PARNASS 01/2019 Leseprobe
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K U N S T M A G A Z I N<br />
STADT<br />
DER FRAUEN<br />
Kunst · Projekte · Räume<br />
FOTO WIEN<br />
Festivals<br />
IM PORTRÄT<br />
Nives Widauer<br />
Nil Yalter<br />
BODENSEE<br />
Kunst- und Kulturraum<br />
CITYSPOT LONDON<br />
Kunstmarkt<br />
Heft 1/2<strong>01</strong>9 | März–April | www.parnass.at | Ö/DE: EUR 18,– | CH: SFR 31,– | Österreichische Post AG | MZ 02Z032769 M | <strong>PARNASS</strong> Verlag GesmbH | Loquaiplatz 12 | 1060 Wien
ROBERT RAUSCHENBERG<br />
BOREALIS 1988 – 92<br />
SALZBURG<br />
APRIL – MAI 2<strong>01</strong>9<br />
ROPAC.NET<br />
LONDON PARIS SALZBURG<br />
ROBERT RAUSCHENBERG, BOWERY PARADE (BOREALIS) (DETAIL), 1989<br />
TARNISH AND SILKSCREEN INK ON BRASS, 184,8 x 184,8 CM, PHOTO: GLENN STEIGELMAN<br />
© ROBERT RAUSCHENBERG FOUNDATION / ADAGP, PARIS, 2<strong>01</strong>9
SILVIE AIGNER<br />
CHEFREDAKTEURIN<br />
Foto: © christianjungwirth.com<br />
EDITORIAL<br />
ARTLIFE<br />
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COVER<br />
CLEMENS ASCHER<br />
A Modernist Lunchbreak, 2<strong>01</strong>8<br />
© by the artist<br />
2<strong>01</strong>8 waren auf der Art Basel Arbeiten von Künstlerinnen gefragt wie nie zuvor. Allein am ersten<br />
Messetag stammten von den neun bei Hauser & Wirth verkauften Arbeiten sieben von Frauen, darunter<br />
für 4,75 Millionen Dollar ein Werk von Louise Bourgeois und Joan Mitchells „Composition“<br />
von 1969 für 14 Millionen Dollar. Blickt man auf die Listen der von den Galerien bekanntgegebenen<br />
Verkäufe, die eine jüngere Generation von Kunstschaffenden betreffen, reihen sich weibliche<br />
Namen fast nahtlos aneinander. Und der Trend setzte sich fort. Unter den Top Ten der 100 Aufsteiger<br />
mit den höchsten Punkt-Zuwächsen im „Capital-Kunstkompass“ waren 2<strong>01</strong>8 sieben Frauen.<br />
Den ersten Platz belegte die Koreanerin Haeque Yang. Alles gut also? Sicher, Geschlechtergerechtigkeit<br />
ist 2<strong>01</strong>9 kein Fremdwort mehr. Galeristinnen, Sammlerinnen, Museumsdirektorinnen und<br />
Kuratorinnen prägen die Kunstszene. Viele von ihnen fördern bewusst Künstlerinnen, wie Ingvild<br />
Goetz, oder gründen Museen, wie aktuell die polnische Kunstmäzenin Grażyna Kulczyk im schweizerischen<br />
Susch. Und auch wenn Künstlerinnen lange unsichtbar gemacht wurden, haben sie einen<br />
wesentlichen Beitrag zur Kunstgeschichte geleistet. Das zeigt eindrucksvoll die von Sabine Fellner<br />
kuratierte Ausstellung „Die Stadt der Frauen“. Die Frauen erkämpften sich damals ihre Stellung in<br />
der Kunstwelt. Dennoch sind viele von ihnen heute in Vergessenheit geraten. Dass in den letzten<br />
Jahren viele großartige Künstlerinnen vermehrt in Ausstellungen präsent sind und am Kunstmarkt<br />
reüssieren, ist ein erster Schritt – Chancengleichheit ist damit aber immer noch nicht erreicht, wie<br />
dies auch die Analyse von Eva Komarek deutlich macht. Wir haben den Titel der Ausstellung „Stadt<br />
der Frauen“ zum Anlass genommen, auch generell zu fragen, welche Rolle Kunst im öffentlichen<br />
Raum einnehmen kann und soll. Mit der Künstlerin Barbara Holub und der Wiener Kulturstadträtin<br />
Veronica Kaup-Hasler haben wir zwei Frauen interviewt, die sich damit intensiv auseinandersetzen.<br />
Weiters besprechen wir die FOTO WIEN, die in diesem Jahr erstmals stattfindet. Im Rahmen<br />
des Fotofestivals stellt der österreichische Künstler Clemens Ascher seine Serie „A Modernist<br />
Lunchbreak“ bei PFERD aus. Wir konnten ihn auch für unser Cover begeistern. Der Cityspot führt<br />
uns diesmal nach London. Neben der Franz-West-Ausstellung in der Tate Modern stellen wir Ihnen<br />
noch weitere Hotspots der Kunstszene in der britischen Hauptstadt vor, denn man ist sich einig:<br />
Auch nach dem Brexit wird London seine Stellung als führende Kunstmetropole nicht verlieren.<br />
Und auch hier stehen Künstlerinnen im Fokus. Für mindestens ein Jahr ändert die Tate Britain ihre<br />
Sammlungspräsentation in der Abteilung für Kunst ab 1960 und zeigt ebendort nur Frauen. Dennoch<br />
– es ist noch nicht alles gut! Die Schließung des Gender Gaps ist nach wie vor schwierig, allein<br />
mit dem Binnen-I ist es nicht getan, dem wir uns – allen Diskussionen zum Trotz – im Magazin im<br />
Sinne einer besseren Lesbarkeit verweigern. Es braucht Role Models, wie Kulczyk postuliert, und<br />
man sollte es wohl so wie Verena Dengler halten, die meint, dass weiblicher Größenwahn völlig unterschätzt<br />
wird, man muss das vom Kindergarten an fördern.<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 3
BIRGIT JÜRGENSSEN Bodenschrubben, 1975 – Seite 48<br />
INHALT<br />
STADT DER FRAUEN<br />
18 Künstlerinnen in Wien von 1900 bis 1938<br />
28 HERSTORY – Netzwerke und Initiativen<br />
38 Veronica Kaup-Hasler im Interview<br />
40 Künstlerinnen – Projekte im öffentlichen Raum<br />
48 Female Power auch am Kunstmarkt?<br />
54 Künstlerinnen OnView<br />
4 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
INHALT<br />
Fotos: Birgit Jürgenssen , Estate Birgit Jürgenssen, Bildrecht Wien, 2<strong>01</strong>9, Courtesy Galerie Hubert Winter, Wien | Ernst Caramelle © mumok, Foto: Klaus Pichler | Hans Op de Beeck © Studio Hans Op de Beeck | Lassnig – Rainer, © LENTOS, Foto: maschekS | Herbert Ploberger, Foto: Kunsthandel Widder,<br />
