12_2018_news
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
g u t e a r b e i t<br />
2 ver.di <strong>news</strong> <strong>12</strong> · 15. September <strong>2018</strong> ·················································································································································<br />
j u b i l ä u m<br />
Zweimal Gute Arbeit<br />
(pm) Die ver.di-Initiative<br />
gute Arbeit besteht seit<br />
zehn Jahren. Im Herbst<br />
erscheinen zwei Veröffentlichungen.<br />
Zum<br />
einen gibt es ein Extra-<br />
Heft der Zeitschrift Gute<br />
Arbeit. Die 46 Seiten<br />
starke Ausgabe zeigt anhand<br />
von Beispielen die<br />
Erfolge der Initiative und<br />
erörtert, wie künftig mit<br />
den Beschäftigten gemeinsam<br />
die Digitalisierung<br />
der Arbeit und weitere<br />
Veränderungen zu<br />
gestalten sind.<br />
gute arbeit extra: beteiligung,<br />
gestaltung,<br />
zukunft – arbeitspolitik<br />
von unten. Bestellung<br />
als PrIntausgaBe:<br />
httPs://InnovatIon-gutearBeIt.verdI.de/gute-ar<br />
BeIt/materIalIen-undstudIen.<br />
hIer kann das<br />
extra auch heruntergeladen<br />
werden.<br />
Mehr Zeitdruck<br />
alten- und krankenpflege – Bedingungen müssen umfassend verbessert werden<br />
(pm/ml) In der Alten- und KrankenpflegesinddieArbeitsbedingungen<br />
weitaus stärker von Zeitdruck und<br />
zuhoherArbeitsmengegeprägtsind<br />
als im Durchschnitt aller Berufsgruppen.<br />
Das zeigen die Ergebnisse<br />
einer repräsentativen Beschäftigtenbefragung<br />
von ver.di und DGB.<br />
DasssichunterdiesenBedingungen<br />
nur rund ein Fünftel der Beschäftigten<br />
vorstellen kann, bis zur Rente<br />
so zu arbeiten, verwundert nicht.<br />
Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-<br />
Bundesvorstand, sagte zu den Ergebnissen<br />
der Befragung: „Statt<br />
denBeschäftigteninderAltenpflege<br />
und in den Krankenhäusern den roten<br />
Teppich auszurollen, verschleißen<br />
die Arbeitgeber deren Gesundheit.“<br />
Sie forderte, der Gesetzgeber<br />
müsse Vorgaben für die Personalausstattung<br />
machen, die eine gute<br />
und sichere Versorgung gewährleisten<br />
(Siehe auch Seite 5).<br />
In Zukunft würden noch viel mehr<br />
Fachkräfte gebraucht, die dazu bereit<br />
seien, in der Pflege zu arbeiten,<br />
sagte DGB-Bundesvorstandsmitglied<br />
Annelie Buntenbach bei einer<br />
gemeinsamenPressekonferenz.Deshalb<br />
müssten die Bedingungen<br />
schnell umfassend verbessert werden.Professionelle,hochmotivierte<br />
Beschäftigte dürften nicht länger<br />
unter solchen Arbeitsdruck gesetzt<br />
werden.„DastreibtsieindieSelbstausbeutung<br />
und schreckt Berufseinsteiger<br />
ab“, so Buntenbach.<br />
Tanja Döring, Beschäftigte in der<br />
Altenpflege, sagte: „Ich bin sehr<br />
froh, dass es diese Studie jetzt endlich<br />
gibt, das untermalt nochmal<br />
Arbeitshetze im Pflegebereich<br />
„Wie oft fühlen Sie sich bei der Arbeit gehetzt oder stehen unter Zeitdruck“<br />
Sehr oft<br />
das, was wir schon die ganze Zeit<br />
sagen.“DanaLützkendorf,Beschäftigte<br />
in der Krankenpflege, betonte,<br />
dieSituationhabesichindenletzten<br />
Jahren immer weiter verschlechtert.<br />
Durch den Arbeitsdruck und die ArbeitshetzehättenvieleBeschäftigte<br />
am Ende einer Schicht das Gefühl,<br />
ihreArbeitnichtgeschafftzuhaben.<br />
„Ich weiß von Pflegekräften, die<br />
standen nach dem Spätdienst vor<br />
der Tür und haben geweint.“<br />
https://www.dgb.de/-/2sy<br />
Pflegeberufe insgesamt<br />
44% 32% 16% 8%<br />
Alle Beschäftigten<br />
23% 32% 32% 13%<br />
Pflegeberufe im Detail:<br />
Krankenpflege<br />
46% 34% 14% 6%<br />
Altenpflege<br />
Oft Selten Nie<br />
39% 30% 19% <strong>12</strong>%<br />
QUELLE: DGB-INDEX GUTE ARBEIT 20<strong>12</strong>-2017<br />
Die zweite Veröffentlichung<br />
ist das Jahrbuch<br />
Gute Arbeit 2019. Es erscheint<br />
