22.08.2018 Aufrufe

Journal_2018-05

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

| |<br />

4 JOURNAL EDITORIAL<br />

Die Schweiz – künftig<br />

ein Volk von Akademikern?<br />

Bis 2045 werden rund 60 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz einen tertiären Bildungsabschluss<br />

erreicht, also eine Hochschule oder eine höhere Berufsbildung absolviert haben. 2015 waren es noch<br />

40 Prozent!<br />

Swissmechanic sieht diese Entwicklung kritisch. Die steigende Akademikerquote in der Schweiz ist<br />

eine heikle Angelegenheit. Zu viele Eltern bestehen heute darauf, dass ihre Kinder keine Lehre machen,<br />

sondern ins Gymi gehen.<br />

Von Roland Stoll<br />

Vizedirektor Swissmechanic, Bereichsleiter Bildung<br />

Wir müssen diesen Eltern wieder klar machen, dass es keine Frage des Prestiges sein darf, ob der Sohn<br />

oder die Tochter ins Gymi geht oder nicht. Vielmehr muss es eine Frage von Begabung, Neigung und<br />

künftiger Berufschancen sein, wobei sich bei nüchterner Betrachtung die Waage eigentlich zuallermeist<br />

auf die Seite der Berufslehre neigen müsste.<br />

Die Schule muss entsprechend vorspuren. Jugendliche, die sich für eine Berufslehre entscheiden,<br />

haben sich schon früh mit dem Berufswahlprozess auseinanderzusetzen und können, im Gegensatz<br />

zu den Gymnasiasten, den Entscheid nicht hinauszögern. Entsprechend sind die Lehrkräfte gefordert,<br />

die Jugendlichen frühzeitig und detailliert über das Spektrum beruflicher Ausbildungsmöglichkeiten<br />

zu informieren.<br />

Gewisse handwerkliche Berufe haben weithin an gesellschaftlichem Ansehen verloren. Dabei wirkt<br />

die Ansicht abschreckend, dass man in handwerklichen Berufen dreckige Hände kriege, schlecht<br />

«Die enorme Bedeutung der Lehre für den<br />

Arbeits- und Wirtschaftsstandort wird in<br />

der Öffentlichkeit vielfach unterschätzt. Dabei<br />

sind gut ausgebildete Arbeitskräfte das<br />

wichtigste Asset, das wir haben – gerade in<br />

Zeiten der Digitalisierung.»<br />

verdiene und als Lernender zudem fünf Tage in der Woche mit nur fünf Wochen Ferien voll ausgelastet<br />

sei. Gute Schüler ziehen die Option Berufslehre<br />

deshalb oft gar nicht erst in Betracht. Sie bevorzugen<br />

vielmehr den prestigeträchtigen Weg,<br />

der sie über eine weiterführende Schule an die<br />

Hochschule bringt.<br />

Dabei sind Fachkräfte mit einer Berufslehre und<br />

anschliessender Weiterbildung an einer Fachhochschule<br />

oder mit höherer Berufsbildung im Arbeitsmarkt<br />

gefragter als Studierte mit Uniabschluss.<br />

Letztere haben oft Mühe, nach dem Studium eine feste Anstellung zu finden, im Gegensatz etwa zu<br />

gut ausgebildeten Polymechanikern, die meist gefragt sind.<br />

Die enorme Bedeutung der Lehre für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort wird in der Öffentlichkeit<br />

vielfach unterschätzt. Dabei sind gut ausgebildete Arbeitskräfte das wichtigste Asset, das wir haben<br />

– gerade in Zeiten der Digitalisierung. Denn auch eine digitale Fabrik will von kompetenten Facharbeitern<br />

errichtet und gewartet werden.<br />

JOURNAL N o 5 August <strong>2018</strong> | 89. Jahrgang

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!