Wien © Bildrecht, Wien, 2<strong>01</strong>9 | Piet Mondrian © Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler, Foto: Robert Bayer | Pablo Picasso, © Succession Picasso / 2<strong>01</strong>8, ProLitteris, Zürich Foto: © 2<strong>01</strong>7, The Metropolitan Museum of Art / Art Resource / Scala, Florenz<br />
JOURNAL<br />
6 Slow Art im Bergdorf Susch<br />
Neue Schweizer Kunstdestination<br />
10 Ganymed in Love<br />
Kunsthistorisches Museum Wien<br />
12 Something not so Common<br />
Galerie Ebensperger Rhomberg<br />
14 Weiter neu ...<br />
Galerie artmark<br />
16 Kunstszene: Thorsten Sadowsky<br />
IM PORTRÄT<br />
60 Nives Widauer<br />
Archeology of undefined Future<br />
66 Nil Yalter<br />
Exile Is a Hard Job<br />
SAMMLUNG<br />
72 Sigg Collection<br />
Die Storyline der chinesischen Kunst<br />
FESTIVALS<br />
80 Foto Wien<br />
90 Diagonale ’19<br />
92 Klang Licht 2<strong>01</strong>9<br />
SPECIALS<br />
94 Kunst- und Kulturraum<br />
Bodensee<br />
ERNST CARAMELLE – Seite 134<br />
ART & DESIGN<br />
124 Gilbert Bretterbauer<br />
AUSSTELLUNGEN<br />
128 Mark Rothko<br />
Kunsthistorisches Museum<br />
134 Ernst Caramelle<br />
mumok<br />
136 Malerei mit Kalkül<br />
mumok<br />
138 Aufbruch in die Moderne<br />
Leopold Museum Wien<br />
142 Hans Op de Beeck<br />
Kunsthalle Krems<br />
144 Friedrich Aduatz<br />
Galerie Welz<br />
146 Otto Zitko<br />
Galerie am Stein<br />
148 Lassnig – Rainer: Das Frühwerk<br />
LENTOS Kunstmuseum<br />
152 Herbert Ploberger<br />
Landesgalerie Linz<br />
154 Hate Speech<br />
KM – Künstlerhaus Graz<br />
156 Tomas Hoke<br />
Ausstellungsreigen in Klagenfurt<br />
158 Natur als Kunst<br />
Lenbachhaus München<br />
160 Zukunftsräume<br />
Staatliche Kunst sammlung Dresden<br />
162 IDEAL STANDARD<br />
Zeppelin Museum<br />
164 Mantegna und Bellini<br />
Gemäldegalerie Staatliche<br />
Museen zu Berlin<br />
166 Kulturlandschaft Syrien<br />
Pergamonmuseum<br />
170 Der junge Picasso<br />
Fondation Beyeler<br />
KUNSTMARKT<br />
172 Cityspot London<br />
190 TEFAF<br />
194 Wie vererbt man Leidenschaft?<br />
197 Benefiz-Kunstauktion<br />
198 imKinsky: Friedrich von Amerling<br />
200 Auktionen<br />
TERMINE<br />
202 Kunsttermine im Überblick<br />
208 Vorschau / Impressum<br />
HANS OP DE BEECK – Seite 142 LASSNIG UND RAINER – Seite 148<br />
HERBERT PLOBERGER – Seite 152 HEIMO ZOBERNIG– Seite 160<br />
PABLO PICASSO– Seite 170<br />
DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT IM MAI 2<strong>01</strong>9<br />
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet.<br />
Sämtliche Personen bezeichnungen gelten sowohl für männliche als auch für weibliche Kunstschaffende.<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 5
JOURNAL<br />
NEUE SCHWEIZER KUNSTDESTINATION<br />
LOW ART<br />
NANA PERNOD<br />
IM BERGDORF SUSCH<br />
Susch, das kleine Engadiner Bergdorf am Fuße<br />
des Flüelapasses, Verkehrsknotenpunkt und ehemaliger<br />
Pilgerort auf dem Weg nach Santiago<br />
de Compostela, wandelt sich in eine Kunstdestination:<br />
Die polnische Kunstmäzenin Grażyna<br />
Kulczyk (*1950, Posen/Polen) hat hier ihre<br />
„Fundaziun Muzeum Susch/Art Stations Foundation“<br />
eröffnet. In ehemaligen Kloster- und<br />
Brauereiräumlichkeiten sind nun fantastische<br />
Räume für zeitgenössische Kunst entstanden.<br />
Das Verschmelzen von alter Bausubstanz, einmaliger<br />
Berglandschaft und dem Fluss Inn bietet<br />
eine Stimmung der speziellen Art. So ist auch<br />
das großangelegte Projekt angedacht: Hier soll<br />
„Slow Art“ stattfinden sowie ein intensiver Dialog<br />
über zeitgenössische Kunst, vor allem von<br />
Künstlerinnen; Grażyna Kulczyk sieht sich aber<br />
auch als Vermittlerin zwischen der ost- und westeuropäischen<br />
Kunst. In diesem Sinn werden polnische<br />
Kunstschaffende und ihre Werke regelmäßige<br />
Gäste in Susch sein.<br />
Die beteiligten Schweizer Architekten<br />
Chasper Schmidlin und Lukas Voellmy, beides<br />
Kenner der Kunstraumarchitektur und des Engadiner<br />
Hauses, haben in Susch unter strengen<br />
Auflagen der Denkmalpflege eine sehr feinfühlige<br />
und gelungene Intervention in die alte Bausubstanz<br />
umgesetzt.<br />
Die polnische Mäzenin hat bereits einen<br />
Wohnsitz im Unterengadiner Ort Tschlin, der<br />
sich unweit von Susch am Talende befindet. Von<br />
Haus aus Juristin, ist sie mit ihrem verstorbenen<br />
Mann Jan Kulczyk (1950 Posen/Polen – 2<strong>01</strong>5<br />
Wien) nach der Wende durch unternehmerische<br />
Aktivitäten zu großem Vermögen gekommen.<br />
Kunst war seit ihrem Studium durch Freundschaften<br />
und Eigeninteresse ihre stete Begleiterin.<br />
In ihrer Geburtsstadt Posen hat sie ebenfalls<br />
eine alte Brauerei in ein riesiges Begegnungszentrum<br />
umgebaut, das Kunst und Kommerz unter<br />
einem Dach vereint. Ihrem dortigen Credo –<br />
unternehmerisches Investment und Kunstengagement<br />
hälftig zu mischen – ist sie in Susch<br />
nicht treu geblieben. Hier weiß sie, dass es ausschließlich<br />
um Kunst und deren Förderung sowie<br />
um die Standortentwicklung des kleinen<br />
Bergdorfs geht. Mittlerweile ist Kulczyk eine der<br />
200 wichtigsten Sammlerinnen zeitgenössischer<br />
Kunst weltweit mit einem Schwerpunkt auf den<br />
Werken von Künstlerinnen und osteuropäischer<br />
Kunst. Sie hat einen Sitz im Akquisitionskomitee<br />
für osteuropäische und russische Kunst der<br />
Tate Modern in London und ist Mitglied des<br />
„Modern Women’s Fund“ des MoMA in New<br />
