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26 I Betriebsinformation<br />
Berlin-Brandenburgisches Handwerk <strong>11</strong> I <strong>2018</strong><br />
arbeitsrecht<br />
Feiertage zum Jahreswechsel –<br />
die häufigsten Irrtümer<br />
Ist Silvester ein Feiertag und hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf<br />
Weihnachtsgeld? Alle Jahre wieder stellen sich Fragen rund um die<br />
Feiertage. Hier räumen wir mit Irrtümern auf und klären die Rechtslage.<br />
Irrtum 1: Heiligabend und Silvester<br />
sind Feiertage.<br />
Nein, es handelt sich nicht um gesetzliche<br />
Feiertage, sondern um Arbeitstage.<br />
Wer also am 24. und 31. Dezember<br />
freihaben möchte, muss Urlaub nehmen.<br />
Als Feiertage gelten der erste und zweite<br />
Weihnachtstag sowie Neujahr. Es gibt<br />
aber Tarifverträge, die für Heiligabend<br />
und/oder Silvester eine Arbeitsbefreiung,<br />
zumindest für einen halben Tag, vorsehen.<br />
Eine ähnliche Vereinbarung kann<br />
auch im Arbeitsvertrag oder mittels einer<br />
Betriebsvereinbarung getroffen werden.<br />
Anspruch auf einen freien Tag, ohne<br />
dass ein Urlaubstag geopfert<br />
werden muss, kann aber<br />
auch aus der sogenannten<br />
betrieblichen Übung erwachsen.<br />
Erhält jemand drei Jahre<br />
infolge frei, erwächst daraus<br />
ein Anspruch auf einen freien Tag,<br />
der sogar gerichtlich einklagbar ist.<br />
Der Arbeitgeber kann sich schützen,<br />
indem er gegenüber den Mitarbeitern<br />
bekannt macht, dass die Freistellung<br />
freiwillig gewährt wird.<br />
Irrtum 2: Heiligabend und Silvester<br />
muss nur ein halber Tag Urlaub<br />
genommen werden.<br />
Wenn tarif- oder arbeitsvertraglich nichts<br />
anderes festgelegt ist, sind der 24. und<br />
31. Dezember reguläre Arbeitstage,<br />
an denen normal gearbeitet werden<br />
muss. Wer freihaben möchte, muss also<br />
grundsätzlich einen ganzen Urlaubstag<br />
nehmen. Auch hier zeigen sich jedoch<br />
viele Betriebe kulant und schicken ihre<br />
Mitarbeiter bereits nach einem halben<br />
Arbeitstag heim. Manche Bundesländer<br />
schreiben in ihren Ladenschlussgesetzen<br />
vor, dass Verkaufsstellen an einigen<br />
Tagen zu einer bestimmten Zeit schließen<br />
müssen. So regelt § 3 Berliner Ladenöffnungsgesetz:<br />
Fällt der 24. Dezember auf<br />
einen Werktag, müssen Verkaufsstellen<br />
bereits um 14 Uhr schließen.<br />
Irrtum 3: Urlaub zwischen Weihnachten<br />
und Silvester muss der Arbeitgeber<br />
gewähren und Eltern haben bei<br />
Urlaubswünschen immer Vorrang.<br />
Arbeitgeber müssen zwar die Urlaubswünsche<br />
und die Situation der Arbeitnehmer<br />
gemäß § 7 Absatz 1 Bundesurlaubsgesetz<br />
berücksichtigen. Stehen dem<br />
jedoch betriebliche Belange oder bereits<br />
gewährte Urlaubswünsche von Kollegen<br />
entgegen, kann der Urlaubsantrag<br />
abgelehnt werden. Auch wenn die Situation<br />
von Eltern zu berücksichtigen<br />
ist – einen gesetzlichen Vorrang<br />
bei der Urlaubsgewährung haben<br />
sie nicht. Es ist daher ratsam,<br />
seine Urlaubswünsche rechtzeitig im<br />
Betrieb abzustimmen.<br />
Irrtum 4: Betriebsurlaub ist nicht<br />
verpflichtend.<br />
In vielen Betrieben ruht die<br />
Arbeit zwischen Weihnachten und<br />
Silvester, Mitarbeiter werden in den<br />
Betriebsurlaub geschickt. Manche<br />
Arbeitnehmer haben ihren Jahresurlaub<br />
aber bereits anders verplant.<br />
Betriebsurlaub ist, wenn er rechtzeitig<br />
angekündigt wird, möglich. Individuelle<br />
Urlaubswünsche stehen<br />
dann hinten an. In<br />
Betrieben mit Betriebsrat<br />
wird ein Betriebsurlaub<br />
im Rahmen einer<br />
Betriebsvereinbarung<br />
beschlossen. Der Betriebsurlaub<br />
darf immer nur einen Teil<br />
des Jahresurlaubs ausmachen und nicht<br />
zu lang sein: Das Bundesarbeitsgericht<br />
hat drei Fünftel des Jahresurlaubs nicht<br />
beanstandet (BAG; 1 ABR 79/79).<br />
Irrtum 5: Nicht genommener Resturlaub<br />
wird automatisch ins neue<br />
Jahr übertragen.<br />
Grundsätzlich soll der Urlaub gemäß § 7<br />
Absatz 3 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz<br />
im laufenden Kalenderjahr gewährt<br />
und genommen werden. Viele Betriebe<br />
ermöglichen es ihren Mitarbeitern aber,<br />
einige Resturlaubstage mit ins neue<br />
Jahr zu nehmen. Jedoch erlischt der<br />
Anspruch am 31. März des folgenden<br />
Jahres (§ 7 Absatz 3 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz).<br />
Es gibt Ausnahmen von<br />
dieser Regel, u. a. für Arbeitnehmer, die<br />
krank waren, sich in Mutterschutz oder<br />
Elternzeit befinden.<br />
Irrtum 6: Arbeitnehmer haben einen<br />
Anspruch auf Weihnachtsgeld.<br />
Haben sie nicht. Eine Verpflichtung<br />
des Arbeitgebers auf Zahlung eines<br />
Weihnachtsgeldes besteht nicht,<br />
sofern tarif- oder arbeitsvertragliche<br />
Regelungen bzw. eine<br />
Betriebsvereinbarung eine<br />
derartige Zahlung nicht<br />
vorsehen. Allerdings kann<br />
bei regelmäßiger Gewährung<br />
einer Weihnachtsgratifikation<br />
ein Anspruch darauf erwachsen (betriebliche<br />
Übung).<br />
Infos: Rechtsberatung der<br />
Handwerkskammer Berlin,<br />
Christian Staege, staege@hwk-berlin.de<br />
Telefon: (030) 2 59 03 – 393<br />
Steffi Reich, reich@hwk-berlin.de<br />
Telefon: (030) 2 59 03 – 350<br />
Fotos: Fotolia