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FernUni Perspektive | Ausgabe 67 | Frühjahr 2019

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<strong>FernUni</strong> <strong>Perspektive</strong> Seite 15<br />

Prof. Julia Schütz<br />

Anerkennungsstudie: die Tanten-Metapher<br />

Die „Basteltante“ im Kindergarten,<br />

die „Labertante“ in der Weiterbildungsberatung<br />

und die „soziale<br />

Tante“, die den Jugendtreff<br />

aufsperrt: In ihrer Studie zum Anerkennungserleben<br />

von pädagogischen<br />

Akteurinnen und Akteuren<br />

ist Prof. Dr. Julia Schütz zufällig auf<br />

die Verwendung der „Tanten-Metapher“<br />

gestoßen. Eine Beobachtung,<br />

die sie nicht mehr loslässt und<br />

die sie zum Titel ihrer Antrittsvorlesung<br />

gemacht hat. Mit ihrem Vortrag<br />

zur pädagogischen Berufsarbeit<br />

und sozialer Anerkennung hat<br />

sich die Hamburgerin jetzt offiziell<br />

vorgestellt. Die Wissenschaftlerin<br />

leitet das Lehrgebiet Empirische<br />

Bildungsforschung an der <strong>FernUni</strong>versität<br />

in Hagen.<br />

Pädagogische Berufsarbeit und<br />

soziale Anerkennung<br />

Prof. Dr. Julia Schütz erforscht das<br />

professionelle Handeln pädagogischer<br />

Berufsgruppen. Mit pädagogischer<br />

Berufsarbeit und sozialer<br />

Anerkennung hat sich die Empirikerin<br />

unter anderem in ihrer Habilitation<br />

befasst, die Anfang 2018 erschienen<br />

ist.<br />

Prof. Julia Schütz<br />

Die Bewertung des gesellschaftlichen<br />

Ansehens durch die pädagogischen<br />

Akteurinnen und Akteure<br />

selbst zeichnet sich durch große<br />

Unterschiede aus. So fällt im Hochschul-<br />

und Weiterbildungsbereich<br />

die Zufriedenheit mit dem Ansehen<br />

der eigenen Berufsgruppe deutlich<br />

positiver aus als im Elementarbereich<br />

und an der Hauptschule.<br />

Eine wichtige Einflussgröße zur gesellschaftlichen<br />

An- und Aberkennung<br />

ist unter anderem das Geschlecht.<br />

Demnach besagt ein zentrales<br />

Forschungsergebnis zum Anerkennungserleben:<br />

Je mehr Frauen<br />

in einem Berufsfeld tätig sind, desto<br />

weniger soziale Wertschätzung<br />

erfährt diese Berufsgruppe. „Der<br />

Erziehungs- und Bildungsbereich<br />

ist gewissermaßen weiblich“, so<br />

Schütz. „Die Anerkennungsarena<br />

innerhalb des direkten Arbeitsumfelds<br />

reicht vielen nicht aus. Es geht<br />

ihnen um mehr gesellschaftliche<br />

Wertschätzung.“<br />

Foto: <strong>FernUni</strong>versität<br />

Vor diesem Hintergrund ist für Julia<br />

Schütz die Entdeckung der Tanten-Metapher<br />

in den Gruppendiskussionen<br />

der Anerkennungsstudie<br />

mehr als ein rhetorisches Phänomen.<br />

Auch wenn sie die Wahl des<br />

Selbstattributs der Tante aufgrund<br />

des familiären Bezugs ein Stück<br />

versöhnlich stimmt,<br />

stuft Schütz den<br />

Schaden durch die<br />

Verwendung höher<br />

als den Nutzen<br />

ein. „Sprache konstruiert<br />

Wirklichkeit“,<br />

erklärt sie. „Das Selbstattribut<br />

der Tante wird von den Akteurinnen<br />

und Akteuren im abwertenden<br />

Kontext genutzt.“<br />

Forschungszentrum steht<br />

im kommenden Jahr<br />

Die Tanten-Metapher wird Julia<br />

Schütz auch in Zukunft bei der<br />

Fortführung ihrer Anerkennungsstudie<br />

nicht loslassen. „Wir stehen<br />

hier noch am Anfang“, sagt die<br />

Professionsforscherin. Den Kinderschuhen<br />

mittlerweile entwachsen<br />

ist die Gründung des Zentrums für<br />

pädagogische Berufsgruppen- und<br />

Organisationsforschung (ZeBO) in<br />

Hagen.<br />

„Sprache konstruiert Wirklichkeit. Das Selbstattribut der<br />

Tante wird von den Akteurinnen und Akteuren im<br />

abwertenden Kontext genutzt.“<br />

