o7_Bitburg_AugSep18
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DER LETZTE WEG – MIT ODER OHNE KIRCHE<br />
Wer aus der Kirche ausgetreten ist, darf nicht erwarten, dass er vom Priester beerdigt wird. Allerdings wollen<br />
auch praktizierende gläubige Katholiken immer häufiger nach eigenen Vorstellungen beigesetzt werden. Ob<br />
da eine Entwicklung an der Katholischen Kirche vorbei rauscht? Oder fehlt ihr nur das „Dienstleister-Gen“?<br />
Sylvia Nels aus Ingendorf war stinksauer auf<br />
die Katholische Kirche und ihr Bodenpersonal,<br />
und sie ist es zuweilen heute noch. Sie war<br />
gerade 14, als ihr Vater 1987 plötzlich zusammengebrochen<br />
ist und starb. Es war der 21.<br />
Dezember, der zuständige Seelsorger wollte das<br />
Weihnachtsfest seiner Gemeinde nicht mit einer<br />
Beerdigung stören. So musste diese Trauerfeier<br />
bis nach dem Fest warten. Nels: „Die Messe<br />
war schrecklich. Sie war nicht herzlich und der<br />
Priester ging auch mit keinem Wort auf meinen<br />
Papa persönlich ein.“ Ihr Vater war katholisch,<br />
aber kein Kirchgänger. Denn er gehörte noch zu<br />
jener Generation, die in der Jugend in die Kirche<br />
geprügelt worden war – notfalls auch vom Pastor.<br />
Trotzdem war sie immer für die Kirche da.<br />
Die Mundartsängerin liebte Musik und dachte<br />
damals: „Wo man singt, da lass Dich nieder.“<br />
Werte der Kirche wie ‚liebe Deinen Nächsten‘<br />
haben ihr viel bedeutet und tun es bis heute.<br />
Aber sie ist ausgetreten und wird wohl auf die<br />
katholische Beisetzung verzichten müssen.<br />
Bestätigt in diesem Schritt hat sie kürzlich<br />
noch der Tod eines katholischen Verwandten:<br />
Zuletzt hatte der gemeinsam mit seiner Frau sein<br />
Lieblingslied von Andreas Gabalier gehört. Das<br />
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sollte in der Kirche gespielt werden, so wünschten<br />
es die Angehörigen. Und: Nels hatte eigens<br />
ein Lied für den Toten geschrieben – auch das<br />
wollte sie in der Kirche vortragen. Der Pastor<br />
jedoch mochte den Musiker nicht und beides<br />
hätte ihm zu lange gedauert. So einigte man sich<br />
darauf, dass die CD kurz laufen durfte, während<br />
er sich für den Weg zum Grab umzog. Nels:<br />
Der Zeitplan ist ihnen manchmal wichtiger als der<br />
Mensch und seine Angehörigen: Sylvia Nels übt Kritik<br />
an der Katholischen Kirche und ihrem Umgang mit<br />
den Menschen.<br />
„Der Zeitplan war ihm wichtiger als der Mensch<br />
und seine Angehörigen.“ Wenn Nels auf freien<br />
Beerdigungen ist, fühlt sie sich deutlich wohler.<br />
Ganz rührend fand sie die Gedenkstunde für<br />
eine 21jährige Frau aus dem Bekanntenkreis.<br />
Diese hatte eine Seebestattung gewünscht. Das<br />
war der Familie aber zu wenig. So traf man sich<br />
an einem schönen Tag an einem Wegkreuz,<br />
stellte ein Bild von ihr auf und erzählte sich von<br />
ihr. Nels: „Das war für mich die schönste Rückbesinnung<br />
an einen Menschen. Und das soll ja<br />
eine Beerdigung sein: eine Rückbesinnung. Da<br />
wurde getrauert und geweint. Das war herzlich<br />
und ehrlich.“ Wenn man sich irgendwann so<br />
von ihr verabschieden würde, fände sie das<br />
wunderschön.<br />
Eins steht fest: unter die Erde kommen wir alle<br />
– so oder so. Ob im Sarg oder als Asche in der<br />
Urne. Auf dem Friedhof oder im Friedwald. Ob<br />
mit Priester und Messe oder gleich ohne beides.<br />
Wer nicht getauft ist, kann ohnehin keine kirchliche<br />
Beerdigung erwarten – und würde sie sicher<br />
auch entschieden ablehnen. Wer allerdings getauft<br />
wurde und später vielleicht nur des Geldes<br />
wegen oder, wie Nels, wegen des Bodenpersonals<br />
aus der Katholischen Kirche austritt, darf<br />
ebenfalls keine Messe mit Eucharistie erwarten.<br />
Das Bistum Trier formuliert auf Anfrage von <strong>o7</strong><br />
die Lage der Dinge so: „Eine kirchliche Bestattung<br />
steht Menschen, die ausgetreten sind, nicht<br />
zu. Der Austritt wird von der Kirche als bewusste<br />
Entscheidung ernst genommen, sich von der<br />
Kirche zu distanzieren und daher auch dadurch<br />
respektiert, dass eine kirchliche Bestattung nicht<br />
erfolgt.“ Aber – so ist es bei der Kirche ja zu er-