Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GASTKOLUMNE<br />
NACHGEFRAGT<br />
„<strong>NRW</strong>, mein Leben<br />
und ich“<br />
Wie wird man<br />
eigentlich<br />
Schiedsrichterin?<br />
Vonne Zeche<br />
auffen Platz – In<br />
<strong>NRW</strong> geht’s nicht<br />
ohne Fußball<br />
36 Jahre lang war Manfred<br />
„Manni“ Breuckmann als<br />
Radio-Reporter eine markante<br />
Stimme der Bundesliga-Konferenz.<br />
Der gebürtige Dattelner kommentierte<br />
über 1.000 Fußballspiele.<br />
Seine erste Übertragung war<br />
das <strong>Regio</strong>nalspiel zwischen der<br />
SG Wattenscheid 09 und dem<br />
VfF Neuss 1972. Im Dezember<br />
2008 beendete er seine Radiokarriere<br />
und ging in Alterszeit.<br />
Dem Thema Fußball ist er dennoch<br />
treu geblieben und spricht<br />
darüber auf Veranstaltungen, in<br />
Radio- und Fernsehsendungen<br />
oder schreibt Kolumnen.<br />
Als Kind hatte ich fast jeden<br />
Abend schwarze Füße. Wegen<br />
Fußball. Denn in meiner<br />
westfälischen Heimatstadt<br />
Datteln „pöhlte“ ich regelmäßig<br />
nachmittags auf dem sandigen<br />
Vorplatz des Ostring-Stadions mit<br />
den anderen Jungs. Von der Zeche<br />
Emscher-Lippe wehte der Wind den<br />
Kohlenstaub herüber, der auf den<br />
Fußballplatz herunterrieselte und<br />
uns zu Schwarzfuß-Indianern<br />
machte.<br />
Sonntags ging ich schon als Sechsjähriger<br />
mit meinem Vater an der<br />
Hand ins Stadion, um mir die Spiele<br />
der ruhmreichen Dattelner Germania<br />
anzuschauen. So bestimmte<br />
der Fußball schon früh mein Leben.<br />
Noch heute kann ich fast die komplette<br />
Germania-Aufstellung von<br />
Anfang der 60er Jahre herunterrasseln:<br />
Möller, Klinkhammer, Nethövel,<br />
Fechner … aber wer will das<br />
noch lesen? Jedenfalls wurde da<br />
eine Tradition der engen Verbundenheit<br />
mit dem Fußball begründet.<br />
Die gibt es, so behaupte ich, in<br />
Nord rhein-Westfalen stärker als<br />
in den meisten anderen <strong>Regio</strong>nen<br />
Deutschlands.<br />
Im Rheinland, in Westfalen und<br />
in Ostwestfalen-Lippe können<br />
sich überdurchschnittlich<br />
viele Menschen ein Leben<br />
ohne Fußball nicht<br />
vorstellen. Fixpunkt<br />
ist dann jeweils der<br />
führende regionale<br />
Fußballclub. Köln<br />
und das Müngersdorfer<br />
Stadion,<br />
Aachen und der<br />
Tivoli, Bielefeld<br />
und die Alm,<br />
Münster und das<br />
Preußenstadion – wie viele Geschichten<br />
hängen an diesen Kultstätten,<br />
wie viele Emotionen sind dort ausgelebt<br />
worden? Ein ganz wertvolles<br />
Stück Volkskultur. Im Ruhrpott ist<br />
der Fußball als dominantes Lebensgefühl<br />
am stärksten zu spüren.<br />
Vielleicht weil traditionell viele<br />
Vereine als Zechen- und Stahlwerk-<br />
Clubs eng mit der persönlichen<br />
Lebenswelt der Fans verbunden<br />
waren und sich diese Bindung „vererbt“<br />
hat.<br />
Der höchste Feiertag des Fußballs<br />
im Kohlenpott ist immer noch das<br />
Derby zwischen Schalke und Dortmund.<br />
Anhänger des Vereins, der<br />
frisch verloren hat, erleben keine<br />
schöne Woche am Arbeitsplatz. Und<br />
jeder kennt noch die alten Stories:<br />
Wie der Schalker Friedel Rausch<br />
von einem Dortmunder Schäferhund<br />
gebissen wurde; wie Dortmund mal<br />
im dichten Nebel mit 6:2 gewann;<br />
wie der Torwart Jens Lehmann bei<br />
einer Schalker Ecke mit nach vorne<br />
ging und seiner Mannschaft mit<br />
einem Kopfballtor ein Unentschieden<br />
rettete; wie Dortmund Schalke<br />
2007 die Meisterschaft versaute.<br />
Und, und, und. Die Schwarz-Gelben<br />
gegen die Blau-Weißen, da wollten<br />
und wollen sie alle mit dabei sein.<br />
Ich weiß noch, wie ich einem korrupten<br />
Dortmunder Ordner eine<br />
30-Pfennig-Handelsgold-Zigarre<br />
zusteckte und so ohne Eintritt in<br />
die Kampfbahn Rote Erde gelangte.<br />
Diese Zeiten sind angesichts elektronischer<br />
Einlasskontrollen vorbei.<br />
Aber volle Stadien und ganz viel<br />
Leidenschaft – siehe das 4:4 nach<br />
Dortmunder 4:0-Führung im vergangenen<br />
Herbst – sind immer noch<br />
