gie_05_2019
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Die Zeitschrift für Technik, Innovation und Management<br />
Mai<br />
<strong>2019</strong><br />
5<br />
GIFA<br />
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GIFA<strong>2019</strong>, June 25-29, Düsseldorf/Germany<br />
Hall 10, Booth No. B42
EDITORIAL<br />
Er kommt, er kommt nicht, er ...<br />
FOTO: KOSTAS KOUFOGIORGOS<br />
Wie Politik und Verwaltung die<br />
Unternehmen der Gießereibranche<br />
behindern, ist Thema unserer<br />
neuen Serie. Die Beiträge<br />
kommen aus der Praxis (Seite<br />
20).<br />
FOTO: DARIUS SOSCHINSKI/BDG<br />
Wie geht es Ihnen, wenn Sie hier das Wort „Brexit“<br />
lesen? Rollen Sie genervt die Augen? Schütteln<br />
den Kopf? Fühlen Sie sich hilflos? Verständnislos?<br />
Sind Sie wütend?<br />
Das alles wäre inhaltlich verständlich, wenn auch<br />
zeitlich beliebig. Denn wir hätten an dieser Stelle vor<br />
zwei Jahren „Brexit“ schreiben können. Oder vor einem<br />
Jahr, vor drei Monaten, vor einem Monat - oder auch in<br />
einem Monat, vielleicht in sechs Monaten. Wenn sich<br />
der (britische) Politikbetrieb so zeitvergessen wie seit<br />
inzwischen fast drei Jahren um sich selbst dreht, wird<br />
Zeit unwichtig.<br />
Man könnte das Ganze als slapstickartiges Experiment<br />
abtun und überhaupt die Schrulligkeit jenseits<br />
des Ärmelkanals belächeln. Denn die subversive, anarchische<br />
EU-Feindlichkeit auf der Insel hat ja auch liebenswerte<br />
Züge. Wer jemals irgendwo in einem idyllisch eingewachsenen englischen<br />
Landpub war – mit viel zu tiefen, durchgebogenen Deckenbalken, einer Zapfanlage aus Königin<br />
Victorias Zeiten und Toiletten irgendwo im Hof – weiß, wie weit Brüssel mit seinen<br />
EU-Normen entfernt ist von den Nachfahren des britischen Weltreiches.<br />
Das Thema mit dem Brexit, diesem unberechenbaren, ist aber kein folkloristisches,<br />
sondern ein ernstes. Hatte nicht etwa BMW extra seine Werksferien vom Sommer auf das<br />
Frühjahr verschoben, um die unmittelbaren Wirren des für Ende März angesagten Austritts<br />
abzufedern? Schließlich war der 29.03.<strong>2019</strong> lange als fixes Datum genannt.<br />
Betriebe planen – aber Planung setzt voraus, dass wesentliche Fakten definiert sind<br />
und als „Rahmenbedingungen“ zuverlässiger Eckpfeiler dieser Planung werden können.<br />
Die fortgesetzte Nicht-Entscheidung beim Brexit ist deswegen ein Totalversagen des Politikbetriebes.<br />
Darunter leiden Betriebe, auch in Deutschland.<br />
Dazu passend schwebt das große Thema „Rahmenbedingungen“ über unserer neuen<br />
Serie, deren geistige Mutter die BDG-Referentin für Umwelt- und Arbeitsschutz, Elke Radtke,<br />
ist. Wir thematisieren darin jene Felder, die aus Sicht der Gießereibranche Planung und<br />
unternehmerische Tätigkeit besonders belasten.<br />
Vielleicht passt es in einem Jahr mit durchaus unsicherer konjunktureller Entwicklung<br />
besonders gut, dass Düsseldorf zur Leitmesse GIFA lädt. Weil die Leistungsschau erlaubt,<br />
die eigenen Innovationen, die eigene Stärke zu betonen. Und traditionell werden auf der<br />
GIFA konkrete Geschäfte getätigt. Am Rhein wird also, anders als beim dauernervenden<br />
Brexit, doch hoffentlich sehr viel vorangehen für die ausstellenden Unternehmen. Wie<br />
wichtig die GIFA ist und welche Neuheiten die Fachbesucher erwarten lesen Sie in unserem<br />
vorletzten Special zur Leitmesse (ab Seite 78).<br />
Viel Erfolg bei Ihrer Vorbereitung auf Düsseldorf – und viel Freude an unserer neuen<br />
Ausgabe der GIESSEREI!<br />
Ihr<br />
Martin Vogt, Chefredakteur (E-Mail: martin.vogt@bdguss.de)<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 3
INHALT<br />
KS81<br />
FOTO: GTP SCHÄFER/ FLOW SCIENCE DEUTSCHLAND<br />
FOTO: MARTIN VOGT<br />
YSZ<br />
FOTO: RWTH AACHEN<br />
44<br />
Simulation<br />
TECHNOLOGIE & TRENDS<br />
Wie brennen exotherme Speiser ab?<br />
Bislang wurde das lediglich mit einfachen<br />
Ersatzmodellen beschrieben. Vorgestellt<br />
wird hier ein Verfahren zur realistischen<br />
Simulation des Vorgangs.<br />
78<br />
Vorbericht<br />
GIFA Special<br />
Neben weiteren News und einem ersten<br />
Vorbericht zur Messe lesen Sie hier das<br />
Interview mit GIFA-Präsident Heinz<br />
Nelissen: Warum die Messe Pflicht für<br />
alle Unternehmen der Branche ist.<br />
24<br />
YSZ-Dauerbeschichtung<br />
Forschung & Innovation<br />
Wie schlagen sich verschiedene Schlichten<br />
im Aluminium-Kokillenguss hinsichtlich<br />
Wärmehaushalt und Verschleißschutz?<br />
Und wie endet der Vergleich zur<br />
YSZ-Dauerbeschichtung?<br />
72<br />
Walzen begeistern<br />
Beruf & Karriere<br />
Anja Born hat die Walzen entdeckt:<br />
Aus dem Ferienjob wurde<br />
eine echte Passion für schwere<br />
Werkstücke. Reportage aus<br />
Coswig bei Dresden.<br />
FOTO: TEAM<br />
4 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
AKTUELLES<br />
6 Nachrichten aus den Unternehmen<br />
AKTUELLES/SERIE<br />
20 Die Unternehmen im Politik- und Verwaltungsdschungel, Elke Radtke<br />
FORSCHUNG & INNOVATION<br />
24 YSZ-Dauerbeschichtung als Alternative zu Kokillenschlichten?<br />
Nino Wolff, Uwe Vroomen, Andreas Bührig-Polaczek, Jan Krampe<br />
CAST<br />
YOUR<br />
SUCCESS<br />
ESSAY<br />
32 Potenziale Additiver Fertigung für die Gießerei-Industrie, Martin Bednarz<br />
TECHNOLOGIE & TRENDS<br />
36 Gießen von Al-Zylinderkurbelgehäusen – Herausforderung Zylinderlauffläche,<br />
Franz Josef Feikus, Leopold Kniewallner, Thomas Frederik Linke, Mariusz Lewandowski<br />
44 Realistische Simulation des Abbrennens exothermer Speiser,<br />
Malte Leonhard, Matthias Todte, Jörg Schäfer<br />
50 Bewertung von Ener<strong>gie</strong>effizienz-Maßnahmen in Aluminium-Druckgussbetrieben<br />
durch Simulation, Johannes Dettelbacher, Wolfgang Schlüter<br />
SPEKTRUM<br />
54 Geprüfte Qualität mit Inline-CT und Q-Maps, Nathan Elmore<br />
63 Mannlose Formstoffaufbereitung – vernetzte Prozesse – bessere Gussqualität,<br />
Edith Weiser<br />
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
60 Modernisierung mit Maß und Ziel, Ulrike Gerhards<br />
64 3-D-Drucksysteme modernisieren klassisches Kunst<strong>gie</strong>ßen,<br />
Frederik von Saldern, Peter Mühlhäuser<br />
68 Deutsche Gussproduktion 2018 und Ausblick <strong>2019</strong>,<br />
Heiko Lickfett, Sophie Steffen<br />
BERUF & KARRIERE<br />
72 Anja und die Walzen, Karin Hardtke<br />
GIFA-SPECIAL<br />
78 Wahres Feuerwerk an Innovationen - Interview mit GIFA-Präsident<br />
Heinz Nelissen, Robert Piterek, Martin Vogt<br />
82 Quantität trifft Qualität, Martin Vogt<br />
83 Einladung zu den Vortragsforen<br />
88 Wie Unternehmen sich auf die GIFA<br />
vorbereiten, Robert Piterek<br />
92 GIFA-News<br />
RUBRIKEN<br />
111 Patente<br />
116 News<br />
125 Firmenschriften<br />
126 Medien & Bücher<br />
128 Termine<br />
129 VDG intern<br />
130 Personalien<br />
131 Inserentenverzeichnis<br />
132 Stellenmarkt/Kontakte/Sonstiges<br />
134 Vorschau/Impressum<br />
INDUSTRY<br />
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GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 5
AKTUELLES<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
6 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
Foto des<br />
Monats:<br />
Druckguss<br />
mit Charme<br />
Eine Charge Wasserpumpengehäuse für<br />
Verbrennungsmotoren mit kleinem Hubraum<br />
bei Druckguss Westfalen in Geseke.<br />
Die Aluminiumdruck<strong>gie</strong>ßerei, die derzeit<br />
massiv in die Zukunft investiert (mehr hierzu<br />
in der Reportage im kommenden Heft)<br />
fertigt die Gehäuse in Großserie, bearbeitet<br />
sie mechanisch und prüft sie darüber<br />
hinaus zu 100 % auf Dichtigkeit.<br />
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GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 7
AKTUELLES<br />
Einbaufertige Schwungräder aus Bestwig<br />
KUKA-Roboter mit einem Schwungrad im Greifer. Die Gussteile durchlaufen mehrere<br />
Stationen, bis sie einbaufertig sind. Dabei werden sie induktiv bearbeitet, gewuchtet,<br />
gewaschen und gekennzeichnet.<br />
> M. BUSCH: Sie ist der Beweis für hohe<br />
Produktivität und Wertschöpfung, zugleich<br />
aber auch ein Bekenntnis für den<br />
Standort Deutschland: Die neue Schwungradbearbeitungsanlage<br />
von M. Busch, die<br />
am 22. März <strong>2019</strong> in Bestwig eingeweiht<br />
wurde. 4 Mio. Euro sind in die verkettete,<br />
vollautomatische Bearbeitungslinie investiert<br />
worden, die einbaufertige Schwungräder<br />
für Nutzfahrzeuge produziert. Es ist<br />
die bislang größte am Standort Bestwig<br />
getätigte Einzelinvestition. Die über Roboter<br />
verketteten Prozesse umfassen das<br />
Bearbeiten, Zahnkranzaufschrumpfen,<br />
aber auch das Wuchten, Waschen und<br />
eindeutige Kennzeichnen der Bauteile.<br />
Gegossen werden die Komponenten in<br />
der rund fünf Kilometer entfernten Gießerei<br />
in Meschede-Wehrstapel, wo auch<br />
die Hauptprodukte Bremsscheiben und<br />
Bremstrommeln für die Nutzfahrzeugindustrie<br />
entstehen. Insgesamt produziert<br />
M. Busch inklusive Schwungrädern<br />
13 000 fertige Bauteile pro Tag. Nach der<br />
Einstellung von 62 neuen Mitarbeitern im<br />
vergangenen Jahr arbeiten jetzt 600 Mitarbeiter<br />
für das mittelständische Unternehmen,<br />
240 in der Verwaltung und Bearbeitung<br />
in Bestwig, 360 in der Gießerei<br />
in Wehrstapel. Vorteil des Produktportfolios:<br />
Es ist größtenteils auch in den<br />
heraufbrechenden Zeiten der Elektromobilität<br />
unentbehrlich für die Nutzfahrzeugindustrie.<br />
Hinter der aktuellen Investition in<br />
Bestwig steht ein Großauftrag des Fahrzeugherstellers<br />
Daimler, der die Schwungräder<br />
für seine neue Motorengeneration<br />
MDEG benötigt. Hier würden die Stückzahlen<br />
gerade hochgefahren, verriet Gerhard<br />
Berger, Leiter Lieferantenmanagement<br />
bei Daimler, auf der Einweihungsfeier<br />
der neuen Anlage in Bestwig. Die<br />
Menge der mit M. Busch-Schwungrädern<br />
hergestellten Motoren steige in diesem<br />
Jahr auf 55 000 an. Das habe auch damit<br />
zu tun, dass die Daimler-Tochter Freightliner<br />
seit vergangenem Jahr Marktführer<br />
bei Lkw in den USA sei und daher die<br />
Motorenproduktion für die USA von 6000<br />
auf 12 000 Stück ansteige. Berger betonte<br />
zudem, dass sein Unternehmen<br />
durchweg gute Erfahrungen mit M. Busch<br />
gemacht habe und die eingesetzte hochautomatisierte<br />
Anlage schätze.<br />
Bei der Einweihungsfeier in Bestwig<br />
hörten die Gäste, bestehend aus Kunden,<br />
Vertretern von Politik, Verbänden, Presse,<br />
IG Metall und Banken, Reden von<br />
M. Busch-Geschäftsführer Andreas Güll,<br />
dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes<br />
der Deutschen Gießerei-Industrie<br />
(BDG) Max Schumacher sowie Vertretern<br />
des Landkreises und der Gemeinde<br />
Bestwig. Andreas Güll begründete die<br />
Investition in Bestwig mit dem hohen<br />
Know-how vor Ort sowie der Heimatliebe<br />
für das Sauerland und betonte, dass mit<br />
der Entscheidung für den Betrieb der<br />
hochmodernen Anlage auch der Anspruch<br />
verbunden sei, besser als andere<br />
zu sein. Die Investition sei „ein Bekenntnis<br />
zu Bestwig und dem Produktionsstandort<br />
Deutschland“ und stelle gleichzeitig<br />
den neuen Benchmark in Sachen<br />
Produktivität, Automatisierung, Flexibilität<br />
und Qualität für diese Produktfamilie<br />
dar. Die Produktionssteigerungen und<br />
der hohe Grad der Automatisierung der<br />
Anlage seien erforderlich, um dem internationalen<br />
Kostendruck standzuhalten,<br />
bekräftigte er und fügte in Bezug auf die<br />
konstant dokumentierten Daten durch<br />
die neue, aber auch bestehende Anlagen<br />
hinzu, dass Industrie 4.0 bei M. Busch<br />
bereits Tagesgeschäft sei. Andreas Güll<br />
kündigte zum Abschluss seiner Rede darüber<br />
hinaus eine weitere Großinvestition<br />
an, die bereits im Frühjahr 2020 präsentiert<br />
werden soll. M. Busch werde bis dahin<br />
zwei neue Hallen bauen und in zwei<br />
weitere Maschinengruppen investieren.<br />
Kostenpunkt: 5,5 Mio. Euro. Hierfür werde<br />
auch ein neues Lkw-Terminal gebaut.<br />
Max Schumacher vom BDG lobte in<br />
seiner Rede den unternehmerischen Mut<br />
sowie die strategische Richtung der Investition<br />
und betonte, dass M. Busch<br />
trotz Mobilitätswende hervorragend aufgestellt<br />
sei. Erfreulich sei auch, dass Andreas<br />
