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medizin&technik 01.2018

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Bild: Deloitte<br />

Dr. Dirk Siegel, Partner Deloitte:<br />

„Das hohe Level der in der Blockchain<br />

gespeicherten Metadaten bedarf im<br />

Gesundheitswesen einer sorgfältigen<br />

Abwägung. Die Kombination aus demografischen<br />

Informationen mit<br />

Standortdaten könnte in der Theorie<br />

zu einer Triangulierung einer bestimmten<br />

Einzelperson führen. Diese<br />

Bedenken könnten teilweise durch eine<br />

private Blockchain gemindert werden.“<br />

Blockchain-Anwendungen geben wird“,<br />

betont Graf. „Überall dort, wo regulatorische<br />

Anforderungen und der damit verbundene<br />

Dokumentationsaufwand hoch<br />

sind, bietet die Blockchain große Chancen.<br />

Denn durch die dezentrale Datenhaltung<br />

lässt sich mit vergleichsweise geringem<br />

Aufwand Transparenz in punkto<br />

Rückverfolgbarkeit schaffen.<br />

Er nennt Beispiele: „Bei Implantaten<br />

oder bei Medikamenten lässt sich mit<br />

Blockchain-Technologie nachweisen, dass<br />

es sich bei diesen zweifelsfrei um Originale<br />

und nicht um Fälschungen handelt.“<br />

Ein heißes Anwendungsfeld ist laut Graf<br />

die additive Fertigung von Bauteilen oder<br />

Medizinprodukten: In der Blockchain lassen<br />

sich die Daten der verwendeten Werkstoffe<br />

oder auch die Nutzung der verwendeten<br />

CAD-Daten hinterlegen. „Dabei<br />

werden allerdings nicht die CAD-Daten<br />

selbst in der Blockchain gespeichert, sondern<br />

nur deren Sicherheitsmerkmale in so<br />

genannten Hash-Werten wie etwa der<br />

Kennung eines RFID-Chips“, erklärt Graf.<br />

Das Wissenschaftliche Institut für Gesundheitsökonomie<br />

und Gesundheitssystemforschung<br />

(WIG2) in Leipzig sieht<br />

auch die Bonusprogramme der Krankenkassen<br />

und die sichere Remote-Steuerung<br />

von Medizinprodukten als möglichen Anwendungsfall<br />

für die Blockchain: Der Patient,<br />

die Krankenkasse und Sportvereine<br />

oder Fitnessstudios wären bei Bonusprogrammen<br />

ein Teil des Netzwerks und würden<br />

die Blockchain sukzessive bei der<br />

Teilnahme an bonusrelevanten Aktivitäten<br />

ergänzen.<br />

Bei Medizinprodukten wie implantierbaren<br />

Insulinpumpen oder Herzschrittmachern<br />

besitzt die Blockchain laut WIG2<br />

das Potenzial, das Gefahrenpotenzial einer<br />

Manipulation der übertragenen Daten<br />

durch Cyberkriminelle zu reduzieren. Aktuell<br />

werden zur Authentifizierung meist<br />

Passwörter oder eine zweistufige Methode<br />

mit Passwort und mobilem TAN-Verfahren<br />

eingesetzt. Beide Authentifizierungsmethoden<br />

basieren auf einer zentralen<br />

Verwaltung von Zugangsinformationen<br />

und werden Ziel von Angriffen.<br />

Dezentrale Zusammensetzung<br />

von Zugangsinformationen<br />

„Im Gegensatz dazu baut die Blockchain<br />

auf eine dezentrale Zusammensetzung<br />

von Zugangsinformationen. Der Datenblock<br />

wird stetig durch die Rechenleistung<br />

aller am Netzwerk beteiligten Systeme<br />

erweitert“, argumentiert Maximilian<br />

Schwarz, Leiter Intrepreneurship und Forschungsnahe<br />

Beratung des WIG2 Instituts.<br />

„Der längste verfügbare Datenblock<br />

