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Falldarstellung im Fachbereich Psychiatrie - handlungs:plan

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<strong>Falldarstellung</strong><br />

<strong>Psychiatrie</strong><br />

[aus Datenschutzgründen entfernt]<br />

[aus Datenschutzgründen entfernt]<br />

Kraxner Markus<br />

[aus Datenschutzgründen entfernt]


Allgemeiner Hinweis ................................................................................................................................ 1<br />

1. Angaben zur Person............................................................................................................................. 1<br />

2. Diagnosen ............................................................................................................................................ 1<br />

3. Allgemeines Krankheitsbild ................................................................................................................. 1<br />

3.1. F 50.2 – Bul<strong>im</strong>ia nervosa .............................................................................................................. 1<br />

3.2. F 32.1 – Mittelgradige depressive Episode................................................................................... 2<br />

3.3. F 55 - Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen .......................... 2<br />

3.4. Für die ergotherapeutische Behandlung relevante Symptome ................................................... 2<br />

4. Anamnese ............................................................................................................................................ 3<br />

4.1. Krankheitsanamnese .................................................................................................................... 3<br />

4.2. Sozialanamnese ............................................................................................................................ 3<br />

4.3. Arbeitsanamnese .......................................................................................................................... 4<br />

5. Therapeutische Maßnahmen .............................................................................................................. 4<br />

5.1. Medikamentöse Therapie ............................................................................................................ 4<br />

5.2. Gruppentherapeutische Angebote............................................................................................... 5<br />

5.2.1. Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK) ...................................................................... 5<br />

5.2.2. Wahrnehmungsgruppe ......................................................................................................... 5<br />

5.3. Physiotherapeutische Angebote .................................................................................................. 5<br />

5.3.1. Morgensport .......................................................................................................................... 5<br />

5.3.2. Entspannungsgruppe ............................................................................................................. 5<br />

5.4. Sonstige Therapien ....................................................................................................................... 6<br />

5.4.1. Einzelgespräche mit dem behandelnden Arzt ....................................................................... 6<br />

5.4.2. Beratung durch die Diätologin .............................................................................................. 6<br />

5.4.3. Beratung durch den Sozialarbeiter ........................................................................................ 6<br />

6. Ergotherapeutischer Befund ............................................................................................................... 6<br />

6.1. Äußeres Erscheinungsbild ............................................................................................................ 6<br />

6.2. Somatischer Bereich ..................................................................................................................... 6<br />

6.3. Affektiver Bereich ......................................................................................................................... 6<br />

6.4. Kognitiver Bereich ........................................................................................................................ 7<br />

6.5. Sozialer Bereich ............................................................................................................................ 7<br />

7. Be<strong>handlungs</strong><strong>plan</strong> ................................................................................................................................. 8<br />

7.1. Übergeordnetes Be<strong>handlungs</strong>ziel ................................................................................................ 8<br />

7.2. Ergotherapeutische Grobziele ...................................................................................................... 8<br />

7.3. Ergotherapeutische Maßnahmen ................................................................................................ 8<br />

7.3.1. Handwerkliche Tätigkeit in der offenen Werkgruppe ........................................................... 8


7.3.1.1. Beschreibung des Gruppenangebotes ........................................................................... 8<br />

7.3.1.2. Indikation ........................................................................................................................ 8<br />

7.3.2. Teilnahme an der Wahrnehmungsgruppe ............................................................................ 9<br />

7.3.2.1. Beschreibung des Gruppenangebotes ........................................................................... 9<br />

7.3.2.2. Indikation ........................................................................................................................ 9<br />

7.3.3. Teilnahme an der Kochgruppe .............................................................................................. 9<br />

7.3.3.1. Beschreibung des Gruppenangebotes ........................................................................... 9<br />

7.3.3.2. Indikation ........................................................................................................................ 9<br />

7.3.4. Kognitives Training <strong>im</strong> Sinne eines Rechentrainings der Grundrechnungsarten .................. 9<br />

7.3.4.1. Beschreibung des Angebotes ......................................................................................... 9<br />

7.3.4.2. Indikation ...................................................................................................................... 10<br />

8. Aufbau der ergotherapeutischen Behandlung .................................................................................. 11<br />

8.1. Feinziele ...................................................................................................................................... 11<br />

8.2. Therapeutische Mittel ................................................................................................................ 12<br />

8.2.1. Handwerkliche Tätigkeit ...................................................................................................... 12<br />

8.2.2. Wahrnehmungsgruppe ....................................................................................................... 12<br />

8.2.3. Kochgruppe ......................................................................................................................... 12<br />

8.2.4. Kognitives Training .............................................................................................................. 12<br />

9. Be<strong>handlungs</strong>durchführung ................................................................................................................ 13<br />

9.1. Handwerklicher Bereich ............................................................................................................. 13<br />

9.2. Soziotherapeutischer Ausgang und Kochgruppe ....................................................................... 13<br />

9.3. Kognitives Training ..................................................................................................................... 14<br />

9.4. Zusammenfassung & Prognose .................................................................................................. 14


Allgemeiner Hinweis<br />

Alle Informationen in den Kapiteln eins und vier stammen, soweit nicht eine andere Quelle<br />

angegeben wird, von der Patientin selbst, aus verbaler Informationsangabe meiner<br />

Praxisanleiterin oder aus der Krankengeschichte. In allen anderen Kapiteln sind die<br />

Informationsquellen jeweils in üblicher Zitierweise angeführt, wo dies nicht möglich ist, wird<br />

zum Anfang des Kapitels oder der Unterkapitel angeführt, woher die Informationen<br />

stammen.<br />

1. Angaben zur Person<br />

Frau V. ist 29 Jahre alt, 1,66 m groß und 71,7 kg schwer, sie ist von leicht adipöser Statur. Sie<br />

hat schulterlange, schwarze Haare mit Stirnfransen und ein gepflegtes Äußeres. Am linken<br />

