Töfte Regionsmagazin 04/2019 - Willkommen in Telgte

Martin B.'s Bürokollege kann mit den Fingern knacken. Wenn der Mann nervös wird
oder schlechte Laune entwickelt, zieht er an seinen Fingergelenken und verursacht
Geräusche, die in seiner Umgebung Ekel- und Schmerzensschreie auslösen. Besonders
Frauen reagieren auf das rabiate „Knochenbrechen“ empfindlich. Neulich hat
ihn eine Kollegin darüber aufgeklärt, dass er seine Gelenke schädigen könne.
Seither hält er sich etwas zurück.
Warum knackt es denn?
Die Spezialisten nahmen Martin B. seine
Ängste. Tatsächlich, so erfuhr er, kann das Gelenkknacken
durch Arthrose verursacht werden. Bei
dieser Gelenkkrankheit wird die Knorpelschicht zerstört.
Das Gelenk entzündet sich. Geht das Knacken
mit Schmerzen einher, besteht erhöhte Alarmstufe.
Aber auch Menschen, die schmerzlos
knacken, gehören in Behandlung. Und
der Bandscheibenvorfall? - Gerade bei Knackgeräuschen
im Rückenbereich, sagt der Orthopäde, glauben viele
Menschen, dass ein "Wirbel rausspringt" oder eine "Bandscheibe
verrutscht". Tatsächlich verrutscht jedoch nicht die
Bandscheibe. Vielmehr quillt der Gallertkern der Bandscheibe
durch den umgebenden Faserring und drückt
schmerzhaft auf einen Nerv. Das hat mit Gelenkknacken
nichts zu tun.
Ich knacke, also bin ich
Martin B. kann über die schlechten Gewohnheiten seines Kollegen nur
bitter lächeln. Was dieser Mensch hobbymäßig betreibt, hat Martin B.'s
Körper zu einer Profession entwickelt. Unfreiwillig allerdings! Wer würde
es mit Absicht darauf anlegen, beim Ansteuern des Bürostuhls wie ein
Stapel brechendes Holz zu klingen? Oder beim Armanwinkeln
wie ein Bleistift, den jemand aus Nervosität in zwei Hälften
zerlegt? Besonders schlimm sitzt es im Nacken, baut
Druck auf und muss regelmäßig entknackt werden. Das
ist dann, als würde aus einer Flasche überschüssige
Kohlensäure abgelassen. Die Geräusche sind anders,
aber es fühlt sich ähnlich an. Kein Wunder, dass Martin
B. öfter das Büro verlässt.
Ausgeschlafen ausgedehnt
Martin B. ist glücklich. Die Ursache seiner Körperknackkonzerte wird durch Sehnen
verursacht, die über die Gelenke schrappen. Das tun sie, weil Martin B.'s Muskeln
verkürzt sind. Seine Muskeln sind verkürzt, weil er viel zu viel sitzt. Und das in einer
unnatürlich vornübergebeugten Haltung. Aus Martin B. ist ein treuer Besucher eines
Physiotherapeuten und Fitnessstudios geworden. Mit gezielten Dehn- und Kräftigungsübungen
wirkt Martin B. seiner Muskelverkürzung entgegen. Jetzt knackt im
Büro nur noch der Fingerkollege. Und das auch nur noch ganz selten und mit Sorge
um seine Gesundheit. Martin B. hat ihm geraten, mal zum Spezialisten zu gehen.
Martin B. ist ein dezenter Mensch. Er verschwindet
fürs Knacken auf die Bürotoilette. Neulich stand einer
in der Nachbarkabine, der ähnliche Probleme haben
musste. Es gab raschelnde Geräusche und ein zartes
Knackfeuerwerk: Jetzt zieht er die Schultern hoch. Dann
zwei Einzelknackse, begleitet von gedämpftem Erleichterungsstöhnen:
Das Genick ist wieder frei. Martin B. wartete, bis
sein Leidensgenosse fertig war. Dann entknackte er sich auch.
KNACK
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