EVENT JOURNAL Winter 2018

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event journal EJ: Herr Konrad. Sie sind mittlerweile einer der bekanntesten bildenden Künstler im Raum Aschaffenburg und darüber hinaus. Am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn war das für Sie noch gar nicht absehbar. KF: Das stimmt. Als ich damals willentlich das Gymnasium verließ, riet mir meine damalige Kunstlehrerin zwar dringend, ich sollte etwas Gestalterisches machen, aber ich wollte damals unbedingt sozial tätig werden und so erlernte ich erst einmal den Beruf des Krankenpflegers. Schon während der Ausbildung spürte ich, dass ich etwas tun wollte, das mir durch die Hände geht und zwar nicht Menschen, sondern Material. Von zuhause aus war mir das Gefühl des Umgangs mit einem Material schon bekannt, denn ich entstamme einer alten Wagnerfamilie. Dieses Handwerk gab es damals noch und so war ich schon immer mit dem Arbeiten mit Holz vertraut. Und nachdem ich dann ein wenig in der Welt herum geguckt hatte, bin ich nach Michelstadt auf die Holzbildhauerschule gegangen. Eigentlich bekommt man dort eher eine handwerkliche Ausbildung und so machte ich immer weiter mit der Bildhauerei und bildete mich fort und entwickelte mich auf dieser Grundlage weiter. EJ: Wenn man sich die Vielzahl ihrer Objekte ansieht, fällt auf, dass Sie sehr viele Möglichkeiten entwickelt haben, die Oberfläche darzustellen. KF: Am Anfang lernt man, alles schön glatt zu machen. Bei einer frühen lebensgroßen Arbeit ist mir jedoch etwas widerfahren. Ich hatte die Skulpturen unfertig probehalber in der Apsis einer Kirche aufgestellt und aus der Entfernung beurteilte ich das Werk und sah, dass die Form stimmte. Aus der Distanz wurde mir bewusst, dass gar keine Notwendigkeit bestand, die Oberfläche zu glätten. Auch zeugen die Arbeitsspuren vielmehr von der Kraft und der Gewalt, die man braucht, um aus dem Holz, das einem großen Widerstand entgegensetzt, etwas heraus zu formen. Und so kam es, dass ich auf die grobe Oberfläche gekommen bin. Dadurch dass die raue Oberfläche quasi noch einmal in sich geformt ist, entwickelt sich außerdem ein interessantes Schattenspiel, das sich im Laufe des Tages je nach Lichteinfall auch immer verändert. Ich benutze die Oberfläche also als eine Art Relief. Als zeitgemäßes Arbeiten empfinde ich auch den Umgang mit der Kettensäge, was zwar schneller geht und Kraft spart, dem Künstler aber sehr viel Konzentration abverlangt. EJ: Ihr großes Thema ist der Mensch im Spannungsfeld seiner Emotionen. KF: Meistens ist meine Motivation für ein Werk meine innere Befindlichkeit. Ich möchte diese ausdrücken. In diesem Zusammenhang könnte man fast von einer therapeutischen Nutzung künstlerischen Schaffens sprechen, weil man damit ein Handwerkszeug besitzt, um sich etwas bewusst zu machen. Indem ich zeichne oder bildhauere, nutze ich diesen Aspekt aus. Bei mir ist es so, dass ich immer zuerst eine spontane Zeichnung anfertige, manchmal sogar nur auf einem kleinen Zettel. Es beginnt mit KONRAD FRANZ DER VERWUNDBARE KERN einer Silhouettenzeichnung, die ich dann aber nicht mehr konsequent von allen Seiten verfolge, sondern mittlerweile gehe ich dann gleich zum Holz über und bearbeite die Figur rundum. Ich mache keine flachen Arbeiten, sondern bearbeite das meiste rundum. Die Skulptur darf von