Bote aus der Buckligen Welt Mai 2019 - Nr 204
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REGION<br />
Die Museumsverantwortlichen von Bad Erlach nahmen gemeinsam mit vielen Nachfahren <strong>der</strong> jüdischen Familien die Eröffnung vor / Fotos (3): Rehberger<br />
Hackerh<strong>aus</strong>: Erinnerung und Mahnung<br />
Als im April die Ausstellung „Mit<br />
ohne Juden“ im Hackerh<strong>aus</strong> in<br />
Bad Erlach eröffnet wurde, da<br />
spürte man, es geht hier um mehr<br />
als „nur“ Kulturvermittlung. Zahlreiche<br />
<strong>aus</strong> aller <strong>Welt</strong> angereiste<br />
Nachfahren <strong>der</strong> jüdischen Familien,<br />
die in <strong>der</strong> <strong>Buckligen</strong> <strong>Welt</strong> und<br />
im Wechselland lebten, bevor sie<br />
verfolgt und vernichtet wurden,<br />
teilten mit den Besuchern ihre<br />
Erinnerungen. Die unzähligen<br />
Ausstellungsstücke und die mo<strong>der</strong>ne<br />
Aufbereitung <strong>der</strong> Schau<br />
machen das Museum und das<br />
Projekt, das dahintersteht, zu<br />
etwas Einzigartigem.<br />
Als ein „Zentrum <strong>der</strong> Erinnerung“<br />
bezeichnete <strong>der</strong> Projektverantwortliche<br />
Christian<br />
Rädler das neue Museum im<br />
Hackerh<strong>aus</strong> in Bad Erlach im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Eröffnung. Und<br />
das ist es auch. Auf 250 m 2<br />
Ausstellungsfläche in den historischen<br />
Räumlichkeiten des<br />
ehemaligen Wohn- und Geschäftsh<strong>aus</strong>es<br />
<strong>der</strong> jüdischen<br />
Familie Hacker wird einerseits<br />
das Schicksal dieser Familie gezeigt,<br />
im mo<strong>der</strong>nen Anbau – <strong>der</strong><br />
„Ellipse“ – wird an<strong>der</strong>erseits im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong><strong>aus</strong>stellung<br />
aber auch das Schicksal <strong>der</strong> jüdischen<br />
Bevölkerung in <strong>der</strong> gesamten<br />
Region Bucklige <strong>Welt</strong>–<br />
Wechselland dokumentiert.<br />
Das Museum und die Gedenkstätte<br />
im Hackerh<strong>aus</strong> präsentieren<br />
sich dem Besucher<br />
technisch bestens <strong>aus</strong>gestattet:<br />
Elf audivisuelle und interaktive<br />
Stationen mit Filmsequenzen<br />
und Zeitzeugeninterviews, zehn<br />
multimediale Hörbücher sowie<br />
Originalobjekte machen die<br />
Geschichte des Judentums in<br />
<strong>der</strong> Region zu einem mit allen<br />
Sinnen erfahrbaren Erlebnis.<br />
Martha Keil, Leiterin des Instituts<br />
jüdischer Geschichte<br />
Österreichs, kuratierte die Son<strong>der</strong><strong>aus</strong>stellung,<br />
die auf den Ergebnissen<br />
des Forschungsprojektes<br />
„Eine versunkene <strong>Welt</strong>“<br />
von Johann Hagenhofer, Werner<br />
Sulzgruber und Gert Dressel,<br />
gemeinsam mit vielen (Hobby-)<br />
Historikern basiert (siehe Serie<br />
im „<strong>Bote</strong>n“ im letzten Jahr).<br />
Zusammenleben <strong>der</strong><br />
Religionen und Kulturen<br />
Das Museum für Zeitgeschichte<br />
entstand auf Initiative<br />
von Bürgermeister Hans Rädler.<br />
Das historische Gebäude wurde<br />
2017 von <strong>der</strong> Gemeinde angekauft<br />
und anschließend behutsam<br />
umgestaltet, um hier dem<br />
Zusammenleben <strong>der</strong> Religionen<br />
und Kulturen im einstigen Erlach<br />
ein Mahnmal zu setzen.<br />
Dass es diese Schau gibt,<br />
ist nicht nur den akribischen<br />
Forschungsarbeiten <strong>der</strong> Autoren<br />
zu verdanken, die in den<br />
Gemeinden das Schicksal <strong>der</strong><br />
jüdischen Familien aufgearbeitet<br />
haben. Durch zahlreiche<br />
Leihgaben wird die Geschichte<br />
zum Leben erweckt. Insgesamt<br />
35 Nachfahren <strong>der</strong> jüdischen<br />
Familien <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Region haben<br />
sich zur Eröffnung eingefunden.<br />
Aus Amerika, Kanada, Israel<br />
o<strong>der</strong> Großbritannien kamen<br />
sie angereist. Und auch wenn<br />
sie sich vor ihrem Besuch in<br />
Österreich nicht kannten, haben<br />
sie hier doch gemeinsame<br />
Wurzeln. Dieses Treffen machte<br />
die Museumseröffnung auch<br />
zu einer ganz beson<strong>der</strong>en Veranstaltung.<br />
Eine, bei <strong>der</strong> auch<br />
mit Mahnungen an die jüngere<br />
Generation nicht gespart wurde.<br />
Damit sich das, was ihren<br />
Familien hier passiert ist, nicht<br />
wie<strong>der</strong>holt. Es wurde aber auch<br />
das Engagement <strong>der</strong> Menschen<br />
hervorgehoben, die mit ihrer<br />
Beteiligung an <strong>der</strong> Ausstellung<br />
gegen Menschenverachtung<br />
vorgehen.<br />
Nationalratspräsident Wolfgang<br />
Sobotka betonte: „Dieses<br />
Engagement soll jetzt nicht nur<br />
gelobt werden, son<strong>der</strong>n es soll<br />
viele Nachahmer finden.“<br />
Irene Hruby, Cornelia Rehberger<br />
<strong>Bote</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Buckligen</strong> <strong>Welt</strong> | <strong>Mai</strong> <strong>2019</strong><br />
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