorfreude und<br />
den Genuss. Ein ordentliches Weinglas hat immer einen Stiel!<br />
Wer sein Glas am Stiel oder am Glasboden (noch stilvoller) hält,<br />
macht keine Fingerabdrücke auf das Glas und bekommt keinen<br />
handwarmen Wein. Die hohe Kunst des Weinglases zeigt sich<br />
in den Details. Zum einen ist das Glas idealerweise hauchdünn,<br />
sodass der Kontakt zum Wein unmittelbar erfolgen kann. Auch<br />
die Weintemperatur wird von einem dünnen Glas weniger beeinflusst.<br />
Zum anderen wird der Weintrinker durch das filigrane<br />
Glas zum Mundspitzen verführt. Durch diesen „Trick“ stellen<br />
sich die Geschmackssinne auf ein neues Erlebnis ein.<br />
Namhafte Hersteller von Gläsern bieten ganze Kataloge mit<br />
Weingläsern für verschiedene Weinarten und Rebsorten an.<br />
Aus praktischen Gründen findet man in den meisten<br />
Haushalten jedoch nur zwei bis drei Glasarten, nämlich<br />
solche für Sekt und für Rot- sowie Weißwein. Für<br />
Sekt haben sich lang gezogene Gläser mit schmaler<br />
Öffnung durchgesetzt. In der sogenannten Sektflöte<br />
steigt die Perlage (Kohlensäure) wie an einer Schnur<br />
nach oben. Im Gegensatz zu Sektschalen erhalten schmale<br />
Gläser Aromen und Kohlensäure länger. <strong>Das</strong> Sektglas<br />
wird beim Einschenken zu zwei Dritteln<br />
oder mehr befüllt. Weingläser für<br />
Rot- und Weißwein unterscheiden<br />
sich zwar in ihrem Volumen und<br />
im Ausmaß des „Bauchs“, gemeinsam<br />
ist ihnen aber die Verjüngung<br />
des Kelchs nach oben. So gelangen<br />
die Weinaromen gebündelt zur Nase.<br />
Überdies schwappt beim Glasschwenken seltener<br />
etwas hinaus. Es gibt gute Gläser, die sowohl<br />
für Rot- als auch für Weißwein geeignet<br />
sind. Wer jedoch Platz in seinem Schrank hat, legt<br />
sich unterschiedliche Gläser zu. Warum? Rotweingläser sind<br />
großvolumiger, damit mehr Sauerstoff an den Wein kommt. Für<br />
Weißwein werden gerne kleinere und kürzere Gläser verwendet,<br />
damit die dezenten Aromen nicht verloren gehen. Beim Weißen<br />
mag man es bekanntlich kühler, darum sind die Gläser kleiner.<br />
Sobald ausgetrunken wurde, wird aus der gut gekühlten Flasche<br />
nachgeschenkt, und somit hat der Wein so gut wie immer die<br />
richtige Temperatur.<br />
Werden all diese Parameter berücksichtigt, wird verständlich,<br />
warum ein Weinglas mehr ist als nur ein Trinkgefäß. Noch wichtiger<br />
ist allerdings der Inhalt: Ein kleiner Wein wird auch im teuersten<br />
Edelglas nicht zum Überflieger werden.<br />
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