Unterarm und an der linken Schulter hat [aus Datenschutzgründen entfernt], <strong>im</strong> linken<br />

Nasenflügel sitzt ein kleines Piercing. Frau V. ist zurzeit beschäftigungslos.<br />

2. Diagnosen<br />

F 50.2 – Bul<strong>im</strong>ia nervosa (Hauptdiagnose)<br />

F 32.1 – Mittelgradige depressive Episode<br />

F 55 – Substanzmissbrauch<br />

Zusätzlich schien die – nicht nach ICD-10 codierte – Diagnose Bipolare Störung in der<br />

Krankengeschichte auf. Diese Diagnose wurde <strong>im</strong> extramuralen Bereich gestellt. Auf<br />

Nachfrage be<strong>im</strong> behandelnden Arzt, gab dieser an, dies sei darauf zurückzuführen das die<br />

Patientin fallweise in Kaufräusche – vor allem be<strong>im</strong> Lebensmitteleinkauf – verfiel. Dies wurde<br />

von ihm allerdings auf die Diagnose Bul<strong>im</strong>ie zurückgeführt, die Diagnose Bipolare Störung<br />

hat sich aus seiner Sicht nicht als gültig erwiesen.<br />

3. Allgemeines Krankheitsbild<br />

3.1. F 50.2 – Bul<strong>im</strong>ia nervosa<br />

Ein Syndrom, das durch wiederholte Anfälle von Heißhunger und eine übertriebene<br />

Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert ist. Dies führt zu einem<br />

Verhaltensmuster von Essanfällen und Erbrechen oder Gebrauch von Abführmitteln. Viele<br />

psychische Merkmale dieser Störung ähneln denen der Anorexia nervosa, so die<br />

übertriebene Sorge um Körperform und Gewicht. Wiederholtes Erbrechen kann zu<br />

Elektrolytstörungen und körperlichen Komplikationen führen. Häufig lässt sich in der<br />

Anamnese eine frühere Episode einer Anorexia nervosa mit einem Intervall von einigen<br />

Monaten bis zu mehreren Jahren nachweisen. (Deutsches Institut für medizinische<br />

Dokumentation und Information (DIMDI), 2009)<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

1


3.2. F 32.1 – Mittelgradige depressive Episode<br />

Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen (F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3)<br />

Episoden, leidet der betroffene Patient unter einer gedrückten St<strong>im</strong>mung und einer<br />

Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die<br />

Konzentration sind vermindert. Ausgeprägte Müdigkeit kann nach jeder kleinsten<br />

Anstrengung auftreten. Der Schlaf ist meist gestört, der Appetit vermindert.<br />

Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen sind fast <strong>im</strong>mer beeinträchtigt. Sogar bei der leichten<br />

Form kommen Schuldgefühle oder Gedanken über eigene Wertlosigkeit vor. Die gedrückte<br />

St<strong>im</strong>mung verändert sich von Tag zu Tag wenig, reagiert nicht auf Lebensumstände und kann<br />

von sogenannten "somatischen" Symptomen begleitet werden, wie Interessenverlust oder<br />

Verlust der Freude, Früherwachen, Morgentief, deutliche psychomotorische Hemmung,<br />

Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust und Libidoverlust. Abhängig von Anzahl und<br />

Schwere der Symptome ist eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer zu<br />

bezeichnen. (Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI),<br />

2009)<br />

Gewöhnlich sind vier oder mehr der oben angegebenen Symptome vorhanden, und der<br />

betroffene Patient hat meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen.<br />

(Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), 2009)<br />

3.3. F 55 - Schädlicher Gebrauch von<br />

nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen<br />

Eine große Zahl von Arzne<strong>im</strong>itteln und Naturheilmitteln können missbraucht werden. Die<br />

wichtigsten Gruppen sind: 1. Psychotrope Substanzen, die keine Abhängigkeit hervorrufen,<br />

z.B. Antidepressiva, 2. Laxanzien, 3. Analgetika, die ohne ärztliche Verordnung erworben<br />

werden können, z.B. Aspirin und Paracetamol. Der anhaltende Gebrauch dieser Substanzen<br />

ist oft mit unnötigen Kontakten mit medizinischen und anderen Hilfseinrichtungen<br />

verbunden und manchmal von schädlichen körperlichen Auswirkungen der Substanzen<br />

begleitet.<br />

Der Versuch, dem Gebrauch der Substanz entgegenzusteuern oder ihn zu verbieten, stößt<br />

oft auf Widerstand. Bei Laxanzien und Analgetika führt der Missbrauch trotz Warnungen vor<br />

(oder sogar trotz der Entwicklung derselben) zu körperlichen Schäden, wie Nierenfunktions-<br />

oder Elektrolytstörungen. Obwohl die betreffende Person ein starkes Verlangen nach der<br />

Substanz hat, entwickeln sich keine Abhängigkeit bzw. Entzugssymptome wie bei den unter<br />

F10-F19 klassifizierten psychotropen Substanzen. (Deutsches Institut für medizinische<br />

Dokumentation und Information (DIMDI), 2009)<br />

3.4. Für die ergotherapeutische Behandlung relevante<br />

Symptome<br />

Für die ergotherapeutische Behandlung besonders relevante Symptome, die die Patientin<br />

auch in Anamnesegesprächen (s. Kap. 4) angab, finden sich in der Diagnose F 32.1 –<br />

Mittelgradige depressive Episode, hauptsächlich sind dies:<br />

Losigkeitssymptomatik (Freudlosigkeit, Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit,<br />

Energielosigkeit)<br />

Ausgeprägte Antriebsstörung<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

2


Innere Unruhe/Nervosität<br />

Ängste – vor allem gegenüber fremden Menschen, großen Menschenansammlungen,<br />