York. Das Muzeum Susch liegt im denkmalgeschützten<br />
Teil des Dorfs. Auch die benachbarten<br />
alten Engadinerhäuser hat Grażyna Kulczyk<br />
erstanden: Sie sollen Künstlerresidenzen ermög-<br />
6 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
lichen. Das Projekt Muzeum Susch scheint eine<br />
Herzensangelegenheit der Mäzenin und Sammlerin<br />
zu sein: Nachdem zwei großangelegte Museumsprojekte<br />
in Polen scheiterten, fand sie im<br />
Engadin eine neue Heimat.<br />
Das Muzeum beherbergt eine Dauerausstellung,<br />
die sich einerseits aus der Sammlung von<br />
Grażyna Kulczyk speist, andererseits aus Kunstinterventionen,<br />
die eigens für das Muzeum vor<br />
Ort von Schweizer und ausländischen Kunstschaffenden<br />
umgesetzt wurden. Daneben finden<br />
Wechselausstellungen statt und es soll auch<br />
ein Ort für Symposien und Diskussionen zur<br />
Kunst werden. Die Eröffnungsausstellung „A<br />
Woman Looking at Men Looking at Women“<br />
ist von Kasia Redzisz, Senior Curator an der<br />
Tate Liverpool, konzipiert. Sie setzt sich mit der<br />
weiblichen Wahrnehmung des Körpers auseinander<br />
und trifft so auch den Kern der Förderungsintention<br />
von Grażyna Kulczyk, nämlich<br />
den Künstlerinnen eine Plattform zu bieten, um<br />
sie besser in den männerdominierten Kunstzirkus<br />
einzuschließen. Zu sehen sind Werke etablierter<br />
Künstlerinnen, wie etwa von Louise<br />
Bourgeois, Maria Lassnig und Geta Brătescu.<br />
Vieles davon ist installative Kunst und eine erhebliche<br />
Anzahl der Künstlerinnen stammt aus<br />
Osteuropa. „Slow Art“ findet hier auch in dem<br />
Sinne statt, dass die Kunstwerke nicht herkömmlich<br />
angeschrieben sind. Alle Informationen zum<br />
Werk befinden sich auf der App des Museums,<br />
die eigens dafür konzipiert wurde und vor Ort<br />
auf dem Mobiltelefon installiert werden kann.<br />
Die verschlungenen Räume des ehemaligen<br />
Klosters mit der Verbindung zur Brauerei und<br />
die gewachsenen Felsstrukturen an der Basis des<br />
Gebäudes machen die ganze Show zu einem sehr<br />
speziellen Seherlebnis: eben „Slow Art“: Schnell<br />
kann man da gar nicht vorankommen. Und immer<br />
wieder hält der Besucher inne – eingenommen<br />
von den Durchblicken in die Suscher Bergwelt<br />
und auf den Inn. Einmal mehr zeigt sich,<br />
dass gelungene architektonische Interventionen<br />
aus alter Bausubstanz den Zauber der Gegenwärtigkeit<br />
und des umgebenden Genius Loci sichtbar<br />
machen können. Ein stiller und den Besucher<br />
vereinnahmender Schweizer Kunst- sowie<br />
Architekturpilgerort ist entstanden.<br />
MUZEUM SUSCH<br />
linke Seite | MUZEUM SUSCH | Innenansicht<br />
rechte Seite | MONIKA SOSNOWSKA | Stairs, 2<strong>01</strong>6–17<br />
Courtesy by the artist und Muzeum Susch, Art Stations Foundation CH<br />
Fotos: © Studio Stefano Graziani, Muzeum Susch/Art Stations Foundation CH<br />
SURPUNT 78<br />
7542 SUSCH<br />
WWW.MUZEUMSUSCH.CH<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9<br />
7
JOURNAL<br />
GRAŻY N A<br />
KULCZYK<br />
SLOW ART IN SUSCH<br />
Grażyna Kulczyk ist eine international<br />
anerkannte Expertin<br />
für osteuropäische und russische<br />
Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts<br />
sowie für neue Formen von „Art<br />
& Business“- Entwicklungen,<br />
wie sie das bereits im polnischen<br />
Projekt der Alten Brauerei (Stary<br />
Browar) in Posen vorführte, das<br />
ein vielschichtiges Kunst- und<br />
Begegnungszentrum darstellt. Ein<br />
Gespräch mit Nana Pernod.<br />
GRAŻYNA KULCZYK | Foto © Anush Abrar<br />
NANA PERNOD: Ihre Beziehung mit Kunst hat<br />
ihren Anfang während Ihres Rechtsstudiums in<br />
Posen (Polen) genommen, als sich ihr Freundeskreis<br />
aus Künstlern und Kunsthistorikern<br />
zusammensetzte. Hatten Sie damals schon eine<br />
Vermutung, dass Kunst zu Ihrer lebenslangen<br />
Leidenschaft würde? GRAŻYNA KULCZYK: Ich<br />
wusste immer schon, dass ich keine Künstlerin<br />
werden würde … im Grunde genommen war<br />
meine Rebellion nicht mit künstlerischem Talent<br />
verbunden. Dafür hatte ich bereits während<br />
meines Rechtsstudiums die Begabung, eine<br />
künstlerische Initiative anzustoßen, zu organisieren<br />
und zu unterstützen. Mit Künstlern und<br />
Kuratoren Umgang zu pflegen wurde Ende der<br />
1960er-Jahre von meiner Mutter, einer Zahnärztin,<br />
und meinem Vater, einem Piloten der Royal<br />
Air Force, gerade noch toleriert. Um einen alten<br />
britischen Militärwitz zu zitieren: Was muss die<br />
Tochter eines britischen Generals tun, um ihren<br />
Vater zu enttäuschen? Einen australischen Kapitän<br />
heiraten. Das war in meinem Fall eine enge<br />
Beziehung zu einem jungen Kurator, der mir<br />
die Möglichkeit gab, in die intellektuellen und<br />
künstlerischen Kreise von Polen einzutauchen.<br />
Um zurück zu Ihrer Frage zu kommen: In jenen<br />
Zeiten konnte sich niemand den Lebenslauf<br />
vorstellen, den ich einschlug. Es war die Zeit der<br />
Kubakrise und der Krieg war im Alltag noch immer<br />
präsent. Es war eine Zeit kleiner oder keiner<br />
Träume. Jetzt, wenn ich zurückschaue, denke ich,<br />
dass das, was geschah, eigentlich fast unmöglich<br />
war. Mit meinen gegenwärtigen Träumen habe<br />
ich die Ambition, eine echte Veränderung in der<br />
globalen Museumslandschaft und dem Paradigma<br />
privater Institutionen auszulösen.