Güll als Vertreter eines „unersetzlichen<br />
Verbandsmitglieds“ im BDG-Vorstand<br />
vertreten sei, so Schumacher.<br />
Lobende Worte kamen auch von den<br />
Vertretern der Politik, die das Bestwiger<br />
Unternehmen als „Garanten für Wohlstand“<br />
und als „bodenständiges, verlässliches<br />
Unternehmen mit gutem Ruf“ bezeichneten.<br />
Die hohe Investitionstätigkeit der Eisen<strong>gie</strong>ßer<br />
aus dem Sauerland ist nicht<br />
neu. Erst vor rund zweieinhalb Jahren ist<br />
am M. Busch-Standort in Meschede-<br />
Wehrstapel die Gießerei G3plus in Betrieb<br />
genommen worden. Daran erinnerte<br />
Werksleiter Andreas Nissen in einem Gespräch<br />
am Rande der Einweihungsfeier<br />
in Bestwig. Die Investitionssumme lag hier<br />
sogar bei 40 Mio. Euro, mit denen unter<br />
anderem eine neue Mittelfrequenzofenanlage<br />
und eine neue Formanlage installiert<br />
wurden. Das Gießerei-Team rund um<br />
Andreas Nissen arbeitete zur Realisierung<br />
der neuen Schwungradbearbeitungsanlage<br />
eng mit den Kollegen in Bestwig zusammen.<br />
Neben dem aufeinander abgestimmten<br />
Zusammenspiel der Prozesse<br />
Gießen und Bearbeiten wurde auch an<br />
Ressourceneffizienz gedacht: Die an der<br />
Anlage anfallenden Metallspäne gehen<br />
zurück nach Wehrstapel, wo sie wieder<br />
eingeschmolzen werden.<br />
www.m-busch.de<br />
FOTO: M. BUSCH<br />
8 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
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AKTUELLES<br />
FOTO: STIHL<br />
Neue Produktionslogistik in Weinsheim<br />
Am 5. April <strong>2019</strong> fiel mit dem Spatenstich der offizielle<br />
Startschuss für den Bau der neuen Produktionslogistik<br />
> STIHL MAGNESIUM-DRUCKGUSS:<br />
Das STIHL-Werk im rheinland-pfälzischen<br />
Weinsheim wird um eine neue Produktionslogistik<br />
erweitert. Am 5. April <strong>2019</strong><br />
fiel mit dem Spatenstich der offizielle<br />
Startschuss für den Neubau. Mit einer<br />
Investitionssumme von 18 Millionen Euro<br />
ist das die höchste Einzelinvestition des<br />
Unternehmens in den Standort.<br />
Dr. Nikolas Stihl, STIHL Beirats- und<br />
Aufsichtsratsvorsitzender, betont: „Angesichts<br />
der Technolo<strong>gie</strong>führerschaft unserer<br />
Magnesium-Druckguss-Produkte sind<br />
die Wachstumsaussichten dieses Standorts<br />
vielversprechend. Mit dem Neubau<br />
werden wir unsere logistische Leistungsfähigkeit<br />
erheblich steigern. Dies ist erforderlich,<br />
um die steigenden Absätze im<br />
Bereich Motorsägen und Motorgeräte<br />
ebenso bewältigen zu können wie Aufträge<br />
externer Kunden.“<br />
Hartmut Fischer, Geschäftsleiter von<br />
STIHL Magnesium-Druckguss ergänzt:<br />
„Das Werk wächst kontinuierlich und ist<br />
an der Grenze seiner räumlichen Möglichkeiten.<br />
Durch den Bau des Logistikgebäudes<br />
schaffen wir Raum für die zukünftige<br />
Weiterentwicklung und Optimierung<br />
der logistischen Prozesse sowie<br />
Platz für neue Maschinen.“ Im Zuge des<br />
anhaltenden Wachstums, das den Bau<br />
der Produktionslogistik notwendig<br />
macht, entstehen bei STIHL Magnesium-<br />
Druckguss 28 zusätzliche Arbeitsplätze.<br />
Der Neubau, der eine Nutzfläche von<br />
6300 m 2 hat, soll Mitte 2020 eingeweiht<br />
werden.<br />
Dr. Joachim Streit, Landrat des Eifelkreises<br />
Bitburg-Prüm sagt: „Mit STIHL<br />
haben wir ein äußerst erfolgreiches Unternehmen<br />
im Eifelkreis Bitburg-Prüm,<br />
das maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg<br />
unserer Region beiträgt und einer der<br />
größten Arbeitgeber im Eifelkreis ist.<br />
Durch den Bau des neuen Logistikgebäudes<br />
kann STIHL expandieren und neue<br />
Arbeitsplätze schaffen.“ Aloysius Söhngen,<br />
Bürgermeister der Verbandsgemeinde<br />
Prüm unterstreicht: „Der Name STIHL<br />
steht für mehr als 45 Jahre Erfolgsgeschichte<br />
in der Eifel und im Prümer Land.<br />
Erfolg hat auf Dauer nur Bestand, wer zum<br />
Wandel bereit und zur Anpassung fähig<br />
ist.Der Neubau ist ein starkes Bekenntnis<br />
zum Standort Weinsheim.“<br />
STIHL Magnesium-Druckguss wurde<br />
1971 gegründet und ist heute eines der<br />
größten und modernsten Magnesium-<br />
Druckgusswerke in Europa. Mit seinen<br />
Qualitätserzeugnissen ist das Werk wichtiger<br />
Bestandteil im weltweiten STIHL Fertigungsverbund.<br />
Mit aktuell fast 750 Mitarbeitern<br />
werden auf einer Fläche von<br />
rund 28 000 m 2 hochwertige Magnesium-<br />
Bauteile gefertigt – nicht nur für Motorsägen<br />
und Motorgeräte, sondern auch für<br />
die Automobil-, Motorrad-, Fahrrad- und<br />
Elektroindustrie sowie für die Medizintechnik.<br />
Rund 20 Prozent des Umsatzes<br />
entfallen auf externe Kunden, den sogenannten<br />
Kundenguss. „Der Bau der neuen<br />
Produktionslogistik ist ein weiterer<br />
Meilenstein in der erfolgreichen Geschichte<br />
unseres Magnesium-Druckgusswerks<br />
und wird maßgeblich dazu beitragen,<br />
dass wir diese Erfolgsgeschichte<br />
fortschreiben“, betont Dr. Nikolas Stihl.<br />
www.stihl.de<br />
10 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
Treiber der industriellen Transformation<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Besuch der Hannover Messe Anfang April.<br />
> HANNOVER MESSE: Die Transformation<br />
der Industrie erlebbar machen - mit<br />
diesem Versprechen ist die Hannover<br />
Messe <strong>2019</strong> angetreten. Nach fünf Messetagen<br />
vom 1.- 5. April ziehen die Veranstalter<br />
eine positive Bilanz. Die wichtigsten<br />
Themen der Weltleitmesse waren<br />
in diesem Jahr der Einsatz von Künstlicher<br />
Intelligenz in der Industrie und Robotik,<br />
die Potenziale der neuen Mobilfunkgeneration<br />
5G in der industriellen Anwendung,<br />
Leichtbau und die Zukunft der Arbeit in<br />
Zeiten der zunehmenden Digitalisierung.<br />
„Die Hannover Messe <strong>2019</strong> hat gezeigt,<br />
dass sie die international wichtigste<br />
Plattform für alle Technolo<strong>gie</strong>n rund<br />
um die industrielle Transformation ist“,<br />
sagt Dr. Jochen Köckler, Vorsitzender des<br />
Vorstands der Deutschen Messe AG.<br />
„215 000 Besucher nutzten die Hannover<br />
Messe, um in neue Technolo<strong>gie</strong>n zu investieren<br />
und ihre Unternehmen fit für die<br />
Zukunft zu machen. Nur Hannover bietet<br />
den umfassenden Blick auf Anwendungsszenarien,<br />
Potenziale und das Zusammenspiel<br />
von Industrie 4.0, Künstlicher Intelligenz,<br />
5G und Ener<strong>gie</strong>lösungen.“<br />
Rund 6500 Aussteller aus aller Welt<br />
präsentierten Lösungen für die Industrieproduktion<br />
und Ener<strong>gie</strong>versorgung von<br />
morgen. Darunter waren mehr als 500<br />
Beispiele für den Einsatz Künstlicher Intelligenz<br />
in der industriellen Fertigung,<br />
5G-Anwendungen sowie Lösungen für die<br />
Ener<strong>gie</strong>- und Mobilitätswende. Auch die<br />
Robotik stand besonders im Fokus des<br />
Besucherinteresses. Die führenden Roboterhersteller<br />
und Robotik-Startups zeigten<br />
Anwendungsbeispiele für sämtliche<br />
Industriebranchen. Als innovative Hightech-Nation<br />
punktete das Partnerland<br />
Schweden mit 160 Ausstellern.<br />
Nahezu 40 Prozent der 215 000 Besucher<br />
kamen aus dem Ausland. Köckler:<br />
„Dieser Rekordwert unterstreicht die internationale<br />
Bedeutung der Hannover<br />
Messe und belegt die Stärke des Industriestandorts<br />
Deutschland.“ Die Top-Besucherländer<br />
nach Deutschland waren<br />
China (7200), die Niederlande (5900),<br />
Italien (3400) und die USA (3400). Aus<br />
dem Partnerland Schweden kamen 2600<br />
Besucher. In Zeiten der digitalen Transformation<br />
entwickelt sich auch die Hannover<br />
Messe weiter. Mit strategischen<br />
Anpassungen, die sowohl die Markenführung,<br />
das Themen-Setting als auch die<br />
Geländestruktur betreffen, stärkt die Hannover<br />
Messe ihre Position als weltweite<br />
Nummer 1 der Industriemessen.<br />
Mit künftig sieben Ausstellungsbereichen<br />
stellt sie die Weichen für weiteres<br />
Wachstum in den Kernsegmenten Industrie,<br />
Ener<strong>gie</strong> und Logistik.<br />
Die nächste Hannover Messe wird vom<br />
20. bis 24. April 2020 ausgerichtet. Partnerland<br />
ist dann Indonesien.<br />
www.hannovermesse.de<br />
FOTO: HANNOVER MESSE<br />
Flüssigmetall-Transport TRANSMETALL TM 1600<br />
Gabelstapler-Anbaugerät TRANSMETALL TM 1600:<br />
Pfanneninhalt: 1600 kg Aluminium<br />
Pfannenschnauze für geschlossenen Gießstrahl<br />
Vorteile:<br />
Schnell: Pfannenwechsel in Minuten<br />
Sicher: Pfannenverriegelung und freie Sicht auf Fahrweg und Pfanne<br />
Bewährt: Pfannenkippachse in Schnauzennähe, kein Nachjustieren<br />
beim Aus<strong>gie</strong>ßen; Pfannendeckel für weite Fahrstrecken<br />
Optional: Gießrinne für schwer zugängliche Öffnungen, Funkfernbedienung<br />
Wirtschaftlich: 5t-Stapler für 1600 kg Flüssigmetall<br />
Herwig Baumann<br />
Talweg 8<br />
75433 Maulbronn<br />
Fon : +49 (0) 70 43 / 20 96<br />
Fax : +49 (0) 70 43 / 88 <strong>05</strong><br />
Internet : www.ibb-baumann.de<br />
E-Mail<br />
: info@ibb-baumann.de<br />
Funktionen:<br />
Pfanne verriegeln<br />
Pfanne schwenken, links/rechts je 90°<br />
Pfanne auskippen, Kippwinkel 95°<br />
Deckel öffnen/schließen, Gießrinne ein-/ausfahren<br />
www.prh-werbung.de<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 11
AKTUELLES<br />
Leistungsfähigkeit der Putzerei erhöht<br />
Die Drahtgurt-Durchlaufstrahlanlage RDGE 1250-4-F wurde mit zahlreichen Komponenten,<br />
wie z.B. einem leistungsfähigen Magnetseparator, an die Anforderungen der Gießerei-Industrie<br />
angepasst.<br />
> MMG MARSBERGER METALLGUSS:<br />
Im Zuge der Kapazitätserweiterung wurde<br />
die Putzerei der MMG Marsberger Metallguss<br />
Gebr. Cordt oHG, Marsberg, komplett<br />
umgebaut und an die aktuellen Anforderungen<br />
hinsichtlich Leistung, Qualität<br />
und Ergonomie angepasst. Das<br />
Unternehmen investierte dafür in eine<br />
neue Drahtgurt-Durchlaufstrahlanlage,<br />
die Modernisierung des bestehenden<br />
Strahlsystems, zwei Filteranlagen und eine<br />
Handstrahlkabine von Rösler Oberflächentechnik,<br />
Untermerzbach.<br />
Seit der Übernahme der Marsberger<br />
Metall<strong>gie</strong>ßerei Erger 1996 durch die Brüder<br />
Olaf und Oliver Cordt wurde diese<br />
ständig erweitert und ausgebaut. Heute<br />
umfasst das Leistungsportfolio neben einer<br />
Vielzahl von Öfen für die Verarbeitung<br />
unterschiedlicher Aluminiumle<strong>gie</strong>rungen<br />
im Sand<strong>gie</strong>ßverfahren die Herstellung von<br />
Teilen im Kokillen<strong>gie</strong>ßverfahren sowie die<br />
mechanische Bearbeitung auf modernsten<br />
Bearbeitungszentren und Drehmaschinen.<br />
Um auch die Putzerei auf den neuesten<br />
Stand zu bringen, entschied man sich<br />
2018 in eine neue Strahlanlage sowie in<br />
die Modernisierung der bestehenden<br />
Strahlanlage zu investieren. Darüber hinaus<br />
wurden zwei neue Filtersysteme und<br />
eine Handstrahlanlage für manuelle Reinigungs-<br />
und Entgrataufgaben beschafft.<br />
Die für das Auspackstrahlen eingesetzte<br />
neue Anlage musste nicht nur hohe<br />
Anforderung hinsichtlich Strahlqualität,<br />
Durchsatz und Verfügbarkeit erfüllen,<br />
sondern auch für die Mitarbeiter ergonomisch<br />
zu handhaben sein. Abgestimmt<br />
darauf konzipierte Rösler die Drahtgurt-<br />
Durchlaufstrahlanlage RDGE 1250-4-F,<br />
die mit einem geteilten Becherwerk an<br />
die Hallenhöhe von fünf Metern angepasst<br />
und in einer speziell für die Gießerei-<br />
Industrie ausgelegten Ausführung gebaut<br />
wurde. Sie beinhaltet beispielsweise einen<br />
optimierten Verschleißschutz durch<br />
die serienmäßig aus Manganstahl gefertigte<br />
Strahlkammer, die zusätzlich mit<br />
austauschbaren Guss-Platten aus widerstandsfähigem<br />
Material ausgekleidet ist.<br />
Das hoch verschleißfeste Drahtgliederband<br />
für den Teiletransport ist kundenspezifisch<br />
auf eine Belastung von 250 kg<br />
pro laufendem Meter ausgelegt.<br />
In der Strahlkammer sorgen vier rund<br />
um das Gehäuse platzierte Gamma 400<br />
G-Turbinen mit einer Antriebsleistung<br />
von jeweils 15 kW dafür, dass selbst komplexe<br />
Werkstücke umfassend bearbeitet<br />
werden. Die von Rösler entwickelten<br />
Hochleistungsturbinen mit Wurfschaufeln<br />
im Y-Design erzielen im Vergleich<br />
mit herkömmlichen Turbinen eine bis zu<br />
20 Prozent höhere Strahlleistung bei geringerem<br />
