Johannesbote #181 Oktober | November 2018
Aktuelles aus der Evangelisch-Lutherischen Johannesgemeinde Pretoria-Ost
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Impulse zum Monatsspruch<br />
Pfarrerin Nicole Otte-Kempf<br />
„Herr, all mein Sehnen liegt offen vor dir, mein Seufzen<br />
war dir nicht verborgen.“ Psalm 38,10 (<strong>Oktober</strong> <strong>2018</strong>)<br />
Heute drei kurze Geschichten, die sich so<br />
oder so ähnlich zutragen könnten:<br />
1. Eine junge Frau, zuverlässig und strebsam.<br />
Sie fällt bei der Arbeit nicht auf und<br />
kommt mit jedem gut zurecht. Aber eigentlich<br />
hat sie nicht viele Kontakte. Sie macht<br />
ihre Gefühle mit sich selbst aus. Sie wohnt<br />
allein. Die Freunde wohnen weit weg, ihre<br />
Eltern möchte sie nicht beunruhigen. Sie ist<br />
am Wochenende meist allein. Es fällt nie mandem<br />
auf, weil sie ihre Sehnsucht nach guten<br />
Ge sprächen und Freunden nicht zeigt und ihr<br />
Seufzen niemand hört.<br />
2. Er ist der Außenseiter in der Klasse. Keiner<br />
will wirklich etwas mit ihm zu tun haben.<br />
Er ist komisch. Und er fühlt sich auch selbst<br />
komisch. Die Eltern sind getrennt. Er sehnt<br />
sich nach Papa und Mama, obwohl er ja weiß,<br />
dass das nicht geht. Er will beide nicht unglück<br />
lich machen. Deshalb sagt er nichts von<br />
seinen Problemen, vergräbt seine Wünsche<br />
tief im Herzen.<br />
3. Opa ist mittlerweile alt und er glaubt es<br />
so langsam auch. Es sind die anderen, die ihm<br />
zeigen, wie man sich zu fühlen, was man zu<br />
tun und zu lassen hat in seinem Alter. Ja, seine<br />
Kinder und Enkelkinder scheinen es besser<br />
zu wissen. Und er hat auch keine Kraft mehr,<br />
dagegen zu protestieren. Seit seine geliebte<br />
Frau nicht mehr da ist, fühlt er sich schwächer<br />
und schwächer. Darf er in seinem Alter noch<br />
Wünsche und Sehnsüchte haben?<br />
„Herr, all mein Sehnen liegt offen vor<br />
dir, mein Seufzen war dir nicht verborgen.“<br />
Psalm 38,10<br />
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,<br />
wie gut ist dieser Satz, den der Beter ausspricht.<br />
Ich glaube, viele Wünsche sind tief<br />
<strong>Johannesbote</strong>: <strong>Oktober</strong> | <strong>November</strong> <strong>2018</strong><br />
in un seren Herzen vergraben. Sehn süchte<br />
fin den nur selten den Weg auf die Lippen.<br />
Noch seltener werden sie zu verständlichen<br />
Worten – eher zu Seufzern oder einem tiefen<br />
Atemholen. Das ist unverständlich und doch<br />
be freiend. Innere Geheimnisse verraten wir<br />
nur wenigen vertrauten Menschen.<br />
Doch was ist, wenn es solche vertraute<br />
Menschen nicht gibt? Wenn Freundschaften<br />
zerbrechen, wenn liebe Menschen sterben,<br />
wenn man allein ist? Wer hört und versteht<br />
die Seufzer einsamer Menschen?<br />
Gott versteht sie. Das weiß der Beter des<br />
Psalms. Gott blickt tief ins Herz hinein.<br />
Und Gott kennt auch die dunklen Ecken,<br />
die schwer zu tragenden Geheimnisse, die<br />
Sünden, die den Beter wie eine schwere Last<br />
krumm und gebückt gehen lassen. Einsamkeit<br />
heißt es, sei eine Krankheit unserer Zeit, in<br />
der Menschen andere nicht brauchen, weil sie<br />
alles alleine können und machen. So lange,<br />
bis sie niemanden mehr kennen und selbst<br />
nicht mehr gekannt werden.<br />
Ich bin erst seit kurzem ein Teil der Jo hannesgemeinde,<br />
aber ich merke, dass Menschen<br />
Anteil aneinander nehmen, sich um einander<br />
kümmern, im Gebet, im Besuchsdienst, und<br />
dass Menschen den Dienst anderer auch gern<br />
in Anspruch nehmen. Man kennt einander.<br />
Das macht eine christliche Gemeinschaft aus.<br />
Scheut euch nicht, auch mich zu kon taktieren,<br />
wenn Ihr ein Gespräch oder einen<br />
Besuch wünscht.<br />
Bis wir uns kennen lernen, wünsche ich<br />
Euch einen schönen Frühling mit vielen Begeg<br />
nungen und dem guten Gefühl, dass Gott<br />
Euer Sehnen und Seufzen hört. ◀<br />
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