JOURNAL<br />
NP: Wie begegnen Sie Kunst im Allgemeinen?<br />
GK: Ich suche nach nicht offensichtlichen Fragen,<br />
auf die dann gänzlich unerwartete Antworten<br />
folgen. Derselbe Ansatz half mir, dem in der<br />
Unternehmerwelt gängigen Einwand „Das ist<br />
unmöglich“ zu begegnen.<br />
NP: Glauben Sie, dass in der Kunst deren Wahrnehmung<br />
und Ansatz sowie Ausführung und<br />
Inhalt vom Geschlecht des Kunstschaffenden<br />
abhängten? GK: Geht man von der Freud’schen<br />
Sublimation aus: Ja, die Kunst ist voll von gender-<br />
und geschlechtsspezifischen Themen, und<br />
dies auf jedem erdenklichen Niveau. Man kann<br />
annehmen, dass die Wahrnehmung dadurch<br />
stark verzerrt wird. Irgendwann werden wir vielleicht<br />
an dem Punkt ankommen, an dem viele<br />
soziale und psychologische Barrieren wegfallen<br />
und es nur noch subtile Spuren von Genderdifferenzen<br />
in Kultur und Wissenschaft geben<br />
wird. Der Titel der Antrittsausstellung im<br />
Muzeum Susch, „A Woman Looking at Men<br />
Looking at Women“ ist übrigens dem berühmten<br />
Aufsatz von Siri Hustvedt entnommen, in<br />
dem die Wahrnehmungsverzerrungen analysiert<br />
werden, die beeinflussen, wie ein Individuum die<br />
Kunst und die Welt überhaupt „liest“. Die Ausstellung<br />
erzählt von Kunstschaffenden, die unabhängig<br />
vom Geschlecht fähig waren, diese sozialen<br />
Normen herauszufordern, und so auch die<br />
Grenzen der Kunst und ihre restriktiven Kategorien<br />
sprengen konnten.<br />
NP: Ist das Geschlecht einer Ihrer Hauptreflexionspunkte,<br />
was Kunst anbelangt? GK: Ich war<br />
seit den 1970er-Jahren Unternehmerin und bin<br />
im „boy’s club“ immer aus dem Rahmen gefallen.<br />
Nach dieser Erfahrung stand außer Frage, dass<br />
ich bemüht war, Künstlerinnen zu unterstützen<br />
– die so oft als Beiwerk ihrer Künstlergatten<br />
galten. Aber da gibt es eine zweite Reflexionsebene<br />
bei mir, den Krieg. Meine Generation,<br />
auch wenn nach dem Krieg geboren, trägt jene<br />
Erfahrung immer noch in sich. Ich kann mich<br />
davon nicht lösen, und noch heute denke ich,<br />
dass der Krieg noch immer und mehr denn je gegenwärtig<br />
ist und man darüber nachdenken muss.<br />
Der Krieg, in seiner dunkelsten und menschlichsten<br />
Seite, wurde übrigens sehr treffend in<br />
Józef Konrad Korzeniowskis (bekannt als Joseph<br />
Conrad) „Herz der Finsternis“ porträtiert.<br />
NP: In Susch unterstützen Sie hauptsächlich<br />
Künstlerinnen und fungieren als Vermittlerin<br />
zwischen der osteuropäischen und westeuropäischen<br />
Kunst. Sind die Künstlerinnen<br />
und Wissenschaftlerinnen untervertreten, und<br />
wenn ja, wieso? GK: Zweifellos sind Frauen in<br />
Kunst, Wissenschaft und vielen anderen Gebieten<br />
unterrepräsentiert. Während Jahrhunderten<br />
wurde der Zweifel an der Fähigkeit der Frau genährt,<br />
und es wird noch eine lange Zeit dauern,<br />
bis die Gesellschaft ihr Denken ändert. Auch<br />
heute noch, lange Zeit nach Judy Chicagos Installation<br />
„Dinner Party“, die eigentlich den Kanon<br />
neu schrieb, bleiben so viele Künstlerinnen<br />
und Wissenschaftlerinnen unbeachtet. Wir<br />
müssen den jungen Mädchen beibringen, dass es<br />
viel cooler ist, Ingenieurin zu werden als Popstar<br />
oder eine Prinzessin, die darauf wartet, gerettet<br />
zu werden. Das weibliche Talent ist das größte<br />
noch ungenutzte innovative Potenzial, nicht nur<br />
weltweit, sondern auch in unserer unmittelbaren<br />
Umgebung. Nur zehn bis 13 Prozent der Ingenieure<br />
sind Frauen – damit sind wir von unserer<br />
technologiezentrierten Zivilisation ausgeschlossen!<br />
Und wie viele Dirigentinnen, Komponistinnen<br />
und Regisseurinnen gibt es?<br />
»WIR MÜSSEN DEN<br />
JUNGEN MÄDCHEN<br />
BEIBRINGEN, DASS<br />
ES VIEL COOLER<br />
IST, INGENIEURIN<br />
ZU WERDEN ALS<br />
POPSTAR ODER<br />
EINE PRINZESSIN,<br />
DIE DARAUF WAR-<br />
TET, GERETTET<br />
ZU WERDEN.«<br />
GRAŻYNA KULCZYK<br />
NP: Wie würden Sie die Beziehung zwischen<br />
ost- und westeuropäischer Kunst beschreiben?<br />
GK: Ich glaube, dass es in den 1960er- und<br />
1970er-Jahren, dem goldenen Zeitalter der künstlerischen<br />
Revolution und zu Zeiten, als Kunst<br />
noch Kunst war und nicht ein Finanzinstrument,<br />
keine großen Unterschiede gab. Kunstschaffende<br />
kommunizierten miteinander und arbeiteten<br />
sehr gut zusammen. Die philosophischen und<br />
kulturellen Wurzeln waren identisch. Gleichheit<br />
und die Ideenverwandtschaft bildeten die Diskussionsgrundlage,<br />
besonders auch in der Mathematik.<br />
Der Unterschied zwischen Ost und West<br />
wurde klar und schmerzlich sichtbar in der fehlenden<br />
Präsenz der Kunstschaffenden aus Zentral-<br />
und Osteuropa im wachsenden Kunstmarkt:<br />
Sie war auch die Ursache der Ignoranz von Seiten<br />
der Sammler und Journalisten.<br />
NP: Ist der Ansatz für das realisierte Projekt<br />
des Muzeums Susch eine instinktive Handlung<br />