Ener<strong>gie</strong>verbrauch. Außerdem<br />
können die Wurfschaufeln gedreht und<br />
von beiden Seiten genutzt werden. Der<br />
Wechsel kann mittels Schnellwechselsystem<br />
einfach und bei eingebauter Turbine<br />
erfolgen. Daraus resultiert eine mindestens<br />
doppelte Standzeit. Die verschleißarmen<br />
und ener<strong>gie</strong>sparenden<br />
Gamma 400 G-Turbinen kamen auch bei<br />
der Modernisierung des bestehenden<br />
Strahlsystems zum Einsatz.<br />
Die neue Anlage verfügt darüber hinaus<br />
über eine Werkstückerkennung. Dadurch<br />
wird nur gestrahlt, wenn sich Teile in der<br />
Anlage befinden, andernfalls fährt sie automatisch<br />
in einen Standby-Modus. Dies<br />
trägt ebenfalls dazu bei, Verschleiß und<br />
Ener<strong>gie</strong>verbrauch zu verringern. Die Strahlmittelmenge<br />
von maximal 200 kg/min<br />
pro Turbine wird ebenso wie die Transportgeschwindigkeit<br />
entsprechend dem<br />
in der Anlagensteuerung gespeicherten<br />
und vom Bediener ausgewählten, teilespezifischen<br />
Strahlprogramm automatisch an<br />
die zu bearbeitenden Teile angepasst.<br />
Durch eine integrierte Höhenerkennung<br />
stellt sich die im Anlagenauslauf platzierte<br />
Abblasstation auf das entsprechende<br />
Werkstück ein. Die Strahlmittelaufbereitung<br />
verfügt über einen leistungsfähigen<br />
Magnetseparator.<br />
Die Filtersysteme der Luftaufbereitung<br />
sind aufgrund der Aluminiumgussteile<br />
explosionsgeschützt ausgeführt und wurden<br />
– um Produktionsfläche zu sparen<br />
– im Außenbereich der Halle platziert.<br />
www.marsberger-metallguss.de<br />
FOTO: RÖSLER<br />
A. FENGLER<br />
Hermann Uhlmann<br />
Maschinen- und<br />
Waagenbau GmbH<br />
Hasseröder Straße 6<br />
AAGM Aalener<br />
Gießereimaschinen GmbH<br />
Gewerbehof 28 · D-73441 Bopfingen<br />
Tel. + 49 (0) 73 62 / 95 60 37-0<br />
Fax. + 49 (0) 73 62 / 95 60 37-10<br />
E-Mail: info@aagm.de · Web: www.aagm.de<br />
12 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
gifa.de<br />
tbwom.de<br />
Investition in umweltfreundliche<br />
Ener<strong>gie</strong>versorgung<br />
>MFL: Mit einer Investition von rund einer halben<br />
Million Euro hat die MFL die interne Ener<strong>gie</strong>versorgung<br />
umgestellt. Schon nach dem ersten Winter<br />
wird Ener<strong>gie</strong> im Ausmaß von 100 Einfamilienhäusern<br />
eingespart.<br />
In der MFL Gießerei in Liezen, Österreich, werden<br />
Gussteile in bis zu 1000 °C heißen Wärmebehandlungsöfen<br />
verarbeitet, die eine Abwärmetemperatur<br />
von immer noch bis zu 900 °C liefern.<br />
Diese vorhandene Wärme hat sich MFL zunutze<br />
gemacht: Durch die Installation von Wärmetauschern<br />
wird seit dem Vorjahr die Abwärme von<br />
insgesamt vier Öfen in ein betriebsinternes Heizungsnetz<br />
eingespeist. „Damit können wir die<br />
sonst ungenutzte Temperatur wiederverwerten“,<br />
vereinfacht Geschäftsführer Herbert Decker. Konkret<br />
werden durch die vier Wärmerückgewinnungsanlagen<br />
rund 2000 MWh in das MFL-Heizungsnetz<br />
zugeführt – fast ein Viertel der eingesetzten und<br />
sonst ungenutzten Ener<strong>gie</strong> kann so wiederverwertet<br />
werden. Als Anhaltspunkt: Das entspricht etwa<br />
dem Ener<strong>gie</strong>verbrauch von 100 Ennstaler Einfamilienhäusern.<br />
Genutzt wird die zusätzlich verfügbare Ener<strong>gie</strong><br />
zur Beheizung der MFL-Räumlichkeiten. Während<br />
des Sommers wird die überschüssige Ener<strong>gie</strong>, sofern<br />
sie nicht am Betriebsstandort Verwendung findet,<br />
in das Fernwärmenetz Liezen eingespeist. „Mit<br />
dieser Maßnahme wollen wir unsere Rolle als zukunftsorientiertes<br />
Technolo<strong>gie</strong>unternehmen unterstreichen.<br />
Für uns ist entscheidend, hier einen nachhaltigen<br />
Beitrag in der Region zu leisten – über die<br />
gesetzlichen Normen hinaus“, sagt Decker. Das<br />
Projekt macht sich auch auf CO 2 -Basis bezahlt, denn<br />
fast 500 t CO 2 können mit der Maßnahme pro Jahr<br />
eingespart werden.<br />
Für diese ökologische Trendwende investierte der<br />
Vorzeigebetrieb rund eine halbe Million Euro am<br />
Standort: 1400 m Heizungs- und 700 m Verbindungsleitungen<br />
wurden installiert – nicht ohne Weitblick:<br />
„Diese Investition ist umwelttechnisch und<br />
wirtschaftlich gleichermaßen nachhaltig: Denn die<br />
Investition ermöglicht Einsparungen im Bereich von<br />
100 000 Euro pro Jahr.“<br />
www.mfl.at<br />
Möchten Sie, dass wir Ihre Presseinformationen<br />
für unsere Rubrik Aktuelles<br />
berücksichtigen?<br />
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14. INTERNATIONALE GIESSEREI-<br />
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an: redaktion@bdguss.de<br />
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Tel. +49 211 4560-01 _ Fax +49 211 4560-668<br />
www.messe-duesseldorf.de
AKTUELLES<br />
„startklar mannheim“: Tag der offenen Tür<br />
für künftige Auszubildende<br />
> DAIMLER: Am 5. April öffnete der<br />
Daimler-Standort in Mannheim als einer<br />
der größten Ausbildungsbetriebe der Region<br />
gemeinsam mit zwei weiteren lokal<br />
ansässigen Unternehmen und der Stadt<br />
Mannheim seine Pforten. Im Rahmen der<br />
„startklar mannheim“-Informationsbörse<br />
erhielten interessierte Jugendliche und<br />
deren Eltern direkt in der Ausbildungswerkstatt<br />
einen Einblick in die technischen<br />
Ausbildungsberufe sowie über die<br />
dualen Studiengänge des Werkes. Auszubildende<br />
informierten aus erster Hand<br />
über ihren Arbeitsalltag. Bei handwerklichen<br />
Aufgaben konnten die Besucher zudem<br />
testen, ob ihre Vorstellung des Berufswunschs<br />
mit der Praxis übereinstimmt.<br />
Auch die Niederlassung<br />
Mannheim-Heidelberg-Landau war in der<br />
Werkstatt mit einem eigenen Stand vertreten<br />
und stellte dort ihre spezifischen<br />
Ausbildungsmöglichkeiten für junge Einsteiger<br />
vor. Viel Zeit ist nicht mehr, die<br />
Bewerbungsphase für das Ausbildungsjahr<br />
2020 startet am 1. Juni <strong>2019</strong>.<br />
Am Daimler-Standort in Mannheim wird<br />
bereits seit über 100 Jahren viel Wert auf<br />
Nachwuchsförderung gelegt. Fast 11 000<br />
junge Menschen haben seit Gründung der<br />
Ausbildungswerkstatt 1916 ihre Berufsausbildung<br />
hier gestartet. Die Auszubildenden<br />
des Mercedes-Benz Werkes Mannheim und<br />
der EvoBus GmbH absolvieren gemeinsam<br />
unter einem Dach ein umfangreiches und<br />
praxisnahes Ausbildungsprogramm mit<br />
dem Ziel der bestmöglichen Qualifikationen<br />
für den anschließenden Einstieg in die Berufslaufbahn.<br />
Große Praxisnähe und das<br />
Ausbildung am<br />
Daimler-Standort<br />
Mannheim: Große<br />
Praxisnähe und das<br />
Arbeiten mit modernsten<br />
Produktions-<br />
und Fertigungstechnolo<strong>gie</strong>n<br />
bereiten die jungen<br />
Talente bestmöglich<br />
auf die Berufe von<br />
Morgen vor.<br />
Arbeiten mit modernsten Produktions- und<br />
Fertigungstechnolo<strong>gie</strong>n bereiten die jungen<br />
Talente bestmöglich auf die Berufe von<br />
Morgen vor. Die Online-Plattform DAS@<br />
web ermöglicht es, Lerninhalte jederzeit<br />
auch von zu Hause abzurufen und unterstützt<br />
die Vernetzung von Auszubildenden<br />
über die Produktionsstandorte hinweg. In<br />
der Ausbildungswerkstatt erfolgt die Wissensvermittlung<br />
beispielsweise über die<br />
Integration von PCs oder Tablets an der<br />
Werkbank oder von Lernprogrammen an<br />
Lernstationen.<br />
Derzeit sind rund 300 Auszubildende<br />
und über 30 Studierende der Dualen Hochschule<br />
am Standort Mannheim im Einsatz.<br />
Darüber hinaus bietet das Unternehmen<br />
für Schüler eine große Anzahl an Schülerpraktika<br />
sowie für Studierende Praktikumsplätze<br />
oder Abschlussarbeiten an.<br />
Angeboten werden derzeit die Berufsausbildungen<br />
zum Gießereimechaniker/-in<br />
Fachrichtung Maschinenformguss,<br />
Fertigungsmechaniker/-in, Kraftfahrzeugmechatroniker/-in,<br />
Technische(r)<br />
Modellbauer/-in, Zerspanungsmechaniker/-in,<br />
Fachkraft für Lagerlogistik und<br />
Mechatroniker/-in. Im Rahmen von Industrie<br />
4.0 werden für ausgewählte Auszubildende<br />
der Mechatroniker/innen verschiedene<br />
Digitalisierungsschwerpunkte angeboten,<br />
für die es am Ende der Ausbildung<br />
ein IHK-Zertifikat gibt.<br />
Hinzu kommen die Dualen Studiengänge<br />
Bachelor of Engineering Maschinenbau,<br />
Bachelor of Engineering Mechatronik,<br />
Bachelor of Engineering Wirtschaftsingenieurwesen,<br />
Bachelor of Engineering<br />
Elektrotechnik und Bachelor of Science<br />
Wirtschaftsinformatik.<br />
www.startklar-mannheim.de,<br />
www.daimler.com/karriere<br />
FOTO: DAIMLER<br />
Nachhaltige Produktion im Blick<br />
> HERBORNER PUMPENTECHNIK:<br />
Am 27. März eröffnete die Herborner<br />
Pumpentechnik GmbH & Co KG ihre mit<br />
hochmodernen Mittelfrequenzöfen ausgestattete<br />
Schmelzofenanlage. „Der heutige<br />
Tag ist der krönende Abschluss der<br />
Modernisierung unserer Gießerei zu einer<br />
spezialisierten One-Piece-Flow-Gießerei“,<br />
freute sich Geschäftsführer Wolfram<br />
Kuhn. Die neuen Öfen ermöglichen einen<br />
wirtschaftlicheren, umweltfreundlicheren<br />
und gesundheitsschonenderen Gießereiprozess<br />
für die Herborner.<br />
In den letzten vier Jahren wurde die<br />
Herborner Gießerei sukzessive modernisiert.<br />
Die alte Formanlage wurde durch<br />
eine teilautomatisierte Handformanlage<br />
ersetzt, neue Sandbunker mit Sandkühler<br />
und schnellem Mischer sowie eine Entstaubungsanlage,<br />
welche die gesetzlich<br />
vorgeschriebenen Grenzwerte um das<br />
10-fache übertrifft, wurden installiert.<br />
Laut Kuhn ist dies aber nur der Anfang,<br />
denn in den kommenden zwei Jahren investiert<br />
das Herborner Traditionsunternehmen<br />
im Rahmen des begonnenen<br />
Nachhaltigkeitsprozesses weiter.<br />
So plant das Unternehmen unter anderem<br />
eine große Fotovoltaik-Anlage zu<br />
errichten, mit dem der Strombedarf der<br />
Ofenanlage größtenteils gedeckt werden<br />
soll. Ergänzend dazu wird der restliche<br />
benötigte Strom durch ein neues Blockheizkraftwerk<br />
erzeugt, das im Winter auch<br />
die Hallen beheizen wird. Durch eine moderne<br />
thermische Sandregenerierung<br />
wird dann auch der Altsand reduziert, der<br />
sonst auf der Deponie landen würde.<br />
So befindet sich die Herborner Pumpentechnik<br />
auf einem klaren Weg zu mehr<br />
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit und<br />
erwartet durch die Neuinvestitionen im<br />
Rahmen dieses Projekts insgesamt CO 2 -<br />
Einsparungen von rund 700 Tonnen/Jahr.<br />
Die Weiterentwicklung der Gießerei unterliegt<br />
dem Investitionsförderprogramm zur<br />
Reduzierung von CO 2 -Emissionen in gewerblichen<br />
Unternehmen und wurde mit<br />
Mitteln des Europäischen Fonds für regionale<br />
Entwicklung (ERFE) kofinanziert.<br />
www.herborner-pumpen.de<br />
14 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
Wechsel an der Unternehmensspitze<br />
Stabübergabe an der Unternehmensspitze von Nabertherm: Timm Grotheer übernimmt<br />
von Wilhelm Wentrot (v. l. n. r.).<br />
> NABERTHERM: Nach 18 Jahren erfüllter<br />
Tätigkeit an der Unternehmensspitze<br />
der Nabertherm GmbH übergibt Friedrich<br />
Wilhelm Wentrot den Stab an seinen<br />
Nachfolger Timm Grotheer.<br />
Unter der Führung von Wilhelm Wentrot<br />
ist Nabertherm zu einem der führenden<br />
Ofenhersteller in der Welt mit über 500 Mitarbeitern<br />
und mehr als 60 Mio. Euro Umsatz<br />
geworden. Maßgeblich hierfür war auch eine<br />
konsequente Internationalisierung des<br />
Geschäftes. Mit einem Exportanteil von 70<br />
Prozent stehen heute Nabertherm-Öfen und<br />
-Anlagen in allen Ländern der Erde. Das<br />
Unternehmen aus Lilienthal bei Bremen hat<br />
sich dadurch weltweit zu einem wichtigen<br />
Partner seiner Kunden im Bereich thermischer<br />
Prozesse bei Industrieanwendungen<br />
gemacht. Das breite Produktsortiment wird<br />
vollumfänglich am Standort Lilienthal/Bremen<br />
produziert, Vertriebsorganisationen<br />
und Partner im Ausland sorgen für die Untermauerung<br />
der weltweiten Präsenz und<br />
die notwendige Kundennähe. Hinzu kommt<br />
eine der größten Konstruktions- und Entwicklungsabteilungen<br />
in der Ofenbranche,<br />
die es erlaubt neben einem breiten Angebot<br />
an Standardöfen die Entwicklung und Herstellung<br />
