Erfolg Magazin, Ausgabe 1-2019
CARMEN & ROBERT GEISS: So kommt man an die Spitze GREGOR GYSI: Verhandeln GARY VEE: Social Media KOLLEGAH: Mit ADS zum Millionär RANGA YOGESHWAR: mehr wollen LINA VAN DE MARS: Emotionen KATE & WILLIAM: Sympathie
CARMEN & ROBERT GEISS: So kommt man an die Spitze
GREGOR GYSI: Verhandeln
GARY VEE: Social Media
KOLLEGAH: Mit ADS zum Millionär
RANGA YOGESHWAR: mehr wollen
LINA VAN DE MARS: Emotionen
KATE & WILLIAM: Sympathie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Leben<br />
»Lieber etwas riskieren,<br />
als bereuen, es nicht<br />
versucht zu haben«<br />
Anne Vogd verabschiedete sich mit 51 Jahren von der sicheren<br />
Karriere und wagte den Neustart als Comedian - mit <strong>Erfolg</strong><br />
Bilder: privat<br />
Sie haben viele Jahre lang im<br />
Vertrieb und als Pressereferentin<br />
gearbeitet. Wie kamen Sie<br />
darauf, dort hinzuschmeißen<br />
und Comedian zu werden?<br />
Dem Entschluss, einen sicheren Job mit<br />
solidem Einkommen nach über 25 Jahren<br />
gegen eine unsichere Künstlerexistenz<br />
einzutauschen, ging eine gewisse<br />
Entwicklung voraus: Ich<br />
bin von Natur aus ein Mensch,<br />
der andere gerne zum Lachen<br />
bringt, egal ob auf Geburtstagspartys,<br />
Firmenfeiern oder<br />
Jubiläen. Und als gebürtige<br />
Rheinländerin bin ich auch als<br />
Redner im Karneval aktiv. Eine<br />
Bekannte hatte mich mehrfach<br />
auf der Bühne erlebt und<br />
riet mir im Januar 2016, mich<br />
für den SWR 3 Comedy Förderpreis<br />
zu bewerben, der im<br />
April an noch unbekannte Talente<br />
verliehen werden sollte.<br />
Ich hatte Glück und gewann<br />
ihn mit einem Beitrag darüber,<br />
wie es ist, die Mutter eines<br />
weiblichen ‚Pubertiers‘ zu sein.<br />
Ein halbes Jahr ließ ich dann<br />
noch die Comedy und meinen Job in der<br />
Mode parallel laufen. Dann stieß ich an<br />
meine Belastungsgrenzen: In der Woche<br />
lief der Vertrieb und die Pressearbeit für<br />
einen großen deutschen Bekleidungshersteller.<br />
Am Wochenende dann Texte<br />
für Comedy Auftritte und Radiobeiträge<br />
schreiben. Plus Hausarbeit plus<br />
Familie und Freunde. Es war irgendwann<br />
zu viel. Im November 2016<br />
setzte ich dann alles auf eine Karte<br />
und kündigte meinen Job.<br />
War das eine wohlüberlegte, ausgereifte<br />
Entscheidung oder eher ein spontaner<br />
Wechsel?<br />
Meine Mutter sagte mal: Das Leben ist kein<br />
Wunschkonzert, aber manchmal spielt es<br />
dein Lieblingslied. In dem Moment, in<br />
dem ich den Comedy Förderpreis in den<br />
Händen hielt, hatte ich das Gefühl, dass<br />
dieser Zeitpunkt jetzt für mich gekommen<br />
war. Ich wollte ‚mitsingen‘. Sofort, hier<br />
und jetzt und nicht erst, wenn die Hölle<br />
zufriert. Andererseits ist es ein gewagter<br />
Schritt, sicheres Terrain zu verlassen und<br />
ganz von vorne<br />
anzufangen – mit<br />
allem, was dazu<br />
gehört. Ich war<br />
damals immerhin schon 51 Jahre alt. Aber<br />
dieses Alter bringt auch eine wichtige Erkenntnis<br />
mit sich: Das Leben endlich ist.<br />
»Es waren Jahre, in denen ich oft<br />
überlastet war – vom Terror des<br />
Möglichen und vom Druck, zu<br />
beweisen, alles zu können.«<br />
Mit 20 denkt man noch nicht so, mit 50<br />
weiß man es einfach. Ich wollte einfach<br />
einmal das machen, wofür ich ‚brannte‘. Es<br />
war Zeit für eine Kursänderung.<br />
Ich muss allerdings zugeben, dass der<br />
Grundstein für diese Denke schon viel<br />
früher gelegt wurde: Ich habe viele Jahre<br />
mein Selbstwertgefühl an beruflichen <strong>Erfolg</strong>en<br />
in der Modebranche festgemacht.<br />
Selbst dann noch, als ich Babywindeln und<br />
Business outfit, Kita Öffnungszeiten und<br />
Karrieredenken unter einen Hut bringen<br />
musste. In dieser Zeit herrschte sowohl im<br />
Büro, als auch zu Hause oft ein Reizklima,<br />
wie ich es später nur noch bei Kita-Elternabenden<br />
vorfand, wenn engagierte<br />
Mütter bis weit nach 22<br />
Uhr über die Frage stritten, ob<br />
für Dreijährige nun eine Stunde<br />
Englisch pro Woche oder anderthalb<br />
dem Anspruch einer<br />
bilingualen Einrichtung gerecht<br />
werden. Zu diesem Zeitpunkt<br />
gehörte ich bereits, ohne es mir<br />
eingestehen zu wollen, zu den<br />
18 Prozent aller Deutschen, die<br />
regelmäßig an ihre Leistungsgrenzen<br />
stoßen, nur dass ich,<br />
von Natur aus neugierig, immer<br />
sehen wollte, wie es dahinter<br />
aussah. Es waren Jahre, in denen<br />
ich oft überlastet war – vom<br />
Terror des Möglichen und vom<br />
Druck, zu beweisen, alles zu<br />
können. Ich war relativ schnell<br />
die Krone der (Er-)Schöpfung –<br />
wenn man so will. Es hat dann trotzdem<br />
noch lange gedauert, bis ich erkannte, dass<br />
Perfektion nicht im Detail liegt, sondern<br />
im Ganzen.<br />
Erst dann fing ich an, Altbekanntes infrage<br />
zu stellen. Die innere Job-Emigration hatte<br />
begonnen. Es entstand der Wunsch nach<br />
einem Neustart. Sicherheit hin, Sicherheit<br />
her, die mir mein langjähriger Job in der<br />
Mode bot. 1991 hatte ich in der Modebranche<br />
begonnen. 2016, also 25 Jahre und<br />
zwei Hörstürze später, habe ich sie wieder<br />
verlassen. Ausgelöst durch einen Moment<br />
(Comedy Preis), mit dem ich so nie gerechnet<br />
hatte. Aber der Zufall geht nun<br />
mal Wege, da kommt die Absicht nie hin.<br />
44 www.erfolg-magazin.de . <strong>Ausgabe</strong> 01/<strong>2019</strong> . ERFOLG magazin