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U&ME 3/2018

Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 3/2018

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machen | Hirnschrittmacher<br />

Elektronische Patientenakte<br />

Der<br />

Impulsgeber<br />

Digital ist besser<br />

Prof. Dr. Stephan Klebe<br />

verhilft Patienten mit<br />

einem Hirnschrittmacher<br />

zu neuer Lebensqualität.<br />

Kaffee trinken, Schuhe zubinden,<br />

die Treppe runtersteigen – für<br />

viele Patienten von Prof. Dr.<br />

Stephan Klebe sind schon die alltäglichsten<br />

Dinge unmöglich. Weil der Körper<br />

nicht mitspielt, die Muskeln zittern, die<br />

Glieder versteifen. Seit Klebe seit 2017 die<br />

Spezialambulanz für Bewegungsstörungen<br />

leitet, finden immer mehr Patienten<br />

mit Parkinson, Tremor-Erkrankungen<br />

und Dystonien ihren Weg an die Universitätsmedizin<br />

Essen. Viele von ihnen<br />

erhoffen sich von ihrem Aufenthalt vor<br />

allem eins: mehr Lebensqualität.<br />

Für Parkinson-Patient Werner Hardt<br />

hat sich diese Hoffnung bereits erfüllt.<br />

Seit ein Hirnschrittmacher bestimmte<br />

Areale seines Gehirns dauerhaft stimuliert,<br />

hat der Essener seinen Tremor viel<br />

besser unter Kontrolle. Der Grund dafür<br />

liegt unsichtbar unter Hardts Kopfhaut:<br />

kleine Elektroden, die seit der Operation<br />

das Gehirn mit elektrischen Impulsen stimulieren,<br />

stetig gefüttert von einem Impulsgenerator<br />

in seiner Brust.<br />

„Die sogenannte tiefe Hirnstimulation<br />

(THS) wurde in den 80er-Jahren von Neurologen<br />

im französischen Grenoble entwickelt<br />

und hemmt bestimmte Kerngebiete<br />

des Gehirns“, erklärt Klebe, der das<br />

Therapieverfahren durch seinen Wechsel<br />

von vom Universitätsklinikum Freiburg<br />

mit nach Essen gebracht hat. „Aber der<br />

Hirnschrittmacher kann die Symptome<br />

nur verringern“, betont Klebe. Aufhalten<br />

oder heilen kann er die Patienten nicht.<br />

Bei vollem Bewusstsein<br />

Wer sich wie Hardt für einen Hirnschrittmacher<br />

entscheidet, wird von den Ärzten<br />

an der Universitätsmedizin genau<br />

gecheckt, um zu prüfen, ob der Patient<br />

für das Verfahren geeignet ist, und die Risiken<br />

der Operation zu minimieren. „Damit<br />

der Hirnschrittmacher funktioniert,<br />

muss er genau an der richtigen Stelle<br />

angebracht werden. Deswegen befindet<br />

sich der Patient während der Platzierung<br />

der Elektroden bei vollem Bewusstsein<br />

– aber natürlich ohne Schmerzen zu verspüren“,<br />

erklärt Klebe.<br />

„Anstrengend, aber schmerzlos“<br />

lautet so auch das Fazit der Patienten, die<br />

seit September <strong>2018</strong> einen Hirnschrittmacher<br />

in der Neurochirurgie in Essen<br />

implantiert bekommen haben. Dass<br />

während der sechsstündigen Operation<br />

immer auch ein Team aus Krankengymnasten<br />

dabei ist, steife Glieder lockert<br />

und auch mal über den Rücken reibt,<br />

wenn es juckt, ist für den Leiter der Spezialambulanz<br />

für Bewegungsstörungen<br />

eine große Hilfe.<br />

Sobald alle Elektroden an Ort und<br />

Stelle sitzen, erhält der Patient den eigentlichen<br />

Hirnschrittmacher. Unter<br />

Vollnarkose platzieren die operierenden<br />

Kollegen der Neurochirurgie den kleinen<br />

Kasten im Brustbereich unter der Haut<br />

und legen ein Verbindungskabel zu den<br />

Elektroden. Für die ersten Hirnschrittmacher-Patienten<br />

am Universitätsklinikum<br />

Essen hat sich die aufwendige Operation<br />

und die gute Nachbetreuung gelohnt: Viele<br />

von ihnen müssen zum ersten Mal seit<br />

Jahren keine oder nur wenige Tabletten<br />

nehmen und sind relativ beschwerdefrei.<br />

