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So, jetzt habe ich mir einiges an Zeit gelassen, um<br />
mir dieses neue Rollenspiel einmal genauer anzuschauen,<br />
was diesem System aber auch nur zur Ehre<br />
gereichte.<br />
Bereits mein erster Eindruck war berauschend: Zwei<br />
schön illustrierte Hardcover, durchgehend schönes<br />
Layout mit 15 hervorragend eingesetzten Farbseiten<br />
und eine - wie sich nach einigem Lesen herausstellte<br />
- sehr gut gelungene Übersetzung.<br />
Das 7te See-Rollenspiel füllt zudem eine über lange<br />
Zeit eher vernachlässigte Lücke im deutschen Rollenspielbereich:<br />
Das Mantel & Degen-Genre.<br />
Hierbei handelt es sich um eine rollenspielerische<br />
Umsetzung so beliebter Action-Spielfilmklassiker<br />
wie Piratenfilme oder Fechtfilme wie die Geschichte<br />
der Drei Musketiere oder Robin Hood.<br />
All diese Geschichten flossen sicherlich mit in die<br />
Erschaffung von 7te See ein, das sehr stark auf ein<br />
Regelsystem wert legt und das cineastische Szenen<br />
erlaubt, ohne in einem Berg von Regeln zu versinken.<br />
Anders als vielleicht erwartet, spielt 7te See nicht auf<br />
einer historisch korrekten Erde-Spielwelt, sondern<br />
auf der fiktiven Spielwelt Théah und deckt - parallel<br />
zu den geographischen Änderungen - auch einen<br />
größeren geschichtlichen Zeitraum ab, der bei 7te<br />
See auf das Jahr 1668 gestaucht wurde. Allerdings<br />
sind trotz einiger deutlicher Unterschiede die Parallelen<br />
deutlich zu erkennen - und das mit Absicht,<br />
denn so ermöglicht man dem Spielleiter mögliche<br />
politische Entwicklungen bereits zu erahnen, bzw.<br />
sich selbst mit historischen Texten zu versorgen und<br />
so die Spielwelt noch dichter zu gestalten.<br />
Théah - Was ist gleich und was nicht ?<br />
Sowohl im Spieler-, wie auch im Spielleiter-Handbuch<br />
wird auf die Spielwelt eingegangen. Die Spieler<br />
bekommen, wie zu erwarten, nur eine grobe Sicht<br />
der Dinge, die es ihnen ermöglicht sich zu orientieren,<br />
ihren Charakter mit einem geeigneten Hintergrund<br />
auszustatten und ihre Stellung im restlichen<br />
Spielgefüge einzuordnen. Dem Spielleiter eröffnet<br />
sich dagegen viel mehr: z.B wer hinter den Kulissen<br />
das politische Schicksal lenkt, wer für Komplotte<br />
verantwortlich ist und welche Pläne derzeit verfolgt<br />
werden.<br />
Einmal abgesehen von geographischen Besonderheiten<br />
entrücken einige Dinge die Welt Théah besonders<br />
von der uns bekannten Erde: das Vorhandensein von<br />
geheimnisvoller Magie und die Existenz der Sidhe,<br />
einer mystischen, nur entfernt menschenähnlichen<br />
Rasse. Die Sidhe sind sehr stark an ihr literarisches<br />
Vorbild der Naturgeister angelehnt, die in vielen Geschichten<br />
überall auf dem Europäischen Kontinent<br />
erzählt werden.<br />
Das beschriebene Théah stellt ein phantastisches<br />
Spiegelbild des europäischen Teils der Weltkarte dar.<br />
Auf andere Kontinente, wie z.B. Amerika, Afrika,<br />
Asien oder gar Australien wird nicht eingegangen.<br />
