StadtHochDrei – Berlin Mitte
ISBN 978-3-86859-529-1 https://www.jovis.de/de/buecher/product/stadthochdrei-berlin-mitte.html
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Giorgio de Chirico: Der große Metaphysiker, 1917<br />
der amerikanischen Hochhausstadt kennen, zu<br />
spielen; mit dem Ziel einer Wirkungsvielfalt, die weit<br />
über historisierend-akademische, aber auch über<br />
das grenzenlos verbreitete design object marketing<br />
ohne jede kulturelle Fundierung hinausreicht. Neben<br />
einer typologischen, funktionalen und gestalterischen<br />
Herausforderung ist hier auch ein gewisses<br />
Maß an intellek tueller Energie (Intelligenz wird definiert<br />
als: »Klugheit, Fähigkeit der Auffassungsgabe,<br />
des Begreifens, des Verteilens, der geistigen Anpassungsfähigkeit<br />
an neue Aufgaben«) 2 gefordert.<br />
Dabei wäre der Architekt als eine Art Medium zu<br />
betrachten, das vor dem Hintergrund seiner historischen<br />
Kenntnis und Bildung Ansprüche und Notwendigkeiten<br />
erkennt, interpretiert und in städtische<br />
Architektur, bezogen auf einen konkreten Ort, umsetzt.<br />
Wenn dieses Spiel gelingt, ent steht eine Architektur,<br />
deren Wirkung zwar unmittelbar unsere<br />
städtische Lebensrealität verändert, aber sich Kraft<br />
ihrer architektonischen Konzeption, Klarheit und<br />
Strenge als ein überzeitliches Kulturgut erweist,<br />
dessen Wirkung sich auch in einem hohen Identitätspotenzial<br />
in Beziehung zu einem spezifischen<br />
Ort zeigt. So wie wir es aus den historischen Stadtzentren<br />
zwischen New York, Mailand, Barcelona,<br />
Paris oder teilweise auch aus <strong>Berlin</strong> kennen. Die<br />
hohe Wertigkeit einer zeitlosen Stadtarchitektur hat<br />
allerdings aktuell im Zuge einer Missachtung des<br />
Stadtbewohners als eine Art »Warenmedium« auch<br />
zur Folge, dass diese attraktiven und auf Dauer<br />
hochwertigen Stadtzentren im Rahmen einer massiven<br />
Kapitalspekulation im internationalen Kapitaltransfer<br />
für viele Stadtbewohner nicht mehr finanzier<br />
bar sind. Dies stellt eine massive Herausforderung<br />
an die Stadtpolitik, bezogen auf die Verfügbarkeit<br />
von Grund und Boden und die Sicherstellung von<br />
bezahlbarem Wohnraum in der Stadt dar. Was sich<br />
hier aber auch zeigt <strong>–</strong> und für unsere Arbeit als<br />
Stadtarchitekten von entscheidender Bedeutung ist<br />
<strong>–</strong> ist der hohe und dauerhafte Wert geschichtlich<br />
fundierter Phänomene internationaler Stadtarchitektur,<br />
die im Sinne einer permanenten Neu- und Uminterpretation<br />
die Grundlage unseres Handelns in<br />
Richtung einer modernen Stadtarchitektur bilden.<br />
Eine Form »aktivierter Zeitlosigkeit« im Entwurf von<br />
Stadtarchitektur, wo nicht in den Schemata des<br />
»Gestern, Heute und Morgen«, »Modisch oder Unmodisch«<br />
gedacht wird. Oder wie sagt die Alte in<br />
Peter Handkes »Spiel vom Fragen«: »Als ich seinerzeit,<br />
noch nicht alt, im Krankenhaus lag, war das<br />
Schönste für mich, dass vor dem Fenster die Züge<br />
fuhren und als ich das der Uralten neben mir sagte,<br />
war ihre Antwort: ›Ja, aber noch schöner sind die<br />
Flugzeuge.‹« 3<br />
Wenn wir heute das Thema »<strong>StadtHochDrei</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Berlin</strong> <strong>Mitte</strong>« bearbeiten, tun wir das vor dem Hintergrund<br />
einer historischen Entwicklung <strong>Berlin</strong>s, die<br />
natürlich <strong>–</strong> und besonders in der Phase nach dem<br />
Kriege <strong>–</strong> von einer massiven Fragmentierung einerseits<br />
und von einem gigantischen Großsiedlungsbau<br />
andererseits gekennzeichnet war. Die Phase<br />
der »Stadtrekonstruktion« ab der Internationalen<br />
Bauausstellung (IBA) in den 80er Jahren, die bis<br />
heute andauert, re präsentiert im Wesentlichen eine<br />
konsequente Blockrandschließung mit Bezug auf<br />
den Typus des <strong>Berlin</strong>er Mietshauses <strong>–</strong> mal mehr,<br />
mal weniger erfolgreich in Bezug auf die architektonische<br />
Qualität, aber auch bezogen auf die Nutzungsvielfalt<br />
der historischen Stadt. Was sich nun<br />
abzeichnet (auch vor dem Hintergrund einer stark<br />
wachsenden Wohnungsnachfrage, die zu einer<br />
städtebaulich anspruchsvollen und wirksamen<br />
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