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04-2019_NordHandwerk

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40<br />

Lohnenswert<br />

Mitarbeiter binden<br />

41<br />

Sabrina Lutz,<br />

Fachkräfteberaterin der<br />

Handwerkskammer Lübeck.<br />

slutz@hwk-luebeck.de<br />

<strong>04</strong>51 1506 225<br />

Attraktive Marke werden<br />

In der Handwerkskammer Lübeck berät Sabrina Lutz Firmen, die sich auf der Suche nach<br />

Fachkräften besser positionieren wollen. Ein Gespräch über den Weg hin zu einer<br />

Arbeitgebermarke und warum Chefs auch ihr eigenes Verhalten überdenken sollten.<br />

Frau Lutz, ist die Situation einer Firma, die ausreichend<br />

Fachkräfte hat, automatisch besser als jene,<br />

die händeringend Personal sucht?<br />

Sabrina Lutz: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat<br />

sich in der Tat verschärft. Für Betriebe. Gute Mitarbeiter<br />

zu finden wird immer schwieriger. Das kostet<br />

Zeit und Geld. Doch damit ist es nicht getan. Wer<br />

Fachkräfte hat, muss sich ebenfalls bemühen, diese<br />

zu binden. Besonders gut gelingt das den Firmen, die<br />

um ihr bestehendes Team und künftige Mitarbeiter<br />

ebenso werben, wie um Kunden. So entwickelt man<br />

sich zur attraktiven Arbeitgebermarke.<br />

Arbeitgebermarke werden? Überfordert das nicht<br />

kleine und mittelständische Firmen?<br />

SL: Nein, ganz im Gegenteil. Eine große Stärke des<br />

Handwerks ist es, Mitarbeitern ein angenehmes,<br />

oftmals sogar familiäre Arbeitsumfeld zu schaffen.<br />

Beratung<br />

Unternehmenswert:<br />

Mensch<br />

Die mit Bundesmittel<br />

geförderte Inititative<br />

unterstützt kleine und<br />

mittlere Unternehmen<br />

(KMU) bei der Entwicklung<br />

moderner,<br />

mitarbeiterorientierter<br />

Personalstrategien.<br />

www.unternehmenswert-mensch.de<br />

Doch was Chefs und Mitarbeiter meist als normal<br />

empfinden, ist es nicht. Auf dem Arbeitgebermarkt<br />

sind die vielen kleinen Maßnahmen Qualitätsmerkmale.<br />

Sie machen Firmen zu attraktiven Arbeitgebern<br />

und können bewirken, dass jemand nicht in<br />

die Industrie oder in den öffentlichen Dienst geht.<br />

Obwohl dort häufig mehr gezahlt wird. Dieses Bewusstsein<br />

gilt es zu schärfen und nach außen zu<br />

kommunizieren.<br />

Sollte man nicht meinen, dass Geld immer noch<br />

das beste Argument ist, jemanden für die Arbeit im<br />

eigenen Betrieb zu finden oder zu binden?<br />

SL: Zahlt ein Unternehmen markt- und leistungsgerecht,<br />

schauen viele gut ausgebildete Handwerker<br />

nicht mehr nur auf ein Mehr an Lohn. Vor allem<br />

jüngere Fachkräfte legen Wert auf Fort- und Weiterbildungen,<br />

ein funktionierendes Team, flexible<br />

Fotos: Seemann, HN-Archiv<br />

Arbeitszeiten. Sie wollen sich einbringen und Wertschätzung<br />

erhalten.<br />

Was empfehlen Sie Betrieben?<br />

SL: Wie erwähnt, viele tun bereits schon sehr viel –<br />

sind sich dessen aber nicht bewusst. Immer wieder<br />

komme ich in Unternehmen, die Betriebliche Altersvorsorge,<br />

Kitazuschüsse, Tankkarten, regelmäßige<br />

Grillfeste anbieten und die Familien einbinden. Im<br />

ersten Schritt kann eine Befragung die Gelegenheit<br />

sein, gemeinsam zu ermitteln, was den Betrieb<br />

schon auszeichnet und wo es Verbesserungsbedarf<br />

gibt. Ich empfehle auch Führungskräften, das eigene<br />

Handeln bewerten zu lassen und selbst zu hinterfragen.<br />

Denn ein wertschätzender Führungsstil wird<br />

immer wichtiger. In den vergangenen fünf Jahren<br />

habe ich bemerkt, dass immer mehr Chefs bereit<br />

sind, auch in diesem Punkt neue Wege zu gehen.<br />

Wie lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse nutzen?<br />

SL: Chefs und Mitarbeiter müssen sich auf gemeinsame<br />

Leitlinien verständigen. Es sollte transparent<br />

festgelegt sein, wie sich das Unternehmen künftig<br />

als Arbeitgeber weiterentwickeln und nach außen<br />

präsentieren möchte. Ich finde es wichtig, dass die<br />