Verlustängste – hauptsächlich gegenüber dem Vater, der erkrankt ist<br />

Schlafstörungen – <strong>im</strong> Sinne einer Einschlafstörung<br />

Grübelneigung<br />

Kurzzeitgedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörung – diese werden vor allem<br />

subjektiv von der Patientin wahrgenommen<br />

4. Anamnese<br />

4.1. Krankheitsanamnese<br />

Die Patientin wurde von einem niedergelassenen Facharzt an die Abteilung zugewiesen,<br />

Einweisungsdiagnosen waren „Bul<strong>im</strong>ie“ und Bipolare „Störung.“ Zusätzlich ist bei der<br />

Patientin anamnestisch ein Alkoholabusus mit erfolgreicher Entzugsbehandlung <strong>im</strong> Jahre<br />

[aus Datenschutzgründen entfernt] in [aus Datenschutzgründen entfernt] bekannt. Als<br />

Leitsymptome bei der Aufnahme wurden von der Patientin eine Losigkeitssymptomatik,<br />

Antriebsstörung, Unruhe, Nervosität, Ängste und Einschlafstörungen angegeben. Die Ängste<br />

sind einerseits auf ihren Vater und seine Erkrankung fokussiert, andererseits treten bei der<br />

Patientin Angstzustände gegenüber fremden Menschen und größeren<br />

Menschenansammlungen auf.<br />

Bezüglich der Alkoholkrankheit ist erwähnenswert, das die Patientin <strong>im</strong> [aus<br />

Datenschutzgründen entfernt] nach längerer abstinenter Phase für 3 Tage Alkohol<br />

konsumiert hat, des Weiteren ist regelmäßiger Marihuanakonsum bekannt, die Patientin<br />

konsumiert die Substanz lt. eigener Angabe um Spannungen zu lösen.<br />

4.2. Sozialanamnese<br />

Die Patientin wuchs mit zwei Geschwistern – einem Bruder und einer Schwester – auf,<br />

zwischen sechstem und zwölftem Lebensjahr wurde die Patientin von ihrem Onkel sexuell<br />

missbraucht. Zu ihrem Vater und ihrer Mutter besteht Kontakt, bei ihrem Vater wurde<br />

kürzlich eine Tuberkulose diagnostiziert. Frau V. lebt zurzeit in einer Beziehung, ihr Partner<br />

ist selbst psychisch krank, die Beziehung wird von ihr als zurückgezogen geführt beschrieben.<br />

Ihr Partner ist oft monatelang beruflich <strong>im</strong> Ausland auf Montage, was von ihr lt. eigener<br />

Aussage als nicht besonders belastet erlebt wird. Sie gibt an keinen Bekannten- oder<br />

Freundeskreis zu haben, den sie regelmäßig pflegt. Sie besitzt einen Schäferhund, der für die<br />

Dauer des Krankenhauaufenthaltes gut versorgt ist. Als Hobbies wurden von der Patientin<br />

Yoga, Besuche eines Fitnessstudios, das Malen von Bildern mit Ölfarben, sowie Spaziergänge<br />

mit ihrem Hund genannt.<br />

Kurz vor der Krankenhausaufnahme kam es lt. eigener Aussage der Patientin zu einem<br />

heftigen Streit mit ihrem Partner, bei dem sie sehr schroff zu ihm gewesen sei, die Patient<br />

gab an deshalb starke Schuldgefühle zu verspüren – dies war auch einer der Gründe für ihre<br />

stationäre Aufnahme.<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

3


4.3. Arbeitsanamnese<br />

Die Patientin besucht die Volksschule, der Besuch der Hauptschule wurde nach 2 Jahren<br />

abgebrochen. Danach begann die Patientin in der Gastronomie zu arbeiten, sie war über<br />

lange Jahre als Saisonarbeiterin in verschiedenen europäischen Ländern tätig – <strong>im</strong> Zuge<br />

dessen verließ sie auch das Elternhaus. Zu dieser Zeit begann die Patientin auch regelmäßig<br />

Alkohol zu trinken, um ihre damals schon bestehenden Ängste gegenüber fremden<br />

Menschen bzw. Menschenansammlungen abzubauen. Aus dieser Situation entwickelte sich<br />

<strong>im</strong> Weiteren eine Alkoholkrankheit. Zuletzt war die Patientin als Produktionsmitarbeiterin<br />

tätig, diese Arbeit musste sie wegen einer ausgeprägten Antriebsstörung <strong>im</strong> [aus<br />

Datenschutzgründen entfernt], seitdem ist die Patientin beschäftigungslos.<br />

5. Therapeutische Maßnahmen<br />

Die Informationen der Kapitel 5.2., 5.3. und 5.4. stammen aus Gesprächen mit den<br />

durchführenden Berufsgruppen bzw. dem behandelnden Arzt der Patientin.<br />

5.1. Medikamentöse Therapie<br />

Alle Informationen über Medikamente, ihre Anwendungsgebiete, Wirkungen und<br />

Nebenwirkungen stammen aus dem MEDIS-System, einer Onlinedatenbank <strong>im</strong> Intranet der<br />

[aus Datenschutzgründen entfernt].<br />

Depakine chrono retard 500mg Filmtabletten – Depakine ist ein Antiepileptikum,<br />

der Hauptwirkstoff ist Valproinsäure. Das Medikament wird bei generalisierten und<br />

partiellen Epilepsien, sowie in akut manischen Episoden bei bipolaren Störungen<br />

angewandt. Als eine der Hauptnebenwirkungen wird dosisunabhängige Somnolenz<br />

beschrieben.<br />

Dieses Medikament wurde der Patientin von einer Ärztin <strong>im</strong> extramuralen<br />

Bereich verschrieben. Im Rahmen des stationären Aufenthaltes wurde das<br />

Medikament am 27.2.2009 abgesetzt, die Patientin gab eine Woche später<br />

an sich wesentlich wacher zu fühlen und über einen gesteigerten Antrieb zu<br />

verfügen<br />

Revia Filmtabletten – Revia ist ein Opiatantagonist, der Hauptwirkstoff ist<br />