von kundenindividuellen Lösungen<br />
erfolgreich umzusetzen. Wilhelm Wentrot<br />
blickt damit auf eine sehr erfolgreiche Unternehmensentwicklung<br />
und ein kontinuierliches<br />
Wachstum über die letzten 15 Jahre<br />
zurück. Beste Voraussetzungen für Timm<br />
Grotheer – der zuvor bei der Lürssen-Gruppe<br />
als Geschäftsführer aktiv war – das Unternehmen<br />
erfolgreich weiterzuentwickeln.<br />
Als Gesellschafter und Aufsichtsratsmitglied<br />
wird Wilhelm Wentrot die Gesellschaft<br />
auch zukünftig begleiten. Der Charakter<br />
einer soliden Familiengesellschaft<br />
bleibt erhalten. www.nabertherm.de<br />
FOTO: NABERTHERM<br />
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Ihr Ansprechpartner: Herr Stefan Ermert - FESCO Gießereimashinen Gmbh. Laassperhütte 35,57334 Bad Laasphe, Deutschland<br />
Tel +49 2752 509 8336 Fax +49 2752 509 8337
AKTUELLES<br />
Protektionismus sowie Brexit befeuern Unsicherheiten<br />
> ARGEZ: Die deutsche Zulieferindustrie<br />
ist für das Jahr <strong>2019</strong> „wetterfest“<br />
aufgestellt. Dennoch limitieren instabile<br />
handelspolitische Leitplanken sowie EUspezifische<br />
Unsicherheiten die Geschäftsentwicklung.<br />
Das Jahr 2018 steht für die deutsche<br />
Zulieferindustrie mit einem spürbaren<br />
Umsatzplus von ca. 3 Prozent auf 264<br />
Mrd. Euro in den Büchern. Die Lieferungen<br />
an ausländische Kunden legten bei<br />
einer Exportquote von rund 39 Prozent<br />
in ähnlicher Dynamik auf 103 Mrd. Euro<br />
zu. Es kann nicht oft genug betont werden,<br />
dass die Stabilität nicht nur der internationalen<br />
Wertschöpfungsketten,<br />
sondern der globalen Märkte grundsätzlich,<br />
für die deutschen Zulieferer essenziell<br />
ist: Zusätzlich zu direkten Ausfuhren<br />
landen Dreiviertel der im Inland abgesetzten<br />
Komponenten und Aggregate<br />
später zur Endverwendung im Ausland.<br />
Diese indirekten Exporte sind die Ursache<br />
für das Wachstum der Zulieferer,<br />
denn die wichtigste Kundengruppe – die<br />
deutschen OEMs – haben ihre Produktion<br />
im Inland reduziert.<br />
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Die Kapazitätsauslastung ist im Verlauf<br />
des Jahres 2018 gegenüber dem<br />
schon hohen Niveau aus dem Vorjahr<br />
nochmals gestiegen (87 Prozent). Auch<br />
für das erste Quartal <strong>2019</strong> zeigt sich die<br />
hohe Beschäftigung der Kapazitäten stabil.<br />
Dies ist allerdings überwiegend auf<br />
die Auftragsbestände zurückzuführen.<br />
Neue Impulse zeigen sich nur vereinzelt.<br />
Vor dem Hintergrund des hohen Auslastungsniveaus<br />
haben die Zulieferer ihre<br />
Belegschaften im Vorjahresvergleich<br />
nochmals um 3 Prozent aufgestockt: Die<br />
Zahl der Beschäftigten ist Stand Ende<br />
2018 auf ca. 1,2 Mio. Personen gestiegen!<br />
Dass dies überhaupt realisierbar<br />
war, unterstreicht die Attraktivität der<br />
deutschen Zulieferindustrie auf dem Arbeitsmarkt.<br />
Investitionen mit realistischer langfristiger<br />
Markteinschätzung anzugehen,<br />
das ist der Rahmen in dem die Zulieferer<br />
ihre Investitionsentscheidungen treffen.<br />
Erweiterungsinvestitionen sind nicht in<br />
der Breite das Gebot der Stunde. Eher<br />
geht es um strukturelle Anpassungen,<br />
Integration von Automatisierungs- und<br />
Digitalisierungsmöglichkeiten sowie die<br />
Erweiterung und Optimierung der Angebotspalette.<br />
Die unverändert investitionsfreundliche<br />
Zinslage stützt das Bemühen<br />
der Unternehmen, sich kontinuierlich<br />
zukunftsfähig zu positionieren.<br />
Die reale Lage spiegelt sich deutlich<br />
im Geschäftsklima der Zulieferer wider:<br />
Die Bewertung der aktuellen Lage ist<br />
zwar von ihrem durch Überhitzung geprägten<br />
Höchststand von vor einem Jahr<br />
deutlich gesunken. Dennoch liegt der<br />
Bewertungssaldo immer noch bei plus<br />
20 Prozentpunkten. Auf Sicht des Jahresverlaufs<br />
sehen sich die Zulieferer einer<br />
Fülle an Unwägbarkeiten gegenüber,<br />
die ihre Perspektiven unter Druck setzen.<br />
Hier sind die politischen Akteure<br />
insbesondere auf der handelspolitischen<br />
Bühne gefordert.<br />
Die Hängepartie beim Brexit lässt die<br />
Verunsicherungen bei den Unternehmen<br />
der Zulieferindustrien andauern. Die Gefahr,<br />
dass Wertschöpfungsketten abreißen,<br />
liegt auf der Hand. Die Ankündigung<br />
der britischen Re<strong>gie</strong>rung, im Falle eines<br />
Austritts ohne Abkommen Zölle auf den<br />
Import von Fahrzeugen zum Schutz der<br />
eigenen Automobilindustrie zu erheben,<br />
hat die Verunsicherung nochmals verschärft.<br />
Zusätzlich dazu stehen US-<br />
Schutzzölle auf Fahrzeuge immer noch<br />
im Raum. Die europäischen Automobilhersteller<br />
als wichtige Kundenbranche<br />
bzw. deren europäischen Standorte wären<br />
betroffen. Da würde es auch wenig<br />
nützen, wenn die Schutzzölle der USA<br />
gegen WTO-Recht verstießen und die EU<br />
vermutlich Gegenmaßnahmen treffen<br />
würde. Die Nachfrage der Automobilhersteller<br />
nach Zulieferprodukten würde<br />
sich spürbar verändern.<br />
Bei der PKW-Produktion bestätigt<br />
sich ein schon länger andauernder<br />
Trend, nämlich der Verlagerung von Inlandsproduktion<br />
ins Ausland. Zu beobachten<br />
sind weiterhin Modellverlagerungen<br />
ins Nicht-EU-Ausland bei einigen<br />
deutschen Automobilherstellern. Das<br />
führt zwar zu einer rückläufigen Automobilproduktion<br />
im Inland und zum<br />
Wachstum im Ausland. Da die Zulieferer<br />
aber weltweit liefern, sehen sie sich hier<br />
gut gewappnet. Und innerhalb der EU<br />
zeigen sich bei der PKW-Produktion tendenziell<br />
Seitwärtsbewegungen. Die im<br />
3. und 4. Quartal 2018 aufgetretenen<br />
Produktionsrückgänge wegen des WLTP-<br />
Zulassungsverfahrens sind nur noch als<br />
„Nachwehen“ spürbar. Die jüngsten Signale<br />
von den chinesischen Märkten<br />
sind indes ambivalent. Im Automobilmarkt<br />
sank das Marktvolumen im Januar<br />
und Februar deutlich gegenüber<br />
den Vorjahresmonaten, die chinesische<br />
Re<strong>gie</strong>rung plant jetzt allerdings Konjunkturmaßnahmen<br />
zur Stützung der Nachfrage.<br />
Die in diesen Tagen von einem namhaften<br />
deutschen Automobilhersteller<br />
geforderten deutlichen Sparanstrengungen<br />
bei den Zulieferern sehen diese sehr<br />
kritisch, denn sie kommen zur Unzeit.<br />
Die Automobilbauer und ihre Zulieferer<br />
müssen jetzt mehr forschen denn je, um<br />
zukunftsfähig zu bleiben. Dazu Christian<br />
Vietmeyer, Sprecher der ArGeZ: „Emissionsfreie<br />
Antriebe, autonomes Fahren<br />
etc. sind die technologischen Herausforderungen,<br />
bei der die gesamte Wertschöpfungskette<br />
vom OEM über die Tier-<br />
Unternehmen bis zum Grundstoffhersteller<br />
jetzt liefern muss. Da passt es<br />
gar nicht, wenn ein massiver einseitiger<br />
Kostendruck vom OEM aufgebaut wird.“<br />
www.argez.de<br />
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Transparenz<br />
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Mit dem Digital Cockpit von Laempe Mössner Sinto werden aus Daten intelligente Informationen.<br />
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AKTUELLES<br />
Kurzinterview mit ...<br />
... Frank Koch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Georgsmarienhütte Holding<br />
GmbH. Zu dem Unternehmen aus der gleichnamigen Stadt in Niedersachsen gehören<br />
im Verbund der GMH Guss GmbH, Schwerte, auch eine Reihe von Gießereien.<br />
Herr Koch, Sie haben vor kurzem gesagt:<br />
„Die Zukunft wird noch digitaler<br />
als sie heute ist.“ Woran denken Sie<br />
dabei: an Werkstoffe, an Produktionsabläufe,<br />
an Logistik oder an Änderungen<br />
in der Branche?<br />
Die digitalen Innovationen betreffen alle<br />
Bereiche: Produkte, Prozessketten, Arbeitsabläufe,<br />
Geschäftsmodelle, Kundenkontakte<br />
und Kundenanforderungen.<br />
Digitalisierung, Innovation und Disruption<br />
beziehen sich auf unser gesamtes<br />
Geschäftsmodell, nicht nur auf einzelne<br />
Abläufe oder Bestandteile.<br />
Die Rahmenbedingungen sind stark im<br />
Fluss. Denken Sie nur an die Mobilität<br />
und die Ener<strong>gie</strong>erzeugung der Zukunft.<br />
Das sind Faktoren, die unsere Industrie<br />
erst einmal auf den Kopf stellen. Das<br />
heißt, unsere Geschäftsmodelle werden<br />
durch die Themen Mobilität, durch das<br />
politische Umfeld und durch das Anwenderverhalten<br />
auf eine neue Basis gestellt.<br />
Von daher kann man die Schlagworte Digitalisierung,<br />
Innovation und Disruption<br />
nicht auf einen singulären Prozess oder<br />
Ablauf in unserer Fertigung oder in der<br />
Industrie beziehen, sondern es geht immer<br />
um das Ganzheitliche. Alles ist miteinander<br />
verbunden.<br />
Wie gehen Sie mit den Herausforderungen<br />
in Ihrem Unternehmen um?<br />
Wie steuern Sie die Veränderungen?<br />
Es ist ein Top-down-Prozess, der von den<br />
Führungskräften, vom Management, angestoßen<br />
werden muss. Der Erfolg eines<br />
Veränderungsprozesses liegt dann in der<br />
Organisation, liegt bei den Menschen,<br />
die in ihrem Arbeitsumfeld konkret sehen,<br />
was anders und besser gemacht<br />
werden kann. Deshalb haben wir unserer<br />
FOTO: MARKETSTEEL<br />
Organisation in die DNA geschrieben:<br />
Wir brauchen eine Innovations-Organisation,<br />
eine Digitalisierungs-Organisation<br />
und Menschen, die dies tun, die dies<br />
umsetzen und dies auch in die Gruppe<br />
hineintragen. Innovationen und Veränderungen<br />
entstehen durch die Menschen.<br />
An welchen digitalen Projekten arbeiten<br />
Sie im Moment?<br />
Frank Koch: Wenn wir über Digitalisierung<br />
nachdenken, dann tun wir das prädiktiv.<br />
Wir haben eine Reihe von Digitalprojekten<br />
angestoßen, bei denen wir<br />
vorausschauend a<strong>gie</strong>ren können. Ob das<br />
nun vorbeugende Instandhaltung ist, ob<br />
das vielleicht ein Vorausschauen in den<br />
Märkten ist, ob das vorausschauende<br />
Investitionen sind. Oder auch das sogenannte<br />
Rapid Prototyping. Also die Frage:<br />
Wie kommen wir dahin, dass wenn ein<br />
Kunde ein neues Bauteil braucht, wir dieses<br />
schnell als einzelnes Stück darstellen<br />
und produzieren können, um anschließend<br />
festzulegen: So soll das Bauteil<br />
aussehen, so werden wir es mit<br />
unserem Stahl und mit der Art und Weise,<br />
wie wir den Stahl erzeugen, gemeinsam<br />
umsetzen. Das heißt, die Entwicklung<br />
neuer Produkte entsteht auch auf<br />
Basis von Simulationssystemen, es entstehen<br />
digitale Zwillinge. Wir simulieren<br />
inzwischen für unsere Kunden deren Prozessabläufe<br />
mit, wenn sie das wollen.<br />
Und im Zuge dieser Digitalisierungsprozesse<br />
entstanden und entstehen völlig<br />
neue Berufsbilder. Die Mitarbeiter in den<br />
Betrieben werden immer stärker zu Controllern<br />
und Entscheidern.<br />
Wie werden sich die Anforderungen<br />
verändern? Werden die Hauptherausforderungen<br />
aus dem Werkstoffbereich<br />
kommen, aus der Politik oder<br />
von Kundenseite?<br />
Frank Koch: Von allen Seiten. Von der<br />
Politik und auch aus der Gesellschaft heraus<br />
an das Umfeld. Hier wird unter anderem<br />
die Frage gestellt, wie wir produzieren.<br />
Das heißt, wir wollen ein guter<br />
Nachbar sein. Jeder möchte, dass die<br />
Fabrik, die neben seinem Wohnhaus<br />
steht, ihm nicht die Luft verschmutzt.<br />
Und das ist ja tatsächlich bei unserer<br />
Produktion schon längst nicht mehr der<br />
Fall – weder beim Staub noch beim CO 2 .<br />
Unsere Stahlproduktion ist komplett<br />
elektrisch.<br />
Neue Anforderungen kommen natürlich<br />
auch vonseiten der Kunden. Zum Beispiel<br />
im Automobilbereich durch die e-<br />
Mobilität und andere Mobilitätskonzepte.<br />
Dazu kommt, dass wir selbst als Branche<br />
und als Industrie auch sehr daran interessiert<br />
sind, unsere Produkte weiterzuentwickeln.<br />
Wir machen zum Beispiel aus<br />
unserer eigenen Fertigung heraus Vorschläge<br />
an Interessierte, an Kunden und<br />
an weitere Stakeholder. Alle genannten<br />
Gruppen haben ein Interesse daran, dass<br />
wir uns so verändern wie aufgezeigt. So<br />
gesehen birgt die Digitalisierung enorme<br />
Chancen und schafft Zukunft.<br />
Sie zählen sich als Georgsmarienhütte<br />
ja zum Mittelstand. Welche Unterschiede<br />
gibt es Ihrer Erfahrung nach<br />
zwischen Konzernen und Mittelstand?<br />
Frank Koch: Es gibt wie immer Vor- und<br />