garantiert. Nicht nur im Revier,<br />
sondern überall im Fußballland<br />
Nordrhein-Westfalen.<br />
Wenn sich Hannah Riederer nicht gerade auf<br />
das Abitur vorbereitet, steht sie gerne auf dem Fußballplatz.<br />
Denn die <strong>18</strong>-Jährige ist Schiedsrichterin. Seit dieser Saison<br />
wird sie in der B-Juniorinnen-Bundesliga als Unparteiische und<br />
in der 2. Frauen- Bundesliga als Assistentin eingesetzt.<br />
Wir haben die Schülerin aus Waldbröl im Oberbergischen<br />
Kreis befragt, wie es dazu kam.<br />
War es schon immer Ihr Wunsch,<br />
Schiedsrichterin zu werden?<br />
Das war eher zufällig. Ich wollte<br />
mir mit 14 Jahren neben der Schule<br />
etwas Geld dazuverdienen. Mein<br />
Vater machte mich damals auf einen<br />
Anwärter-Lehrgang zum Schiedsrichter<br />
bei uns im Kreis aufmerksam.<br />
Da ich bereits selbst seit Kindesalter<br />
mit Begeisterung im Verein Fußball<br />
spielte, nahm ich diesen Vorschlag<br />
gerne an. Anstatt Zeitungen auszutragen,<br />
wurde ich Schiedsrichterin.<br />
Wie läuft so eine Ausbildung<br />
genau ab?<br />
Die Grundausbildung besteht aus<br />
einem zwei- bis dreitägigen Lehrgang.<br />
Hier werden vor allem die<br />
Fußball-Regeln besprochen. Anschließend<br />
kommen weitere Fortbildungen<br />
dazu. Bei meinen ersten<br />
Spielen wurde ich zudem von einem<br />
erfahrenen Coach begleitet. Vor<br />
allem auf die Praxis-Erfahrung<br />
kommt es an: Je mehr Spiele man<br />
gut pfeift, umso schneller hat man<br />
die Möglichkeit aufzusteigen.<br />
Welche Eigenschaften sind für<br />
diesen Job nötig?<br />
Im Prinzip kann jeder Schiedsrichter<br />
werden. Anfangs war ich noch sehr<br />
jung und schüchtern – aber man<br />
wächst von Spiel zu Spiel und entwickelt<br />
sich weiter. Gerade Schiedsrichterinnen<br />
bekommen viel Unterstützung<br />
– wir sind ja quasi „Mangel-<br />
ware“ in dieser Branche. Aber egal,<br />
ob Frau oder Mann – es ist vor allem<br />
eigenes Engagement gefordert.<br />
Wo sehen Sie die größte<br />
Herausforderung?<br />
Ein Schiri muss 90 Minuten lang<br />
auf alles gefasst sein. Jede Sekunde<br />
kann irgendetwas passieren – sei<br />
es zu Beginn oder in der letzten<br />
Minute der Verlängerung. Außerdem<br />
kann ein Schiedsrichter nie<br />
sagen: Sorry – ich weiß jetzt auch<br />
nicht weiter. Ich muss immer eine<br />
Entscheidung treffen – am besten<br />
natürlich die richtige.<br />
Sind Frauen die besseren<br />
Schiedsrichter?<br />
Ich denke nicht, dass das geschlechterabhängig<br />
ist. Da sind andere<br />
Kriterien gefragt. Ein guter Schiedsrichter<br />
beherrscht das Regelwerk<br />
und handelt im Sinne des Fußballs.<br />
Das bedeutet, auch mal auf Vorteil<br />
zu entscheiden. Wenn beispielsweise<br />
eine Mannschaft trotz eines<br />
Fouls den Ball behält und sich<br />
dadurch eine gute Torchance ergibt.<br />
Das steht so nicht direkt in den<br />
Regeln. Das beste Lob für einen<br />
Schiri ist, wenn er im Nachbericht<br />
über das Spiel nicht erwähnt wird.<br />
Was reizt Sie persönlich an der<br />
Aufgabe des Schiedsrichters?<br />
Ich finde es sehr spannend, ein Spiel<br />
zu leiten. Mein bisheriges Highlight<br />
Hannah Riederers bisheriges Highlight war, ein<br />
Herren-Relegationsspiel mit 400 Zuschauern zu pfeifen.<br />
war ein Herren-Relegationsspiel mit<br />
400 Zuschauern. Außerdem ermöglicht<br />
mir dieses Hobby, viele Kontakte<br />
zu knüpfen. Sowohl in ganz Deutschland,<br />
aber auch weltweit. Beispielsweise<br />
nahm ich in den vergangenen<br />
Jahren am Dana-Cup in Dänemark teil<br />
und pfiff auch internationale Spiele.<br />
Zudem erhalte ich durch den DFB<br />
Einblick in einen sehr professionellen<br />
Bereich des Fußballs.<br />
ZUR PERSON<br />
Hannah Riederer hat ihre Schiedsrichter-Ausbildung<br />
im Fußball-<br />
Verband Mittelrhein absolviert.<br />
Wenn Sie sich auch für einen<br />
Anwärter- Lehrgang interessieren<br />
oder mehr Informationen möchten,<br />
finden Sie alle An gaben unter:<br />
www.schiri-werden.de<br />
oder auf www.fvm.de<br />
(Rubrik: Qualifizierung/<br />
Schiedsrichter).<br />
12<br />
13