oder dient als Basis eine rationale Business-Analyse?<br />
GK: Aus einer geschäftlichen<br />
Perspektive sollte jedes Projekt profitabel oder<br />
nützlich sein. Das Muzeum Susch soll die Perspektive<br />
auf Frauen in Kunst und Wissenschaft<br />
neu aufmischen, aber auch das Verhältnis privater<br />
zu öffentlichen Institutionen, auch die Wahrnehmung<br />
dessen, was zur Peripherie und zum<br />
Zentrum gehört. Wenn ich das erreiche, sind die<br />
Mühe und alle Kosten gerechtfertigt.<br />
NP: Nachdem Sie ein solch großes Kunstprojekt<br />
in der Schweiz umgesetzt haben: Wie nehmen<br />
Sie die Rolle der Schweiz im Kunstmarkt<br />
und als Ort von Kunstproduktion wahr?<br />
GK: Natürlich ist die Schweiz ein perfektes Nest<br />
für das Ausbrüten neuer Ideen. Auch die Reformation<br />
wurde hier ausgedacht … Instinktiv<br />
denkt die Welt, dass die Schweiz sich als Ort<br />
für Diskussionen und Reflexionen eignet. Vielleicht<br />
begünstigen die geologischen Dimensionen,<br />
die einen umgeben, einen solchen Ansatz?<br />
Nur zur Erinnerung: Das Gespräch zwischen<br />
Naphta und Settembrini (in Thomas Manns<br />
„Zauberberg“) fand nur 25 Kilometer von Susch<br />
entfernt, in Davos, statt.<br />
NP: Sie sprachen und führten bezüglich des Muzeums<br />
Susch die Idee und den Begriff der „Slow<br />
Art“ ein. Das fügt sich sehr gut in das Bild des<br />
kleinen, unbekannten Bergdorfs am Fuße des<br />
Flüelapasses. Was steht hinter Ihrer Wahrnehmung<br />
und der Umsetzung einer „Slow Art“-Bewegung<br />
in den Schweizer Alpen? GK: Ganz einfach:<br />
Diese ganz spezielle Umgebung nehme ich<br />
als den idealen Ort für ein intellektuelles Experiment<br />
wahr und auch für eine Veränderung, die<br />
meiner Meinung nach passieren muss. Es wurden<br />
viele Diskussionen geführt über die Gefahren<br />
der „Instagramisation“ der Kunst und den<br />
„Mona-Lisa-Effekt“, die noch immer aktuell sind.<br />
Diese Entwicklungen drängen die Kunst in die<br />
Rolle eines seichten, oberflächlichen sozialen Verhaltens<br />
statt in eine tiefere, nachsinnende intellektuelle<br />
Handlung. Die Menschen benötigen Zeit,<br />
um die in Kunstwerken dargestellten schwierigen<br />
Fragestellungen zu erfassen. In den großen Kunstzentren<br />
denken die Besucher, dass sie etwas verpassen,<br />
wenn sie nicht sehen, was auf Instagram<br />
publiziert wurde. Es existiert ein wiedererwachtes<br />
Bedürfnis nach Denken und Fühlen, nach der<br />
Wahrnehmung winziger Details in einem ausgeprägt<br />
haptischen Sinn. Durch Berührung zu erfahren,<br />
dass Stahl kalt ist und Holz warm, ist in<br />
einem weiteren Sinn ein wiedererwachtes Bedürfnis.<br />
Ein Museum in dieser idyllischen Bergumgebung<br />
umzusetzen, entspricht diesem Bedürfnis<br />
und ist als Gegenmaßnahme zu den erwähnten<br />
Tendenzen in der Kunst zu verstehen.<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 9
JOURNAL<br />
GABBEH | © Foto: Helmut Wimmer<br />
GANYMED IN LOVE<br />
KUNSTHISTORISCHES MUSEUM WIEN<br />
Zum sechsten Mal hält das performative<br />
Format Ganymed – eine Inszenierung von<br />
Regisseurin Jacqueline Kornmüller – Einzug in<br />
das Kunsthistorische Museum. „Ganymed in<br />
Love“ feiert am 13. März Premiere und ist ganz<br />
dem Thema Liebe gewidmet. „Die Gemäldegalerie<br />
des Kunsthistorischen Museums ist voll<br />
von ihr: Liebe als magische Anziehungskraft,<br />
maßgebliche Triebfeder und gleichzeitig große<br />
Chance. Der Mensch ist ständig auf der Suche<br />
nach ihr. L’amour fou, die Liebe, die uns<br />
verrückt macht, wohnt zwischen Sünde und Vergebung,<br />
zwischen der Vertreibung aus dem Paradies<br />
und der Befreiung der Sexualität.“ Dreißig<br />
Künstler und Künstlerinnen erwecken die Gefühlswelt<br />
der Gemäldegalerie zu neuem Leben.<br />
Schauspieler, Musiker und Tänzer erzählen von<br />
Sehnsüchten, vom Begehren und den Verstrickungen<br />
der Liebe. Diesmal unter anderem mit<br />
Texten von William Shakespeare, Franz Schuh,<br />
Jean-Philippe Toussaint, Ruth Weiss, Lize Spit,<br />
Milena Michiko Flasar und Martin Pollack sowie<br />
mit Szenen mit Lukas Lauermann, Gabbeh, Mira<br />
Lu Kovacs, Rania Ali, Christian Nickel, Sabine<br />
Haupt, Ulli Maier und vielen anderen. Zwölf Gemälde<br />
stehen im Mittelpunkt von „Ganymed in<br />
Love“, von Caravaggios Rosenkranzmadonna,<br />
die den belgischen Schriftsteller Jean-Philippe<br />
Toussaint zu einem Text inspirierten, bis Hans<br />
Memling, Peter Paul Rubens und Bruegels<br />
Bauernhochzeit. Shakespeares Text über Venus<br />
und Adonis wird von Petra Gstrein und Lukas<br />
Lauermann im Dialog zu Annibale Carraccis<br />
WWW.GANYMEDINLOVE.AT<br />
Vorstellungen<br />
20.3. | 30.3. | 6.4. | 10.4. | 24.4. | 4.5. | 11.5.<br />
15.5. | 22.5. | 25.5. | 29.5. | 5.6. | 15.6.<br />
Tickets: Über den Online-Shop und<br />
an der Tageskassa erhältlich.<br />
Am 25. April 2<strong>01</strong>9 findet zu Gunsten<br />
der Caritas eine Ganymed-Sondervorstellung<br />
in der Carla am Mittersteig statt.<br />
