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Story<br />
011<br />
Sérafina ist momentan nur ein Name auf einem Blatt<br />
Papier. Vor mir liegen Bleistifte, Touch-Marker, Papier<br />
und jede Menge Ideen, die ich noch nicht geordnet habe.<br />
Seitdem ich Rollenspiel zu meinem Hobby gemacht<br />
habe, ist schon etwas Zeit vergangen, aber dieser neue<br />
Charakter wird etwas anders sein als diejenigen, die ich<br />
zuvor gespielt habe, denn Sérafina Godojna wird schon<br />
bald in Fleisch und Blut über das gesellschaftliche Parkett<br />
einer sehr besonderen Gruppe von Personen schweben.<br />
Pünktlich zur Eröffnung der neuen Vampire Live<br />
Domäne in Düsseldorf wird sie ihr Debüt haben, und<br />
bis dahin gibt es noch eine Menge zu tun.<br />
Innere Werte<br />
Es beginnt wie im klassischen Pen and Paper mit der<br />
Persönlichkeit meines Spielcharakters. Nach den gewöhnlichen<br />
Eckdaten wie Geburtsdatum, Wohnort<br />
und Aussehen kommt die Geschichte ihres Lebens<br />
hinzu, und in diesem besonderen Fall auch das, was<br />
danach geschah. Ich lege ihr Wesen fest, kreativ soll<br />
sie sein, und einen Hang zu Kitsch haben. Eine aufwändige<br />
Fassade, hinter der sich eine bewegte Vergangenheit<br />
verbirgt. Wie die Spielleitung es verlangt,<br />
verfasse ich einen kurzen Text, daneben aber eine<br />
Sammlung von Kurzgeschichten und Momentaufnahmen,<br />
die für die nötigen Details sorgen.<br />
Puder Nicht nur<br />
und<br />
Lippenstift<br />
Die Entstehung eines Liverollenspiel-Charakters<br />
Mit einer Freundin, die die Schwester meines Charakters<br />
spielt, sprechen wir unsere Hintergründe ab,<br />
damit alles passt – so entsteht das Grundgerüst, auf<br />
dem ich in den folgenden Monaten aufbauen werde.<br />
Die Punkte auf dem Charakterbogen, den die Spielleitung<br />
in Düsseldorf online gestellt hat, sind schnell<br />
verteilt, und somit ist auch der letzte theoretische<br />
Aspekt erfüllt. Wäre dies das Pen and Paper, an dass<br />
ich gewohnt bin, wäre die Arbeit nun getan, doch in<br />
diesem Fall fängt sie gerade erst an.<br />
Das Bild<br />
Eine Menge Skizzen füllen meinen Block, ich surfe<br />
im Internet, blättere Zeitschriften durch und lasse<br />
mich inspirieren, um am Ende doch nahezu nichts<br />
davon zu verwenden. Ein absoluter Vorteil, wenn<br />
man nähen kann, liegt darin, dass man nicht endlos<br />
der Kleidung hinterher jagen muss, die vor dem inneren<br />
Auge entstanden ist, um letzten Endes viel zu<br />
viel Geld für etwas auszugeben, das doch nicht an<br />
das heranreicht, was man ursprünglich wollte. Nun<br />
kann man über Kleidung sagen, was man will, aber<br />
so oberflächlich es auch sein mag, sie kann auch der<br />
Ausdruck einer ureigenen Individualität sein. Und<br />
was für das wirkliche Leben gilt, potenziert sich im<br />
Rollenspiel: Kleidung hat immer eine Aussage, vermittelt<br />
immer ein Bild. Umso besser,dass mein Chabrauchen,<br />
noch viel mehr finden, dass wir selbstverständlich<br />
auch unbedingt mitnehmen müssen. Meine<br />
Ausbeute beläuft sich auf drei Meter dunkelvioletten<br />
Taft, drei Meter lila-blau changierenden Organza<br />
und dreissig Zentimeter Kunstleder, ebenfalls in lila.<br />
Schwarz hätte sich zu dem Stil von dem, was ich nähen<br />
will, ebenfalls angeboten, aber mal ehrlich, gibt<br />
es etwas einfallsloseres als einen Vampir, der schwarze<br />
Spitze trägt?<br />
Mein nächster Ausflug führt mich in einen Wuppertaler<br />
Afro-Shop, wo ich Kunsthaar erstehe. Insgesamt<br />
belaufen sich meine Ausgaben auf unter 50 Euro.<br />
Die Haare<br />
Noch haben die Semesterferien nicht begonnen,<br />
keine guten Voraussetzungen fürs Nähen, das man<br />
wirklich am Besten auf mehrere Tage hintereinander<br />
auslegt. Wofür ich Zeit habe, ist, mich um die Haarpracht<br />
Sérafinas zu kümmern, angedacht ist sie als<br />
eine aufwändige violette Dreadlock-Mähne. So etwas<br />
habe ich noch nie gemacht, aber das Internet und<br />
insbesondere Youtube bieten genug Anleitungen, um<br />
sie... alle zu befolgen und zu scheitern. Die Haare<br />
zu verfilzen und danach in kochendes Wasser zu tauchen,<br />
erweist sich als ebenso gemeingefährlich, wie es<br />
sich anhörte, zumal man sie die ganze Zeit mit beiden<br />
Händen auf Spannung halten muss. Das Mitschreiben<br />
in der morgigen Vorlesung wird keinen Spaß<br />
machen. Ebenso unbeeindruckt bleibt mein Plastikhaar<br />
von der Dampfreinigungsmaschine, anstatt sich<br />
so fixieren zu lassen, wie es eigentlich der Fall sein<br />
sollte. Nach ein wenig experimentieren finde ich eine<br />
andere Methode, die darin besteht, die Strähnen einfach<br />
auf Anschlag zu drehen, in ein nasses Küchentuch<br />
zu wickeln und zu bügeln. Das bringt endlich<br />
das Ergebnis, das ich wollte. Leider<br />
muss ich feststellen,<br />
dass es<br />
Liverollenspiel<br />
010