Das stellt spieltechnisch aber auch keine größere Einschränkung<br />
dar, da die Reiselust der Menschen auf<br />
Théah nicht solch einen hohen Grad erreicht. Zwar<br />
existieren gut ausgestattete (Kriegs- und Handels-)<br />
Flotten, aber die sind doch zu sehr mit den küstennahennahen<br />
Aufgaben betreut, als sich in die unsichere<br />
Ferne über tückische Meere aufzumachen.<br />
Die Regeln<br />
Das Charakterblatt ist<br />
zweiseitig und erinnert<br />
unweigerlich an das Storyteller-System,<br />
was am<br />
ähnlichen dreispaltigen<br />
Aufbau und den Kreisen<br />
liegt. Jeder Charakter besteht<br />
aus 5 Attributen<br />
(Muskeln, Geschick, Verstand,<br />
Entschlossenheit<br />
und Panache („Stil“, eine<br />
Mischung aus Auftreten<br />
bzw. persönlicher Ausstrqahlung<br />
und Schnelligkeit),<br />
Vorteilen, einem Ruf,<br />
Hintergründen, Arcana und<br />
Zauberei, Fertigkeiten und<br />
Kniffe. Außerdem findet<br />
man Raum für Ausrüstung,<br />
Waffenfertigkeiten<br />
und das Notieren von<br />
Wunden.<br />
Games 24<br />
Charakterpunkte: Alle Eigenschaften eines Charakters<br />
lassen sich durch die Ausgabe von Charakterpunkten<br />
steigern. Die Annahme bestimmter Nachteile<br />
(z.B. Hybris) verschaffen zusätzliche Punkte.<br />
Teilweise ist die Ausgabe von Punkten zusätzlich<br />
beschränkt (z.B. beim Hintergrund oder der Höhe<br />
der Attribute).<br />
Fertigkeiten: Dinge die ein Charakter zu Beginn lernen<br />
kann, gibt es viele. Lernt man eine Fertigkeit, so<br />
wird diese stets von sogenannten Kniffen begleitet.<br />
Nicht die Fertigkeiten, sondern nur die Unterfertigkeiten<br />
(Kniffe) haben einen Würfelwert. Es gibt<br />
Grund- und Fortgeschrittenenkniffe die in Rängen<br />
gelernt werden. Ein Beispiel wäre die Fertigkeit<br />
Händler mit den Kniffen Schätzen 2 und Schmied<br />
3. Es gibt meist mehrere Kniffe zu einer Fertigkeit.<br />
Kauft man die Fertigkeit, so erhält man alle Grundkniffe<br />
auf dem ersten Rang, den man noch weiter<br />
steigern kann. Zwei Händler unterscheiden sich dadurch,<br />
daß sie zwar das gleiche Grundwissen haben,<br />
aber in unterschiedlicher Gewichtung und vermutlich<br />
auch andere (teurere) Fortgerittenenkniffe beherrschen.<br />
Arcana: Vom Storyteller-System als Wesen bekannt.<br />
Jeder Charakter besitzt nur eine Arcana und kann sich<br />
entscheiden ob diese Positiv oder Negativ (bringt 10<br />
CP) ausgelegt wird. Ein Beispiel ist die Arcana „Die<br />
Sonne - positiv:Freundlich, negativ:Stolz“<br />
Wunden: teilen sich in Fleisch- und dramatische<br />
Wunden. Ein Schaden richtet X Fleischwunden an.<br />
Die Summe einer Menge Würfel gleich des Attributs<br />
Muskeln muß über der Höhe der Fleischwunden<br />
liegen. Gelingt der Wurf, hat der Charakter diesmal<br />
Glück gehabt, aber der nächste Schaden wird zu den<br />
ungeheilten Fleischwunden hinzuaddiert.<br />
Bleibt das Ergebnis unter der Zahl der Fleischwunden<br />
wird eine dramatische Wunde (DW) erzeugt und im<br />
Ausgleich die Fleischwunden gestrichen. Übersteigt<br />
die Zahl der DW das Attribut Entschlossenheit, so<br />