KUNSTHISTORISCHES MUSEUM WIEN<br />
MARIA-THERESIEN-PLATZ | 1<strong>01</strong>0 WIEN<br />
WWW.GANYMEDINLOVE.AT<br />
Gemälde mit dem gleichen Titel interpretiert –<br />
eine Geschichte von der unerfüllten Liebe der<br />
Liebesgöttin zu Adonis. „Der Durst des Wanderers<br />
in der Mittagsglut ist nicht mit ihrem Lechzen<br />
zu vergleichen, so liebes- und lebenshungrig<br />
beschreibt Shakespeare das unstillbare Verlangen<br />
seiner Venus. Nicht weniger eindrücklich ist<br />
„Rania’s Love“ zu Tizians „Kirschenmadonna“<br />
und der „Torch Song“ von Ruth Weiss.<br />
Rania Ali, die bei „Ganymed Nature“ mit ihrem<br />
Video „Escape from Syria“ die Zuschauer<br />
in Bann hielt und deren Film inzwischen auf<br />
Facebook über neun Millionen Mal aufgerufen<br />
wurde, macht sich Gedanken über die bedingungslose<br />
Liebe ihrer Mutter. Die Schriftstellerin<br />
Ruth Weiss floh 1938 im Alter von zehn Jahren<br />
mit ihren Eltern vor den Nationalsozialisten<br />
aus Wien nach Amerika. Heute lebt die 90-jährige<br />
Ikone der Beat-Generation im nordkalifornischen<br />
Albion. Sie erinnert sich noch an die<br />
Besuche im Kunsthistorischen Museum in den<br />
1930er-Jahren mit ihrem Vater und speziell an die<br />
„Heilige Margarethe“ von Raffael. Interpretiert<br />
wird ihr Text von Martin Eberle und Manaho<br />
Shimokawa. <br />
Red<br />
10 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Es gibt mitunter Gründe,<br />
Kunstwerke nicht in einer<br />
Auktion zu verkaufen.<br />
PRIVATE SALE im Kinsky<br />
Neben den öffentlichen Auktionen bieten wir im Kinsky unseren Kunden auch<br />
die Möglichkeit, hochwertige Kunstwerke diskret durch PRIVATE SALE zu veräußern.<br />
Basierend auf unserer Kenntnis des Kunstmarktes und Marktgegebenheiten<br />
entwickeln wir gemeinsam mit Ihnen eine auf Ihr Kunstwerk und Ihre Bedürfnisse<br />
abgestimmte Verkaufsstrategie.<br />
Wir übernehmen für Sie den gesamten Verkaufsprozess. Dabei profitieren<br />
unsere Kunden von unserem weltweiten und vertrauten Zugang zu privaten<br />
und institutionellen Sammlern und Sammlungen.<br />
Unsere Kunden schätzen die Professionalität und Diskretion unseres Hauses.<br />
Wenn Sie mehr über PRIVATE SALE im Kinsky erfahren wollen, so freuen<br />
wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.<br />
Michael Kovacek, miko@imkinsky.com, T +43 1 532 42 00-48, M +43 664 240 48 26<br />
Marianne Hussl-Hörmann, hussl-hoermann@imkinsky.com, T +43 1 532 42 00-27, M +43 699 172 92 313<br />
Christoph la Garde, lagarde@imkinsky.com, T +43 1 532 42 00-25, M +43 664 3<strong>01</strong> 05 07<br />
www.imkinsky.com
SOMETHING NOT SO COMMON<br />
Außergewöhnlich und im neuen Glanz: Die Galerie EBENSPERGER vergrößert<br />
sich in Salzburg und läuft nun unter dem Namen EBENSPERGER RHOMBERG.<br />
BENJAMIN HEISENBERG | Ausstellungsansicht »Something Common« 2<strong>01</strong>9 | © Ludger Paffrath, Courtesy Ebensperger Rhomberg Berlin/Salzburg<br />
Mit der Gruppenschau „Something Common“<br />
eröffnete die Galerie EBENSPERGER RHOMBERG<br />
Ende Jänner ihren neuen Spiel- und Schauplatz<br />
in Salzburg. Nach eineinhalb Jahren in einer ehemaligen<br />
Pizzeria in der Kaigasse nahe der Salzburger<br />
Universität und zwei Ausstellungen in der<br />
ehemaligen Lagerhalle „Neulich an der Salzach“<br />
stand dem Berliner Galeristen Patrick Ebensperger<br />
der Sinn nach Veränderung. Hinter dem Salzburger<br />
Hauptbahnhof wurde er mit einer ehemaligen<br />
„Elektrohalle“ fündig. Der Raum, in dem<br />
die Industriebauästhetik bewusst erhalten blieb,<br />
erweist sich als ideal für die kommenden Pläne<br />
des Galeristen. So sollen die „Ausstellungen und<br />
Positionen, die klassische Medien wie Malerei<br />
und Zeichnung, aber vor allem auch Film und<br />
Performance umfassen, hier weiterhin als ortsspezifische<br />
Installationen realisiert werden“.<br />
Unweit der Halle von Thaddaeus Ropac holt<br />
Ebensperger Rhomberg damit auch ein bisschen<br />
Berliner Flair nach Salzburg. Dass man hier eine<br />
einzigartige und etwas andere Kunsterfahrung<br />
anstrebt, macht schon Tim Etchells Neonschriftzug<br />
an der Fassade deutlich: „something common<br />
in the universe but rare on earth“ proklamiert<br />
der Künstler in Strahlendrot. Gemeinsam<br />
mit Bonnie Camplin, Lea Draeger, Benjamin<br />
Heisenberg, Hajnal Németh und Mark van<br />
Yetter bespielte Etchells die Eröffnungsausstellung<br />
in der Samergasse. Die Künstler stehen auch<br />
für die angestrebte Erweiterung des Programms<br />
der Galerie, die mit dem neuen Raum nun öffentlich<br />
wird. „Viele Künstler verfolge ich bereits<br />
Jahre, ehe ich mit ihnen eine Zusammenarbeit<br />
eingehe. Das ist ein Prozess. Umso mehr freut es<br />
mich nun, dass wir nächste Schritte gehen“, so<br />
Patrick Ebensperger. Er teilt den Firmennamen<br />
der Galerien sowohl in Salzburg als auch in Berlin<br />
nun mit Alexander Rhomberg. „Die Umbenennung<br />
trägt der jahrelangen Freundschaft des<br />
