Dialogprozessbegleitung - Lernwerkstatt
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freigeist sommer 2012<br />
Kampfmaschinen im globalisierten<br />
Wettbewerb“ zu machen? Kreativität<br />
wohl kaum. „Durch immer mehr pädagogische<br />
Fußfesseln werden die Kinder<br />
müde und resigniert!“<br />
Deswegen fordert Renz-Polster die informelle<br />
„Kinderbande“ zurück, bricht<br />
eine Lanze für mehr Entwicklung und<br />
weniger Erziehung, mehr Spielen und<br />
weniger Lernen, mehr Freiheit und weniger<br />
Überwachung und forderte die<br />
„wilde Kindheit“ auf der Straße und im<br />
Wald zurück. Denn Kinder lernen nicht<br />
nur von Erwachsenen, sondern auch von<br />
sich selbst und viele entscheidende Dinge<br />
in ihrem Leben nur von anderen Kindern:<br />
etwa mit Stress umzugehen, Probleme<br />
zu lösen und für sich einzutreten.<br />
Nur so können sie den „Geschäftszweck“<br />
der Kindheit erfüllen: von den Eltern unabhängig<br />
zu werden.<br />
Herzerwärmend auch sein Lob der Pubertät:<br />
„Jugendliche haben etwas, was<br />
den menschlichen Gruppen schon im-<br />
cartoon<br />
mer gut getan hat. Ein ungeheures Innovationspotenzial<br />
etwa. Niemand kann<br />
neuen Techniken schneller ,bändigen‘ als<br />
Jugendliche. Niemand ist kreativer. Und<br />
niemand ist risikobereiter.“ Renz-Polster<br />
preist ihre Fähigkeit, soziale Netze zu<br />
knüpfen (Facebook!), ihre O enheit für<br />
Neues und ihre Begeisterungsfähigkeit.<br />
„Wenn es das nicht gäbe, säßen wir<br />
womöglich noch immer in Erdlöchern,<br />
hörten keinen Mozart, keinen Schubert,<br />
keine Rockmusik – alle unsere Götter<br />
hatten ja noch Flaum um den Mund!“<br />
Ist also alles gut? So naiv gibt es Renz-<br />
Polster natürlich nicht. Denn die Evolution<br />
hat unsere Kinder t gemacht für ein<br />
Leben, das wir längst verlassen haben.<br />
„Die Evolution hat uns viel zu sagen. Aber<br />
nichts vorzuschreiben. Gar nichts.“ Kinder<br />
können auch gedeihen, wenn sie anders<br />
aufgezogen werden als früher, lautet sein<br />
Fazit. Aber nicht, wenn wir ihre evolutionäre<br />
Geschichte verleugnen.<br />
sparkurs<br />
Kirstin Breitenfellner<br />
28<br />
Kirstin Breitenfellner lebt als Autorin, Journalistin<br />
und Yogalehrerin und -ausbildnerin<br />
in Wien, verheiratet, zwei Kinder. Im Herbst<br />
erscheint ihr dritter Roman „Die Überwindung<br />
des Möglichen“ (Edition Voss im Horlemann<br />
Verlag) und ihre ersten beiden Kinderbücher:<br />
„Robbe Emma haut ab“ (Edition Atelier) und<br />
„Das Echo des Schi s heißt Fisch!“ (Picus).<br />
Luise Muschailov<br />
Foto: Rober t Fleischanderl<br />
bezahlte Anzeigen<br />
freigeist sommer 2012<br />
dramolett Gemeinschaftssinn<br />
Va: Es ist wirklich wunderbar, Teil einer<br />
Gemeinschaft zu sein. Das gibt einem<br />
den nötigen Rückhalt fürs Leben, ndest<br />
du nicht, Schatz?<br />
Mu: Ja, Liebling. Hast du übrigens schon<br />
den Termin für das Geburtstagsfest unserer<br />
