Industrieanzeiger 21.18
Themenheft Technischer Einkauf, Zulieferung
Themenheft Technischer Einkauf, Zulieferung
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Nach heutigem Entwicklungsstand verfügen<br />
moderne Roboter bereits über die motorischen<br />
Fähigkeiten eines Fünfjährigen, gepaart<br />
mit schier unendlicher Arbeitskraft<br />
und einer für menschliche Maßstäbe unerreichbaren<br />
Arbeitsgeschwindigkeit.<br />
Betrachtet man diese Eigenschaften näher,<br />
wird schnell deutlich, dass es zukünftig<br />
eine Verlagerung der Arbeitszeiten geben<br />
wird. Dienstleistungen wie beispielsweise<br />
die klassische Unterhaltsreinigung werden<br />
in naher Zukunft nachts verrichtet. Dies<br />
bringt für Unternehmen diverse Vorteile mit<br />
sich. Der tägliche Arbeitsablauf wird nicht<br />
durch den Einsatz von Reinigungspersonal<br />
gestört und auch beim Thema Nachtarbeitszuschläge<br />
wird es keine Kostendiskussion<br />
mehr geben. Ganz im Gegenteil, durch die<br />
Nutzung von günstigerem Nachtstrom können<br />
in verschiedenen Kostenbereichen sogar<br />
erhebliche Einsparungen realisiert werden.<br />
Des Weiteren wird sich die klassische<br />
Unterhaltsreinigung vom plangesteuerten<br />
hin zum automatisierten bedarfsgesteuerten<br />
Markt entwickeln. Die Entscheidung, ob<br />
und welche Reinigung in einem Unternehmen<br />
notwendig ist, wird von Sensoren- und<br />
Kameratechnik analysiert, bewertet und<br />
entschieden. Dies wird auch maßgeblichen<br />
Einfluss auf das Thema „Reinigungsqualität“<br />
haben. Der Kunde entscheidet bereits<br />
zum Zeitpunkt der Beauftragung, welches<br />
Servicelevel zum Einsatz kommen soll.<br />
Da Maschinen nach festen Vorgaben<br />
handeln und in der Regel keinen Leistungsschwankungen<br />
unterliegen, wird die Reinigungsleistung<br />
konstant verlaufen. Die Vermutung,<br />
dass es den klassischen Facility<br />
Manager in seiner heutigen Funktion nicht<br />
mehr geben wird, liegt daher nahe. Vielmehr<br />
wird sich die einkäuferische Entscheidung<br />
darauf fokussieren, welcher Anbieter den<br />
günstigsten Reinigungsroboter mit der<br />
höchsten Reinigungsleistung stellt.<br />
Der klassische Kauf hat ausgedient<br />
Vermutlich wird jedoch auch die Beschaffungs-<br />
oder Entleihthematik nicht mehr<br />
relevant sein, wenn moderne Gebäude<br />
bereits bei ihrer Errichtung mit der erforderlichen<br />
Reinigungstechnik ausgestattet und<br />
so verpachtet oder verkauft werden.<br />
Überträgt man die Entwicklung des<br />
Automobils in die Moderne, so erkennt<br />
man, dass diese anfänglich mit hohen Kosten<br />
ausschließlich kaufkräftigen Konsumenten<br />
vorbehalten war. Da sich diese Entwicklung<br />
im Bereich der Robotik widerspiegeln<br />
wird, vermuten Experten, dass der klassische<br />
Kauf ausgedient hat und durch ein umfängliches<br />
Mietsystem ersetzt wird.<br />
Übertragen auf die Zeitarbeit wird der<br />
Einsatz von Robotertechnik zur Schließung<br />
aller Versorgungsengpässe im Entgeltbereich<br />
1 und 2 führen, was auf lange Sicht<br />
den Wandel vom Verleiher- hin zum Entleihermarkt<br />
zur Folge haben wird. Gesetzliche<br />
Bestimmungen, die der aktuellen Zeitarbeit<br />
ihre Komplexität geben, werden in Zukunft<br />
weniger ins Gewicht fallen. Aspekte wie<br />
Auch die Komplexität der Verrechnungssatzkalkulation<br />
wird sich drastisch verein -<br />
fachen und die Einsparungen für die Entleiher<br />
gravierend zunehmen.<br />
Kalkulationspunkte wie beispielsweise<br />
Sozialabgaben, Aufschläge für Krankheitsausfälle,<br />
Garantietage oder Mutterschutz<br />
entfallen komplett. Die Kosten bei der Verleihung<br />
von Robotern werden sich nach<br />
Abschreibungs- sowie Instandhaltungs- und<br />
Wartungskosten richten.<br />
Nach den Schilderungen der beiden Warengruppen<br />
ist eine Verschmelzung dieser<br />
Bereiche geradezu naheliegend. Reinigungs-<br />
Der Kauf einer Maschine wird im<br />
Hinblick auf nutzungsfreie Zeiten<br />
vermieden, da dieser ineffizient<br />
und mit unnötigen Fixkosten ver-<br />
”bunden wäre.“<br />
maximale Arbeitszeiten, Höchstüberlassungsdauern,<br />
Equal-Pay-Thematiken oder<br />
Kettenverleih verlieren an Bedeutung.<br />
Sprachbarrieren, die derzeit eine Hemmschwelle<br />
beim Einsatz von Leiharbeitskräften<br />
darstellen, wird es zukünftig nicht mehr<br />
geben.<br />
Globaler Einkauf von Dienstleistungen<br />
Da durch den Einsatz von Zeitarbeit<br />
Arbeitsspitzen und saisonale Schwankungen<br />
abgedeckt werden sollen, wird auch in diesem<br />
Segment der Wandel zum Mietgeschäft<br />
Einzug halten. Der Kauf einer Maschine<br />
wird hingegen in Hinblick auf nutzungsfreie<br />
Zeiten vermieden, da dieser ineffizient und<br />
mit unnötigen Fixkosten verbunden wäre.<br />
Dennoch ist zu erwarten, dass die<br />
aktuelle Entgeltgruppierung in der Zeitarbeit<br />
weiterhin Bestand hat. Zukünftig wird<br />
sich diese jedoch nicht nach den Qualifikationen<br />
des Zeitarbeitnehmers ausrichten,<br />
sondern vielmehr an der Funktion des Roboters.<br />
Die Kosten in Bezug auf die stündliche<br />
Entleihe eines Miet roboters werden sich<br />
somit am technischen Entwicklungsstand<br />
orientieren.<br />
maschinen werden nicht mehr gekauft,<br />
sondern je nach Bedarf auf Zeit verliehen.<br />
Keine Leistungsschwankungen<br />
Allgemein gesehen wird der Einkauf von<br />
Dienstleistungen wesentlich globaler. Es ist<br />
zukünftig unerheblich, ob eine Reinigungsfirma<br />
in Deutschland, Europa oder anderweitig<br />
weltweit ansässig ist, da nicht<br />
menschliches Personal, sondern vollautomatische<br />
Robotertechnik die Arbeiten<br />
ausführt.<br />
Betrachtet man die Entwicklung auf dem<br />
Automatisierungsmarkt, so stellt man fest,<br />
dass der moderne Arbeitnehmer sich nach<br />
und nach in strategische und emotionale<br />
Arbeitsgebiete zurückziehen wird. Einfachste<br />
Helfertätigkeiten, aber auch die Bekleidung<br />
einer operativen Einkäufertätigkeit<br />
werden zukünftig von Robotern übernommen.<br />
Sascha Köster<br />
Category Manager,<br />
Kerkhoff Indirect Procurement GmbH<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>21.18</strong> 39