Sammlers Alexander Rhomberg zur Galerie sowie<br />
ihren Künstlerinnen und Künstlern Rechnung<br />
und macht seine Partnerschaft auch nach<br />
außen sichtbar“, so der Galerist. Nach der fulminanten<br />
und bunten Auftaktshow kommt<br />
nun Otto Muehl mit einer Solopräsentation<br />
seiner Porträts in den Genuss der weiten Halle<br />
in Salzburg. Ihr Potenzial ganz auszureizen,<br />
wird eine spannende Aufgabe für die kommenden<br />
Ausstellungen und auch für die Stadt. Die<br />
Salzburg-Berlin-Beziehung geht in die nächste,<br />
vielversprechende Etappe. PW<br />
OTTO MUEHL<br />
PORTRÄTS<br />
13. April bis 10. Juni 2<strong>01</strong>9<br />
EBENSPERGER RHOMBERG SALZBURG<br />
ELEKTROHALLE | SAMERGASSE 28B<br />
5020 SALZBURG<br />
WWW.EBENSPERGER-RHOMBERG.NET<br />
12 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
LASSNIG−<br />
RAINER<br />
Das Frühwerk<br />
1.2.−19.5.2<strong>01</strong>9<br />
www.lentos.at<br />
Maria Lassnig und Arnulf Rainer während einer Ausstellungseröffnung in Wien<br />
(Ausschnitt), 1999, Foto: Heimo Rosanelli
JOURNAL<br />
WEITER NEU ... ÜBER EINE<br />
GALERIE DER ZUKUNFT<br />
Johannes Haller übernimmt die Galerie artmark in Wien<br />
THOMAS MARK UND JOHANNES HALLER | Foto: <strong>PARNASS</strong><br />
Nach mehr als 30 Jahren engagiertem und begeistertem<br />
Einsatz für die Kunst, zuerst mit Galerien<br />
in Spital am Pyhrn und Bad Aussee und<br />
zuletzt über 15 Jahre in Wien, beginnt das Galeristenpaar<br />
Maria und Thomas Mark einen neuen<br />
Lebensabschnitt. Im Jänner übergaben sie<br />
die im österreichischen Kunstgeschehen gut<br />
etablierte Galerie artmark an ihren Nachfolger.<br />
Johannes Haller, 1975 in Meran geboren und gelernter<br />
Goldschmied, studierte Produktgestaltung<br />
an der Universität für angewandte Kunst.<br />
Auch wenn er bereits in der Galerie mitgearbeitet<br />
hat, war es „zugegebenermaßen bisher kein<br />
Ziel, eine Galerie zu führen“, gibt er zu. Doch<br />
die besonderen Räume und die Programmierung<br />
der Galerie, die international wie auch in Österreich<br />
keine Vergleiche scheuen muss, haben diese<br />
Entscheidung nicht nur leicht gemacht, sondern<br />
nahezu herausgefordert. „Thomas Mark<br />
und ich verfolgen eine sehr ähnliche inhaltliche<br />
Linie und ich wüsste nicht, welche Räume sich<br />
besser für eine Galerie eignen würden. Es ist daher<br />
eine große Freude, diese weiterzuführen und<br />
dabei auch weitere Unterstützung zu erfahren.“<br />
Haller plant eine Reihe der bisherigen Galeriekünstler<br />
und -künstlerinnen zu übernehmen, darunter<br />
Florentina Pakosta, Hermann J. Painitz,<br />
Zbyněk Sekal und János Megyik, sowie die Präsentation<br />
von internationalen Vertretern einer<br />
reduktiv-minimalistischen Kunstrichtung, die<br />
bislang noch nicht in Österreich präsent waren.<br />
Den Anfang machte die 1964 in der Schweiz geborene<br />
Serena Amrein mit einer Soloausstellung<br />
im Jänner. Diese wurde von einer Gruppenschau<br />
mit Werken von Franz Stefan Kohl, Fritz Radlwimmer<br />
und Franz Riedl begleitet. Ein Konzept,<br />
das Haller beibehalten möchte: neue Positionen<br />
in den beiden großen Räumen und im hinteren<br />
Teil die kontinuierliche Präsentation von Galeriekünstlern,<br />
sodass auch diese über das Jahr eine<br />
Präsenz erhalten. Es gilt, so Haller, auch einen<br />
Generationswechsel zu erreichen, sowohl bei den<br />
Künstlern als auch beim Sammlerpublikum. Generell,<br />
ist er überzeugt, hat die Kunst nicht den<br />
Platz, der ihr gebührt: „Kunst gehört nicht zu einer<br />
Gesellschaft, sondern in ihr Zentrum. Die<br />
Nische, die die Galerie mit ihren Programmen<br />
besetzt, sehe ich nicht als Ergänzungsprogramm<br />
zu den Museen. Das Ausstellen gehört den Museen<br />
nicht alleine. Kunst soll neben bedingungsloser<br />
Freiheit auch eine Relevanz im Alltag haben.<br />
Es geht auch um ein emotionales Erleben.<br />
Die Menschen, die in die Galerie kommen, sollen<br />
die Bereitschaft haben, sich zu verlieben. Bildflächen<br />
muss Substanzielles abgerungen werden.“<br />
Kunst zu erwerben ist, so Haller, die höchste<br />
Form des Geldausgebens: „Sie bietet langfristig<br />
ein Potenzial zur Auseinandersetzung.“ Die Bereitschaft<br />
für das Experiment und zur Diskussion<br />
ist ebenso in ergänzenden Formaten zur Ausstel-<br />
lung vorhanden. Auch Thomas Mark bleibt der<br />
Kunst weiterhin treu. „Die Kunst hat mein Leben<br />
gefärbt. Seit mehr als drei Jahrzehnten sind<br />
wir mit Freude und großer Leidenschaft Galeristen.<br />
Wir haben viele gute, international tätige<br />
Künstler kennenlernen und vertreten dürfen,<br />
konnten viel von ihnen lernen und haben mit etlichen<br />
Freundschaft geschlossen. Diese Freundschaften<br />
werden weiter bestehen. Wir sind<br />
sehr dankbar, dass diese Künstlerfreunde unseren<br />
Horizont erweitert und unser Leben bereichert<br />
haben. Dankbar sind wir auch für die vielen<br />
Kunstinteressierten und Sammler, die unsere<br />