Nachteile. Ein Konzern, insbesondere ein<br />
börsennotierter Konzern, hat natürlich<br />
Möglichkeiten in der Mittelherkunft, also<br />
bei der Frage: Wie finanziere ich mein<br />
Unternehmen. Damit ist es aber auch<br />
mit den Möglichkeiten und den dahinterstehenden<br />
positiven Prozessen aus meiner<br />
Sicht erst einmal erledigt. Denn der<br />
Mittelstand birgt viele Vorteile, die sich<br />
auf Menschen, auf Abläufe und auf Organisationen<br />
beziehen. Der Mittelstand<br />
ist viel direkter in der Führung und viel<br />
konkreter in den Handlungen, vor allem<br />
aber schneller spürbar in den Effekten.<br />
Wenn wir eine Fehlentscheidung treffen,<br />
dann braucht es kein Geschäftsjahr, damit<br />
die Menschen dies mitbekommen.<br />
Vielmehr landet jede Entscheidung sofort<br />
bei den Menschen. Jeder merkt sofort,<br />
ob und was wir geleistet haben. Wir<br />
haben dieses sogenannte Mittelstands-<br />
Gen. Wir wollen die neueste Technolo<strong>gie</strong>,<br />
aber zu vertretbaren Kosten. In ähnlicher<br />
Form kennen Sie das vielleicht von den<br />
Start-ups, dieses schnelle und kreative<br />
Denken: Alles ist viel schneller greifbar.<br />
In gewisser Weise ist es unser Anspruch,<br />
selbst zu versuchen, so zu denken wie<br />
ein Start-up.<br />
Das Interview mit Frank Koch führte<br />
marketSTEEL<br />
18 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
Low Pressure and Gravity Die Casting<br />
Machines for aluminium and magnesium<br />
LPDC<br />
Machines<br />
Gravity<br />
Machines<br />
Molds<br />
Development,<br />
Simulations and<br />
Construction<br />
Casting<br />
Trials<br />
Process<br />
Automation<br />
Melting<br />
Furnaces<br />
Metal treatment<br />
Hall 16<br />
stand E40<br />
Via Egidio Berto, 24<br />
35024 Bovolenta (PD) - Italy<br />
tel. +39 049 954 5262<br />
fax + 39 049 954 5263<br />
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web www.lpm-it.com
Modernisierung mit<br />
Maß und Ziel<br />
Marcel Tröger, Projektmanager Entwicklung<br />
bei ES-Automobilguss, ist optimistisch, dass<br />
er mit den aktuellen Modernisierungsmaßnahmen<br />
die Weichen richtig gestellt hat.<br />
Mit einem Investitionsvolumen von 10 Millionen Euro modernisiert die Gießerei<br />
ES-Automobilguss aktuell ihre Produktionsanlagen. Vorrangiges Ziel ist die Ausweitung<br />
des Portfolios an Gusswerkstoffen, die entsprechend dem aktuellen Stand der Technik<br />
möglichst wirtschaftlich hergestellt werden sollen. Zu den ersten Maßnahmen zählte die<br />
Teilmodernisierung eines Ver<strong>gie</strong>ßofens aus den frühen 70er Jahren durch Otto Junker.<br />
FOTOS: OTTO JUNKER<br />
VON ULRIKE GERHARDS, STOLBERG<br />
Das Ergebnis dieser Modernisierung<br />
stellt eindrucksvoll unter Beweis,<br />
dass auch vergleichsweise kleine<br />
Maßnahmen große Wirkung entfalten können:<br />
Ausschuss, Kosten und Wartungsaufwand<br />
verringerten sich signifikant.<br />
ES-Automobilguss<br />
Seit Mitte der 1990er Jahre machte sich<br />
die traditionsreiche ES-Automobilguss<br />
GmbH in Schönheide im Erzgebirge einen<br />
Namen als Spezialist für die Herstellung<br />
von Differenzialgehäusen aus schwarzem<br />
Temperguss. Automobilhersteller, darunter<br />
sowohl die VW- als auch die Renault-<br />
Gruppe, vertrauten auf die Gussteile der<br />
Gießerei, die seit 450 Jahren durchgängig<br />
in Betrieb ist. ES-Automobilguss liefert<br />
diese, sofern gewünscht, komplett einbaufertig<br />
– gedreht, gefräst und geschliffen<br />
– direkt ans Band. Auch den Modellbau<br />
haben die Schönheider selbst im<br />
Haus – ausgehend vom Zeichnungssatz<br />
können sie sogar die komplette Konstruktion<br />
von Gussteilen übernehmen.<br />
Nicht mehr in Mode: schwarzer<br />
Temperguss<br />
Bis zum Jahr 2016 hatte das Unternehmen<br />
als Zulieferer der Automobilindustrie gute<br />
Jahre. Dann rächte sich, dass sich ES-Automobilguss<br />
sowohl hinsichtlich des Gusswerkstoffes<br />
als auch hinsichtlich der Branche<br />
in den vergangenen 20 Jahren stark<br />
fokussiert hatte. „Schwierig wurde es für<br />
60 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
uns, weil schwarzer Temperguss einfach<br />
aus der Mode gekommen ist. Alle wollen<br />
Sphäroguss. Junge Ingenieure kennen den<br />
Temperguss oft gar nicht mehr“, erläutert<br />
Marcel Tröger. Obgleich der Projektmanager<br />
Entwicklung bei ES-Automobilguss sicher<br />
ist, dass der Werkstoff für Differentialgehäuse<br />
auch weiterhin bestens geeignet<br />
ist, war ihm und seinem Team klar,<br />
dass es nur einen Weg aus der Krise gibt:<br />
In Technik investieren und das Werkstoffund<br />
Produktangebot erweitern. „Dann<br />
sind wir breiter aufgestellt und können<br />
viele Kundenwünsche schnell abdecken.“<br />
Der Weg der Vernunft:<br />
das Portfolio erweitern<br />
Im April 2018 stellten Tröger und sein<br />
Team der Prevent-Gruppe die Pläne vor,<br />
welche die Zukunft der Gießerei sichern<br />
sollen. Sie überzeugten den Investor. Mit<br />
einem Budget von 10 Millionen Euro werden<br />
bis September <strong>2019</strong> die Voraussetzungen<br />
geschaffen, um die Herausforderungen<br />
der Zukunft zu meistern. Marcel<br />
Tröger erwartet, dass ES-Automobilguss<br />
künftig eine reine Kunden<strong>gie</strong>ßerei sein<br />
wird, die kleine Losgrößen aus verschiedenen<br />
Gusswerkstoffen, schwarzem und<br />
weißem Temperguss sowie Sphäroguss,<br />
herstellt. Potenzielle Kunden sieht er in<br />
der Bau-, Gerüstbau- und Landwirtschaftsmaschinenindustrie<br />
sowie beim<br />
Armaturenguss. „Um die Investitionskosten<br />
zunächst möglichst niedrig zu halten,<br />
gehen wir den Weg der Vernunft. Überall,<br />
wo es möglich und sinnvoll ist, modernisieren<br />
wir vorhandene Maschinen und<br />
Anlagen“, so Tröger. Zunächst gehe es<br />
darum, das neue Portfolio zielgerichtet<br />
produzieren zu können.<br />
Durch Teilmodernisierung auf<br />
dem Stand der Technik<br />
Ein gelungenes Beispiel, dass auch eine<br />
nur teilweise Modernisierung zu eindrucksvollen<br />
Ergebnissen führen kann, ist der<br />
Ver<strong>gie</strong>ßofen in Gießlinie 2. Grundgefäß,<br />
Induktor und Fahreinrichtung des Inducal-<br />
Rinnenofens mit Siphonprinzip aus den<br />
frühen 70er Jahren sind im Original erhalten.<br />
„Vor gut zehn Jahren hat Otto Junker<br />
die Stufenschaltung für den Induktor modernisiert“,<br />
berichtet Tröger. Im Zuge des<br />
Baus einer neuen DISA-Formanlage sollte<br />
auch die Gießperipherie auf den neuesten<br />
Stand der Technik gebracht werden. „Otto<br />
Junker kennt unseren Ofen, da war klar,<br />
dass wir das wieder zusammen machen“,<br />
so Tröger. Kern der Erneuerung war die<br />
Dosiereinheit beziehungsweise die Aufgabe,<br />
das flüssige Eisen exakt dosiert in die<br />
Form zu <strong>gie</strong>ßen. Die Druckbeaufschlagung<br />
und die gesamte dahintersteckende Steuerung<br />
wurden ebenfalls erneuert. Georg<br />
Renftle, After Sales Engineer, Foundry<br />
Plants, der das Projekt seitens Otto Junker<br />
betreute, schildert die Ausgangssituation:<br />
„Vor der Modernisierung lief der Gießprozess<br />
praktisch ungeregelt ab. Es wurde<br />
eher ein Überlaufen der Gießformen toleriert,<br />
als die Gefahr, dass Formen nicht<br />
ausreichend gefüllt werden“.<br />
Die kastenlose DISA-<br />
Formanlage entspricht<br />
neuester Technik. Das<br />
Bedienelement für die<br />
Gießstrecke ist<br />
schwenkbar und aus<br />
jeder Position zu bedienen<br />
– entweder mit<br />
Blick auf die Formanlage<br />
oder auf den<br />
Gießprozess. Auf dem<br />
Bildschirm ist die Visualisierung<br />
des Belycast-Systems<br />
zu sehen.<br />
Das flüssige Eisen wird derzeit noch in<br />
einem Kupolofen gewonnen. Trommelpfannen<br />
transportieren es in 2,50 m<br />
Höhe durch die Halle und befüllen den<br />
Rinnenofen.<br />
Belycast-System für mehr Effizienz<br />
Zwar hatte man in Schönheide für das<br />
Gießen unterschiedlicher Gussteile individuelle<br />
Gießkurven hinterlegt, sodass<br />
sich der Stopfen wie gelernt hob und<br />
senkte, aber damit wurde nicht geregelt,<br />
sondern lediglich gesteuert. Dieses<br />
Teach-In ist heute weiterhin verfügbar und<br />
notwendig, um die Startparameter festzulegen.<br />
Es wird jetzt aber ergänzt durch<br />
das Belycast-System von Otto Junker für<br />
die automatische Formfüllung. Dieses besteht<br />
in der Hauptsache aus einem Stopfenantrieb<br />
mit Linearmotor, Gießsensoren<br />
(Kameras), intelligentem Controller sowie<br />
einer intuitiven und bedienerfreundlichen<br />
Mensch-Maschine-Schnittstelle. Vorteile<br />
des Stopfenantriebs sind dessen hohe<br />
Geschwindigkeit beim Schließen und Öffnen,<br />
die einstellbare Schließkraft sowie<br />
der praktisch verschleißfreie Linearmotor.<br />
Die Gießsensoren basieren auf Schwarz/<br />
Weiß-Ethernet-Kameras. Sie sind wassergekühlt<br />
in Gehäusen untergebracht und<br />
daher gut vor den rauen Umgebungsbedingungen<br />
geschützt. Ihr Einbau ist einfach,<br />
sie messen schnell und genau und<br />
eignen sich für alle Gießtrichterformen<br />
und -größen von 70 bis 300 mm.<br />
Belycast ermöglicht es einerseits, den<br />
Guss direkt zu erfassen und danach zu<br />
regeln, andererseits aber auch den Abguss<br />
zu überprüfen. Die erste Kamera<br />
schaut auf den Ein<strong>gie</strong>ßtrichter, die zweite<br />
auf die Oberfläche der eingegossenen<br />
Gießform. Die erfasste Füllhöhe der gegossenen<br />
Form kann korri<strong>gie</strong>rend auf den<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 61
aktuellen Abguss einwirken. Ändert sich<br />
beispielsweise durch äußere Einflüsse die<br />
Formsandqualität, sodass sich dessen<br />
„Schluckvermögen“ ändert, wird automatisch<br />
beigeregelt. „Unser Belycast-System<br />
ist seit fast fünf Jahren auf dem Markt<br />
und bewährt sich in allen Anlagen – es<br />
dürften zwölf oder dreizehn sein – in denen<br />
es in Betrieb ist“, sagt Georg Renftle.<br />
Wie gut, das verdeutlichen eindrucksvoll<br />
Bilder der gegossenen Gießformen. Marcel<br />
Tröger: „Ich schätze die Ersparnis an<br />
Kreislaufmaterial auf 10 Prozent und gehe<br />
davon aus, dass wir unseren Ausschuss<br />
ausgehend von ca. 5 Prozent um<br />
etwa 1 Prozent reduzieren konnten.“ Zu<br />
den Vorteilen des automatischen Gießens<br />
mit Belycast zählen darüber hinaus eine<br />
optimierte Gießzeit und ein höherer<br />
Durchsatz, sodass insgesamt eine deutliche<br />
Effizienzsteigerung festzustellen ist.<br />
Mehr Einsparen mit der<br />
Badstandsregelung<br />
Eindrucksvoll zeigt<br />
dieses Foto, wie gut<br />
das Belycast-System<br />
den Füllstand<br />
der Gießformen<br />
regelt.<br />
Das Belycast-System sorgt dafür, dass<br />
Überguss minimiert wird. Das Kamerabild<br />
des laufenden Abgusses ist die<br />
Regelgröße.<br />
Einsparpotenzial bestand auch an anderer<br />
Stelle: Bei diesem Rinnenofen wird das Eisen<br />
über einen auf das Bad aufgegebenen<br />
Stickstoffdruck in den Gießkasten gedrückt.<br />
Wegen vieler Leckagen funktionierte<br />
die Badstandsregelung vor der Modernisierung<br />
eher schlecht als recht. Für das<br />
Ergebnis des Abgusses ist es jedoch wichtig,<br />
dass die geostatische Höhe der Metallsäule<br />
immer gleich bleibt. Damit das<br />
flüssige Eisen schnell genug in die Formen<br />
floss, musste mit gut 2,5 bar eingangsseitig<br />
eingespeist werden. Nur so waren am<br />
Ofen die notwendigen 200 mbar zu erreichen.<br />
Durch den Einbau einer neuen<br />
Drucksteuerung, eines Schwimmers als<br />
Badstandsensor mit analogem Ausgangssignal<br />
und dem Abdichten des Ofens entspricht<br />
der Druck heute sowohl auf der<br />
Einspeiseseite als auch im Ofen ca. 200<br />
mbar. Otto Junker hatte im Vorfeld speziell<br />
dafür ein Ersatzgefäß nach Lammersdorf<br />
geholt, um vor Ort auch Drucktests durchführen<br />
zu können. Und weil die Herstellung<br />
von Stickstoff ausgesprochen ener<strong>gie</strong>intensiv<br />
ist, rechnet Tröger bezogen auf die<br />
Stickstoffherstellung mit einem Ener<strong>gie</strong>einsparpotenzial<br />
von 15 - 20 Prozent.<br />
Sein Fazit: „Im Ergebnis hat die Modernisierung<br />
des Rinnenofens sogar mehr<br />
gebracht als erwartet. Selbst unter den<br />
momentan schwierigen Bedingungen sollte<br />
sie sich innerhalb von zwei Jahren<br />
amortisieren.“ Neben der Einsparung an<br />
Ressourcen wirken sich ein verminderter<br />
Wartungsaufwand und deutlich weniger<br />