Und Werner Hardt aus Altenessen? Der<br />

freut sich, seinen Kaffee endlich wieder<br />

zitterfrei genießen zu dürfen.<br />

PROF. DR.<br />

STEPHAN KLEBE<br />

leitet die Spezialambulanz<br />

für<br />

Bewegungsstörungen.<br />

FOTOS: ADOBE STOCK (L.), U<strong>ME</strong> (L. U.)<br />

Seit 2016 arbeitet die Universitätsmedizin mit<br />

der Elektronischen Patientenakte. Ab 2019 werden<br />

alle Standorte digital arbeiten.<br />

Visite in der Unfallchirurgie des Universitätsklinikums,<br />

eine Patientin mit einer großen Wunde am Unterschenkel<br />

wird untersucht. „Das sieht schon gut aus, die Haut<br />

tritt bereits in die letzte Heilungsphase ein“, meint der diensthabende<br />

Oberarzt. Neben ihm steht ein Assistenzarzt an einem mobilen<br />

Computer und tippt mit: „Beginnende Epithelisierung am<br />

Wundgrund.“ Ein Klick und die Wunddokumentation ist in der<br />

Elektronischen Patientenakte (EPA) der Patientin gespeichert.<br />

Was in der Unfallchirurgie seit einiger Zeit praktiziert wird,<br />

ist auch auf vielen anderen Stationen der Universitätsmedizin<br />

inzwischen Alltag. „Rund 70 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen<br />

arbeiten bereits mit der EPA“, erklärt Armin de Greiff, Direktor<br />

der Zentralen IT. 2019 werden alle Standorte in der stationären<br />

Versorgung zur elektronischen Dokumentation wechseln.<br />

Dafür werden sie in den kommenden Wochen von Delia Meike<br />

und den sieben anderen EPA-Trainern geschult. Damit der Rollout<br />

reibungslos klappt, sind die gelernte Gesundheits- und<br />

Krankenpflegerin und ihre Kollegen während der ersten Tage<br />

im Schichtdienst abwechselnd vor Ort. Und auch später sind sie<br />

über die EPA-Hotline immer für Rückfragen erreichbar.<br />

Schluss mit der Zettelwirtschaft<br />

Auch in der Unfallchirurgie schauen die Trainer noch regelmäßig<br />

vorbei. „Irgendeine Kleinigkeit ist immer – sei es, dass ein neuer<br />

Mitarbeiter geschult werden muss, oder, dass ein Dokument<br />

nicht richtig angewendet werden kann“, erklärt Meike. Yasmin<br />

Hoffmann, Leiterin der Stationen UC II, III und IV, freut sich über<br />

den anhaltenden Support: „Am Anfang waren wir natürlich alle<br />

skeptisch und hatten Angst davor, dass die Arbeitsbelastung<br />

durch die EPA steigt. Aber in der achtwöchigen Eingewöhnungsphase<br />

habe ich schnell gemerkt, dass das Gegenteil der Fall ist.“<br />

Vor allem bei der morgendlichen Visite sei die E-Akte eine echte<br />

Arbeitserleichterung, so die leitende Gesundheits- und Krankenpflegerin:<br />

„Mit der EPA können wir alle Vorerkrankungen und<br />

aktuellen Werte auf einen Blick abrufen, ohne lange suchen zu<br />

müssen.“ Fehlende Unterlagen oder unleserliche Handschriften –<br />

seit die Papierakten in der Unfallchirurgie abgeschafft wurden,<br />

ist das kein Problem mehr.<br />

Und noch etwas hat sich durch die Digitalisierung der Patientenunterlagen<br />

verbessert: die Kommunikation zwischen den<br />

Kliniken. Zum ersten Mal können Ärzte von unterschiedlichen<br />

Standorten aus zeitgleich in eine Akte schauen. „Praktisch, wenn<br />

ein besonders schwieriger Fall die Kompetenz und das Knowhow<br />

verschiedener Experten benötigt“, meint Armin de Greiff.<br />

Seine Vision für die neue Patientenakte geht aber noch weiter:<br />

Wie ein Musik-Streamingdienst, der Vorschläge für eine Playlist<br />

generiert, soll die EPA zukünftig auch Patienten mit ähnlichen<br />

Symptomen anzeigen. „So können wir die gespeicherten Daten<br />

nutzen, um allen Patienten zu helfen“, sagt de Greiff.<br />

EPA-HOTLINE<br />

0201 723199946<br />

Mo – Do: 8 – 17 Uhr<br />

Fr: 8 – 15 Uhr<br />

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