KuS 2018-6_GzD
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Waldfriedhöfe<br />
Rechts: Jürg Stäheli,<br />
Triptychon «Landschaft»,<br />
Familiengrab Amsler (2014).<br />
Stein: Dolerit, Gesamtgewicht:<br />
ca. 5 Tonnen.<br />
Grobe Vorbearbeitung mit<br />
Diamantfräse, Bearbeitung<br />
der Oberflächen rein handwerklich.<br />
Unten und rechte Seite:<br />
Triptychon «Landschaft»:<br />
1) Land; 2) Küste; 3) Meer.<br />
Fotos: Jürg Stäheli<br />
1)<br />
fessionen offen. Und wie in München galten fortan<br />
auch hier strenge Vorschriften für die Gestaltung<br />
der Grabmäler. Mit der Folge, dass, gemessen an<br />
der Grösse des Friedhofs, eine überdurchschnittlich<br />
hohe Zahl an künstlerisch herausragenden<br />
Werken zu finden ist.<br />
Hundert Jahre lang sorgte das Friedhof- und<br />
Bestattungsreglement dafür, dass auf dem Schaffhauser<br />
Waldfriedhof sowohl handwerklich ungenügenden<br />
Billiggrabsteinen wie auch Pompösem<br />
und Kitschigem der Zugang verwehrt blieb. In den<br />
letzten paar Jahren scheint jedoch der Friedhofverwaltung<br />
die Wertschätzung für die schweizweit<br />
einzigartige Anlage in ihrer Obhut abhanden gekommen<br />
zu sein. Das Reglement wurde gelockert<br />
– die sichtbaren Folgen berühren einen hier weit<br />
schmerzlicher als auf anderen Friedhöfen. Über<br />
Geschmack soll an dieser Stelle nicht gestritten<br />
werden. Wenn jedoch das seit der Gründung des<br />
Friedhofs erklärte oberste Prinzip – dass sich jedes<br />
Grabmal dem Waldcharakter harmonisch einzufügen<br />
habe – missachtet wird, und dies an einem<br />
Ort, der in seiner Gesamtheit längst den Charakter<br />
eines Denkmals hat, ist dies mehr als bloss<br />
bedauerlich.<br />
ZEITGENÖSSISCHE KUNST<br />
Trotz dieser wenig ermutigenden Entwicklungen<br />
wird auf dem Schaffhauser Waldfriedhof auch<br />
heute noch Kunst geschaffen. Eines der jüngsten<br />
Beispiele stammt vom Schaffhauser Steinbildhauer<br />
Jürg Stäheli: das Familiengrab «Landschaft», ein<br />
Triptychon aus schwarzem Dolerit.<br />
Die drei Blöcke versinnbildlichen «Land», «Küste»<br />
und «Meer». Sie liegen, in den Worten des Erschaffers,<br />
wie hingesät, wie vom Himmel herabgefallen<br />
und ohne Bezug zueinander am Wegrand.<br />
Das Grabmal ist von allen Seiten frei zugänglich<br />
– und muss dies sein, will man es in seiner Dreidimensionalität<br />
auf sich wirken lassen. Insbesondere<br />
die äusserst fein gearbeiteten Oberflächen<br />
entfalten ihre Aussagekraft erst aus der Nähe. Sie<br />
erwecken den Eindruck von Weite, laden den Betrachter<br />
ein, die Gedanken über ihnen schweben<br />
und in die Ferne ziehen zu lassen, und bieten dem<br />
Auge zugleich eine Fülle von Details, über die es<br />
wandern, die es erkunden kann.<br />
Es ist kein alltägliches Grabmal, das hier im<br />
Herbst 2014 eingeweiht wurde. Geht man achtlos<br />
an ihm vorbei, mag man nur die vertikalen harten<br />
Flächen der drei Quader wahrnehmen und sich abwenden.<br />
Umgekehrt lässt das Triptychon, wie es<br />
sich für ein anständiges Kunstwerk gehört, Raum<br />
für Interpretationen, die durchaus ebenfalls nicht<br />
immer im Sinne des Künstlers liegen. So habe man<br />
beispielsweise mit der Steilküste auch schon den<br />
«Sprung in den Tod» assoziiert. Für Jürg Stäheli<br />
selbst ist «Landschaft» in all ihren Ausprägungen<br />
8 06/18