Naltrexonhydrochlorid. Das Hauptanwendungsgebiet ist chronische<br />

Alkoholentwöhnung. Nebenwirkungen können den Magen-Darm-Trakt<br />

(Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, …), das ZNS (Unruhe, Nervosität,<br />

Schlafstörungen, …) und das Kreislaufsystem (geringfügiger Blutdruckanstieg)<br />

betreffen.<br />

Cipralex 10mg Filmtabletten – Cipralex ist ein Antidepressivum der Stoffklasse der<br />

selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), der Hauptwirkstoff ist<br />

Escitalopramoxalat. Cipralex kommt unter anderem bei Depressionen,<br />

Zwangsstörungen, Angst- und Panikstörungen und bei Sozialphobien zur Anwendung.<br />

Nebenwirkungen können das ZNS (Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Schwinden) sowie<br />

den Magen-Darm-Trakt (Appetitlosigkeit, Diarrhoe, Obstipation) betreffen, zusätzlich<br />

können Symptome wie Hyperhidrosis und Libidoabnahme auftreten.<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

4


Seroquel 25mg Filmtabletten – Seroquel ist ein atypisches Antipsychotikum, der<br />

Hauptwirkstoff ist Quetiapinfumarat. Seroquel kommt bei der Behandlung der<br />

Schizophrenie sowie bei der Behandlung von manischen sowie depressiven Episoden<br />

bei bipolaren affektiven Störungen zum Einsatz. Nebenwirkungen können das ZNS<br />

(Schwindel, Schläfrigkeit), das Herz-Kreislauf-System (Tachykardie, orthostatische<br />

Hypotonie) und den Magen-Darm-Trakt (Mundtrockenheit, Obstipation) betreffen,<br />

zusätzlich können Symptome wie Rhinitis, Gewichtszunahme, Krampfanfälle,<br />

Hyperglykämie und Anstieg der Verdauungsenzyme auftreten.<br />

Die Einnahme dieses Medikaments erfolgte erstmalig <strong>im</strong> Rahmen des<br />

stationären Aufenthaltes am 20.2.2009, nach Absetzung von Depakine<br />

chrono retard.<br />

5.2. Gruppentherapeutische Angebote<br />

5.2.1. Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK)<br />

Es handelt sich um ein Angebot der Psychologen bzw. Psychotherapeuten. Die Patientinnen<br />

und Patienten erlernen durch Rollenspiele mit dem Schwerpunkt selbstbewusstes Verhalten<br />

in Gruppensituationen, den Umgang mit Aggression und Kommunikation in<br />

Gruppensituationen. Zielsetzungen bei Frau V. waren einerseits Abgrenzung und<br />

Verbalisierung eigener Bedürfnisse, da sie angab viel zu „schlucken“ bevor sie sich äußert<br />

und andererseits Beübung des Kommunikationsverhaltens in der Gruppe aufgrund ihrer<br />

bestehenden Ängste gegenüber fremden Menschen und größeren<br />

Menschenansammlungen.<br />

5.2.2. Wahrnehmungsgruppe<br />

Dieses Angebot erfolgte <strong>im</strong> Rahmen der Ergotherapie, weitere Informationen s. Kap. 7.<br />

5.3. Physiotherapeutische Angebote<br />

5.3.1. Morgensport<br />

Die Morgensportgruppen, an denen Frau V. regelmäßig teilnahm, finden <strong>im</strong> Winter an zwei<br />

Terminen zwischen acht und neun Uhr morgens statt. Die Zielsetzung der Gruppen umfasst<br />

Aktivierung, Muskelaufbau, Förderung der Körperwahrnehmung und spielerische Bewegung.<br />

Während der Gruppe haben die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit Feedback zu<br />

geben, es gibt keinen Mitmachzwang bei den Übungen.<br />

5.3.2. Entspannungsgruppe<br />

Die Entspannungsgruppe wird dre<strong>im</strong>al wöchentlich angeboten, gearbeitet wird nach dem<br />

Prinzip der progressiven Muskelrelaxation (PMR) nach Jacobsen. Die Zielsetzung der Gruppe<br />

ist das Lösen von Spannungszuständen durch gezieltes und bewusstes Kontrahieren und<br />

Relaxieren von Muskelgruppen.<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

5


5.4. Sonstige Therapien<br />

5.4.1. Einzelgespräche mit dem behandelnden Arzt<br />

Die Einzelgespräche dienen unter anderem dem Abschluss von Therapievereinbarungen, der<br />

Reflexion von Patientinnen und Patienten über den Therapieverlauf und der Planung des<br />

Weiteren therapeutischen Vorgehens.<br />

5.4.2. Beratung durch die Diätologin<br />

Von der Diätologin wurde eine Ernährungsberatung durchgeführt, die auf das Krankheitsbild<br />

der Bul<strong>im</strong>ie angest<strong>im</strong>mt war. Die Patientin gab an Hinweise zur richtigen Ernährung bei<br />

diesem Krankheitsbild erhalten zu haben.<br />

5.4.3. Beratung durch den Sozialarbeiter<br />

Die Beratung durch den Sozialarbeiter umfasste Informationen bezüglich der Möglichkeiten<br />

den Hauptschulabschluss nachzuholen. Diese Informationen wurden vom Sozialarbeiter an<br />

die Patientin weitergegeben, er gab an, dass die Patientin <strong>im</strong> Zuge des Gespräches Ängste<br />

bezüglich der Schaffbarkeit des Vorhabens äußerte. Weiters umfasste die Beratung<br />

Informations- und Organisationsgespräche zum Zwecke der weiteren Behandlung der<br />

bul<strong>im</strong>ischen Erkrankung von Frau V. in einer Klinik mit psychosomatischem Schwerpunkt in<br />

