Neue Szene Augsburg 2019-01
Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung
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ZOOM<br />
Die Straßen und Plätze<br />
von <strong>Augsburg</strong><br />
Rund ums Paradiesgässchen - Wo die Welt noch in Ordnung ist<br />
In unserer Serie „Die Straßen von <strong>Augsburg</strong>“ widmen wir uns den markantesten Orten der Stadt. Von Marcus Ertle<br />
Kann ein Gässchen etwas anderes als putzig, schön, niedlich,<br />
pittoresk sein? Ich glaube nein. Während Alleen von Haus aus<br />
etwas allzu Ehrwürdiges haben und Straßen recht banal daherkommen,<br />
sind Gässchen und auch Plätzchen die verzauberten<br />
Kinder der Stadt. Sollte der <strong>Augsburg</strong>er Stadtrat jemals in die<br />
äußerst unwahrscheinliche Verlegenheit geraten, eine Straße, einen Platz<br />
oder gar eine Allee nach mir benennen zu müssen, würden ich mir noch<br />
aus dem Grab heraus wünschen, doch bitte lieber ein Gässchen dafür heranzuziehen.<br />
Aber da würde es schon schwierig werden. Während in den neu entstehenden<br />
Wohngebieten Straßen, vielleicht auch Alleen entstehen, die<br />
zuvor mutmaßlich lieblos am Computer entworfen wurden, scheint mir<br />
die Zeit der Gässchen vorbei zu sein. Sie passen nicht mehr so recht in die<br />
Moderne. Sie sind zu schmal und zu verspielt und darum so beliebt. Aber<br />
einem Gässchen, das viele Jahrhunderte überdauert hat, den Namen zu<br />
nehmen, das würde wohl nicht einmal der egozentrischste Lokalprominente<br />
wagen... Na ja, ein paar würden mir schon einfallen, die es wagen<br />
würden, aber da die Namen erst nach dem eigenen Tod vergeben werden,<br />
verliert der übersteigerte persönliche Geltungsdrang zwischenzeitlich zum<br />
Glück enorm an Durchschlagskraft.<br />
Und welchem Gässchen sollte man denn den Namen stehlen? Nehmen<br />
wir mal, ganz grob, die Altstadt im Dreieck zwischen Vogeltor, Fuggerei<br />
und Jakobertor. Uralte Gegend. So alt wie die Stadt selbst. Was hier an<br />
Gässchen besteht, ist viel mehr als die bloße Verbindung von A und B. Das<br />
ist mindestens Poesie.<br />
Das Paradiesgässchen zum Beispiel. Liebevoll gepflegte Häuser, fröhliches<br />
Kinderlachen, kein Verkehrslärm, manche Innenhöfe wirken wie<br />
aus der Zeit gefallen mit ihren Wäscheleinen und Blumentöpfen. Im 16.<br />
Jahrhundert beherbergte das Gässchen einen Kunst- und Lustgarten, dem<br />
es seinen Namen verdankt.<br />
Eigentlich kann man hier gar nicht leiden. Sollte man meinen. Sollte<br />
man hoffen. Das ist natürlich naiv, denn überall wo Menschen hausen, gibt<br />
es auch Sorgen, sicher, so doof ist man dann doch nicht, das zu ignorieren,<br />
aber wenn im Herbst die Sonne golden scheint und das Laub sich verfärbt,<br />
ja ja... dann scheißen trotzdem die Hunde in die Wohneinfahrt. Das verkündet<br />
zumindest ein warnendes Schild vor dem Paradiesgässchen Nr.7.<br />
WARNUNG, diese Einfahrtsfläche ist KEIN HUNDEKLO!<br />
Die Besitzer der Vierbeiner haften für deren Hinterlassenschaften.<br />
Die Hausverwaltung von Paradiesgässchen 7.