erhält der Charakter einen Malus auf Aktionen -<br />
übersteigt der das Doppelte, wird er bewußtlos.<br />
Ruf: Wie man sich bereits denken kann bringt ein<br />
guter Ruf einem Charakter viele Vorteile, sei es gegenüber<br />
Gönnern und Dienern, die froh sind einem<br />
Helfen zu dürfen. Aber es gibt auch Schatten, denn<br />
viel Ehr erzeugt auch Neid. Rufpunkte sind eine<br />
Zahl zwischen -30 und 130 und spiegelt allgemein<br />
bekannte Heldentaten wider - geheimgehaltene<br />
Storry<br />
Aktionen bei denen der Name des Helden nicht gefallen<br />
ist, bringen auch keine Punkte. ‚Helden‘ die zu<br />
weit ins Negative rutschen können vom Spielleiter<br />
aus dem Spiel genommen und als NSC weiter geführt<br />
werden.<br />
Je 10 Rufpunkte gibt es einen Rufwürfel, die bei<br />
Würfelerfolg eine Aktion noch einmal aufwerten<br />
können. Am Ende eine Szene gibt es die verbrauchten<br />
Rufwürfel wieder zurück.<br />
Auf die weiteren Punkte wie Vermögen, Stand, Vorteile<br />
usw. möchte ich gar nicht allzusehr eingehen,<br />
sind sie doch aus den meisten Systemen bekannt.<br />
Viele wichtiger ist die Besonderheit der Kampfstile,<br />
die man in den unterschiedlichen Regionen<br />
von Théah erlernen kann. Dazu besucht man eine<br />
Kampfschule und steigert die Kampffertigkeit. Das<br />
Regelwerk geht auf diesen Bereich sehr umfangreich<br />
ein, was eine Menge Spielspaß bringt. Wenn z.B. der<br />
aufgerüschte Montaigner mit seinem Stil Valroux die<br />
ganze Zeit um den Eisenländer rumtänzelt und ihn<br />
mit Fechtwaffe und Main Gauche aufstachelt, wird<br />
er sein blaues Wunder erleben, wenn der beharrlich<br />
abwehrende und gut gepanzerte Eisenländer ihn<br />
schließlich bei einem Fehler erwischt, die Waffe des<br />
Gegners mit seiner Eisenfaust ergreift und die Verteidigungslücke<br />
mit seinen schweren Breitschwerthieben<br />
eindeckt.<br />
Mein Lieblingsthema: Magie. Magie gibt es auf<br />
Théah, oh ja. Leider kommt in deren Genuß nur der,<br />
der besonderes (meist adeliges) Blut in seinen Adern<br />
hat. Daher teilen sich die Magieanwender auch in<br />
Halb- Voll- und Doppelblütig. Nur der Vollblütige<br />
kann alle Nuancen seines Zweiges auskosten. Halbblütige<br />
oder zweimal Halbblütige (=Doppelblütige,<br />
dürfen die Magie aus zwei Nationen benutzen) haben<br />
Zugriff auf ein oder zwei Zeige, deren Entwicklung<br />
jedoch engere Grenzen gesetzt sind. Dies stellt sicher,<br />
daß selbst in einer (unwahrscheinlichen) hochmagischen<br />
Gruppe, kaum zwei Zauberer die gleichen<br />
Fähigkeiten haben werden. Jede Nation hat ihren eigenen<br />
Stil und ihre ganz eigenen Wirkungen.<br />
Da Magie auf Théah etwas Geheimnisvolles ist, will<br />
ich auch gar nicht viel darüber berichten. Meiner Ansicht<br />
nach sollten auch die Spieler nur etwas darüber<br />
erfahren, wenn sie sich entscheiden, einen Zauberer<br />
zu spielen. Deshalb hier auch nur in aller Kürze:<br />
Zauberei kommt in Vermächtnissen und diese wiederum<br />
in Kniffen daher. Bis auf die Eisenländer und<br />
Castillier haben alle Nationen ihr Vermächtnis.