Beteiligten den Mut haben, neue Wege zu gehen. Natürlich<br />

wird es auch falsche Schritte geben. Aber es<br />

ist wichtig, dass sich etwas bewegt. Das nehmen vor<br />

allem die Mitarbeiter wahr. Sind sie zufrieden, kommunizieren<br />

sie das auch nach außen.<br />

Aber reichen begeisterte Mitarbeiter allein aus,<br />

um neue zu finden?<br />

SL: Das kann nur ein Faktor sein. Wer weiß, wofür<br />

er als Arbeitsgeber steht, sollte das kommunizieren.<br />

Am wichtigsten ist eine Homepage, die einerseits<br />

Kunden und andererseits auch interessierte Fachkräfte<br />

anspricht.<br />

Reicht es denn aus, sich einmalig hin zur Arbeitgebermarke<br />

zu entwickeln?<br />

SL: Nein. Ein attraktiver Arbeitgeber ist man dauerhaft<br />

nur, wenn man in einem stetigen Prozess daran arbeitet.<br />

Der Markenkern muss immer wieder mit Leben gefüllt<br />

werden. Deshalb muss alles regelmäßig auf den Prüfstand<br />

gestellt und gegebenenfalls angepasst werden.<br />

Welche Unterstützung können die<br />

Handwerkskammern bieten?<br />

SL: In der Kammer beraten unsere Fachkräfte- und<br />

Marketingberater rund um das Thema Fachkräfte.<br />

Zudem sind wir Teil des Bundesprogramms Unternehmenswert:<br />

Mensch. Wir begleiten Handwerksunternehmen<br />

von der Erstberatung, einer Bestandsaufnahme<br />

bis in den Prozess hinein. Zu unserem Netzwerk<br />

gehört eine Reihe externer Partner, deren Wissen in<br />

speziellen Fragen genutzt werden kann. Läuft der Prozess,<br />

pflegen wir den Kontakt zu Betrieben, fragen nach<br />

und geben weitere Anregungen.<br />

Die Fragen stellte Jens Seemann<br />

»Jetzt müssen wir das<br />

Niveau weiter halten«<br />

Teamgeist ist der Kern der Zusammenarbeit der Maler<br />

der braungrüngrau GmbH aus Siek.<br />

Vor drei Jahren stellten<br />

Reiner Gösch, Eckehard<br />

Ruge und Damaris<br />

Rohde ihren gemeinsamen<br />

Malerbetrieb im schleswig-holsteinischen<br />

Siek neu<br />

auf. Neue Farben, neues Design,<br />

neuer Name. Aus der Rösch+Ruge<br />

GmbH wurde die<br />

braungrüngrau GmbH. Für<br />

die Unternehmensnachfolge<br />

entwarfen sie einen Plan.<br />

Für die Suche nach Gesellen<br />

und Azubis entwickelten sie<br />

eine Arbeitgebermarke. Ihre<br />

Ziele: Mitarbeiter finden<br />

und binden, das Team stärken,<br />

junge Leute ansprechen<br />

und transparente Strukturen<br />

schaffen. Unterstützt wurde<br />

die Firma von der Initiative<br />

Unternehmenswert:Mensch.<br />

Berater halfen ihnen in<br />

einem dreistufigen Verfahren<br />

beim Abfragen, Analysieren<br />

und Umsetzen. „Uns<br />

wurde noch bewusster, dass<br />

wir an einem Strang ziehen<br />

müssen, um erfolgreich zu<br />

sein. Das geht aber nur, wenn<br />

man die Anforderungen und<br />

Bedürfnisse kennt. Attraktive<br />

Arbeitgeber richten ihr Handeln<br />

nicht nur nach Aufträgen<br />

und Umsätzen aus. Unser<br />

Kapital sind die Mitarbeiter“,<br />

sagt Damaris Rohde. Den<br />

einen sind Arbeitswege, Arbeitszeiten<br />

und Arbeitsbelastung<br />

wichtig. Jüngere verzichten<br />

eher mal auf mehr<br />

Geld, wenn sie ein Umfeld<br />

vorfinden, dass transparent,<br />

nachhaltig und modern ist,<br />

in dem sie selbstständig denken<br />

und arbeiten dürfen. Um<br />

dem gerecht zu werden, hinterfragte<br />

Rohde ihren Führungsstil<br />

und veränderte ihn.<br />

Nach neun Monaten<br />

stand das Konzept. Über<br />

Fachkräftemangel muss Damaris<br />

Rohde seither nicht<br />

klagen. Aber das könne sich<br />

jederzeit wieder ändern. Stillstand<br />

bedeute Rückschritt.<br />

Um das Niveau halten zu<br />

können schlossen sich die<br />

Schleswig-Holsteiner erneut<br />

der Initiative Unternehmenswert:Mensch<br />

an. „Einerseits<br />

rufen wir Inhalte zurück ins<br />

Gedächtnis und bieten neuen<br />

Mitarbeitern die Gelegenheit,<br />

sich selbst auch einzubringen“,<br />

so Rohde. | jes<br />

Nordhandwerk <strong>04</strong>/<strong>2019</strong>

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