Reallabor für nachhaltige Mobilitätskultur – Stuttgart in Bewegung – Berichte von unterwegs
ISBN 978-3-86859-509-3 https://www.jovis.de/de/buecher/vorschau/product/reallabor_fuer_nachhaltige_mobilitaetskultur.html
ISBN 978-3-86859-509-3
https://www.jovis.de/de/buecher/vorschau/product/reallabor_fuer_nachhaltige_mobilitaetskultur.html
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Parklets <strong>für</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />
67<br />
E<strong>in</strong> Parklet ist e<strong>in</strong>e Erweiterung<br />
des Fußwegs durch die Umge stal tung <strong>von</strong><br />
Auto-Stellplätzen zu attraktiven Aufenthaltsorten.<br />
Dabei wird die erhebliche<br />
Inanspruchnahme <strong>von</strong> öffentlichem Raum<br />
durch parkende Autos thematisiert<br />
und <strong>in</strong> Frage gestellt. In <strong>Stuttgart</strong> wurden<br />
im Sommer 2016 elf unterschiedliche<br />
Parklets <strong>in</strong> mehreren Stadtteilen <strong>für</strong><br />
drei Monate aufgebaut. Die Interventionen<br />
variierten <strong>von</strong> Sitzgelegenheiten<br />
über Spielplätze oder Urban-Garden<strong>in</strong>g<br />
Flächen bis h<strong>in</strong> zu Stellplätzen und<br />
Ladestationen <strong>für</strong> Fahrräder. So entstanden<br />
Treffpunkte im Freien, an denen sich<br />
ohne Konsumzwang Bekannte verabreden<br />
und Fremde begegnen konnten.<br />
„Pat<strong>in</strong>nen und Paten“ wie beispielsweise<br />
benachbarte Bürgervere<strong>in</strong>e oder<br />
Geschäfte übernahmen die Pflege e<strong>in</strong>es<br />
Parklets und somit Verantwortung <strong>für</strong> e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>es Stück öffentlichen Raums.<br />
Abhängig vom Standort und der jeweiligen<br />
Gestaltung wurden manche der Parklets<br />
täglich genutzt und boten somit e<strong>in</strong>e<br />
verbesserte Aufenthaltsqualität im öffentlichen<br />
Raum, die das soziale Leben vor Ort<br />
bereichert hat. Auch wenn viele Parklets<br />
vor Cafés oder ähnlichen Angeboten standen,<br />
wurde deutlich kommu niziert, dass<br />
sie Teil des öffentlichen Raumes und<br />
damit <strong>für</strong> alle nutzbar s<strong>in</strong>d. Aufgrund<br />
der unter schiedlichen Gestaltungsansätze<br />
wurden je nach Parklet andere Zielgruppen<br />
angesprochen: K<strong>in</strong>der, Nachbarschaft,<br />
E<strong>in</strong>kaufende <strong>von</strong> ansässigen<br />
Geschäften, Senior<strong>in</strong>nen und Senioren,<br />
Autofahre r<strong>in</strong>nen und -fahrer und so<br />
weiter. Grundsätzlich sollten sie aber <strong>von</strong><br />
unterschied lichen Gruppen genutzt werden<br />
können. Parklets, die besonders gut<br />
angenommen wurden, können zu e<strong>in</strong>er<br />
ständigen Veränderung vor Ort beitragen<br />
sowie auf andere Orte übertragen werden.<br />
Das Realexperiment „Parklets <strong>für</strong><br />
<strong>Stuttgart</strong>“ arbeitete mit wahr nehm baren<br />
Veränderungen im Stadtbild und führte<br />
zu e<strong>in</strong>er diskursiven Aus e<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der Frage, wer welchen Anspruch auf<br />
den öffentlichen Raum hat. So wurde e<strong>in</strong>e<br />
kontroverse Diskussion auf unterschiedlichen<br />
medialen Kanälen wie Facebook,<br />
Onl<strong>in</strong>e- und Pr<strong>in</strong>tmedien angestoßen,<br />
deren Fokus auf dem Umgang mit knappem<br />
Raum <strong>in</strong> verdichteten Innenstadtgebieten<br />
lag. Dabei tauschten die Be <strong>für</strong>wortenden<br />
und Ablehnenden der Parklets<br />
Argumente aus: Auf der e<strong>in</strong>en Seite dom<strong>in</strong>ierten<br />
Klagen über unzureichenden<br />
Parkraum, und auf der anderen Seite<br />
wurde die Ungerechtigkeit thematisiert,<br />
welche durch die Priorität <strong>von</strong> Autos<br />
bei der Verteilung des öffent lichen Raumes<br />
entsteht. E<strong>in</strong>e Analyse <strong>von</strong> Presseartikeln,<br />
Beschwerden und Kommen taren<br />
<strong>in</strong> den sozialen Medien gab Aufschluss<br />
über die verschiedenen Me<strong>in</strong>ungen<br />
und Argumente sowie über die Entwicklung<br />
der öffentlichen Wahrnehmung<br />
des Themas über die Dauer des Realexperimentes<br />
h<strong>in</strong>weg.