LEBE_95
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Nichttheologische Gründe,<br />
warum der Papst gegen Kondome sein muss!<br />
Würde der Papst hergehen und den Gebrauch von Kondomen erlauben, so würde er sich<br />
mitschuldig machen, wenn jemand seinem Rat folgt und sich dann infiziert<br />
Ein Kommentar von Dr. HELMUT PRADER, Pfarrer in Neuhofen an der Ybbs / Diözese St. Pölten<br />
In den vergangenen Wochen hat es vielfach<br />
mediale Aufregung über eine Aussage des<br />
Papstes gegeben. Bei einer Pressekonferenz<br />
während des Fluges nach Afrika sagte<br />
der Papst, die AIDS-Epidemie in Afrika könne<br />
nicht mit der Verteilung von Verhütungsmitteln<br />
gelöst werden. Im Gegenteil vertiefe<br />
dies die Probleme nur.<br />
Vielfach wird von verschiedenen Seiten in<br />
der Öffentlichkeit behauptet, die Verwendung<br />
von Kondomen könne der AIDS-Epidemie<br />
Einhalt gebieten. Die Verhütungskampagnen<br />
erwecken den Eindruck, als<br />
wäre die Verwendung von Kondomen DER<br />
Schutz gegen AIDS. Genau betrachtet wird<br />
mit dem Slogan vom „Safer sex“ etwas<br />
anderes verstanden, als das Wort eigentlich<br />
bedeutet. „Safer sex“ bedeutet „sichererer<br />
Sex“, „Safe sex“ hingegen „sicherer Sex“.<br />
Es wird wohl niemand leugnen, dass der<br />
Kondomgebrauch einen gewissen Schutz<br />
vor der Ansteckung mit dem HIV-Erreger<br />
bedeutet. Wir sind jedoch weit davon entfernt,<br />
von einem absoluten Schutz ausgehen<br />
zu können. So wird es aber oftmals verstanden,<br />
wenn einfach behauptet wird,<br />
AIDS wäre einzudämmen, würden nur alle<br />
Kondome verwenden, die HIV-positiv sind.<br />
Das „Restrisiko“ aller Verhütungspraktiken<br />
hinsichtlich „unerwünschter“ Schwangerschaften<br />
wird mit dem Pearl-Index (PI)<br />
angegeben. Pearl-Index 5 etwa bedeutet:<br />
wenn 100 Paare eine bestimmte Form der<br />
Verhütung praktizieren, so werden dennoch<br />
fünf dieser Paare innerhalb eines Jahres<br />
schwanger.<br />
Kondome haben je nach Untersuchung<br />
einen Pearl-Index von 3-12. Kondome sind<br />
effektiv kein absoluter Schutz vor „unerwünschten“<br />
Schwangerschaften. Die Gründe<br />
dafür sind vielfältig. Dazu kommt aber:<br />
der Größenunterschied vom<br />
HIV-Erreger und<br />
einem Spermium<br />
liegt bei 1:480! Das<br />
bedeutet anders<br />
gesagt, dass ein<br />
HIV-Erreger<br />
nur etwa<br />
0,2% der Größe eines Spermiums hat.<br />
Wenn Kondome schon nicht zu 100% eine<br />
Schwangerschaft verhindern können, dann<br />
erst recht nicht die Übertragung des HIV-<br />
Erregers.<br />
Andererseits ist zu sagen, dass der Erreger<br />
in einem relativ dickflüssigen Sekret eingebettet<br />
ist. Das Risiko der Ansteckung mit<br />
dem HIV-Erreger bei Kondomgebrauch<br />
beträgt etwa 10% pro Jahr. Nach 5 Jahren<br />
würde dies etwa ein Ansteckungsrisiko von<br />
40% bedeuten.<br />
Wir können einen makabren, aber leicht<br />
verständlichen Vergleich anstellen: das<br />
Risiko ist etwa so, als würde man einmal<br />
jährlich einen Revolver mit 10 Kammern<br />
hernehmen, der mit einer Patrone geladen<br />
ist. Die Trommel wird gedreht, der Revolver<br />
dann an den Kopf angesetzt und abgedrückt.<br />
Das Risiko liegt bei „nur“ 10 %, dass bei diesem<br />
einen Schuss eine Patrone in der Kammer<br />
ist. Sollte aber gerade bei diesem einen<br />
Versuch die Patrone in der Kammer sein, so<br />
ist der Versuch tödlich.<br />
Der Vergleich mit „Russischem Roulette“ ist<br />
durchaus angebracht. AIDS ist<br />
eine Krankheit, die bisher nicht<br />
heilbar ist. Es kann der Krankheitsverlauf<br />
mit Medikamenten<br />
nur verzögert werden.<br />
Würde der Papst<br />
nun hergehen<br />
den<br />
und<br />
Gebrauch von<br />
Kondomen<br />
erlauben,<br />
so würde<br />
er sich<br />
mitschuldig<br />
machen, wenn jemand seinem Rat<br />
folgt und sich dann infiziert oder jemand<br />
anderen dadurch infiziert.<br />
Der einzige wirkliche Schutz, um die Übertragung<br />
auf sexuellem Wege zu verhindern,<br />
liegt einerseits in der Treue und andererseits<br />
bei einer bestehenden Infektion in der<br />
Enthaltsamkeit.<br />
Um es noch einmal zu wiederholen: selbstverständlich<br />
bieten Kondome einen gewissen<br />
Schutz vor der Ansteckung. Einen vollständigen<br />
Schutz gewährleisten sie nicht.<br />
Der Grundsatz des geringeren Übels ist<br />
deshalb in diesem Zusammenhang nicht<br />
anwendbar. Dieser Grundsatz würde voraussetzen,<br />
dass es keine Alternative zwischen<br />
zwei Übeln gäbe. Bei der AIDS-Problematik<br />
wäre der Gebrauch von Kondomen<br />
tatsächlich das geringere Übel gegenüber<br />
dem Geschlechtsverkehr ohne Kondome.<br />
Es gibt jedoch die Alternative der Enthaltsamkeit,<br />
die überhaupt kein Übel darstellt.<br />
In diesem Fall muss jener Weg beschritten<br />
werden, der keinerlei Übel mit sich bringt.<br />
Dies wird verstärkt durch die Tatsache, dass<br />
es um Leben und Tod geht, was auch einen<br />
mitunter heroischen Verzicht in besonderer<br />
Weise rechtfertigt.<br />
Tatsächliche Freiheit bedeutet die Fähigkeit,<br />
auch auf eine legitime Möglichkeit zu verzichten.<br />
Tatsächliche Liebe kann daher nur<br />
bedeuten, den anderen einem derartigen<br />
Risiko nicht auszusetzen!<br />
Die hier angeführten Gründe machen die<br />
Aussagen des Papstes verständlicher,<br />
wenn er sagt, dass die AIDS-Problematik<br />
nicht mit dem Verteilen von Verhütungsmitteln<br />
zu lösen sei.<br />
Vielmehr würden sich die Probleme<br />
dadurch nur vertiefen, weil damit jenen,<br />
die wegen einer Infektion enthaltsam<br />
leben, suggeriert würde, dass mit der<br />
Verwendung von Kondomen nichts<br />
mehr passieren könne.<br />
Quelle: www.kath.net<br />
12 <strong>LEBE</strong> <strong>95</strong>/2009