Tochter notiert?<br />
Va: Was? Wann? Wieso?<br />
Mu: Am Wochenende.<br />
Va: Unmöglich. Da nden die Klausur<br />
und das Selbster ndungsseminar statt.<br />
Mu: Ja, aber…<br />
Va: Nichts aber, man muss Prioritäten<br />
setzen im Leben.<br />
Mu: Ja; aber sie hat sich schon so gefreut.<br />
Va: Auch sie muss es lernen. Apropos,<br />
die Dialogrunde ndet jetzt jeden Mittwochabend<br />
statt, ich gehe hin.<br />
Mu: Neben deinem 50 Stundenjob? Was<br />
ist mit den Kindern?<br />
Va: Sie haben ja dich! Und Kommunikation<br />
ist eben immens wichtig.<br />
Mu: Vielleicht will deine Tochter ja mal<br />
mit dir kommunizieren?<br />
Va: Papperlapapp. Dieses Besitzdenken<br />
muss man ihr gleich mal abgewöhnen,<br />
sonst wird sie so gemeinschaftsunfähig<br />
wie du.<br />
Mu: Was? Ist Familie also keine Gemeinschaft?<br />
Va: Das schließt sich doch nicht gegenseitig<br />
aus, Schatz. Wir brauchen die Gemeinschaft<br />
und sie braucht uns! Jeder<br />
Einzelne ist wichtig um das Werkl am<br />
Laufen zu halten.<br />
Mu: Aha. Und wenn du der Einzige bist,<br />
der als Vater in Frage kommt?<br />
Va: Das ist doch mittelalterlich. Es gibt<br />
genug Männer, die diese Aufgabe ebenso<br />
übernehmen können.<br />
Mu: Vielleicht sogar noch besser als du…<br />
Va: Das hast du gesagt.<br />
Mu: Einen Versuch wäre es wert.<br />
Va: Wann hast du das Geburtstagsfest<br />
geplant, sagst du?<br />
Mu: Ach, da kannst du nicht. Die Gemeinschaft<br />
ruft.<br />
Va: Lass den Blödsinn. Wann also?<br />
Mu: Der Erwin ist doch eh sehr schnuckelig,<br />
vielleicht eignet sich der als Gemeinschaftsvater?<br />
Va: Das ist doch…<br />
Mu: Oder als Gemeinschaftspartner, am<br />
Mittwochabend…<br />
Va: Haha, also jetzt mal ernst-<br />
Mu: Die Familie ist tot, lang lebe die Ge-<br />
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Bioprodukte, die zum größten Teil aus eigener<br />
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Luise Muschailov<br />
29<br />
meinschaft! Hallo? Hallo, Erwin, …<br />
Va: (reißt ihr das Handy weg) Moment!<br />
Mu: Dein Besitzdenken ist doch echt altmodisch.<br />
Va: Hallo Erwin? Könntest du vielleicht am<br />
Wochenende die Klausur statt mir besuchen<br />
und mich am Seminar nden…Ja,<br />
du das wäre fein. ..Ich?... Ja, äh ich kann<br />
nicht, du weißt, wie das ist...meine Frau…<br />
Ja, mehr brauche ich wohl nicht zu sagen.<br />
Dann sehen wir uns bald am Männererholungsurlaub,<br />
ich weiß aber noch nicht, ob<br />
ich fahren darf, du weiß ja…Ja, wir verstehen<br />
uns. Danke, werde ich ausrichten, ja,<br />
halt die Ohren steif.<br />
Mu: Und was war das?<br />
Va: Männergemeinschaft.<br />
Mu: Da waren so Untertöne drinnen…<br />
Va: Paranoid wie immer, Schatz. Und jetzt<br />
gib mir ein Abschiedsküsschen, ich fahre<br />
in das Retreat für das Ritual der Heilung<br />
des Gemeinschaftgeistes. Wir sehen uns<br />
in einem Jahr.<br />
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