FINANZEN | BLOCKCHAIN UND KRYPTOWäHRUNG FRISCHER WIND bei BLOCKCHAIN und KRYPTO Nach einer winterlichen Kälteperiode geht es jetzt wieder in die Vollen. Der Kater nach dem jähen Kurssturz vom Allzeithoch ist vergessen, und sogar der regulatorische Kopfschmerz scheint verdaubar. «The sky is the limit», und der Hodler 1 hatte wieder mal Recht. Dieses Jahr wird die Welt von Grund auf mit Blockchain renoviert. Zumindest dröhnt es dementsprechend laut aus allen Richtungen. Ein optimistischer Ausblick. Dr. Johannes Schweifer Ohne eine Lanze für die Bären zu brechen, und frei von jeglicher Voreingenommenheit muss man fairerweise wieder darauf hinweisen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Ein wenig erlebe ich gerade ein Déjàvu. Als ich vor 15 Jahren als Doktorand an der TU Wien arbeitete und eifrigst an verschiedenen Ausschreibungen teilnahm, um ein Forschungsbudget für meine Stelle zu lukrieren, war es im Kern ähnlich marktschreierisch zugegangen wie heute. Die Chance, eine staatliche Förderung zu erhalten war nämlich stets bestenfalls «mies» gewesen, und gemäss meinen Kontakten an der Uni haben sich die Chancen nicht wirklich verbessert. Der Trick lag und liegt damals wie heute darin, möglichst nicht nach langweiliger Grundlagenforschung zu klingen, sondern sich irgendeinen tollen Hut aufzusetzen. Coole und innovative Schlagworte als Köder Sprich: Jene Schlagworte zu verwenden, die jeder als «cool», «innovativ», oder naja, «disruptive» empfindet. Völlig egal, ob man die Ergebnisse brauchen kann, ob überhaupt irgendeine Chance besteht, daraus jemals wirklich ein Produkt zu machen oder nicht. Zu meiner Zeit waren das «Nano», «Bio» und «Grid». Das hiess natürlich nicht, dass alles, was damals diese Schlagworte verwendete, schlechte Forschung gewesen wäre. Mitnichten. Aber mit der einen echten Innovation fuhren neun Trittbrettfahrer mit. Und was für die Forschung im Kleinen gilt, das gilt mehr denn je auch für die Börse, bloss in grösserem Massstab. Nanotech und Biotech lag um die Jahrtausendwende voll im Trend. Tja, und heute sind es eben Blockchaintechnologien und Kryptowährungen. Politisch etwas heisser als «Bio» damals, aber nichtsdestoweniger hoch interessant, da es sogar noch rascheren Profit verspricht. Das also ist «Krypto» dieser Tage, leider. Unsere «disruptive technology» der Gegenwart. Banken, Versicherungen, alle Arten von Finanzdienstleistern, staatliche und halbstaatliche Organisationen, und natürlich tausende Startups versuchen gerade alles zu tun, um möglichst die ersten in ihrer Branche zu sein, die Produkte und Dienstleistungen mit Blockchains ankündigen. Der erste zu sein, das verspricht Millionen an Investorengelder einzusacken, ebenso wie man damals an der Uni Förderanträge mit den Begriffen der neuen technologischen Wundertechnologien vollstopfte, um an die begehrten Geldmittel zu kommen. Leider lässt sich eben nicht alles mit Blockchain abwickeln. Und eine öffentliche Bedürfnisanstalt kommt vermutlich auch ohne 1 Zum Kult gewordener Rechtschreibfehler (hodl statt hold) in einem Posting auf Reddit, einer Messaging Plattform. Als Hodler wird jemand bezeichnet, der sich nicht von seinen Kryptowährungen trennt, und jedem Bären mutig trotzt. 10 MAI 2018 | Cool&<strong>Easy</strong>
Fotos: Shutterstock.com Cool&<strong>Easy</strong> | MAI 2018 11