im Dezember. In<br />
diesem Jahr ziehen die<br />
Herausgeber Lothar<br />
Schröder und Hans-Jürgen<br />
Urban eine Bilanz<br />
von zehn Jahren Guter<br />
Arbeit und blicken nach<br />
vorne.<br />
lothar schröder, hans-<br />
Jürgen urBan (hrsg.):<br />
jahrbuch gute arbeit<br />
2019, transformation<br />
der arbeit – ein blick<br />
zurück nach vorn,<br />
Bund-verlag, frankfurt/maIn,<br />
39,90 euro.<br />
ver.dI-mItglIeder können<br />
BIs 19. oktoBer eIne<br />
ver.dI-sonderausgaBe<br />
zum PreIs von 8,60 euro<br />
Plus Porto und versand<br />
vorBestellen:<br />
https://innovationgute-arbeit.verdi.de/<br />
gute-arbeit/jahrbuchgute-arbeit<br />
d i e p r e s s e - s h o w ···························································································<br />
Wäre Frank Bsirske nicht ver.di-Vorsitzender,<br />
wäre er vermutlich ein<br />
Schläger geworden. Das jedenfalls<br />
legte „Spiegel-online”-Kolumnist<br />
Jan Fleischhauer schon vor zehn<br />
Jahren nahe, als er in seinem wohl<br />
gefährlichstenEinsatzinseinemReporterleben<br />
in der ver.di-Bundeszentrale<br />
in Berlin auf Frank Bsirske<br />
traf und angeblich nur knapp dessenFaustentging.DaskannFleischhauer<br />
natürlich nicht belegen, und<br />
auch nicht die Kamera des „Spiegel<br />
TV”-Teams, das er zum Schutze mit<br />
sich führte. Aber gefühlt hat er es,<br />
der Fleischhauer, dass „es gleich<br />
knallt“.<br />
mit visionen zum arzt<br />
Auch zehn Jahre später fühlt er das<br />
noch und erinnert daran, wenn andere<br />
über zuschlagende Rechte in<br />
Chemnitz berichten. „Wer Visionen<br />
hat, sollte zum Arzt gehen“, wird<br />
Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt,<br />
SPD, und bis zu seinem Lebensende<br />
MitherausgeberderWochenzeitung<br />
„Die Zeit“, immer wieder gern zitiert.<br />
Aber: Visionen kommen gut an. Vor<br />
allem in einer Welt, die nicht mehr<br />
so kuschelig ist wie noch Fleischhauers<br />
wohlbehütete Kindheit, die<br />
er in seinem Buch „Unter Linken“ allerdings<br />
als bitteres Los beklagte.<br />
Das Schmerzlichste daran: Es gab<br />
keine Zitrusfrüchte zuhause bei<br />
Fleischhauers, weil die aus bösen<br />
Ländern wie Spanien unter General<br />
Francokamen.UndPepsiColawurde<br />
nicht gekauft, weil die einem Republikaner<br />
gehörte.<br />
Doch Fleischhauer hat sich von<br />
der linken Mama und dem linken<br />
Papa emanzipiert. Er wohnt jetzt in<br />
einer Doppelhaushälfte in Pullach<br />
bei München, wie er die Öffentlichkeit<br />
wissen ließ, und kann trinken<br />
undschreiben,waserwill.Unlängst<br />
etwa in seiner Kolumne mit dem<br />
Titel „Wann sind wir so zimperlich<br />
geworden?“.DasssichseineKolleg/<br />
innen mal bloß nicht so anstellen<br />
sollen, wenn sie aus Chemnitz über<br />
den wildgewordenen rechten Mob<br />
berichten, das sei ja schließlich<br />
nicht der Vietcong. Den er nach<br />
eigenem Bekunden natürlich auch<br />
nur aus den Erzählungen von Peter<br />
Scholl-Latour kennt, der wiederum<br />
in seinen letzten Lebensjahren, als<br />
also der Fleischhauer sich soeben<br />
erst emanzipiert hatte, von einem<br />
bequemen Sofa aus über verschiedene<br />
Regionen der Welt berichtete.<br />
Und zuletzt für rechte Medien wie<br />
die „Junge Freiheit“ und „Compact“<br />
schrieb, weil er ja schon immer<br />
wusste:„WerhalbKalkuttaaufnehme,<br />
rette nicht Kalkutta, sondern<br />
werde selbst Kalkutta“, zitiert<br />
FleischhauereinevonScholl-Latours<br />
Visionen.<br />
So belesen hockt nun der Fleischhauer<br />
in seiner Wohlstandsoase in<br />
Pullach und schreibt: „Ich habe bei<br />
jeder größeren Zusammenrottung<br />
einschlechtesGefühl.WoMenschen<br />
sich mit Gleichgesinnten zusammenfinden,<br />
um ihre Überlegenheit<br />
über andere vorzuführen, suche ich<br />
das Weite.“ Ist auch besser so. Ich<br />
glaube nämlich, es knallt gleich.<br />
Petra Welzel