Industrieanzeiger 21.18
Themenheft Technischer Einkauf, Zulieferung
Themenheft Technischer Einkauf, Zulieferung
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einkauf 4.0<br />
Automatisierung durch E-Lösungen mittragen<br />
und unterstützen.<br />
Der Erfolg hängt zudem in hohem Maße<br />
davon ab, welche Datenqualität der Einkauf<br />
seinen Bedarfsträgern zur Verfügung stellt.<br />
Wettbewerbsvorteile in der Prozesseffizienz<br />
generieren jene Unternehmen, die sich geschlossen<br />
hinter die digitalen Prozesse stellen<br />
und mit Leben füllen. Letztlich lautet<br />
das Ziel jedoch unbestritten: Komplette Automatisierung<br />
der operativen Beschaffungsprozesse.<br />
„Bildlich gesprochen wird der<br />
Einkauf zur Spinne im Netz. Als<br />
interne und externe Schnitt stelle<br />
entwickelt der Einkauf sich zu<br />
einem Business-Partner im eige-<br />
”nen Unternehmen.“<br />
Taktischer Einkauf<br />
In vielen Unternehmen wird der sogenannte<br />
Source-to-Contract-Prozess bereits über<br />
Ausschreibungsplattformen und ein nach -<br />
gelagertes Vertragsmanagement digital unterstützt.<br />
Die Automatisierung geht jedoch<br />
auch hier weiter und gehört der künstlichen<br />
Intelligenz (KI). Die vorhandenen Daten<br />
und anstehenden Bedarfe werden dabei<br />
über Algorithmen aufbereitet und in Ausschreibungsprozesse<br />
überführt, einheitliche<br />
Vorgehensweisen vorausgesetzt. Die Vorteile<br />
liegen vor allem darin, dass selbstlernende<br />
Bild: Kheng Ho Toh/123rf<br />
Systeme proaktiv den geeigneten Beschaffungszeitpunkt<br />
identifizieren können.<br />
Außerdem betrachten sie externe Einflussfaktoren<br />
wie Wechselkurse und Rohstoff -<br />
indizes und verarbeiten die Informationen<br />
in Sekundenschnelle.<br />
Doch während im operativen Einkauf die<br />
komplette Automatisierung an vorderster<br />
Stelle steht, kann auf die Erfahrung des Einkaufs<br />
in taktischen Belangen nicht verzichtet<br />
werden. Die KI kann die Schnittstelle zu<br />
einem Lieferanten zwar auf technische Weise<br />
sicherstellen, jedoch lassen sich Einkaufs -<br />
erfolge vielfach auch über persönliche Bezie-<br />
hungen erzielen. Künstliche Intelligenz<br />
unterstützt den taktischen Einkauf in den<br />
komplexen Vorarbeiten und macht auf<br />
Marktgegebenheiten aufmerksam. Sie wird<br />
den Einkäufer im taktischen Umfeld jedoch<br />
nicht ersetzen.<br />
Der strategische Einkaufsprozess hat eine<br />
Vielzahl komplexer Aufgaben. Neben Analysen<br />
der Beschaffungsmärkte und einem<br />
umfassenden Lieferantenmanagement gehören<br />
Ausarbeitung und Umsetzung von<br />
Warengruppenstrategien zum Alltag strategischer<br />
Einkäufer. Die Auswirkungen der<br />
Digitalisierung sind für den strategischen<br />
Einkauf noch überschaubar, die Entwicklung<br />
ist aber auch hier nicht aufzuhalten.<br />
Die von vielen Anbietern elektronischer Lösungen<br />
verfügbaren Lieferantennetzwerke<br />
verkürzen zum Beispiel die Analyse- und<br />
Qualifizierungsphasen deutlich. Das steigert<br />
die ohnehin schon wertschöpfende Aufgabe<br />
des strategischen Einkaufs prozessseitig und<br />
verknüpft bislang unbekannte Lieferanten<br />
und deren Portfolio mit einem Klick.<br />
Viel elementarer ist die Veränderung der<br />
Gesamtfunktion des Einkaufs. Bildlich gesprochen<br />
wird der Einkauf zur Spinne im<br />
Netz. Als interne und externe Schnittstelle<br />
entwickelt der Einkauf sich zu einem Business-Partner<br />
im eigenen Unternehmen, verbindet<br />
Produktentwicklung mit potenziellen<br />
Lieferanten, baut Partnerschaften intern wie<br />
extern aus und stellt mit Weitblick die Versorgung<br />
des Unternehmens sicher.<br />
Services des Einkaufs<br />
Durch den Einsatz von elektronischen Katalogen,<br />
Freitextanforderungen mit Smartform<br />
und kleinen Preisanfragen werden<br />
Bedarfsträger zu Einkäufern. Der gewohnte<br />
Griff zum Telefonhörer, um bei den bekannten<br />
Lieferanten schnell den Bedarf zu<br />
decken, wird hinfällig, sogar unterbunden.<br />
Da im privaten Umfeld Shopping-Portale<br />
schon lange genutzt werden, dürfte die<br />
Handhabung mit E-Lösungen im operativen<br />
Beschaffungsbereich keine Probleme mehr<br />
bereiten.<br />
Die frühzeitige Einbindung der Bedarfsträger<br />
in den Auswahl- und Implementierungsprozess<br />
der E-Lösung ist in diesem<br />
Zusammenhang jedoch sehr wichtig: Denn<br />
je komfortabler und nutzenstiftender die<br />
Besteller das System erleben, desto eher werden<br />
sie es nutzen. Umgekehrt gilt: Sorgt der<br />
Einkauf nicht für den passenden Input der<br />
operativen Lösung, schwindet die Akzeptanz<br />
zusehend. Bietet der Einkauf jedoch ein<br />
umfassendes Portfolio an Materialien und<br />
Dienstleistungen und sorgt für einen reibungslosen<br />
Workflow, ist der Erfolg im<br />
wahrsten Sinne vorprogrammiert. •<br />
Joachim v. Lüninck<br />
Managing Partner, AMC Group<br />
Felix Wader<br />
Senior Consultant, AMC Group<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>21.18</strong> 33