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Storry<br />
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Ein erster Test mit der aufgesetzten<br />
Perücke ergibt: Weder meine Mutter<br />
noch meine Freunde erkennen mich<br />
damit wieder. Soweit alles in Ordnung.<br />
Die Zähne<br />
Eigentlich zuerst nur als Spielerei gedacht,<br />
hat mein Vater sich dazu bereit<br />
erklärt, mir ein paar ordentliche Beißerchen<br />
zu machen. Zu Hause machen<br />
wir ein paar Abdrücke meiner Zähne,<br />
und wenige Wochen später ist Sérafina<br />
nicht nur um zwei scharfe Eckzähne<br />
reicher, sondern hat auch ein Lispeln<br />
dazugewonnen, von dem ich hoffe, dass ich es mir<br />
bis zum ersten Spieleabend noch abgewöhnen kann.<br />
Spotte nicht über meinen Sprachfehler, Schwesterchen...<br />
Die Kleidung<br />
Jetzt wird es ernst. Ein Schnittmuster gibt es nicht,<br />
zumindest kein professionelles. Während in relativ<br />
kurzer Zeit eine Corsage entsteht, mit der ich zufrieden<br />
bin, macht der Rock mir Probleme. Dies ist<br />
der frustrierendste Teil meiner Arbeit, viele Versuche,<br />
meine ursprüngliche Idee zu verwirklichen, scheitern,<br />
bis ich Kompromisse eingehen muss. Nach zwei<br />
Wochen Arbeit ist meine kleine Wohnung randvoll<br />
mit Stoffresten, Stecknadeln, Papierteilen und jede<br />
Menge Fäden. Auch wenn einiges nicht so funktioniert<br />
hat, wie ich es geplant hatte, es passt trotzdem<br />
zu dem angedachten Charakter und ich gebe mich<br />
damit geschlagen.<br />
Das einzige, was diesen vielversprechenden<br />
Auftakt schmälert,<br />
ist die Tatsache, dass sich die<br />
Schminke mit keinem mir bekannten<br />
Mittel anständig entfernen<br />
lässt, mit dem Ergebnis, dass<br />
das erste, was ich am darauffolgenden<br />
Tag sehe, mein eigenes Gesicht<br />
ist, dass mich von meinem Kopfkissen<br />
aus vorwurfsvoll ansieht.<br />
Vollkommen überhetzt brechen wir<br />
schliesslich zu unserem ersten Abend<br />
auf, der wirklich cool wird – das können<br />
uns sicher auch die Polizisten bestätigen,<br />
die uns auf dem Heimweg anhielten und<br />
versuchten, das Bild auf meinem Personalausweis<br />
mit mir zu vergleichen.<br />
Das Makeup<br />
Jetzt wird es ernst. Manche Charaktere haben es, was<br />
das Schminken angeht, schwieriger als andere. Auch<br />
wenn einige meiner Mitspieler vor der Herausforderung<br />
stehen, sich komplett zu entstellen, sich Narben<br />
zu schminken oder gar tierische Merkmale in ihre Gesichter<br />
zu zaubern, ich bin auch mit Lippenstift und<br />
künstlichen Wimpern schon ganz gut bedient. In<br />
einem mehrstündigen Großeinkauf streife ich durch<br />
die Drogeriemärkte und Parfümerien der Stadt, um<br />
jede Menge Dinge zu besorgen, dessen konkreter<br />
Sinn sich mir noch nicht ganz erschliesst. Nach jede<br />
Menge Zeit vor dem Spiegel mit eben jenen Dingen<br />
fasse ich still den Entschluss, auch weiterhin ungeschminkt<br />
zur Uni zu gehen. Das Ergebnis, besonders<br />
in Verbindung mit der Perücke, kann sich aber sehen<br />
lassen. Weder meine Mutter noch meine Freunde<br />
erkennen mich auf dem Foto, dass ich herumschicke,<br />
und wollen es mir auch Tage danach noch nicht<br />
wirklich glauben.<br />
Ich bin ja sowas von zufrieden.<br />
Liverollenspiel<br />
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