stellt somit immer den aktuellen Authentifizierungscode<br />

dar. Eine Nachbildung<br />

des zur Authentifizierung benötigten Datenblocks<br />

ist deutlich erschwert bis unmöglich<br />

– abhängig von der Ausgestaltung<br />

des Blockchain-Netzwerks.“ Die Anwendung<br />

der Blockchain-Technologie in<br />

der Remote-Steuerung von Medizinprodukten<br />

unterstützt laut WIG2 Healthcare<br />

Futurists in Pilotprojekten mit Medizinproduktherstellern.<br />

Den Projektcharakter will ein Online-<br />

Marktplatz für persönliche Gesundheitsinformationen<br />

im Frühsommer dieses<br />

Jahres hinter sich lassen: Für Mai plant<br />

die HIT Foundation mit Sitz im Schweizerischen<br />

Zug den Start einer auf Blockchain<br />

basierenden Plattform, welche Gesunde,<br />

Patienten, informationssuchende<br />

Organisationen – Marktforscher, akademische<br />

Institutionen oder Krankenhäuser<br />

– sowie Service- und Bonus-Provider sicher<br />

zusammenbringen will. „Viele Gesundheits-Apps<br />

sammeln heute Daten, die<br />

So funktioniert<br />

die Blockchain<br />

Nach der Definition der Experten des<br />

Wissenschaftlichen Instituts für Gesundheitsökonomie<br />

und Gesundheitssystemforschung<br />

(WIG2) in Leipzig<br />

ist die Blockchain zunächst eine digitale,<br />

dezentrale Datenbank, die<br />

durch die Kombination verschiedener<br />

kryptografischer Techniken gekennzeichnet<br />

ist. Im Gegensatz zu heute<br />

üblichen Prozessen werden die Daten<br />

und Transaktionen dezentral gespeichert.<br />

Durch den direkten Kontakt<br />

zwischen den beteiligten Akteuren<br />

wird ein Intermediär überflüssig.<br />

Der Begriff Blockchain drückt übersetzt<br />

so viel wie eine logisch miteinander<br />

verbundene und sich aufeinander<br />

beziehende Aneinanderreihung<br />

von Daten in einzelnen Datenblöcken<br />

aus. Das bedeutet, durch die<br />

in die Blockchain eingetragenen Informationen<br />

entsteht eine Kette an (Daten-)Blöcken,<br />

welche linear fortlaufend<br />

hinzugefügt werden. Blöcke können<br />

dabei weder gelöscht noch geändert<br />

werden. Jeder Block beinhaltet<br />

die Prüfsumme des vorherigen Blocks.<br />

Die Verwaltung der Blockchain erfolgt<br />

durch alle im Netzwerk befindlichen<br />

Computer durch ein so genanntes<br />

Peer-to-Peer Netzwerk.<br />

Um Daten in der Blockchain im Nachhinein<br />

zu manipulieren, müssten über<br />

51 % der Kopien – vorhanden auf allen<br />

im Netzwerk beteiligten Computern –<br />

geändert werden. „Die Manipulation<br />

einer Blockchain wäre somit auf spieltheoretischer<br />

Basis mit hohen Kosten<br />

verbunden und aus wirtschaftlicher<br />

Sicht (im Sinne einer Kosten-Nutzen-<br />

Abwägung) nicht lohnenswert“, so Julia<br />

Winkler, Referentin Business Development<br />

des WIG2 Instituts.<br />

mehrfach ausgewertet und weiterverkauft<br />

werden – ohne dass der User oder<br />

Patient dies weiß“, so Scheuer. „Wir versetzen<br />

mit der Plattform den Datenerzeuger<br />

in die Position, dass er bestimmen<br />

kann, wer zum Beispiel welche Blutzucker-Daten<br />

bekommt und unter welchen<br />

Bedingungen.“<br />

Experten sprechen daher auch von<br />

einer Demokratisierung des Gesundheits-<br />

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