Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Storry<br />
29<br />
„Unknown Armies“ ist ein neues Rollenspielsystem<br />
von der Firma Atlas Games, geschrieben von Greg<br />
Stolze und John Tynes. Vom Hintergrund her ist<br />
U.A. ein Horror-Rollenspiel, das in der Gegenwart<br />
auf unserer Welt spielt - wo aber nicht immer alles<br />
das ist, was es zu sein scheint. Also eine Art Konkurrenz,<br />
aber auch Ergänzung zu KULT.<br />
UA bietet: einen interessanten Hintergrund (meiner<br />
Meinung nach zwar nicht besser als KULT, aber das<br />
ist ja auch kaum möglich), den ich leider nicht genau<br />
auswendig kenne (und auch nicht zu schnell verraten<br />
sollte - die UA-Spielleiter werden es mir danken); ein<br />
ziemlich verrücktes, aber originelles Magiesystem (es<br />
gibt u.a. „Dipsomancers“, die nur betrunken zaubern<br />
können, „Cliomancers“, die ihre Magie aus geschichtlich<br />
wichtigen Objekten ziehen, „Pornomancers“, die<br />
- ja, genau!); ein W100-basiertes, ziemlich einfaches,<br />
aber doch gutes Regelsystem, das sich Systembastler<br />
näher ansehen sollten; und ein System, mit dem man<br />
die Begegnung mit dem Horror nachvollziehen kann<br />
- und das teilweise noch besser geeignet ist als der<br />
EGO-Check und die Mentale Balance bei KULT.<br />
Und um dieses System geht es hier.<br />
In UA unterscheidet man zwischen fünf Kategorien<br />
des Horrors: Gewalt, das Unnatürliche, Hilflosigkeit,<br />
Isolation, und den Kampf mit dem Selbstbild. Für<br />
jede Art des Horrors wird eine eigene Skala geführt.<br />
Auf der einen Seite gibt es Marken für „EGO-Check<br />
verrissen“, auf der anderen für „Abgebrüht“, was<br />
bedeutet, dass sich der Charakter an diese Art von<br />
Horror gewöhnt hat; in Zukunft muss er für ähnlich<br />
schlimme Ereignisse (derselben Art) nicht mehr würfeln.<br />
Immer, wenn ein Charakter eine Begegnung<br />
mit dem Horror der einen oder anderen Art hat, an<br />
die er (noch) nicht gewöhnt ist, würfelt der Spieler<br />
auf „Mind“ (in KULT wäre das EGO). Je nachdem,<br />
ob er Erfolg hat, bekommt er dann entweder eine<br />
Marke bei „Verrissen“ oder „Abgebrüht“. Achtung:<br />
Eine Marke bei „Verrissen“ und eine bei „Abgebrüht“<br />
heben sich NICHT gegenseitig auf! Charaktere, denen<br />
so etwas passiert, werden innerlich zerrissen und<br />
extrem merkwürdig.<br />
Verrissene EGO-Würfe haben die schlimmeren<br />
Konsequenzen; ein Charakter, der auf einer Skala<br />
fünf Marken bei „Verrissen“ ansammelt, ist wahnsinnig<br />
und nicht mehr fähig, vernünftig zu handeln,<br />
und er wird sich schon lange davor neurotisch benehmen.<br />
So ein Charakter kann diese eine Art von<br />
Horror nicht mehr aushalten, ohne die Kontrolle zu<br />
verlieren. (Außer, er hat auf dieser Skala auch noch<br />
mindestens eine Marke bei „Abgebrüht“.) Aber auch<br />
„Abgebrüht“ ist nicht so vorteilhaft, wie es sich vielleicht<br />
zuerst anhört: Charaktere, die zuviele Marken<br />
auf dieser Seite haben, werden kalt und gefühllos -<br />
und bekommen so Probleme mit anderen Menschen,<br />
denen das auffallen wird. Es ist möglich, bis zu zehn<br />
Marken bei „Abgebrüht“ pro Skala zu sammeln; an<br />
diesem Punkt benehmen sich die Charaktere nicht<br />
mehr menschlich. Ein Charakter, der auf allen fünf<br />
Skalen zehn Marken bei „Abgebrüht“ hat, ist ein<br />
kompletter Soziopath und nicht mehr zu menschlichen<br />
Beziehungen fähig.<br />
Pen&Paper<br />
28<br />
Bevor ein Charakter endgültig in den Wahnsinn abgleitet<br />
oder zum Gefühlsidioten wird, gibt es noch<br />
die Möglichkeit, dem entgegenzuwirken. Dazu muss<br />
sich der Charakter in psychologische Behandlung<br />
begeben. Diese Therapie dauert dann eine gewisse<br />
Zeit. (Und, nein, ein Charakter kann sich nicht<br />
selbst therapieren.) Am Ende macht der Charakter<br />
einen Wurf auf EGO, und sein Psychologe auf<br />
Therapieren. Wenn beide erfolgreich sind oder einer<br />
von beiden einen kritischen Erfolg würfelt, kann der<br />
Charakter eine Marke entweder bei „Verrissen“ oder<br />
„Abgebrüht“ streichen. Wenn beide einen kritischen<br />
Erfolg schaffen, kann der Charakter sogar bis zu drei<br />
Marken (aber nur entweder von „Verrissen“ oder<br />
„Abgebrüht“) streichen. Wenn der Charakter erfolgreich<br />
ist, der Therapeut aber nicht, kann er eine Marke<br />
bei „Abgebrüht“ streichen. (Wenn er es nicht tun<br />
will, wird ihm der Therapeut sagen, dass er „mehr<br />
kooperieren“ soll.) Wenn der Therapeut erfolgreich<br />
ist, der Charakter aber nicht, kann er eine Marke bei<br />
„Verrissen“ streichen.<br />
Im Spiel könnt Ihr das folgendermaßen darstellen:<br />
Wenn ein Terrorwurf nötig wird, erhält der Charakter<br />
für jede Marke bei „Verrissen“ einen Malus von<br />
-5 und für jede Marke bei „Abgebrüht“ einen Bonus<br />
von +2 auf seinen EGO-Wurf. Je nach Schwere des<br />
Ereignisses gibt es einen Modifikator von -2 bis -20.<br />
In KULT gab es nur zwei Möglichkeiten, in welche<br />
Richtung sich die Mentale Balance verändern kann:<br />
Nach unten (verbunden mit der Verwandlung des<br />
Menschen zum Monster), oder nach oben (wobei der<br />
Mensch seine göttliche Natur wieder entdeckt). In<br />
UA ist die Sache nicht so ganz einfach: Ein Charakter,<br />
der zuviele EGO-Würfe verreißt, wird wahnsinnig,<br />
aber einer, der zuviele besteht, stumpft ab und<br />
wird am Ende zu einem Soziopaten. Für die Menschen<br />
mit hoher positiver Mentaler Balance bleibt in<br />
diesem Modell kein Platz - aber auch nicht für die<br />
Menschen, die sich in Monster verwandeln.