[aus Datenschutzgründen entfernt].<br />

6. Ergotherapeutischer Befund<br />

Die Erstbefunderhebung erfolgte durch die Praxisanleiterin.<br />

6.1. Äußeres Erscheinungsbild<br />

Die Patientin ist mittelgroß, von leicht adipöser Statur und zeigt ein gepflegtes Äußeres. Ihre<br />

Haare sind schwarz, fallen bis über die Schultern und sind über der Stirn zum Pony<br />

geschnitten. Die Patientin hat [aus Datenschutzgründen entfernt] und ein Piercing <strong>im</strong> linken<br />

Nasenflügel. Ihr Kleidungsstil ist als leger zu bezeichnen, sie trägt meist bequeme<br />

Freizeitkleidung und Sandalen.<br />

6.2. Somatischer Bereich<br />

Die Patientin weist keine motorischen oder sensiblen Defizite auf, mit der bul<strong>im</strong>ischen<br />

Erkrankung kann sie zurzeit gut umgehen, sie äußert allerdings, dass sie diesbezüglich eine<br />

Therapie anstrebt.<br />

6.3. Affektiver Bereich<br />

Die Patientin gibt bei der Befunderhebung eine gedrückte St<strong>im</strong>mung sowie eine<br />

Losigkeitssymptomatik <strong>im</strong> Sinne einer Antriebslosigkeit an. Dies führte soweit, dass sie <strong>im</strong><br />

Herbst letzten Jahres ihre Arbeit aufgeben musste, auch die Haushaltsführung litt zuletzt<br />

darunter, in diesem Bereich hatte sie allerdings Unterstützung von ihrer Mutter und ihrem<br />

Lebenspartner. Weiters beschreibt die Patientin Ängste <strong>im</strong> Umgang mit ihr fremden<br />

Menschen und größeren Menschenmengen, die zu Nervosität und Unruhe führen.<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

6


Im Gespräch erscheint die Patientin in Gestik und M<strong>im</strong>ik nicht verflacht, sie ist affektiv <strong>im</strong><br />

positiven und negativen Bereich schwingungsfähig, die Wortwahl wirkt passend, sie weist<br />

keinen gesteigerten Redefluss <strong>im</strong> Sinne einer Logorrhoe auf. Fragen die ihr gestellt werden<br />

beantwortet die Patientin adäquat.<br />

6.4. Kognitiver Bereich<br />

Die Patientin gibt subjektive Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme an, weiters<br />

beschreibt sie, das sie der Streit - den sie mit ihrem Partner vor dem stationären Aufenthalt<br />

hatte - sehr belastet, und sie viel darüber nachdenkt. Dies deckt sich mit der <strong>im</strong> ärztlichen<br />

Aufnahmebefund beschriebenen Grübelneigung. Die Patientin ist in allen Ebenen orientiert.<br />

6.5. Sozialer Bereich<br />

Die Patientin gibt an in der Partnerschaft eher zurückgezogen zu leben, für die<br />

Haushaltsführung sei sie zuständig. Sie verfügt über keinen Freundes- oder Bekanntenkreis,<br />

den sie regelmäßig pflegt. Auf die Missbrauchserfahrungen wurde während der<br />

Befunderhebung nicht eingegangen. Mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, und<br />

Gruppensituationen auszuhalten fällt der Patientin lt. eigener Aussage schwer.<br />

Mit ihren Eltern hat sie regelmäßigen Kontakt, zu ihren Geschwistern ist der Kontakt nicht so<br />

häufig – der ältere Bruder ist berufstätig die jüngere Schwester befindet sich lt. Aussage der<br />

Patientin zurzeit in der Pubertät, deshalb sei die Kontaktpflege momentan schwierig.<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

7


7. Be<strong>handlungs</strong><strong>plan</strong><br />

7.1. Übergeordnetes Be<strong>handlungs</strong>ziel<br />

Als übergeordnetes Be<strong>handlungs</strong>ziel des Aufenthaltes wurde <strong>im</strong> Rahmen einer<br />

interdisziplinären Besprechung<br />

festgelegt.<br />

„Akute Krisenintervention bei depressiver Episode“<br />

7.2. Ergotherapeutische Grobziele<br />

7.2.1. Die Patientin verfügt über ausreichend Antrieb und<br />

Ausdauer um ihren individuellen Lebensalltag zu<br />

bewältigen<br />

Diese Zielsetzung bezieht sich auf die, von der Patientin beschriebene,<br />

Losigkeitssymptomatik, die zur Vernachlässigung des Haushalts sowie zur Aufgabe der<br />

Berufstätigkeit geführt hat.<br />

7.2.2. Die Patientin kann mit ihren Ängsten und ihrer<br />

Nervosität in Situationen mit unbekannten<br />

Menschen und Gruppensituationen so umgehen, dass<br />

ihre Handlungsfähigkeit <strong>im</strong> Alltag nicht<br />

beeinträchtigt ist<br />

Diese Zielsetzung bezieht sich auf die Symptome der Patientin <strong>im</strong> Umgang mit<br />

Menschengruppen und unbekannten Situationen. Besondere Relevanz – neben der<br />

alltagsbezogenen – erreichte dieser Punkt als die Patientin den Entschluss fasste den<br />

Hauptschulabschluss nachzuholen, genauere Maßnahmen s. Kap.7.3.4.<br />

7.3. Ergotherapeutische Maßnahmen<br />

7.3.1. Handwerkliche Tätigkeit in der offenen Werkgruppe<br />

7.3.1.1. Beschreibung des Gruppenangebotes<br />

Die offene Werkgruppe wird zwe<strong>im</strong>al täglich angeboten, jede Patientin und jeder Patient<br />

arbeitet unter ergotherapeutischer Anleitung und Aufsicht in ihrer oder seiner jeweiligen<br />

handwerklichen Tätigkeit an ihrem oder seinen Werkstück. Mit den Patientinnen und<br />

