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DER LETZTE WEG – MIT ODER OHNE KIRCHE<br />

Wer aus der Kirche ausgetreten ist, darf nicht erwarten, dass er vom Priester beerdigt wird. Allerdings wollen<br />

auch praktizierende gläubige Katholiken immer häufiger nach eigenen Vorstellungen beigesetzt werden. Ob<br />

da eine Entwicklung an der Katholischen Kirche vorbei rauscht? Oder fehlt ihr nur das „Dienstleister-Gen“?<br />

Sylvia Nels aus Ingendorf war stinksauer auf<br />

die Katholische Kirche und ihr Bodenpersonal,<br />

und sie ist es zuweilen heute noch. Sie war<br />

gerade 14, als ihr Vater 1987 plötzlich zusammengebrochen<br />

ist und starb. Es war der 21.<br />

Dezember, der zuständige Seelsorger wollte das<br />

Weihnachtsfest seiner Gemeinde nicht mit einer<br />

Beerdigung stören. So musste diese Trauerfeier<br />

bis nach dem Fest warten. Nels: „Die Messe<br />

war schrecklich. Sie war nicht herzlich und der<br />

Priester ging auch mit keinem Wort auf meinen<br />

Papa persönlich ein.“ Ihr Vater war katholisch,<br />

aber kein Kirchgänger. Denn er gehörte noch zu<br />

jener Generation, die in der Jugend in die Kirche<br />

geprügelt worden war – notfalls auch vom Pastor.<br />

Trotzdem war sie immer für die Kirche da.<br />

Die Mundartsängerin liebte Musik und dachte<br />

damals: „Wo man singt, da lass Dich nieder.“<br />

Werte der Kirche wie ‚liebe Deinen Nächsten‘<br />

haben ihr viel bedeutet und tun es bis heute.<br />

Aber sie ist ausgetreten und wird wohl auf die<br />

katholische Beisetzung verzichten müssen.<br />

Bestätigt in diesem Schritt hat sie kürzlich<br />

noch der Tod eines katholischen Verwandten:<br />

Zuletzt hatte der gemeinsam mit seiner Frau sein<br />

Lieblingslied von Andreas Gabalier gehört. Das<br />

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sollte in der Kirche gespielt werden, so wünschten<br />

es die Angehörigen. Und: Nels hatte eigens<br />

ein Lied für den Toten geschrieben – auch das<br />

wollte sie in der Kirche vortragen. Der Pastor<br />

jedoch mochte den Musiker nicht und beides<br />

hätte ihm zu lange gedauert. So einigte man sich<br />

darauf, dass die CD kurz laufen durfte, während<br />

er sich für den Weg zum Grab umzog. Nels:<br />

Der Zeitplan ist ihnen manchmal wichtiger als der<br />

Mensch und seine Angehörigen: Sylvia Nels übt Kritik<br />

an der Katholischen Kirche und ihrem Umgang mit<br />

den Menschen.<br />

„Der Zeitplan war ihm wichtiger als der Mensch<br />

und seine Angehörigen.“ Wenn Nels auf freien<br />

Beerdigungen ist, fühlt sie sich deutlich wohler.<br />

Ganz rührend fand sie die Gedenkstunde für<br />

eine 21jährige Frau aus dem Bekanntenkreis.<br />

Diese hatte eine Seebestattung gewünscht. Das<br />

war der Familie aber zu wenig. So traf man sich<br />

an einem schönen Tag an einem Wegkreuz,<br />

stellte ein Bild von ihr auf und erzählte sich von<br />

ihr. Nels: „Das war für mich die schönste Rückbesinnung<br />

an einen Menschen. Und das soll ja<br />

eine Beerdigung sein: eine Rückbesinnung. Da<br />

wurde getrauert und geweint. Das war herzlich<br />

und ehrlich.“ Wenn man sich irgendwann so<br />

von ihr verabschieden würde, fände sie das<br />

wunderschön.<br />

Eins steht fest: unter die Erde kommen wir alle<br />

– so oder so. Ob im Sarg oder als Asche in der<br />

Urne. Auf dem Friedhof oder im Friedwald. Ob<br />

mit Priester und Messe oder gleich ohne beides.<br />

Wer nicht getauft ist, kann ohnehin keine kirchliche<br />

Beerdigung erwarten – und würde sie sicher<br />

auch entschieden ablehnen. Wer allerdings getauft<br />

wurde und später vielleicht nur des Geldes<br />

wegen oder, wie Nels, wegen des Bodenpersonals<br />

aus der Katholischen Kirche austritt, darf<br />

ebenfalls keine Messe mit Eucharistie erwarten.<br />

Das Bistum Trier formuliert auf Anfrage von <strong>o7</strong><br />

die Lage der Dinge so: „Eine kirchliche Bestattung<br />

steht Menschen, die ausgetreten sind, nicht<br />

zu. Der Austritt wird von der Kirche als bewusste<br />

Entscheidung ernst genommen, sich von der<br />

Kirche zu distanzieren und daher auch dadurch<br />

respektiert, dass eine kirchliche Bestattung nicht<br />

erfolgt.“ Aber – so ist es bei der Kirche ja zu er-

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