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HGB_01-2019

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Chronik<br />

19<br />

In Hüllerup (Bredstedter Straße) halfen Kiesunternehmen bei der Räumung.<br />

Foto: Manfred Hansen<br />

hieß es – keine Aussicht, die<br />

überörtlichen Straßen zu räumen.<br />

Dennoch waren noch<br />

am Silvestertag im nördlichen<br />

Kreisgebiet Fahrzeuge unterwegs,<br />

blieben in den Schneemassen<br />

stecken und mutierten<br />

zu Hindernissen. Bei Haurup-<br />

Hoffnung „strandete“ ein Lastwagen.<br />

Der Fahrer stieg aus<br />

und versuchte zu Fuß nach<br />

Wanderup zu kommen. Den<br />

unvernünftigen Versuch bezahlte<br />

er mit seinem Leben. Im<br />

Schneegestöber waren viele<br />

der gewohnten Orientierungspunkte<br />

unter der weißen Macht<br />

versunken.<br />

Handewitt befand sich im Ausnahmezustand.<br />

In den Häusern<br />

froren Wasserleitungen und<br />

Heizungen ein. Einige Landwirte<br />

konnten nicht melken, der<br />

Strom war ausgefallen. Oder sie<br />

schütteten die Milch auf Planen<br />

aus, da die Molkereifahrzeuge<br />

die abgelegenen Höfe nicht ansteuern<br />

konnten. Die Lebensmittel<br />

beim Bäcker oder den<br />

örtlichen Kaufleuten wurden<br />

allmählich knapp. Die üblichen<br />

Stippvisiten bei Flensburgs<br />

Supermärkten mussten wegen<br />

der Wetterlage ausfallen.<br />

Selbst die Autobahn war nicht<br />

mehr passierbar. Rund 280 Autos<br />

– so Schätzungen – blieben<br />

allein am verschneiten Grenzübergang<br />

Ellund stecken. Ihre<br />

Insassen wurden auf Notquartiere<br />

verteilt. 37 Menschen,<br />

darunter 28 junge Eishockeyspieler<br />

aus Bremerhaven, wurden<br />

im Schützenheim Ellund<br />

aufgenommen und fünf Tage<br />

lang verpflegt. In der Gaststätte<br />

Hoffnung harrten 18 Personen<br />

aus, sie mussten von Nachbarn<br />

versorgt werden, da es in der<br />

Kneipe nichts zu essen gab.<br />

Praktisch bis zur Erschöpfung<br />

waren die Mitglieder der Freiwilligen<br />

Feuerwehren damit<br />

beschäftigt, Straßen zu räumen,<br />

Krankentransporte durchzuführen,<br />

vermisste Personen<br />

zu suchen und Leitungsbrü-<br />

che für den Stromversorger<br />

„Schleswag“ aufzuspüren. Das<br />

technische Hilfswerk und die<br />

Bundeswehr unterstützten die<br />

Handewitter Ehrenamtlichen,<br />

die am Ende des Rekordwinters<br />

657 Einsatzstunden abgeleistet<br />

hatten.<br />

Am Neujahrstag beruhigte sich<br />

die Wetterlage, am 2. Januar<br />

1979 schien sogar die Sonne.<br />

Die Räumungsarbeiten waren<br />

nun im vollen Gange. Das Netz<br />

der wiederbefahrbaren überörtlichen<br />

Straßen wurde dichter.<br />

Auf lokaler Ebene genossen die<br />

eingeschneiten, landwirtschaftlichen<br />

Betriebe, die seit Tagen<br />

ohne Strom und Milchabnahme<br />

ausharren mussten, erste<br />

Priorität. Amtsvorsteher Asmus<br />

Andresen sah das „technische<br />

Gerät beinahe am Rande der<br />

Leistungsfähigkeit“. Am Abend<br />

des 5. Januars wurde schließlich<br />

der Katastrophenalarm aufgehoben.<br />

In einer ersten Bestandsaufnahme<br />

glaubte die Gemeinde,<br />

relativ glimpflich davongekommen<br />

zu sein. „Wir hatten das<br />

Glück“, erwähnte der leitende<br />

Verwaltungsbeamte Gerhard<br />

Steimle, „dass Kiesbauunternehmer<br />

am Ort mit ihren<br />

Rad-Ladern sehr schnell bei<br />

der Schneeräumung geholfen<br />

hatten.“ Der Aktionismus hatte<br />

aber auch seine Schattenseite<br />

– was erst der Frühling enthüllte.<br />

An manchen Stellen waren<br />

die Straßen plötzlich breiter,<br />

da einige Zäune gleich mit beseitigt<br />

worden waren.<br />

Der Wettergott holte zu seinem<br />

zweiten Schlag aus. Vom<br />

13. Februar 1979 an schneite<br />

und stürmte es wieder kräftig.<br />

Fünf Tage lang. Die Räumgeräte<br />

waren ständig im Einsatz,<br />

hatten erneut keine Chance gegen<br />

weiße Massen. Besonders<br />

extrem traf es Ellundfeld und<br />

Handewitt-Kolonie, wo einige<br />

Nebenwege noch vom ersten<br />

Schneechaos dicht waren. Im<br />

Gegensatz zur Jahreswende<br />

saß in der Amtsverwaltung ein<br />

Krisenstab, bestehend aus Feuerwehrleuten,<br />

Beamten und<br />

Bürgermeister Helmut Kanzler.<br />

Man hatte sich mit der Katastrophenlage<br />

arrangiert. (ki) n

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