Patienten wird terminlich fixiert, ob sie am Vormittag oder am Nachmittag in die Gruppe<br />

kommen.<br />

7.3.1.2. Indikation<br />

Die Indikation für dieses Angebot ergab sich aus ihrer ängstlichen und nervösen<br />

Symptomatik in Gruppensituationen, sowie ihrer allgemeinen Losigkeitssymptomatik. Diese<br />

Markus Kraxner | Akademie für Ergotherapie, Jahrgang 2007-2010<br />

8


Punkte sollten durch den notwendigen Kontakt mit Mitpatientinnen und Mitpatienten,<br />

sowie durch regelmäßiges Erscheinen zum therapeutischen Angebot innerhalb eines<br />

festgelegten Zeitraumes beübt werden.<br />

Eine zusätzliche Überlegung war, durch Auswahl eines geeignetes Materials die<br />

Körperwahrnehmung sowohl in Bezug auf die Depression, wie auch bezogen auf das<br />

bul<strong>im</strong>ische Krankheitsbild zu fördern.<br />

7.3.2. Teilnahme an der Wahrnehmungsgruppe<br />

7.3.2.1. Beschreibung des Gruppenangebotes<br />

Die Wahrnehmungsgruppe findet für die Patientinnen und Patienten der Stationen des<br />

ersten Stock – also auch für Frau V. – wöchentlich am [aus Datenschutzgründen entfernt],<br />

für Patientinnen und Patienten der Stationen des zweiten Stocks wöchentlich [aus<br />

Datenschutzgründen entfernt] statt. In der Gruppe wird mittels verschiedener Materialien<br />

und Methoden allgemein der Bereich Wahrnehmung – z.B. <strong>im</strong> Sinne taktiler Wahrnehmung<br />

oder Selbstwahrnehmung – erfahren. Die teilnehmenden Patientinnen und Patienten haben<br />

während und nach dem Angebot die Möglichkeit Feedback an den Therapeuten/die<br />

Therapeutin zu geben, die Zeitdauer beträgt max<strong>im</strong>al eine Stunde.<br />

7.3.2.2. Indikation<br />

Die Indikationen entsprechen denen, die unter Kap. 7.3.1.2. bereits aufgeführt sind.<br />

7.3.3. Teilnahme an der Kochgruppe<br />

7.3.3.1. Beschreibung des Gruppenangebotes<br />

Die Kochgruppe findet wöchentlich am [aus Datenschutzgründen entfernt] statt. Geeignete<br />

Patientinnen und Patienten werden <strong>im</strong> laufenden Therapiebetrieb unter der Woche für die<br />

Kochgruppe rekrutiert. Am [aus Datenschutzgründen entfernt] findet eine Vorbesprechung<br />

<strong>im</strong> Beisein aller Teilnehmer und der Ergotherapeutin oder des Ergotherapeuten statt, in der<br />

die Speisenfolge besprochen wird und festgelegt wird, wer sich um den Einkauf der<br />

notwendigen Zutaten kümmert.<br />

7.3.3.2. Indikation<br />

Die Indikation für Frau V. ergab sich einerseits aus ihrer bekannten Symptomatik in<br />

Gruppensituationen, andererseits aus der Überlegung, der Patientin ein Einkaufs- und<br />

Kochtraining als Vorbereitung für die Wiederbewältigung des häuslichen Alltags anzubieten.<br />

7.3.4. Kognitives Training <strong>im</strong> Sinne eines Rechentrainings<br />

der Grundrechnungsarten<br />

7.3.4.1. Beschreibung des Angebotes<br />

Dieses Angebot wurde für Frau V. kurzfristig organisiert, nachdem der Sozialarbeiter der sie<br />

betreut das Ergotherapieteam darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass <strong>im</strong> Rahmen des<br />

Hauptschulabschlusses eine Wissensüberprüfung durchgeführt wird, die dem Vortagenden<br />

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dazu dient, einzuschätzen wo die Teilnehmer des Kurses stehen. Er gab an, dass Frau V.<br />

wegen dieses Tests sehr nervös und aufgeregt sei.<br />

Das Training wurde <strong>im</strong> Einzelsetting abgehalten, ge<strong>plan</strong>t war die Durchführung einfacher<br />

Rechenbeispiele der vier Grundrechnungsarten (Addition, Subtraktion, Multiplikation,<br />

Division) in schriftlicher Form unter therapeutischer Anleitung.<br />

7.3.4.2. Indikation<br />

Die Indikation ergab sich aus der Informationsweitergabe durch den betreuenden<br />

Sozialarbeiter, sowie aus den beruflichen Plänen der Patientin und ihrer geäußerten<br />

Nervosität die Testsituation betreffend.<br />

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8. Aufbau der ergotherapeutischen<br />

Behandlung<br />

8.1. Feinziele<br />

8.1.1. Die Patientin kommt regelmäßig und pünktlich zu<br />

den vereinbarten Terminen in die<br />

Therapieräumlichkeiten<br />

Bezug zu Ziel 7.2.1.<br />

8.1.2. Die Patientin verfügt über ausreichenden Antrieb um<br />

für die vereinbarte Dauer an den Therapieangeboten<br />

teilzunehmen<br />

Bezug zu Ziel 7.2.1.<br />

8.1.3. Die Patientin ist in der Lage den Ablauf von Einkäufen<br />

zu <strong>plan</strong>en und selbständig anhand einer Liste<br />

einzukaufen<br />

Bezug zu Zielen 7.2.1. und 7.2.2.<br />

8.1.4. Die Patientin ist in der Lage die Gruppensituation<br />

während des Therapiezeitraumes auszuhalten<br />

Bezug zu Ziel 7.2.2.<br />

8.1.5. Die Patientin erkennt eigene Grenzen bezüglich ihrer<br />

Arbeits- und Sozialfähigkeiten und kann sich be<strong>im</strong><br />

Überschreiten dieser Grenzen adäquat ausdrücken<br />

Bezug zu Ziel 7.2.2.<br />

8.1.6. Die Patientin beherrscht einfache Rechnungen der<br />

vier Grundrechnungsarten in Wort und Schrift<br />

Bezug zu Zielen 7.2.1. und 7.2.2.<br />

Dieses Feinziel ergab sich später <strong>im</strong> Therapieverlauf, aus dem Bestreben der Patientin den<br />