Reparaturen positiv aus.<br />
62 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
Fit für die Zukunft ab<br />
September <strong>2019</strong><br />
Beim Linearantrieb des Stopfens ist das<br />
einzig bewegte Bauteil das Schubrohr<br />
mit spiralförmiger Nut.<br />
Marcel Tröger, von dem Georg Renftle<br />
sagt, dass er keine Probleme, sondern<br />
nur Lösungen kenne, wird das freuen. Er<br />
und sein Team können ihre ganze Kraft<br />
nun in all die Modernisierungsmaßnahmen<br />
stecken, die ES-Automobilguss bis<br />
September <strong>2019</strong> geplant hat. Dazu zählen<br />
eine neue vollautomatisierte Stopfen<strong>gie</strong>ßpfanne<br />
für die Gießlinie 1 und eine neue<br />
Mittelfrequenz-Tiegelofenanlage, die den<br />
Kupolofen als Schmelzofen ersetzen wird.<br />
Sowohl die Schmelzöfen als auch die<br />
Stopfen<strong>gie</strong>ßpfanne – speziell maßgeschneidert<br />
für ES-Automobilguss – werden<br />
von Otto Junker geliefert. Die neue<br />
vollautomatisierte Stopfen<strong>gie</strong>ßpfanne mit<br />
1,2 Tonnen Nutzinhalt, im Prinzip ein unbeheiztes<br />
Gefäß, aus dem man flüssiges<br />
Eisen über den Hub des Grafitstopfens<br />
gerichtet in die Form ab<strong>gie</strong>ßen kann, wird<br />
künftig für das Gießen von Sphäroguss<br />
genutzt.<br />
„Auch wenn bei Otto Junker erfahrungsgemäß<br />
auf meine Kundenwünsche<br />
mehr als üblich eingegangen wird, haben<br />
wir den Mittelfrequenz-Induktions-Tiegelofen,<br />
eine Doppelofenanlage mit zwei<br />
Schmelztiegeln und jeweils 6 Tonnen<br />
Nutzinhalt, regulär ausgeschrieben“, so<br />
Tröger. Schnell habe sich jedoch herauskristallisiert,<br />
dass Otto Junker hinsichtlich<br />
des Leistungsangebots für ES-Automobilguss<br />
die beste Wahl ist. Überzeugt<br />
hat Tröger insbesondere die moderne<br />
IGBT-Umrichtertechnik mit der Möglichkeit<br />
der Frequenzumschaltung von<br />
250 Hz auf 125 Hz. Aktuell ist dieser<br />
Ofen bei den Simmerathern bereits in<br />
der Fertigung, während bei ES-Automobilguss<br />
der Betonbau in der Althalle vorbereitet<br />
wird. Bei der im Sommer <strong>2019</strong><br />
geplanten Montage wird die ES-Automobilguss<br />
wieder lokale Montagefirmen einbinden,<br />
um auch in der Region ein Zeichen<br />
zu setzen, dass es in Schönheide<br />
weitergeht. Bevor die beiden Öfen jedoch<br />
installiert werden, können Besucher der<br />
GIFA <strong>2019</strong> einen dieser Ofenkörper am<br />
Stand von Otto Junker genau unter die<br />
Lupe nehmen.<br />
Gute Aussichten<br />
ES-Automobilguss hat mit den Modernisierungsmaßnahmen<br />
die Voraussetzungen<br />
geschaffen, wieder neue Geschäftsfelder<br />
zu erobern. Schon jetzt zeichnet<br />
sich ab, dass ab dem zweiten Halbjahr<br />
weißer Temperguss in höheren Stückzahlen<br />
produziert wird. Schon 2020 möchte<br />
ES-Automobilguss –<br />
Schönheide/Sachsen, Modernisierungsmaßnahmen<br />
2018/<strong>2019</strong><br />
Gießlinie 2 (Produktion von schwarzem<br />
und weißem Temperguss)<br />
> Neue kastenlose Formanlage (DISA)<br />
> Teilmodernisierung des Ver<strong>gie</strong>ßofens<br />
(Otto Junker) mit Belycast-System<br />
Formsandaufbereitung<br />
> Neuer Sandkühler (Eirich)<br />
Schmelzbetrieb<br />
> Neuer Mittelfrequenz-Tiegelofen (Otto<br />
Junker)<br />
Gießlinie 1 (Produktion von Sphäroguss)<br />
> Neue vollautomatisierte Stopfen<strong>gie</strong>ßpfanne<br />
(Otto Junker)<br />
Investitionsvolumen: ca. 10 MIO. Euro<br />
ES-Automobilguss wieder rentabel arbeiten.<br />
Die Voraussetzungen sind gut, weil<br />
mit Bedacht und Blick auf die Kosten vernünftig<br />
und mit Maß und Ziel modernisiert<br />
wurde.<br />
www.otto-junker.com<br />
Ulrike Gerhards, Wibo – Technolo<strong>gie</strong>kommunikation<br />
GmbH, Stolberg<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 63
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
FOTOS: DARIUS SOSCHINSKI/BDG<br />
Deutsche Gussproduktion<br />
2018 und Ausblick <strong>2019</strong><br />
Wie hat sich die deutsche Gussproduktion<br />
entwickelt? Unser<br />
Artikel analysiert 2018 und gibt<br />
einen Ausblick auf <strong>2019</strong>.<br />
Anschließend an die Analyse der Weltgussproduktion für das Jahr 2017 in der<br />
April-Ausgabe der GIESSEREI, folgen in dieser Ausgabe die Ausführungen zur Lage<br />
der Gussproduktion 2018 in Deutschland und der Ausblick <strong>2019</strong>.<br />
VON HEIKO LICKFETT UND SOPHIE<br />
STEFFEN, DÜSSELDORF<br />
Während die deutsche Gießerei-<br />
Branche für 2018 noch ein minimales<br />
Plus von knapp einem<br />
Prozent erzielen konnte, fällt die Prognose<br />
für <strong>2019</strong> weniger gut aus: Je nach Entwicklung<br />
der geopolitischen Faktoren wären<br />
ein Ergebnis auf Vorjahres-Niveau<br />
oder sogar ein gewisses Minus möglich.<br />
Deutsche Gussproduktion 2018<br />
Zu Beginn des Jahres 2018 wurde in der<br />
April-Ausgabe der GIESSEREI eine Einschätzung<br />
bezüglich der Entwicklung der<br />
deutschen Gussproduktion für die nachfolgenden<br />
Monate des Jahres abgegeben.<br />
Nun stellt sich die Frage, ob sich diese<br />
Prognose bestätigen lässt oder sich ein<br />
anderer Trend ergeben hat.<br />
Rückblick: Die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass sich nach dem konjunkturellen Erholungsjahr<br />
2017 auch im Jahr 2018 die<br />
deutsche Gießerei-Industrie weiter leicht<br />
beleben würde, wurde als recht hoch eingeschätzt.<br />
Daher wurde sowohl kundenals<br />
auch werkstoffübergreifend weiteres<br />
Wachstum (volumenbezogen) für die deutsche<br />
Gießerei-Industrie prognostiziert.<br />
Hierbei wurde im „Best Case“-Szenario<br />
eine signifikante Plus-Rate von deutlich<br />
mehr als fünf Prozent kalkuliert, sollte die<br />
Entwicklung des Fahrzeugbaus positiver<br />
als erwartet sein. Ein deutliches Minus<br />
sollte nur entstehen, wenn sich exogene<br />
Faktoren, wie beispielsweise geopolitische<br />
Ereignisse, unerwartet negativ sowohl<br />
auf die Gießerei-Industrie als auch<br />
auf die Gesamtkonjunktur auswirken.<br />
Im Rückspiegel betrachtet wurde weder<br />
das „Best Case“ noch das „Worst<br />
Case“-Szenario realisiert. Stattdessen hat<br />
sich für die deutsche Gießerei-Branche in<br />
2018 ein leichter Produktionszuwachs<br />
von 0,8 Prozent ergeben. Wie schon in<br />
den vorhergehenden Jahren zeigte sich<br />
hierbei eine heterogene Entwicklung in<br />
den einzelnen Werkstoffgruppen.<br />
Richtet man den Blick auf die beiden<br />
Hauptkundenbranchen der Gießerei-Industrie,<br />
wird deutlich, dass der Produktionszuwachs<br />
weniger auf den Fahrzeug-<br />
68 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
au, sondern eher auf den Maschinenbau<br />
zurückgeführt werden kann: Aufgrund der<br />
seit September 2018 gültigen neuen Prüfkriterien<br />
(WLTP), kam es beim Straßenfahrzeugbau<br />
zu gravierenden Problemen<br />
und einer in der Folge einbrechenden<br />
Pkw-Fertigung. Der daraus resultierende<br />
spürbare Rückgang bei den Auftragseingängen<br />
für die Gießer zeigte sich grundsätzlich<br />
werkstoffunabhängig. So wurden<br />
von den Eisen- und Stahl<strong>gie</strong>ßereien für<br />
den Fahrzeugbau im Jahr 2018 mit 2,331<br />
Mio. t um 0,3 Prozent weniger Komponenten<br />
als im Vorjahr produziert. Auf der<br />
NE-Metallseite waren die Auswirkungen<br />
allerdings noch deutlicher zu spüren, da<br />
die Abhängigkeit dort mit 80 Prozent Anteil<br />
Fahrzeugbauguss traditionell höher<br />
ist. Die deutschen NE-Metall<strong>gie</strong>ßer mussten<br />
letztendlich mit 1,176 Mio. t einen<br />
Rückgang um 2,4 Prozent hinnehmen.<br />
Im Gegensatz hierzu spielte den Eisen<strong>gie</strong>ßereien<br />
statistisch die gut laufende<br />
Maschinenbaukonjunktur in die Karten.<br />
Sowohl aufgrund der hohen Anlagenauslastung<br />
als auch eines schwachen Schlussquartals<br />
2018 konnte der deutsche Maschinen-<br />
und Anlagenbau seine Produktion<br />
jedoch nicht über zwei Prozent hinaus<br />
ausweiten. Insgesamt ergab sich im Jahr<br />
2018 für die Eisen- und Stahl<strong>gie</strong>ßereien<br />
mit 4,256 Mio. t ein Produktionsanstieg<br />
um 1,7 Prozent. Die Unternehmen, welche<br />
Teile für den Maschinenbau ab<strong>gie</strong>ßen,<br />
fertigten mit 1,103 Mio. t um 1,1 Prozent<br />
über dem 2017er Niveau. Die Fertigung<br />
sonstiger Gusskomponenten lag mit<br />
0,821 Mio. t um 8,8 Prozent höher. Es ist<br />
zu vermuten, dass sich im Bereich der<br />
130<br />
110<br />
90<br />
70<br />
50<br />
Jan 08 Jan 10 Jan 12 Jan 14 Jan 16 Jan 18<br />
sonstigen Gusskomponenten auch viele<br />
Teile für den Maschinenbau verbergen,<br />
da eine scharfe Abgrenzung z.B. zwischen<br />
Maschinenbau und Elektrotechnik nicht<br />
mehr möglich ist.<br />
Ausblick <strong>2019</strong><br />
Fahrzeugbau Maschinenbau Gießerei-Industrie<br />
Auftragseingang der deutschen Gießereien seit 2008: Die Jahre 2016 bis <strong>2019</strong> (Lupensymbol)<br />
haben wir auf der nächsten Seite (Seite 70) nochmal gesondert dargestellt.<br />
Was könnte nun das aktuell laufende Jahr<br />
<strong>2019</strong> bieten? Sowohl bei den NE-Metall<strong>gie</strong>ßereien<br />
als auch bei den Eisen- und<br />
Stahl<strong>gie</strong>ßereien ergeben sich alleine aus<br />
den Werten für Januar und Februar <strong>2019</strong><br />
wenig verlässliche Signale für die kommenden<br />
Monate. Aus diesem Grund liegt<br />
der Schwerpunkt der Betrachtung auf<br />
dem Fahrzeug- und Maschinenbau, die<br />
zusammen 80 Prozent der deutschen<br />
Gussproduktion nachfragen und damit die<br />
Hauptkundengruppen darstellen.<br />
Fahrzeugbau<br />
Szenarien unabhängiger Forecasting-<br />
Institutionen wie LMC Automotive gehen<br />
von einem deutlichen Minus gegenüber<br />
2018 aus. Zudem korri<strong>gie</strong>rte der VDA Anfang<br />
März <strong>2019</strong> seine Prognose für die<br />
innerdeutsche Pkw-Fertigung von plus<br />
zwei Prozent auf minus fünf Prozent! Damit<br />
würde sich ein schon länger andau-<br />
KOMMENTAR<br />
Deutsche Gießereien sollten sich wetterfest machen<br />
FOTO: ANDREAS BEDNARECK<br />
RA Max Schumacher,<br />
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes<br />
der Deutschen Gießerei-Industrie<br />
Die Wolken am Konjunkturhorizont ziehen sich seit Herbst 2018 spürbar zu.<br />
Diese Analyse der BDG-Volkswirte wird durch Rückmeldungen aus der Branche<br />
bestätigt: Nach den teilweise schmerzhaften Einschnitten durch WLTP gibt<br />
es in der europäischen Automobilindustrie bestenfalls eine Seitwärtsbewegung<br />
und auch der Maschinenbau verliert an Dynamik.<br />
Die Gefahr eines konjunkturellen Gewitters hat auch angesichts der sonstigen<br />
wirtschaftspolitischen Unsicherheiten deutlich zugenommen. Dass es zu<br />
einem Sturm wie 2009 kommt, ist eher unwahrscheinlich. Die Rahmenbedingungen<br />
sind andere.<br />
Eigentümer und Geschäftsführer der Gießereien sind gut beraten, ihr Haus<br />
auf konjunkturelle Wetterfestigkeit einzurichten. Insbesondere die Fähigkeit,<br />
im Produktionsablauf mit höchstmöglicher Flexibilität rea<strong>gie</strong>ren zu können,<br />
wird weiterhin an Bedeutung zunehmen. Die fordernden Signale aus den Kundenbranchen<br />
sind hier eindeutig!<br />
Und die Politik muss die Zeichen der Zeit verstehen, industrie- und handelspolitische<br />
Verzerrungen abbauen und für den industriellen Mittelstand, der das<br />
Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellt, wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen<br />
schaffen. Hierfür setzt sich der BDG aktiv ein.<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 69
UNTERNEHMEN & MÄRKTE<br />
115<br />
1<strong>05</strong><br />
95<br />
Fahrzeugbau Maschinenbau Gießerei-Industrie<br />
85<br />
Jan 16 Jan 17 Jan 18 Jan 19<br />
ernder Trend bestätigen: Die Verlagerung<br />
der Inlandsproduktion ins Ausland. Dies<br />
führt einerseits zu einer rückläufigen innerdeutschen<br />
Pkw-Produktion und andererseits<br />
zu einer Fertigungszunahme im<br />
Ausland. Entsprechend sind bei einigen<br />
deutschen Automobilherstellern Modellverlagerungen<br />
innerhalb Europas zu beobachten.<br />
Doch es treten ebenfalls Verlagerungen<br />
ins Nicht-EU-Ausland auf, die<br />
mit dem Potenzial des verlagerten Komponenteneinkaufs<br />
verbunden sind.<br />
Insgesamt dürfte der Fahrzeugbau<br />
(Pkw) in Europa das 2018er-Produktionsniveau<br />
bestenfalls halten können. Da die<br />
