Chefkritiker ? - Wangerooge
Chefkritiker ? - Wangerooge
Chefkritiker ? - Wangerooge
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Chefkritiker</strong> ?<br />
Wen meint er wohl damit, unser Bürgermeister: die Chefs der Kritiker oder die<br />
Kritiker, die den Chef kritisieren ?<br />
Egal. Wer Entscheidungen trifft, macht auch mitunter Fehler.<br />
Aber der muss auch Kritik ertragen und im besten Falle in sich gehen. Vor einiger<br />
Zeit hatte ich mich empört über die Bereitschaft der Gemeinde <strong>Wangerooge</strong>, die<br />
Eiskuhlen wieder herzustellen. Der Bürgermeister hatte in seiner verschwurbelten<br />
Diktion diese Maßnahme in Zusammenhang mit einer Kompensation für die<br />
Bebauung der Polizeiwiese genannt. Verschwurbelte Diktion heißt: so zu sprechen,<br />
dass der Normalbürger möglichst wenig versteht<br />
.<br />
Nun soll diese Naturschutzübung am 23.7. beginnen und bis ca. 24.8. dauern -<br />
so die Pressemitteilung des Mellumrates. 16 Jugendliche und 1 Bagger sollen also<br />
bei den Eiskuhlen eingesetzt werden, um dort die heimische Flora und Fauna zu<br />
schützen. Kartoffelrose und andere „Ausländer“ sollen entfernt werden, damit die<br />
heimische Besenheide sich wieder ausbreiten kann.<br />
Dazu folgende Information:<br />
Nur der Strandhafer ist inseltypisch<br />
Die Besenheide wurde nach dem deutsch/französischen Krieg ( etwa 1874)<br />
von der kaiserlichen Marine zur Befestigung des Sandes angesiedelt (sogenannte<br />
Heidplacken wurden eingebracht). Wahrscheinlich wäre <strong>Wangerooge</strong> ansonsten in<br />
das Jadefahrwasser geweht.<br />
Der legendäre Gemeindedirektor Willi Boberg ließ nach 1954 verstärkt die<br />
damals relativ teure Kartoffelrose – rosa rugosa – anpflanzen, um die<br />
durch Bomben verwüstete Insel wieder zu begrünen. Besenheide und<br />
Kartoffelrose sind also „ ‚Ausländer“ – Migranten oder Gastarbeiter halt.<br />
Wobei sich die rosa rugosa schnellwachsend ausbreitet.<br />
Die Eiskuhlen sind um 1900 mit den großen Hotelbauten entstanden<br />
und wurden an den tiefsten Dünentälern im Sand angelegt, damit man dann<br />
sauberes Eis erhalten konnte. In den Eiskuhlen gab es also gar keine Vegetation.<br />
Mittlerweile sind dort interessante Biotope entstanden.<br />
Die Schutzmaßnahme dort ist purer Aktionismus!<br />
Denn nach kurzer Zeit kehrt rosa rugosa zurück: energisch, zart duftend, im Herbst<br />
den Vögeln als Futter dienend und mit ihrem dann gelben Blätterkleid die Insel<br />
verzaubernd.<br />
Zunächst entsteht jedoch eine hässliche „Baustelle“, die man im Kontext zu anderen<br />
schon begonnenen und zu erwartenden Maßnahmen sehen muss.<br />
Ab 15. September geht“s los:<br />
� Die Feuerwehrhausruine muss geschreddert, entfernt und ein erneuter<br />
Bauversuch gestartet werden ( 210.000 Euro Mehrkosten – woher nehmen? )
� Der Investor rückt mit seinem Bautrupp an, um auf der Polizeiwiese seine 30<br />
barrierefreien Wohnungen zu erstellen. Das bedeutet ununterbrochene<br />
Materialtransporte.<br />
� Der Bauunternehmer des Piraten muss die oberste Etage seines Baus<br />
abreißen (sagt der Bürgermeister!?)<br />
� Die leergeräumte Grundschule mit eingewachsenem Schulhof steht ab jetzt<br />
zur Disposition. Eigentumswohnungen ?<br />
� Das seit geraumer Zeit leer stehende Wohnhaus Schulstr. 2 sucht wohl einen<br />
Käufer, vielleicht um die Feuerwehrhausmehrkosten abzudecken.<br />
� Im nächsten Jahr wird die Verwaltung abgerissen und muss irgendwo neu<br />
entstehen oder kostengünstig verlagert werden.<br />
� Der Investor beginnt mit dem Bau des Aparthotels mit nochmals 8 Eigentumswohnungen<br />
für die anspruchsvollen, zahlungskräftigen Käufer.<br />
� Im Ort neben Fisch-Kruse rottet eine Bauruine vor sich hin, 16 Eigentumswohnungen<br />
sollen dort gebaut werden, jedoch der Eigentümer ist verduftet.<br />
� Das Haus Oldenburg neben der Apotheke wird wohl abgerissen.<br />
� An der nördlichen Königsdüne baut ein anderer Investor 12 Eigentumswohnungen.<br />
� Von den angefangenen und z. Zt. ruhenden Bauten im Dorfe will ich gar nicht<br />
erst reden.<br />
� Ja, und was wird aus dem alten Feuerwehrhaus? Eigentumswohnungen?<br />
Spielsalon?<br />
Die Gleichzeitigkeit der Aktionen ist erschreckend und wenig förderlich, den Gästen<br />
einen angenehmen Aufenthalt zu garantieren. Im Übrigen liegt mir ein Schreiben<br />
des niedersächsischen Finanzministeriums vor, aus dem u. a. hervorgeht, dass<br />
die Gemeinde die Promenadengrundstücke gar nicht verkaufen hätte müssen und<br />
kein Druck auf die Gemeinde ausgeübt wurde. Auf der Insel wurde anderes<br />
kolportiert.<br />
Und das soll man nicht kritisieren? Ich habe das Gefühl, der Bürgermeister<br />
ist von den Hunden seines Ehrgeizes gehetzt auf der Insel unterwegs und<br />
hinterlässt Schneisen der Verwüstung – und der Rat geht „ bei Fuß „ und<br />
vielleicht anschließend „ am Stock“.<br />
Gerda Oldewurtel <strong>Wangerooge</strong>, den 21.7. 2012