GIG Oktober 2018
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MUSIK<br />
CDS VINYL & MP3<br />
27<br />
und ihrer Ausführung kann Arm<br />
überhaupt nichts anfangen. In „21st<br />
Century Pharisees“ weist er offensiv<br />
das Pfarrpersonal zurecht: „Keep<br />
your vile hands to yourself!“ Noch ungehaltener<br />
reagiert er auf Abzocker<br />
in „Prosperity Gospel“. Im zweiten<br />
Teil des Songs meldet Gitarrist Steve<br />
Turner mit quengeligen und doch<br />
zielsicheren Akkorden Führungsansprüche<br />
an, auch er ist ein Aktivposten.<br />
Primitiv und billig sind Mudhoney<br />
bestimmt nicht. Sie opponieren<br />
beherzt und stringent gegen modernen<br />
Müll und sind mehr als das fünfte<br />
Rad am Wagen. Thomas Weiland<br />
Sub Pop / Cargo;<br />
www.mudhoneyonline.com<br />
Tim Hecker<br />
Konoyo<br />
An Stellen, wo das Münsteraner Bersarin<br />
Quartett zwischen gesampelter<br />
Orchestralität, kompletter Dunkelheit<br />
und bescheidenem Kitsch<br />
oder der Wahl-Isländer und Australier<br />
Ben Frost zwischen luzidem<br />
Pomp, unglaublicher Lautstärke und<br />
Überblasenheit beeindrucken, sucht<br />
sich der von beiden überaus geschätzte<br />
kalifornische Kanadier Tim<br />
Hecker das „Death Valley“, um mit<br />
seinen experimentellen Krach-Ambient-Sounds<br />
letztlich wohl auch eher<br />
der düsteren Seite des Lebens zu frönen.<br />
Hecker hat<br />
diese einmalige<br />
Mischung aus<br />
Klangversuchen<br />
und tieftraurigen<br />
Soundtracks<br />
mit seinem auch<br />
schon wieder neunten Studioalbum<br />
seit 2001 perfektioniert, ohne<br />
jemals glatt oder vorhersehbar zu<br />
wirken. Ähnlich wie auf der sensationellen<br />
Kooperation „Instrumental<br />
Tourist“ von 2012 mit Daniel Lopatin<br />
(Oneohtrix Point Never) fordert<br />
er die Zuhörenden heraus. Inspiriert<br />
von Reisen durch und Sessions<br />
in Japan und dem Gagaku-Ensemble<br />
Tokyo Gakuso fließen und<br />
zucken die teilweise sehr langen<br />
Tracks und saugen einen spirituell<br />
auf. Christoph Jacke<br />
Kranky / Cargo; www.sunblind.net<br />
Silbersee<br />
Doyle Bramhall II<br />
Shades<br />
Einem großen Publikum bekannt<br />
wurde der Texaner als Sideman von<br />
Eric Clapton, in dessen Band er<br />
sich seit zwei Dekaden feurige Duelle<br />
mit dem Gitarrengott liefert,<br />
und als Tourmusiker an der Seite<br />
von Pink Floyds Roger Waters. Auf<br />
seinem aktuellen Soloalbum<br />
„Shades“, auf dem Eric Clapton,<br />
Norah Jones und die Tedeschi Trucks<br />
Band gastieren, hat Bramhall jetzt<br />
zu bestechend eigener Form als Sänger,<br />
Komponist und Gitarrist mit ganz<br />
besonders seelenvollem<br />
Ton<br />
und Sound gefunden.<br />
Und begeistert<br />
mit<br />
herzerwärmenden<br />
Songs<br />
voller Soul, packenden Rock-Riffs<br />
sowie eloquenten, funkensprühenden<br />
Gitarrenlinien.<br />
Provogue / Mascot;<br />
www.db2music.com<br />
Mogwai<br />
Kin<br />
Nach der fabelhaften Filmmusik zu<br />
„Zidane“ und exzellenten Soundtracks<br />
zu Kunstdokumentationen<br />
sowie zur französischen TV-Serie<br />
„Les Revenants“ drückt das schottische<br />
Quartett auch bei diesem<br />
Score zum Sci-Fi-Crime-Streifen<br />
von Jonathan and Josh Baker im<br />
Prinzip auf alle bewährten Mogwai-<br />
Knöpfe. Das führt zu einem erhebenden,<br />
euphorischen, fast spirituellen<br />
Hörerlebnis, bei dem unweigerlich<br />
ein eigener Film im Kopf abläuft.<br />
Allerdings vermisst man auf<br />
„Kin“ das Drama, die Spannung und<br />
Unruhe, die Mogwais beste Werke so<br />
überwältigend machen.<br />
Rock Action / PIAS;<br />
www.mogwai.co.uk<br />
Funny van Dannen<br />
Alles gut Motherfucker<br />
Ein Mann im Kreativrausch. Kurz nach<br />
der letzten fulminanten Liedsammlung<br />
liefert van Dannen 23 neue<br />
chansoneske Folk-Songs, die die Liebe,<br />
das Leid, das absurde Theater<br />
und die göttliche Komödie in diesen<br />
modernen Zeiten abbilden. Dargeboten<br />
mit einer Schärfe und Spottlust,<br />
aber auch Einfühlsamkeit<br />
und Empathie,<br />
einem kühlen<br />
Verstand und<br />
großen Herz,<br />
dass man einmal<br />
mehr an den frühen Bob Dylan denken<br />
muss. Van Dannen begeistert mit<br />
eher leichtfüßigen Liedern mit subtilem<br />
Tiefgang, noch mehr aber mit<br />
politischen Statements wie „Immer<br />
diese Religionen“ und „Jemand blutet“,<br />
in denen er jede Art von fehlgeleitetem<br />
Fanatismus geißelt.<br />
Edition Tiamat / Indigo;<br />
www.funny-van-dannen.de<br />
Texte: Andreas Dewald<br />
3,6mm<br />
15,8mm<br />
17,0mm