meisten Fahrzeugbau<strong>gie</strong>ßereien international,<br />
zumindest aber europäisch, zuliefern,<br />
dürfte das Szenario des europäischen<br />
Marktes das wichtigste sein.<br />
Darüber hinaus stehen die OEMs vor<br />
weiteren Herausforderungen: Zwar werden<br />
die WLTP-Nachwehen weiter abebben,<br />
doch am Horizont tauchen die EVAP-<br />
Problematik sowie die Verschärfung der<br />
RDE-Prüfung (Real Driving Emissions) auf.<br />
Hinter dem EVAP-Test (Evaporative Emissions)<br />
verbirgt sich eine ab 1.09.<strong>2019</strong><br />
gültige neue Prüfung von Tank und Kraftstoffleitungssystem<br />
aller Neuwagen in<br />
Europa bzgl. der Ausdünstung von Kraftstoffen.<br />
Auf dem internationalen Markt ergeben<br />
sich zudem Unwägbarkeiten durch<br />
potenzielle Zollsteigerungen beim Export<br />
in die USA, betreffend sowohl Pkw als<br />
auch Komponenten. Diese Diskussion ist<br />
unverändert in der Schwebe. Die jüngsten<br />
Signale von den chinesischen Märkten<br />
sind indes ambivalent. Im Automobilmarkt<br />
sank das Marktvolumen im Januar und<br />
Februar deutlich gegenüber den Vorjahresmonaten.<br />
Allerdings zeigen die bereits<br />
eingeführten Konjunkturmaßnahmen der<br />
chinesischen Re<strong>gie</strong>rung zur Stützung der<br />
Nachfrage und Ankurbelung der Wirtschaft<br />
schon ihre Wirkung. Schwächesignale<br />
kommen außerdem aus der Großregion<br />
Nordamerika.<br />
Maschinenbau<br />
Die zweitwichtigste Kundengruppe – der<br />
allgemeine Anlagen- und Maschinenbau<br />
– geht auf ein weiteres Wachstumsjahr<br />
mit Vorbehalten zu. Die Erstprognose für<br />
das Jahr <strong>2019</strong> lag bei plus zwei Prozent<br />
basierend auf hohen Auftragsbeständen<br />
und Durchlaufzeiten. Zum Start der Hannover<br />
Messe wurde diese Prognose bereits<br />
halbiert. Für Gießereien stellt sich<br />
hier die Frage, inwieweit das Abarbeiten<br />
von Auftragsbeständen im Maschinenbau<br />
mit „historischer“ Gussproduktion verbunden<br />
ist. Schließlich werden normalerweise<br />
am Anfang der Durchlaufzeiten die<br />
Gusskomponenten angefordert.<br />
Viele Sparten, die für die Gießerei-<br />
Industrie wichtig sind, schauen in unterschiedlicher<br />
Intensität gedämpft optimistisch<br />
in das Jahr <strong>2019</strong>. Das bedeutet nicht<br />
zwingend weitere Steigerungen! Angesichts<br />
der ausgelasteten Kapazitäten ist<br />
das Halten des Niveaus schon eine logistische<br />
Meisterleistung für viele Unternehmen.<br />
Ausnahmen gibt es, positive wie<br />
negative.<br />
Szenarien<br />
Ein Minus für die deutsche Gussproduktion<br />
ist mittlerweile durchaus absehbar.<br />
Trotz der sich abzeichnenden Konjunkturschwäche<br />
wäre jedoch ein starker Einbruch<br />
aktuell nur vorstellbar, wenn exogene<br />
Faktoren zum Tragen kommen, welche<br />
die Gesamtkonjunktur zusätzlich<br />
treffen. Das wären zum Beispiel eine starke<br />
handelspolitische Eskalation sowie ein<br />
harter Brexit bzw. andere geopolitische<br />
Ereignisse. Nachdem die Brexit-Entwicklung<br />
nun eine Verlängerung bis Oktober<br />
<strong>2019</strong> beinhaltet und dennoch komplett<br />
offen ist, sind leider alle Szenarien denkbar.<br />
Die Gießereien und ihre Zulieferer<br />
sind hier hoffentlich vorbereitet ihren Teil<br />
zur Stabilisierung der Lieferketten beizutragen.<br />
Weiterhin befinden sich alle Handelsstreitigkeiten<br />
zwischen den USA und<br />
China in der Schwebe und können sich<br />
jederzeit über Kollateraleffekte auf die EU<br />
auswirken.<br />
Nach aktueller Datenlage haben die<br />
deutschen Gießereien somit im „Best<br />
Case“ die größte Chance, in Summe das<br />
Jahr <strong>2019</strong> mit annähernd dem gleichen<br />
Produktionsniveau wie 2018 zu bewältigen.<br />
Dafür sprechen zum einen die guten<br />
Auftragsbestände bei den Maschinenbau<strong>gie</strong>ßereien,<br />
welche mehr Substanz zu haben<br />
scheinen als in der Hochphase<br />
2007/2008. Zum anderen würde zu diesem<br />
Szenario allerdings auch gehören,<br />
dass die Gießereien, welche dem Fahrzeugbau<br />
zuliefern, in der Produktion<br />
knapp das Vorjahresniveau halten können.<br />
Die Wahrscheinlichkeit, die Produktion<br />
im Jahr <strong>2019</strong> deutlich zu steigern und mit<br />
einem Plus von mehr als fünf Prozent abschließen<br />
zu können, ist gering. Dem stehen<br />
beim aktuellen Produktionsniveau die<br />
hohe Auslastung und die, zu Recht, mit<br />
Augenmaß betriebenen Erweiterungsinvestitionen<br />
gegenüber. Die gesamtkonjunkturellen<br />
Abschwächungssignale bieten<br />
zudem kaum Raum für signifikante<br />
Belebungen.<br />
Elektromobilität<br />
Die Frage nach der E-Mobilität stellt sich<br />
natürlich dauerhaft. Insbesondere gilt<br />
dies, wenn man die Ankündigungen der<br />
OEMs bzgl. neuer Stromer-Modelle registriert.<br />
Die zugehörigen Szenarien wurden<br />
bei der Großen Gießereitechnischen Tagung<br />
in Salzburg im April 2018 vorgestellt<br />
und in den GIESSEREI-Ausgaben von April<br />
und Juli letzten Jahres publiziert. Natürlich<br />
bereiten sich alle Gießereien darauf vor,<br />
wie ihr Geschäftsmodell bei zunehmender<br />
Hybridisierung bzw. Elektrifizierung der<br />
Fahrzeuge Bestand haben kann bzw. modifiziert<br />
oder womöglich vollständig umgewälzt<br />
werden muss. Dies sind allerdings<br />
unternehmensindividuelle strategische<br />
Fragestellungen vor dem Hintergrund von<br />
steigenden Gussbedarfen auf Sicht der<br />
nächsten Dekade.<br />
Dipl.-Hdl. Heiko Lickfett und<br />
Sophie Steffen, M. Sc.<br />
Bundesverband der Deutschen<br />
Gießerei-Industrie BDG, Düsseldorf<br />
70 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
NEUERSCHEINUNG<br />
für den sicheren Umgang mit Induktionsofen-Schmelzanlagen<br />
Dieses Fachbuch betrachtet alle sicherheitsrelevanten Fragestellungen, die beim Betrieb von Induktionstiegelöfen<br />
im Schmelzbetrieb von Gießereien auftreten. Es analysiert das Gefährdungspotential am Ofen und seiner Peripherie,<br />
hilft bei der Identifizierung möglicher Gefährdungen und nennt Maßnahmen zu deren Vermeidung. Die aktuell<br />
verfügbare Sicherheitstechnik wird dargestellt, und es werden Maßnahmen zur präventiven Instandhaltung angegeben.<br />
Vorgesetzten erleichtert es die Schulung der Mitarbeiter im Schmelzbetrieb und unterstützt das sichere<br />
Arbeiten.<br />
Schwerpunkt des Fachbuchs ist das Schmelzen von Eisenguss, doch auch Stahl-, Aluminium- und Kupfer<strong>gie</strong>ßereien,<br />
die Induktionstiegelöfen als Schmelzaggregate verwenden, können wesentliche Teile des Inhalts<br />
anwenden.<br />
Hauptkapitel: Funktionsweise und Betrieb des Induktionstiegelofens/Feuerfestauskleidung<br />
und Optimierung der Haltbarkeit/<br />
Mögliche Gefährdungen/Wartung und Instandhaltung/Mögliche<br />
Störungen und Interventionsmöglichkeiten/Präventive Sicherheitsmaßnahmen/Normen<br />
und Richtlinien<br />
Sicherer Betrieb von Induktionsofen-Schmelzanlagen<br />
Sicherheitseinrichtungen – Beherrschen von Betriebsstörungen –<br />
Instandhaltung<br />
Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Gießerei-<br />
Industrie (BDG), Verein Deutscher Gießereifachleute (VDG)<br />
1. Auflage 2018, 190 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Tabellen<br />
Artikel-Nr.: 500408<br />
ISBN: 978-3-96144-047-4<br />
Preis: 59,00 €<br />
DVS Media GmbH • Aachener Straße 172 • 40223 Düsseldorf<br />
T +49 2 11 15 91-162 • F +49 2 11 15 91-150 • vertrieb@dvs-media.info • www.dvs-media.eu
BERUF & KARRIERE<br />
72 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
Frei nach Loriot: Ein Leben ohne Walzenguss<br />
ist möglich, aber sinnlos. Groß, dreckig<br />
und laut – das ist genau nach Anja<br />
Borns Geschmack<br />
Anja und die Walzen<br />
Beruflich konnte sich Anja Born nach ihrem Abitur vor gut 20 Jahren so manches vorstellen.<br />
Nur eines stand für die junge Frau damals fest: Ein technischer Beruf kommt<br />
definitiv nicht infrage. Über Umwege entdeckte sie jedoch ihre Begeisterung für das<br />
Gießen. Insbesondere Großgussteile haben es ihr angetan. Als Mitarbeiterin der Arbeitsvorbereitung<br />
Walzenguss bei der Walzen<strong>gie</strong>ßerei Coswig GmbH in der Nähe von<br />
Dresden steht sie seit nunmehr 13 Jahren tagtäglich ihre Frau.<br />
VON KARIN HARDTKE, NEUSS<br />
FOTOS: TEKA<br />
Die Profilwalze, die gerade aus der<br />
Grube geholt wird, wiegt circa 46<br />
Tonnen und war vorher für 24<br />
Stunden zum Erstarren in der Form. Jetzt<br />
wird sie in die Glühkammer überführt“,<br />
erklärt Anja Born. Fünfzehn Glühkammern<br />
gebe es insgesamt, fügt sie an. Die 40-Jährige<br />
nickt den Kollegen kurz zu, rückt ihren<br />
Helm zurecht und geht zügigen Schrittes<br />
in Richtung des größten der insgesamt<br />
vier Gießöfen in dieser Halle, um dort mit<br />
den Kollegen über einen bevorstehenden<br />
Abguss zu sprechen. Mehr als ein Dutzend<br />
Walzen verlassen jede Woche die Gießerei.<br />
Die schwerste Walze brachte stolze 60<br />
Tonnen auf die Waage. „Die Planung<br />
dieses Abgusses war für uns in der Arbeitsvorbereitung<br />
eine ganz schöne Herausforderung“,<br />
erinnert sich Born. Und<br />
man könne nie ganz sicher sein, dass alle<br />
Parameter innerhalb der vorgegebenen<br />
Toleranzen blieben. Dass ab und an mal<br />
etwas schiefläuft, sei halt Gießereialltag.<br />
„Dann herauszufinden, woran es gelegen<br />
hat, ist genauso spannend, wie die Vorbereitung<br />
eines Abgusses.“ Der Walzenguss<br />
sei eh etwas Besonderes und Spezielles,<br />
findet Born. „Ich möchte diese spannende<br />
Arbeit keinen Tag missen“.<br />
Die Walzen<strong>gie</strong>ßerei Coswig GmbH gibt<br />
es bereits seit 1892. Sie gehört seit 1996<br />
zum Gießereiverbund der DIHAG Holding<br />
GmbH in Essen. Das Unternehmen ist<br />
spezialisiert auf Walzenguss und Handformguss.<br />
Mit rund 260 Mitarbeitern werden<br />
in beiden Geschäftsbereichen jedes<br />
Über 15 Glühkammern verfügt die Walzen<strong>gie</strong>ßerei. Rund 850 Grad haben die Walzen<br />
nach 24 Stunden Abkühlung noch.<br />
Jahr mehr als 30 000 Tonnen Guss verarbeitet:<br />
auf der einen Seite zu Profilwalzen,<br />
Stauchwalzen oder Walzringen – auf der<br />
anderen Seite zu Rotorhohlwellen, Mahlplatten<br />
oder Getriebegehäusen. Zu den<br />
Abnehmern zählen Stahl- und Walzwerke,<br />
Hüttenwerke sowie Hersteller von Windener<strong>gie</strong>anlagen,<br />
Druckmaschinen, Mahlund<br />
Zerkleinerungsmaschinen sowie Maschinenbauer<br />
aus verschiedenen Bereichen.<br />
Wenn von den Kunden gewünscht,<br />
bietet die Gießerei einen kompletten Service<br />
aus einer Hand an – von der Entwicklung<br />
bis hin zur fachgerechten Nachkalibrierung.<br />
In den vergangenen Jahren wurde<br />
kräftig investiert – in den Aufbau einer<br />
neuen Gießerei für Handformguss, zwei<br />
neue Glühkammern, eine CNC-Karusselldrehmaschine<br />
und eine automatisierte<br />
Wasservergütungsanlage für Walzen beispielsweise.<br />
Ferienjob bei den Werkstoffprüfern<br />
im Stahlwerk<br />
Anja Born stammt aus dem südbrandenburgischen<br />
Dorf Prösen an der sächsischen<br />
Grenze zwischen Cottbus und Dresden.<br />
Gerade einmal 1,60 m groß, äußerst<br />
zierlich, blonder Pagenschnitt – auf den<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 73
BERUF & KARRIERE<br />
ersten Blick würden bei Anja Born vermutlich<br />
nicht wenige auf einen klassischen<br />
Bürojob tippen – irgendetwas bei<br />
Gericht, einem Steuerberater oder im öffentlichen<br />
Dienst beispielsweise. Und in<br />
diese Richtung hätte die berufliche Reise<br />
für die Abiturientin auch gehen können.<br />
Ein Studium sei für sie zunächst nicht infrage<br />
gekommen – „Bloß nicht schon wieder<br />
die Schulbank drücken“. Da sie als<br />
Schülerin in den Sommerferien stets gearbeitet<br />
oder Praktika absolviert und somit<br />
bereits in den einen oder anderen<br />
Beruf hineingeschnuppert hatte, fand sie<br />
einige Ausbildungsberufe ziemlich reizvoll.<br />
„Rechtspfleger oder Bibliothekar hätte<br />
ich mir gut vorstellen können. Und Apotheker<br />
war damals schlichtweg mein<br />
Traumberuf“, erinnert sich Born. Auch den<br />
Eignungstest zum Fluglotsen habe sie absolviert<br />
und bestanden, erzählt sie ein<br />
wenig stolz und schmunzelt gleich darauf<br />
über ihre damalige Berufsfindungsphase.<br />
Als sie jedoch in den Ferien bei den<br />
Schmiedewerken Gröditz GmbH jobbt und<br />
so die Arbeit in einem Stahlwerk kennenlernt,<br />