„Kleine Gelegenheiten sind oft<br />

der Anfang von großen Unternehmungen“:<br />

Mit diesen Worten des<br />

griechischen Redners Demosthenes<br />

lädt die Wissenschaftlerin zur<br />

Gründungsfeier am 23. Mai <strong>2019</strong><br />

auf dem Campus der <strong>FernUni</strong>versität<br />

ein, die gleichzeitig Auftakt einer<br />

SpringSchool zur Empirischen Bildungsforschung<br />

ist. „Das Zentrum<br />

wird ein ideelles Dach für den Austausch<br />

zwischen Disziplin und Profession<br />

darstellen“, sagt Julia Schütz<br />

in ihrer Funktion als ZeBO-Sprecherin.<br />

Gründungsmitglieder sind<br />

außerdem ihre langjährigen Wegbegleiter<br />

Prof. Dr. Rudolf Tippelt<br />

(Ludwig-Maximilians-Universität in<br />

Erzieherinnen<br />

wünschen sich<br />

mehr gesellschaftliche<br />

Anerkennung<br />

für ihre pädagogische<br />

Arbeit.<br />

Foto:<br />

Zero Creatives/<br />

Cultura/Getty<br />

Images<br />

München) und Prof. Dr. Dieter Nittel<br />

(Goethe-Universität in Frankfurt am<br />

Main) sowie ihre Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin Dr. Christina Buschle<br />

(<strong>FernUni</strong>versität /Deutsches Jugendinstitut).<br />

Weitere Schwerpunkte<br />

im Lehrgebiet<br />

Empiri-<br />

Prof. Julia Schütz<br />

sche Bildungsforschung<br />

sind derzeit<br />

der Ländermonitor und der<br />

Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme<br />

im Auftrag der Bertelsmann<br />

Stiftung sowie die Fortführung<br />

der Studie „Pädagogische<br />

Erwerbsarbeit im System des lebenslangen<br />

Lernens“ (PAELL) mit<br />

dem neuen Schwerpunkt Medienbildung<br />

und Digitalisierung (DIGI-<br />

PAELL). „Wir haben viele Ideen für<br />

unsere Forschung und Lehre“, sagt<br />

Julia Schütz und möchte daher gemeinsam<br />

mit ihrem Team „möglichst<br />

schnell und lange laufen. Für<br />

unsere Projekte bietet die <strong>FernUni</strong>versität<br />

das ideale Umfeld.“ can<br />

Innovationen in der digitalen Hochschullehre<br />

Fellowships für <strong>FernUni</strong>-Wissenschaftlerinnen<br />

Mit rund zwei Millionen Euro unterstützen<br />

das Ministerium für Kultur<br />

und Wissenschaft des Landes NRW<br />

und der Stifterverband in diesem<br />

Jahr das Programm „Fellowships für<br />

Innovationen in der digitalen Hochschullehre“.<br />

Unter den ausgezeichneten<br />

40 Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftlern sind Dr. Julia Breittruck<br />

und Jana Viola Frings von der<br />

<strong>FernUni</strong>versität in Hagen.<br />

Bildungswissenschaftlerin Frings<br />

möchte Texte und Lehrvideos mit<br />

ausgewiesenen Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftlern aus der<br />

Bildungswissenschaft verbinden.<br />

Übergeordnetes Ziel ist es, ein Lehrvideoverzeichnis<br />

aus einheitlich gestalteten<br />

Interviews zu entwickeln.<br />

„Mit neuen digitalen Lehr- und Lernformaten<br />

kann die Lehre orts- und<br />

zeitunabhängiger gestaltet und individuelle<br />

Lernvoraussetzungen berücksichtigt<br />

werden“, sagte Isabel<br />

Pfeiffer-Poensgen, Kultur- und Wissenschaftsministerin<br />

des Landes.<br />

„So gelingt es, die Studierenden<br />

mit flexibleren Möglichkeiten in der<br />

Lehre auf die kommende Arbeitsund<br />

Lebenswelt vorzubereiten.“aw<br />

Die Historikerin Breittruck plant,<br />

eine digitale Plattform für die Vermittlung,<br />

Erschließung und den<br />

Austausch über historische Karten<br />

einzuführen und zu erproben. Die<br />

studentischen Forschungs- und Arbeitsprozesse<br />

sollen konsequent digitalisiert<br />

werden.<br />

Julia Breittruck Foto: Picture People Jana Viola Frings Foto: Studioline

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