Hauptschulabschluss nachzuholen.<br />

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8.2. Therapeutische Mittel<br />

8.2.1. Handwerkliche Tätigkeit<br />

Die Patientin entschied sich nach Absprache mit der Ergotherapeutin eine Skulptur aus<br />

Speckstein zu gestalten. Aufgrund des Wahrnehmungsaspektes und des notwendigen<br />

Kraftaufwandes be<strong>im</strong> Bearbeiten, sowie des Realitätsbezuges des Materials wurde es als<br />

geeignet für die Patientin erachtet.<br />

Die Tätigkeit erfolgte <strong>im</strong> Rahmen der Offenen Werkgruppe, die Patientin arbeitete mit<br />

anderen Patientinnen und Patienten in einem Werkraum. Die Patientin erhielt zu jedem<br />

Arbeitsschritt zuerst verbale Anleitung, wenn sich diese als nicht ausreichend herausstellte<br />

auch eine praktische Unterweisung. Die Arbeitsschritte wurden laufend von der<br />

Ergotherapeutin oder von mir kontrolliert, die Patientin hatte jederzeit die Möglichkeit<br />

Feedback zu geben, mindestens einmal pro Therapieeinheit wurde sie um ein Feedback zur<br />

Tätigkeit aufgefordert.<br />

8.2.2. Wahrnehmungsgruppe<br />

Die Wahrnehmungsgruppe kam während des Aufenthalts der Patientin - aufgrund<br />

mangelnder Patientenanwesenheit zu dem vereinbarten Termin – nicht zustande.<br />

8.2.3. Kochgruppe<br />

Die Patientin nahm während des Aufenthaltes einmal an der Kochgruppe teil. Sie hatte<br />

zusätzlich die Aufgabe die benötigten Lebensmittel für die vereinbarte Speisenfolge<br />

einzukaufen – dies wurde in Begleitung der behandelnden Ergotherapeutin und mir <strong>im</strong><br />

Einzeltherapiesetting <strong>im</strong> Sinne eines Einkaufstrainings vor der Kochgruppe durchgeführt. Die<br />

Patientin hatte die Aufgabe anhand einer Liste in einem – ihr unbekannten –<br />

Lebensmittelgeschäft selbständig alle benötigten Zutaten einzukaufen. Sie erhielt vorab eine<br />

verbale Anleitung bezüglich der Zielsetzung, während des Einkaufes musste sie selbständig<br />

<strong>plan</strong>en und handeln. Nach Abschluss des Einkaufstrainings wurde eine Reflexion mit der<br />

Patientin durchgeführt.<br />

In der Kochgruppe war die Patientin für die Beilage verantwortlich. Sie erhielt Informationen<br />

über den ge<strong>plan</strong>ten Zeitablauf und musste sich ihren Aufgabenbereich selbst einteilen bzw.<br />

ihre Tätigkeit so <strong>plan</strong>en, dass die Beilage rechtzeitig fertig wurde.<br />

8.2.4. Kognitives Training<br />

Im Zuge des Ausbildungswunsches (HS-Abschluss) der Patientin wurde vom Sozialarbeiter<br />

angeregt, mit der Patientin ein Training bezüglich des anstehenden Orientierungstests<br />

durchzuführen. Die Entscheidung fiel zugunsten eines Trainings der Grundrechnungsarten <strong>im</strong><br />

Einzeltherapiesetting unter therapeutischer Anleitung. Mir der Patientin wurden Addition<br />

und Subtraktion beübt, eine weitere Therapieeinheit wurde als Übung für Multiplikation und<br />

Division vorgesehen.<br />

Die Zielsetzung lag hierbei eher auf einer S<strong>im</strong>ulation der bevorstehenden Situation und dem<br />

Erarbeiten von Bewältigungsstrategien für die bestehende Nervosität der Patientin sowie<br />

einer Wiederholung der Einzelschritte der Rechenoperationen, als auf dem Erlernen neuen<br />

Wissens.<br />

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9. Be<strong>handlungs</strong>durchfu hrung<br />

Die Anleitung der Patientin erfolgte durch die Praxisanleiterin und – nach vorheriger<br />

Absprache des angestrebten Therapiestundenverlaufes – durch mich.<br />

9.1. Handwerklicher Bereich<br />

Die Patientin arbeitet zuerst an einem großen Stück Speckstein, aus dem eine Rodin-Figur<br />

entstehen sollte. Die Patientin erhielt Anschauungsmaterial, verbale Anleitung und fallweise<br />

eine praktische Demonstration der notwendigen Arbeitsschritte. Die Figur war lt. der<br />

verwendeten Literatur aufwendig in der Gestaltung und mit einer voraussichtlichen<br />

Arbeitszeit von vier Wochen veranschlagt. Die Patientin war angehalten selbständig zu<br />

<strong>plan</strong>en, und die Arbeitsschritte auch auf diese Weise durchzuführen.<br />

Nach ca. vier bis fünf Therapieeinheiten, in denen die Patientin an dem Werkstück arbeitete,<br />

äußerte die Patientin in Abwesenheit meiner Praxisanleiterin, das sie mit der Gestaltung des<br />

Werkstückes überfordert sei, weil sie „nicht sehe“ wie sie zum angestrebten Endergebnis<br />

kommen solle, sie äußerte weiters den Wunsch ein kleineres Werkstück zu gestalten und<br />

hatte diesbezüglich konkrete Vorstellungen, sie wollte einen Schmuckanhänger gestalten.<br />

