Neue Szene Augsburg 2019-05
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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HEIMATKLÄNGE<br />
Bis in alle Ewigkeit!<br />
Interview mit<br />
T H E C R E E P I N G C A N D I E S<br />
Mitte der 80er Jahre waren The Creeping Candies überregional die erfolgreichste <strong>Augsburg</strong>er Underground-Band. Ihr Debüt-Album „Flesh“<br />
erschien 1986 auf dem renommierten Hamburger Indie-Label „What´s so funny about“ und sie waren eine der ersten lokalen Bands, der es<br />
gelang, durch die gesamte Republik zu touren. 34 Jahre später existiert die Formation immer noch. Walter Sianos ging auf Spurensuche und traf<br />
Christian „Hölle“ Höllriegl, Johann „Pulle“ Pupeter, Sebastian Kochs und Marcus „Maggi“ Jürgens zum Interview.<br />
Seid ihr die Band, die es schlicht vergessen hat, sich aufzulösen?<br />
Jedenfalls habe ich diesen Satz irgendwo über euch gelesen.<br />
Pulle: Der Satz stammt von Sebastian. Das hat sich im Laufe<br />
der Jahre eben so ergeben. Irgendwie rollte der Wagen weiter und<br />
weiter und weiter... Wir sind das Resultat aus Liebe zur Musik und<br />
gewachsener Freundschaft.<br />
Neben der Musik steht bei euch jährlich ein Radlausflug auf dem Programm...<br />
Sebastian: (lacht) Ja, das stimmt tatsächlich, jedes Jahr im Sommer packen<br />
wir die Räder aus und machen einen gemeinsamen Trip ins Grüne. Das<br />
ist inzwischen schon ein Ritual bei uns. Es dokumentiert, dass die Chemie<br />
untereinander einfach stimmt.<br />
Spulen wir mal ganz zurück. Angefangen hat eure Geschichte vor über<br />
30 Jahren, genauer gesagt 1985. Ich habe diese Zeit in <strong>Augsburg</strong> damals<br />
hautnah miterlebt. Es war eine aufregende Zeit. Punks, Skinheads, Mods,<br />
Popper, Rockabillies, Gothics, die Stadt war eine einzige Jugendbewegung.<br />
Wie habt ihr diese Ära in Erinnerung?<br />
Hölle: Als wir 1985 mit den Creeping Candies angefangen haben, war<br />
ich gerade mal 18 Jahre alt. Es gab das Metro, einen Punk- und New-Wave-<br />
Club in der Gögginger Straße und später das Blue Note in Oberhausen. Dort<br />
war alles vertreten, was du eben aufgezählt hast und man konnte als Band<br />
auch relativ einfach auftreten. Die Punkwelle hatte Anfang der 80er viele neue<br />
Bands in <strong>Augsburg</strong> hervorgebracht und irgendwo mussten die schließlich<br />
spielen.<br />
Das legendäre Blue Note. Pulle war ja damals einer der Betreiber...<br />
Hölle: Stimmt, aber da war er noch nicht bei den Candies. Das aufregende<br />
war auch, dass man plötzlich eine Band gründen konnte, ohne dass<br />
man vorher „studieren“ musste. Wenn man drei Akkorde konnte und fünf<br />
Songs hatte, konnte man auftreten. Jede Jugendbewegung hatte ihre Bands<br />
und da waren auch wirklich gute dabei.<br />
Wie ist es mit den Creeping Candies losgegangen?<br />
Hölle: Christian Pfaud, Reiner Thienel und ich haben die Creeping<br />
Candies gegründet, die aus der Band „Flow My Tears The Policeman Said“<br />
hervorgegangen ist. Sänger war damals noch Joachim Stender, der aber aus<br />
beruflichen Gründen nach Berlin gegangen ist und so habe ich den Gesang<br />
übernommen. Später kam noch unser Schulkumpel Marian Tögel an der<br />
Orgel dazu und schon ging’s los.<br />
Ihr habt als eine der ersten <strong>Augsburg</strong>er Bands einen Plattendeal beim renommierten<br />
Hamburger Indie-Label „Whats so funny about“ bekommen. Der Labelchef<br />
Alfred Hilsberg war eine schillernde Figur in der deutschen<br />
Indieszene. Wie kam’s denn dazu?<br />
Hölle: Wir haben damals im Siedlerhof selbst Konzerte veranstaltet und<br />
auch als Vorgruppe gespielt, weil unser Programm noch nicht so lang war.<br />
Beim Konzert mit Pseiko Lüde und die Astros haben die uns ein paar Supportshows<br />
versprochen und so sind wir im Hamburger Club „Kir“ gelandet.<br />
Das war quasi Hilsbergs zweites Wohnzimmer. Nach dem Auftritt hat der Reiner<br />
ihn einfach angequatscht. Er hat zwar Interesse signalisiert, aber gehört<br />
haben wir dann nichts mehr von ihm.<br />
Und dann kam Nikki Sudden ins Spiel?<br />
Hölle: Genau. Nach einer gemeinsamen Show hat Nikki uns angeboten,<br />
unser Debüt-Album zu produzieren. Er war damals, wie es der Zufall so<br />
wollte, bei „Whats so funny about“. Daraufhin hat uns Hilsberg zugesagt, die<br />
Platte zu veröffentlichen, wenn Nikki sie produziert. Das allein hat schon mal<br />
1.000 verkaufte Platten garantiert.<br />
Ein Jahr später erschien bereits euer zweites Album “The Story of...“ und<br />
1988 wart ihr auf der Big Store-Compilation „The Sound & The Fury“<br />
mit Bands wie Ferry Boat Bill, Well Well Well, Flowerpornoes, This Bad<br />
Life, Strangemen, Lolitas u.a… Für mich ist das heute noch einer der<br />
besten deutschen Sampler.<br />
Pulle: Big Store war damals ein aufstrebendes Indie-Label. Wir haben<br />
die Macher bei einem Konzert von Ferry Boat Bill kennengelernt. Die waren<br />
auf Tour und hatten zwei Offdays zu überbrücken und wir haben sie dann<br />
bei uns zuhause untergebracht. Irgendwann kam das Angebot, einen Song<br />
beizusteuern. Die haben das ziemlich groß aufgezogen, auch mit zwei Releasekonzerten<br />
mit je sechs Bands in Hamburg und Essen.<br />
Irgendwann seid ihr dann aber getrennte Wege gegangen und es folgte<br />
eine kleine Schaffenspause.<br />
Hölle: Nach zwei Alben gab es den großen Knatsch, wir haben uns von<br />
Reiner getrennt, weil wir uns mit der Zeit einfach auseinandergelebt haben.<br />
Daraufhin ist Pulle eingestiegen.<br />
Pulle: Das war für mich ein toller Einstieg, denn ich war gleich bei der