hinten nach vorne oder umgekehrt keinen Bruch aufweisen; aus jeder Perspektive muss ihr Ausdruck erfasst werden können. Sie muss eine Einheit darstellen. EJ: Sie sind demnach Ihr eigenes Vorbild. Oder gibt es auch externe Vorgänge, die Sie bewegen? KF: Anfangs hatte ich natürlich Vorbilder. Das sieht man auch an frühen Figuren, die ein wenig wie die von Giacometti aussehen. Allerdings habe ich ihn nicht bewusst nachgeahmt, ich weiß selbst nicht, wie das passiert ist. Eigentlich bin ich Skulpteur, das bedeutet, ich nehme weg im Gegensatz zum Plastiker, der etwas formt. Ein Vorbild im wörtlichen Sinn habe ich nicht, es läuft eher so, dass ich aufgrund meiner Anfangsskizze entscheide, welches Holz ich nehme und mich der dem Werk entsprechenden Umsetzung, ob Axt oder Kettensäge, ob ich es bunt mache oder nicht, zuwende. Inzwischen denke ich, habe ich mich völlig freigeschaufelt vom etwaigen Einfluss irgendwelcher Vorgaben oder Vorbilder. Aber Ihre Frage zielte wahrscheinlich eher in die Richtung des Anlasses für ein neues Werk. Ich bekomme Impulse oder reagiere auf andere Menschen. Manche hinterlassen einen bleibenden Eindruck aufgrund ihrer Persönlichkeit oder weil sie sich in gewissen Situationen befinden und ich spüre das. Ich frage mich, was mit ihm los ist oder wo er hin will. Ich habe zum Beispiel einmal eine männliche und eine weibliche Figur gemacht, weil eine Bekannte von mir im erzieherischen Bereich tätig ist und wir intensive Gespräche darüber führten, wie viel Energie der Mensch während der Pubertät hat, aber auch wie viele Probleme, diese für sich sinnvoll einzusetzen. EJ: Was bezeichnen Sie als den „verwundbaren Kern“? | INTERVIEW KF: Es ist der Schmerz, den jeder kennt, weil er ihn auch immer wieder erfährt. Entweder, weil ihm jemand etwas zufügt oder weil sein Schicksal einfach so ist. Es trifft einen manchmal. Wir reden hier von einem seelischen Schmerz, der sich im Körperlichen manifestiert und den ich erkenne und darstellen will. Das bedeutet überhaupt nicht, dass der Mensch von außen versehrt wirken muss. In den seltensten Fällen offenbart sich eine seelische Verletzung als Verletzung am Körper, aber ich kann diese zeigen oder versuche es zumindest. EJ: Sie arbeiten an zwei ganz besonderen Orten, zum einen im ehemaligen Atelier von Siegfried Rischar in Aschaffenburg, zum anderen in einer ehemaligen Kirche in Hausen bei Obernburg. KF: In der Kirche arbeite ich nun schon seit 25 Jahren. Damals war schon ein Pächter in dieser säkularisierten Kirche und als dieser auszog, bewarb ich mich und ab diesem Moment wurden meine Skulpturen größer. Ich kann dort sehr gut arbeiten und von Anfang an ging es dort für mich vorwärts. Allerdings ist es dort nicht beheizbar und im <strong>Winter</strong> wollte ich auch immer durcharbeiten und das war dann teilweise schon sehr kalt für mich. Vor ungefähr sechs Jahren wurde dann dieses Atelier von Rischar von der Stadt ausgeschrieben und ich bin sehr froh darüber, dass meine damalige Bewerbung erfolgreich war. Es ist ein wunderschöner Ort hier und war von Anfang an als Bildhaueratelier konzipiert, das sieht man auch an den schweren Schienen an der Wand. Der Sohn von „Pumpen-Anton“ Gentil war Steinmetz an der Meisterschule in Aschaffenburg und für ihn ließ er diese schöne Arbeitsstätte bauen. Die großen Sachen allerdings