U&ME 3/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 3/2018
Das Magazin für Beschäftigte der Universitätsmedizin Essen. Ausgabe 3/2018
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leben | Blick zurück<br />
Endlich wieder<br />
rocken<br />
Wie denken ehemalige Patienten<br />
über die Universitätsmedizin<br />
Essen? Wir fragen nach. Folge 3:<br />
Ulrike Gnackes Warten hat sich<br />
gelohnt.<br />
ULRIKE GNACKE<br />
A 45 statt „Highway to Hell“<br />
Jetzt geh doch einfach mal ran!“, sagt Tochter<br />
Janine zu ihrer Mutter, als ihr Handy an diesem<br />
Nachmittag im Frühsommer 2015 klingelt<br />
und klingelt. „Vielleicht ist dein Teilchen endlich<br />
da!“ Ulrike Gnacke gibt sich einen Ruck und nimmt<br />
endlich ab. Das Unglück eines anderen, unbekannten<br />
Menschen irgendwo in Deutschland weckt<br />
mitten in Lüdenscheid zarte Hoffnung. „Der Krankenwagen<br />
ist schon unterwegs zu Ihnen. Sie brauchen<br />
kein Gepäck, nur einsteigen und mitfahren“,<br />
verkündet die Stimme. Und tatsächlich findet sich<br />
Gnacke keine zwei Stunden später im Essener Universiätsklinikum<br />
wieder. Das „Teilchen“ ist da – anders<br />
gesagt: die Spenderlunge, die sofort transplantiert<br />
werden muss. Neun Monate Wartezeit enden<br />
nun, denn eines steht für die Lüdenscheiderin fest:<br />
„Es muss jetzt was passieren. Egal, wie es am Ende<br />
ausgeht.“<br />
Dreimal Lungenentzündung<br />
Bereits drei Lungenentzündungen hatte die 61-Jährige<br />
schon durchgestanden, die schwere Krankheit<br />
aber jedes Mal auf die leichte Schulter genommen.<br />
Zudem raucht sie. Ihr Hausarzt überweist sie an den<br />
Born to be wild: Ulrike Gnacke<br />
liebt die Musik.<br />
Lungenfacharzt Hans-Christoph Hartung. Dessen<br />
Diagnose ist eindeutig: eine Lungenfibrose. Bei dieser<br />
chronischen Entzündung des Lungengewebes<br />
lagert sich vermehrt Bindegewebe im Atmungsorgan<br />
ein, das die Lunge schrumpfen lässt. Dadurch<br />
wird die Sauerstoffaufnahme behindert. Als er ihr<br />
vorsichtig eröffnet, sie solle sich gedanklich mit einer<br />
Lungentransplantation auseinandersetzen, fällt<br />
Gnacke erst aus allen Wolken, verliert aber dank<br />
der Unterstützung ihrer Familie nicht den Mut. Mit<br />
der Überweisung in der Hand geht sie zu den Spezialisten<br />
der Klinik für Pneumologie an der Essener<br />
FOTOS: BOZICA BABIC<br />
Ruhrlandklinik. Die räumliche Nähe und die ausdrückliche<br />
Empfehlung ihres Lungenarztes geben<br />
den Ausschlag für das Krankenhaus in Heidhausen.<br />
Sie kommt auf die Warteliste für eine Spenderlunge.<br />
Wenn es so weit sei, werde man sie anrufen.<br />
Schnelle Rückkehr ins Leben<br />
Der schwere Eingriff dauert rund dreieinhalb Stunden.<br />
Noch zwei weitere Tage halten die Mediziner sie<br />
im künstlichen Koma und beatmen sie, dann lässt<br />
man sie aufwachen. „Plötzlich konnte ich wieder frei<br />
durchatmen. Das war so ungewohnt für mich“, erzählt<br />
Gnacke. Ihr Körper nimmt das fremde Organ an.<br />
Nach drei Wochen kommt sie zur Nachsorge zu den<br />
Lungenspezialisten der Ruhrlandklinik. Oberarzt Dr.<br />
David Fistera betreut sie seitdem: „Frau Gnacke hat<br />
immer super mitgearbeitet. Auch das ist ein wichtiger<br />
Schritt zur Genesung.“ Rasend schnell macht sie<br />
Fortschritte und ist kaum zu bremsen. Die Pflege auf<br />
der Station S4 trägt viel zur Genesung bei. „Ohne diese<br />
tolle Unterstützung wäre es vermutlich nicht so<br />
schnell gegangen“, ist sie sicher.<br />
Schon nach wenigen Monaten hat sie fast wieder<br />
ihr altes Leben zurück. Sie fährt auf ihrer Yamaha<br />
„Es muss jetzt was<br />
passieren. Egal, wie<br />
es am Ende ausgeht.“<br />
Virago durch das Sauerland und kümmert sich um<br />
ihre beiden Enkelkinder. Inzwischen kann Gnacke<br />
auch halbtags arbeiten. Ihr kleiner Terrier-Mischling<br />
Josie hält sie zusätzlich in Bewegung, genauso wie<br />
die Musik. „Endlich kann ich wieder auf Konzerte<br />
gehen“, schwärmt der Rockfan, der sich für AC/DC,<br />
Led Zeppelin und Peter Maffay begeistert. Nicht<br />
ohne einzuschränken, dass sie trotz aller Freude bei<br />
größeren Menschenmassen vorsichtig sein müsse,<br />
denn eine Infektion könne für sie gefährlich werden.<br />
Aber daran will die Hobby-Bikerin heute keinen<br />
Gedanken verschwenden. Sie setzt sich den<br />
Helm auf, steigt auf ihren Chopper und dreht den<br />
Zündschlüssel herum. Ihr Sohn Marc-Oliver fährt<br />
langsam hinter ihr her. Es geht raus aus der Stadt,<br />
zur Glörtalsperre. Einfach mal wieder abschalten<br />
und durchatmen.<br />
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