ist ein Bürojob endgültig abgehakt.<br />
„Dort hatte man mich damals zu den<br />
Werkstoffprüfern gesteckt – zerstörungsfreie<br />
Prüfung mittels Ultraschall und so<br />
weiter. Diese Arbeit hat mich total begeistert.“<br />
Da auch das Betriebsklima passte,<br />
absolviert die junge Frau eine dreieinhalbjährige<br />
Ausbildung zur Werkstoffprüferin.<br />
„Das war eine wirklich schöne Zeit“, sagt<br />
sie rückblickend und klingt dabei fast ein<br />
bisschen wehmütig.<br />
Guten Morgen Frau Born,<br />
guten Morgen meine Herren!<br />
Nach ihrer Ausbildung arbeitete Anja Born<br />
zunächst in der Fertigungskontrolle in einer<br />
dem Stahlwerk angeschlossenen Gießerei.<br />
Abwechslungsreich und interessant<br />
sei die Arbeit gewesen – aber nichts für<br />
zarte Gemüter. Riesige Schiffsbauteile mit<br />
entsprechend großen Bohrungen stellt die<br />
Gießerei-Rundgang<br />
mit „Folgen“: Der<br />
Walzenguss begeistert<br />
Anja Born von<br />
Anfang an. Rund ein<br />
Dutzend Walzen<br />
werden hier jede<br />
Woche gegossen.<br />
Gießerei unter anderem her. Als kleinste<br />
und zierlichste Mitarbeiterin der Fertigungskontrolle<br />
sei es dann meistens ihr<br />
Job gewesen, in die engen Bohrungen<br />
hineinzukriechen und die notwendigen<br />
Messungen vorzunehmen. Anja Born ist<br />
zäh, beißt sich durch – und doch belastet<br />
diese anstrengende Arbeit mit der Zeit<br />
zunehmend ihre Gesundheit. „Einmal bin<br />
ich tatsächlich mit dem Ultraschallprüfkopf<br />
an einem Gussteil festgefroren.“ Und<br />
so entschließt sich die Werkstoffprüferin<br />
schließlich, doch noch zu studieren. Da<br />
sie dem Gießen auf jeden Fall treu bleiben<br />
möchte, fällt ihre Wahl auf den Studiengang<br />
„Werkstofftechnolo<strong>gie</strong> mit Schwerpunkt<br />
Gießereitechnik“ an der TU Bergakademie<br />
in Freiberg. Stipendien der<br />
Hans-Böckler-Stiftung sowie des Stahlinstituts<br />
VDEh helfen, die mehr oder weniger<br />
einkommensfreie Studienphase zu überbrücken.<br />
Dass es ein Bachelor-Studiengang<br />
werden sollte, da war sich Anja Born<br />
von Anfang an sicher. „Der Vorteil lag für<br />
mich auf der Hand: eine überschaubare<br />
Regelstudienzeit, wodurch man für die Unternehmen<br />
schnell wieder verfügbar ist“.<br />
Einen „Nachteil“ hatte der Studiengang<br />
jedoch, erinnert sich Born und lacht: Sie<br />
war die einzige Frau in ihrem Semester.<br />
„Ich konnte im Gegensatz zu meinen<br />
männlichen Kollegen eigentlich nie eine<br />
Vorlesung ausfallen lassen. Denn schon<br />
bei der Begrüßung hieß es immer: Guten<br />
Morgen Frau Born, guten Morgen meine<br />
Herren.“ Obwohl Frauen in technischen<br />
Berufen definitiv auf dem Vormarsch seien,<br />
gebe es halt insbesondere in der historisch<br />
von Männern geprägten Gießereibranche<br />
immer noch weit mehr Männer<br />
als Frauen. Als Frau sei man in der Branche<br />
auch heute noch ein Stück weit ein<br />
Exot, so ihre Einschätzung. Für sie sei daher<br />
von vorneherein klar gewesen, dass<br />
sie als Frau in ihrem zukünftigen Beruf<br />
besonders gut sein muss, um sich zu behaupten<br />
und als kompetenter Gesprächspartner<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
Nachdem sie ihren Bachelor-Abschluss<br />
als Werkstofftechnologin mit<br />
Schwerpunkt Gießereitechnik in der Tasche<br />
hatte, bewarb sie sich bei verschiedenen<br />
Gießereien in der Region. Wegzuziehen,<br />
das kam für Anja Born nie infrage.<br />
„Wenn alle von hier weggehen, was soll<br />
denn dann werden?“, sagt sie. Manch ein<br />
männlicher Gesprächspartner sei zunächst<br />
ein wenig reserviert gewesen ob<br />
einer weiblichen Gießereispezialistin, erinnert<br />
sie sich. Nicht unbedingt eine angenehme<br />
Erfahrung, gesteht sie. Aber:<br />
„Ich weiß, wovon ich rede und ich kann<br />
mich schon auch durchsetzen.“ Eine Initiativbewerbung<br />
schickt Anja Born an die<br />
Walzen<strong>gie</strong>ßerei Coswig. Doch zu diesem<br />
Zeitpunkt gibt es für die Ingenieurin dort<br />
keine passende Stelle. Born hat mittlerweile<br />
Jobzusagen einer Aluminium<strong>gie</strong>ßerei<br />
sowie einer Stahl<strong>gie</strong>ßerei – und entscheidet<br />
sich für die Stahl<strong>gie</strong>ßerei. Sie<br />
beginnt dort als Mitarbeiterin der Qualitätssicherung.<br />
Die Arbeit ist vielseitig und<br />
macht ihr Freude. Doch als kurze Zeit<br />
später dann doch noch ein Anruf aus Coswig<br />
kommt, zögert Born nicht lange und<br />
schaut sich die Gießerei an. Ihre damalige<br />
Gesprächspartnerin: Sabine Murcek,<br />
Leiterin der Arbeitsvorbereitung Walzenguss.<br />
Dort sucht man dringend Verstärkung.<br />
Nach dem Gespräch und einem<br />
Rundgang durch die Gießerei steht für<br />
beide Seiten schnell fest: Die Aufgabe<br />
passt – und was mindestens genauso<br />
wichtig ist: Die Chemie stimmt. „Ich kann<br />
das schlecht beschreiben. Aber es bestand<br />
von Anfang an eine Vertrautheit, so<br />
als wenn man sich schon ewig kennen<br />
würde“, erzählt Born. Zum Ende der Probezeit<br />
verlässt sie schließlich die Stahl<strong>gie</strong>ßerei<br />
und wechselt zur Walzen<strong>gie</strong>ßerei<br />
Coswig in die Arbeitsvorbereitung Walzenguss,<br />
wo sie bis heute arbeitet. Sabine<br />
Murcek ist bis heute ihre Vorgesetzte.<br />
Und sollte die einmal nicht da sein, so<br />
übernimmt Anja Born seit einiger Zeit ihre<br />
Aufgaben in Vertretung.<br />
Kompetenz und Tatkraft –<br />
ein unschlagbares Team<br />
Ihre männlichen Gießereikollegen mögen<br />
sie zwar in Sachen Körpergröße überragen,<br />
aber auf der Nase herumtanzen lasse<br />
sie sich deshalb noch lange nicht, betont<br />
Born. In der Gießerei merkt man<br />
schnell, dass die zierliche Ingenieurin<br />
fachlich einiges auf dem Kasten hat und<br />
weiß, wovon sie spricht. Und dass sie sich<br />
für keine Arbeit zu fein ist und nicht nur<br />
redet, sondern auch mit anpackt. Anja<br />
Born arbeitet zu Beginn in der Walzenformerei<br />
im Schichtdienst, sie reinigt die<br />
74 GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong>
Herdwagen und schippt Le<strong>gie</strong>rungselemente.<br />
Und auch am Gießofen beim Abschlacken<br />
findet man sie. Als es ihr jedoch<br />
nicht gelingt, den Schlackengreifer über<br />
die Rinne zu ziehen, lässt der Kollege sie<br />
zunächst einmal zappeln, bis er ihr<br />
schließlich hilft. Anja Born ficht das nicht<br />
an: „Nur Danebenstehen und Zuschauen<br />
ist nicht mein Ding. Ich will es lieber selber<br />
ausprobieren, auch wenn es letztendlich<br />
mal nicht klappen sollte.“ Das kommt<br />
an – wie auch die Tatsache, dass sie bei<br />
Klärungsbedarf lieber den direkten Kontakt<br />
sucht und in die Gießerei geht, statt<br />
nur zum Telefonhörer zu greifen oder eine<br />
E-Mail zu schreiben.<br />
Selbstverständlich gebe es gute und<br />
weniger gute Arbeitstage, genauso wie<br />
Tage, die sie vorwiegend an ihrem<br />
Schreibtisch vor dem Computer verbringt<br />
– „wenn beispielsweise Auswertungen<br />
gefahren werden müssen“, erklärt sie.<br />
Doch statt klinisch rein, mag Anja Born<br />
es lieber dreckig, laut und dunkel. Nach<br />
einem Tag ohne Abstecher in die Gießerei<br />
fehle ihr etwas, sagt sie. Bei besonderen<br />
Abgüssen, wie der eines circa 40 Tonnen<br />
schweren Kolbens (Fertiggewicht) im vergangenen<br />
Jahr, sei sie auf jeden Fall immer<br />
mit dabei. Genauso spannend sei es<br />
jedoch, wenn sich bei einem Abguss doch<br />
einmal ein Fehler einschleichen sollte.<br />
„Insbesondere bei Fehlern, die vorher bei<br />
Mit Leib und Seele Gießerin – nach einem<br />
Studium an der TU Bergakademie<br />
Freiberg hat die Werkstofftechnologin ihre<br />
Passion gefunden.<br />
identischen Abgüssen noch nie aufgetreten<br />
sind, sind wir von der Arbeitsvorbereitung<br />
gefordert. Manchmal findet man<br />
einfach keine Antwort. Auch das kommt<br />
vor.“ Sie fühle sich mit ihrer Arbeit verbunden,<br />
so drückt sie es aus. Sie wolle<br />
ihren Beitrag dazu leisten, dass die Arbeit<br />
in der Gießerei rund läuft. So sei sie halt<br />
schon immer gewesen. Halbe Sachen sind<br />
nichts für sie. Diese Begeisterung spüren<br />
auch Kunden und Besucher. Anja Born<br />
erinnert sich an einen Tag der offenen<br />
Tür, an dem sie Kunden die Gießerei gezeigt<br />
hat. Die waren nach dem Rundgang<br />
mindestens genauso beeindruckt von der<br />
Gießerei wie von ihrer „Fremdenführerin“,<br />
deren Enthusiasmus für ihre Arbeit und<br />
das Gießen auf sie überschwappte.<br />
Doch Anja Born ist nicht nur Vollzeit-<br />
Gießereibegeisterte, sondern auch Vollzeit-Mama<br />
– ein Spagat, der Flexibilität,<br />
Belastbarkeit und ein ausgeprägtes Organisationstalent<br />
erfordert. Eine Herausforderung,<br />
die die 40-Jährige gerne annimmt<br />
und mit der manch ein männlicher<br />
Kollege wahrscheinlich so seine Schwierigkeiten<br />
hätte. Nicht so Anja Born. Bereits<br />
sechs Monate nach der Geburt ihres<br />
Sohnes stand sie quasi Vollzeit wieder in<br />
der Gießerei. Wenn Sie über ihren 8-jährigen<br />
Sohn William spricht, ist ihr Stolz<br />
fast mit Händen zu greifen. Mittlerweile<br />
lerne er Kanufahren, früher habe er auch<br />
Handball gespielt, erzählt sie. Dass Born<br />
– selbst begeisterte Handballerin – ihr<br />
Hobby aus Zeitgründen inzwischen aufgeben<br />
musste, bedauert sie ein wenig.<br />
Oder, dass ihr die Zeit fehlt, an den regelmäßigen<br />
Absolvententreffen der TU Bergakademie<br />
Freiberg teilzunehmen. Aber<br />
man müsse halt Prioritäten setzen. Was<br />
Anja Born viel eher Sorgen bereitet, sind<br />
die Herausforderungen, denen sich die<br />
deutsche Gießerei-Industrie derzeit gegenübersieht:<br />
Billiganbieter aus China, die<br />
auf den deutschen Markt drängen, der<br />
Druck, neue Kundengruppen zu erschließen<br />
oder die immer kürzer werdenden<br />
Planungshorizonte beispielsweise. Nichtsdestotrotz:<br />
Anja Born liebt ihre Arbeit<br />
trotz aller Widrigkeiten bis heute. „Eine<br />
Arbeit außerhalb einer Gießerei kann ich<br />
mir überhaupt nicht vorstellen. Vorstellen<br />
kann ich mir hingegen, eines Tages mehr<br />
Verantwortung zu übernehmen.“ Sagt’s,<br />
nimmt kurz ein Telefonat entgegen und<br />
macht sich unverzüglich auf den Weg in<br />
Richtung Bearbeitungszentrum – ein Kollege<br />
hat eine Frage zur Profilierung einer<br />
Walze.<br />
GIESSEREI 106 <strong>05</strong>/<strong>2019</strong> 75
MEDIEN & BÜCHER<br />
Der Metalldruck bei BMW<br />
High-Tech am i8-Roadster<br />
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zum Thema Gießereitechnik im Internet<br />
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Den i8 stellt BMW auch als Rodster her – ein geprintetes Metallteil steckt im Verdeckmechanismus.<br />
Metallpulver in der Fertigung. Qualitätskontrolle der geprinteten Teile. Filigranes Bauteil, fertig zum Einbau.<br />
SCREENSHOTS: SAT.1 BAYERN<br />
Die Bayerischen Motorenwerke sind<br />
im Zeitalter des Metalldrucks angekommen.<br />
Für ein Bauteil des neuen<br />
Elektro-Roadster i8 setzt BMW komplett<br />
auf diese Technik.<br />
Offene Autos verfügen gemeinhin über<br />
eine Abdeckung des zurückgeklappten<br />
Verdecks. Diese Abdeckung, früher gerne<br />
aus festem Stoff gemacht, besteht inzwischen<br />
üblicherweise aus festem Material<br />
und ist ein steifer Deckel. Dieser<br />
Deckel wird mechanisch bewegt und<br />
muss natürlich arretiert werden.<br />
Und für genau diesen Verwendungszweck<br />
hat BMW sein Bauteil im neuen Verfahren<br />
konstruiert: Den Mechanismus des<br />
Verschließens übernimmt beim i8-Roadster<br />
kein Bauteil in Blechpräge- oder<br />
Gusstechnik. Dieses Bauteil entsteht im<br />
Metalldruck.<br />
Das knapp halbminütige BMW-Video<br />
zeigt anfangs den gezeichneten Roadster<br />
und dann im Detail Szenen aus der Entstehung<br />
des filigranen Bauteils. Hier ist<br />
ein Laser der das Metallpulver aufschmilzt<br />
ebenso zu sehen wie das Pulver<br />
selbst. Schließlich auch die Bereiche des<br />
fertigen Autos, in denen das Bauteil eingesetzt<br />
wird. Gezeigt werden auch Phasen<br />
des Verdeck-Öffnungsvorgangs. Der<br />
374 PS starke Roadster kostet übrigens<br />
mindestens 155 000 Euro - da fallen die<br />
Kosten des Metallprints nicht weiter ins<br />
Gewicht.<br />
QR-CODE/Link:<br />
YouTube-Link zum Film<br />
https://bit.ly/2vpurFU<br />
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