09.12.2018 Aufrufe

KuS 2018-6_GzD

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Waldfriedhöfe<br />

Rechts: Jürg Stäheli,<br />

Triptychon «Landschaft»,<br />

Familiengrab Amsler (2014).<br />

Stein: Dolerit, Gesamtgewicht:<br />

ca. 5 Tonnen.<br />

Grobe Vorbearbeitung mit<br />

Diamantfräse, Bearbeitung<br />

der Oberflächen rein handwerklich.<br />

Unten und rechte Seite:<br />

Triptychon «Landschaft»:<br />

1) Land; 2) Küste; 3) Meer.<br />

Fotos: Jürg Stäheli<br />

1)<br />

fessionen offen. Und wie in München galten fortan<br />

auch hier strenge Vorschriften für die Gestaltung<br />

der Grabmäler. Mit der Folge, dass, gemessen an<br />

der Grösse des Friedhofs, eine überdurchschnittlich<br />

hohe Zahl an künstlerisch herausragenden<br />

Werken zu finden ist.<br />

Hundert Jahre lang sorgte das Friedhof- und<br />

Bestattungsreglement dafür, dass auf dem Schaffhauser<br />

Waldfriedhof sowohl handwerklich ungenügenden<br />

Billiggrabsteinen wie auch Pompösem<br />

und Kitschigem der Zugang verwehrt blieb. In den<br />

letzten paar Jahren scheint jedoch der Friedhofverwaltung<br />

die Wertschätzung für die schweizweit<br />

einzigartige Anlage in ihrer Obhut abhanden gekommen<br />

zu sein. Das Reglement wurde gelockert<br />

– die sichtbaren Folgen berühren einen hier weit<br />

schmerzlicher als auf anderen Friedhöfen. Über<br />

Geschmack soll an dieser Stelle nicht gestritten<br />

werden. Wenn jedoch das seit der Gründung des<br />

Friedhofs erklärte oberste Prinzip – dass sich jedes<br />

Grabmal dem Waldcharakter harmonisch einzufügen<br />

habe – missachtet wird, und dies an einem<br />

Ort, der in seiner Gesamtheit längst den Charakter<br />

eines Denkmals hat, ist dies mehr als bloss<br />

bedauerlich.<br />

ZEITGENÖSSISCHE KUNST<br />

Trotz dieser wenig ermutigenden Entwicklungen<br />

wird auf dem Schaffhauser Waldfriedhof auch<br />

heute noch Kunst geschaffen. Eines der jüngsten<br />

Beispiele stammt vom Schaffhauser Steinbildhauer<br />

Jürg Stäheli: das Familiengrab «Landschaft», ein<br />

Triptychon aus schwarzem Dolerit.<br />

Die drei Blöcke versinnbildlichen «Land», «Küste»<br />

und «Meer». Sie liegen, in den Worten des Erschaffers,<br />

wie hingesät, wie vom Himmel herabgefallen<br />

und ohne Bezug zueinander am Wegrand.<br />

Das Grabmal ist von allen Seiten frei zugänglich<br />

– und muss dies sein, will man es in seiner Dreidimensionalität<br />

auf sich wirken lassen. Insbesondere<br />

die äusserst fein gearbeiteten Oberflächen<br />

entfalten ihre Aussagekraft erst aus der Nähe. Sie<br />

erwecken den Eindruck von Weite, laden den Betrachter<br />

ein, die Gedanken über ihnen schweben<br />

und in die Ferne ziehen zu lassen, und bieten dem<br />

Auge zugleich eine Fülle von Details, über die es<br />

wandern, die es erkunden kann.<br />

Es ist kein alltägliches Grabmal, das hier im<br />

Herbst 2014 eingeweiht wurde. Geht man achtlos<br />

an ihm vorbei, mag man nur die vertikalen harten<br />

Flächen der drei Quader wahrnehmen und sich abwenden.<br />

Umgekehrt lässt das Triptychon, wie es<br />

sich für ein anständiges Kunstwerk gehört, Raum<br />

für Interpretationen, die durchaus ebenfalls nicht<br />

immer im Sinne des Künstlers liegen. So habe man<br />

beispielsweise mit der Steilküste auch schon den<br />

«Sprung in den Tod» assoziiert. Für Jürg Stäheli<br />

selbst ist «Landschaft» in all ihren Ausprägungen<br />

8 06/18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!