arbeite ich auch weiterhin in Hausen vor oder ich wechsle manchmal gerne das Atelier während einer Arbeit, denn ich empfinde den Ortswechsel auch als einen für mein Werk fruchtbaren Perspektivwechsel. Denn es passiert ja nicht, dass die Sachen plötzlich fertig sind; auch wenn ein Werk schon fortgeschritten ist, möchte es angeschaut und korrigiert werden und das gelingt mir gut mithilfe des Ortswechsels. EJ: Gibt es „Lieblingswerke“? Eigene oder anderer Künstler? KF: Oh ja, ich habe Lieblingswerke. Am meisten wird es mir bewusst, wenn ein Interessent für ein vergessenes Objekt auftaucht. Dann kommen in mir die Entstehungsgeschichte und die Motivation für das Werk wieder hoch und dann tut es mir immer ein wenig weh, mich davon zu trennen. Andererseits ist es für mich auch ein Grund zur Freude, denn ich lebe vom Verkauf der Skulpturen und außerdem kommen diese ja dann auch in die Öffentlichkeit. Und es ist tatsächlich so, dass ich an notorischem Platzmangel leide und jedes verkaufte schafft in der Tat Platz für ein neues Werk. Ich habe aber auch Lieblingswerke anderer Künstler, wobei ich in meiner Wohnung kaum etwas aufstelle. Meine Tendenz geht dann eher zu Gemälden und ich schätze etliche Objekte meiner Bekannten und Freunde, die ich teilweise bei mir zuhause hängen habe. EJ: Herr Franz, wir bedanken uns für das offene und interessante Gespräch. KF: Gerne. Sonya Hochrein 12
Atelier Hausen | Alte Dorfkirche Atelier Aschaffenburg | Gentilhaus Ausstellungen | Auswahl 1984 Städtische Galerie Jesuitenkirche 1991 Kunstverein Tauberbischofsheim 1995 Alte Synagoge Schlüchtern 1998 Skulpturensommer Amorbach 1999 Main-Echo Aschaffenburg 2000 DEBIS-Gebäude Berlin 2002 Spitäle Würzburg 2003 Boom in Beeld Symposium in Putten/NL 2004 Unterfränkische Kulturtage in Ostheim/Rhön 2005 Paris St.Germain, Jumelage Aschaffenburg/St. Germain 2006 Galerie Kirchner, Grünsfeld 2006 „Phantom“, Petr Mayr und Konrad Franz, Alte Dorfkirche Hausen 2007 „Skulpturen im Park“, Rohe´sche Altenheim-Stiftung, Kleinwallstadt 2008 „Main“ Bildhauersymposium, Aschaffenburg Architekturhaus, Dresden 2009 "Nahtstelle" Christian Rudolph,Christoph Jakob, Konrad Franz, Alte Dorfkirche Hausen 2009 „Ortswechsel“ Arkadenhof Aschaffenburg 2010 „My personal landscape“ Alte Dorfkirche Hausen 2011 „Skulpturen“ Alte Dorfkirche Hausen 2012 Kunstverein Jülich 2013 „Deponiert-inspiriert“ BBK im Schlossmuseum, Aschaffenburg 2014 „NEXT LEVEL“ Alte Dorfkirche Hausen 2016 „Im Wandel“ Jesuitenkirche, Aschaffenburg „Übergänge“ Alte Dorfkirche Hausen 20 Jahre Galerie Kirchner, Grünsfeld 2017 " von wandernden Steinen, Engerlingen und verkappten Schwänen" Alte Dorfkirche Hausen "Ungreifbar" Aschaffenburger Künstler in der Jesuitenkirche Aschaffenburg VITA 1954 geboren in Keilberg bei Aschaffenburg 1973-75 Ausbildung zum Krankenpfleger 1976 Studienreise (6 Monate) Neuseeland 1977-78 Berufsfachschule für Holzbildhauer in Michelstadt/Odenwald seit 1979 freischaffender Künstler seit 1993 Atelier in der Alten Dorfkirche Hausen seit 1998 Mitglied des BBK 1999 Förderpreis Neuer Kunstverein Aschaffenburg 2002 Studienreise nach Indien 2005 Studienreise nach Ghana/Westafrika 2005 Bundespreis für Kunstprojekte an Schulen der Kulturstiftung der Länder „Kinder zum Olymp“ seit 2012 Atelier Gentilhaus
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