Nach Rücksprache mit der vertretenden ET meiner Praxisanleiterin wurde entschieden, dass<br />

die Patientin auf das kleinere Werkstück wechseln könne.<br />

Den Anforderungen dieses Werkstückes war die Patientin mit verbaler und geringer<br />

praktischer Anleitung ohne Probleme gewachsen, sie arbeitete selbständig, und konnte die<br />

Arbeitsschritte in zufriedenstellender Weise bewältigen. Die Patientin war mit dem erzielten<br />

Ergebnis zufrieden.<br />

In der Gruppensituation gab die Patientin anfangs geringe Unsicherheit an, sie erschien<br />

jedoch zuverlässig zu den vereinbarten Zeiten und <strong>plan</strong>te andere Therapien in ihre<br />

handwerkliche Tätigkeit selbständig mit ein. Sie kommunizierte während der Tätigkeit mit<br />

anderen Patientinnen und Patienten in adäquater Art und Weise. Motorisch zeigte die<br />

Patientin, abgesehen von einer - meiner Ansicht nach normalen – Unsicherheit be<strong>im</strong><br />

Umgang mit unbekanntem Werkzeug und Gerät (Bohrmaschine) keine Auffälligkeiten.<br />

Schwierigkeiten <strong>im</strong> Bereich des visuell-räumlichen Vorstellungsvermögens zeigte sie bei der<br />

Gestaltung der Rodin-Skulptur. In den Arbeitsfähigkeiten zeigte die Patientin nach dem<br />

Wechsel auf das kleinere Werkstück keine Auffälligkeiten. Kognitiv erschien die Patientin<br />

<strong>im</strong>mer unauffällig, sie konnte sich sowohl Anweisungen, als auch bereits durchgeführte<br />

Arbeitsschritte merken, und wieder abrufen.<br />

9.2. Soziotherapeutischer Ausgang und Kochgruppe<br />

Die Patientin erschien pünktlich am vereinbarten Treffpunkt, sie war in der Lage in einem –<br />

ihr vorher nicht bekannten – Lebensmittelgeschäft anhand einer Einkaufsliste selbständig<br />

einzukaufen, einmalig wirkt sie bei stärkerer Lärmentwicklung <strong>im</strong> Geschäft leicht irritiert.<br />

Die Patientin gab während des Einkaufens an, sich be<strong>im</strong> Gang zum Geschäft, aufgrund der<br />

vielen Leute, die ihr entgegen kamen etwas unsicher gefühlt zu haben, der Einkauf selbst sei<br />

für sie kein Problem gewesen, da sie zuhause auch die Einkäufe erledige.<br />

Im Allgemeinen schien sie mit der Situation gut umgehen zu können, be<strong>im</strong> Rückweg gab sie<br />

an, aufgrund der vielen Menschen, wieder eine gewisse Unsicherheit bzw. Anspannung zu<br />

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verspüren. Zusätzlich äußerte die Pat. Sorge um ihren Vater, der an TBC erkrankt sei, weil ein<br />

Onkel von ihr daran verstorben sei.<br />

In der Kochgruppe, konnte die Patientin ihren Arbeitsbereich selbständig bewältigen,<br />

Konzentration und Ausdauer waren gut, bei Problemen holte sie sich selbständig Hilfe. Die<br />

Interaktion mit den Mitpatienten war adäquat, die Patientin war gut schwingungsfähig, und<br />

mit dem Ergebnis ihrer Arbeit zufrieden.<br />

9.3. Kognitives Training<br />

Bei der Beübung der Grundrechnungsarten <strong>im</strong> Einzelsetting mit meiner Praxisanleiterin und<br />

mir, wirkte die Patientin am Anfang der Therapieeinheit sehr nervös, sie äußerte dies auch<br />

verbal. Nach einem kurzen Reflexionsgespräch bezüglich der Nervosität wirkte die Patientin<br />

ruhiger und konnte unter verbaler Anleitung einfache Rechenoperationen in den Bereichen<br />

Addition und Subtraktion selbständig durchführen. Diese Therapieeinheit fand an einem<br />

Freitag statt, für den darauffolgenden Montag waren sowohl die Entlassung, als auch eine<br />

abschließende Therapiestunde ge<strong>plan</strong>t.<br />

9.4. Zusammenfassung & Prognose<br />

Während des gesamten stationären Aufenthaltes gab die Patientin eine kontinuierliche<br />

Besserung ihres Zustandes an, <strong>im</strong> ergotherapeutische Bereich war die Patientin nach dem<br />

Werkstückwechsel <strong>im</strong> handwerklichen Bereich gut <strong>handlungs</strong>fähig, auch die zukünftige<br />

Bewältigung des Alltags erscheint realistisch. Auf Nachfrage bezüglich der Krankheit ihres<br />

Vaters gab die Patientin an, das sie die Information erhalten hätte, das die Erkrankung gut<br />

therapierbar sei, dies beruhige sie.<br />

„Knackpunkte“ für die Patientin werden in Zukunft sicher der Abschluss der Hauptschule – es<br />

bliebe abzuwarten, wie sie mit der Klassensituation <strong>im</strong> Allgemeinen und insbesondere mit<br />

Prüfungssituationen zurechtkäme – sowie die Weiterbehandlung des bul<strong>im</strong>ischen<br />

Krankheitsbildes in einer Spezialklinik sein.<br />

Die Patientin verließ die Abteilung am Wochenende vor der letzten ge<strong>plan</strong>ten<br />

Therapieeinheit auf eigenen Wunsch, es war leider nicht mehr möglich ein abschließendes<br />

Gespräch zu führen, sowie die letzte Therapieeinheit wie ge<strong>plan</strong>t durchzuführen.<br />

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Literaturverzeichnis<br />

Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). (2009). Abgerufen am 2.<br />

März 2009 von http://www.d<strong>im</strong>di.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlgm2004/fr-icd.htm<br />

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