Tätigkeit so langfristig ermöglicht haben. Wir<br />
haben uns immer sehr gefreut, wenn sie in die<br />
Galerie gekommen sind“, so sein Resümee. In<br />
Zukunft wird er sich darum bemühen, einige<br />
der etablierten Künstler und Künstlerinnen der<br />
Galerie international zu positionieren, „und das<br />
macht mir unheimlich viel Freude“. SA<br />
KÖPFE IN REVOLTE<br />
bis 20. April 2<strong>01</strong>9<br />
ARTMARK GALERIE<br />
JOHANNES HALLER<br />
SINGERSTRASSE 17 | 1<strong>01</strong>0 WIEN<br />
WWW.ARTMARK-GALERIE.AT<br />
14 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
V. Dubossarsky & A. Vinogradov, Cosmonaut No. 1, 2006, © Vladimir<br />
Dubossarsky und Erben Alexander Vinogradov; Lewis Morris Rutherfurd,<br />
Direkte Fotografie des Mondes am 10. Tag der Mondumlaufzeit
KUNSTSZENE<br />
Seit 1. September 2<strong>01</strong>8 leitet Thorsten Sadowsky<br />
das Museum der Moderne Salzburg. Davor war<br />
der gebürtige Deutsche unter anderem Direktor<br />
der Kunsthalle Aarhus, Gründungsdirektor<br />
des Museums Kunst der Westküste, Deutschland<br />
und zuletzt Direktor des Kirchner Museums<br />
Davos, Schweiz. Im Dezember präsentierte er<br />
das Programm für 2<strong>01</strong>9. Parnass sprach mit<br />
ihm über die Positionierung und die kommende<br />
Leitlinie für das Museum der Moderne Salzburg.<br />
LEITBILDER<br />
FÜR EIN MUSEUM<br />
Thorsten Sadowsky, Direktor des MdM Salzburg, im Interview<br />
SILVIE AIGNER<br />
THORSTEN SADOWSKY<br />
© Franz Neumayr LMZ<br />
<strong>PARNASS</strong>: Sie haben in Ihrer Antrittspressekonferenz<br />
betont, dass Sie „das Museum vom<br />
Berg herunterbringen wollen“. Auch ICOM definierte<br />
aktuell das Museum als eine Institution,<br />
die im Dienste der Gesellschaft und ihrer<br />
Entwicklung stehen soll. Diese ist vom technischen<br />
Fortschritt ebenso geprägt wie von demografischen<br />
Veränderungen. Wie wollen Sie<br />
das Museum definieren, auch im Kontext einer<br />
globalen wie gleichermaßen regionalen Kunstszene?<br />
THORSTEN SADOWSKY: Als wesentlich erachte<br />
ich, dass sich das Haus in seiner Programmatik<br />
öffnet. Kunstmuseen haben zuweilen die<br />
Tendenz, hermetisch zu sein, da sie sich in einem<br />
Diskurs bewegen, der nicht leicht zugänglich<br />
ist. Doch Kunst hat auch etwas mit Sinnlichkeit<br />
und ästhetischer Erfahrung zu tun. Darüber<br />
hinaus soll eine Institution, die mit Steuergeldern<br />
finanziert wird, auch für die Bürger da sein.<br />
Das heißt für alle sozialen Schichten, und nicht<br />
ausschließlich für ein Bildungsbürgertum. Unsere<br />
Gesellschaft ist heute weit stärker multiethnisch<br />
geprägt und die Museumsbesucher haben<br />
verschiedene kulturelle Hintergründe. Dies<br />
stellt auch eine Herausforderung dar, da eine national<br />
bekannte Kunst nicht zwingend auch für<br />
diese Bevölkerungsgruppen dieselbe Bedeutung<br />
hat. Ein Beispiel wurde etwa zuletzt bei einer Tagung<br />
im Munch-Museum in Oslo thematisiert,<br />
wo sich das Haus der Herausforderung stellen<br />
muss, dass sein Protagonist, der Maler Edvard<br />
Munch, bei den zugewanderten Menschen nicht<br />
die gleiche Bedeutung hat. Auch Salzburg hat neben<br />
einer stark touristischen Ausrichtung einen<br />
großen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund.<br />
Der Versuch, ein Museum in der Mitte<br />
der Gesellschaft zu platzieren, setzt auch voraus,<br />
dass man ein Bild von der Gesellschaft hat und<br />
ihre Bedürfnisse kennt. Man muss darauf reagieren,<br />
dass Gesellschaft sich verändert.<br />
P: Wie gelingt diese Positionierung des Museums<br />
in der Mitte der Gesellschaft? TS: Einerseits<br />
damit, Themen anzusprechen, die aus der heutigen<br />
Zeit geboren sind, wie das Nachdenken über<br />
Grenzen, Identitäten oder über vielfältige kulturelle<br />
Definitionen. Das sind Themen, die von<br />
Künstlern aufgegriffen werden. Das Kunstmuseum<br />
heute ist zwar immer noch ein Ort der ästhetischen<br />
Bildung, aber eben auch ein Erlebnisort<br />
und Forum für Diskussion und Austausch. Auch<br />
in der Kunstvermittlung müssen Schwerpunk-
KUNSTSZENE<br />
te gesetzt werden, um ein möglichst breites Publikum<br />
zu erreichen. Die Internationalisierung<br />
von Salzburg läuft stark über den Kulturtourismus.<br />
Hier gilt es anzusetzen und diese Besucher<br />
als Publikum zu gewinnen. Es ist der Spagat zu<br />
schaffen, sowohl das kultur- und städtetouristische<br />
Publikum als auch die Bevölkerung vor Ort<br />
anzusprechen.<br />
P: Dabei setzen Sie auch verstärkt auf Kunstvermittlung.<br />
TS: Kunstvermittlung ist ganz zentral.<br />
Kunst ist ein sinnliches Erlebnis und auch<br />
eine Kulturtechnik, die erlernt werden muss.<br />
Das Sehen und Verstehen von Kunst ist eine<br />
komplizierte Angelegenheit. Oft sieht man auch<br />
nur das, was man weiß. Aufgabe des Museums<br />
ist es daher, sowohl ästhetische Erfahrung zu ermöglichen<br />
als auch umfassend zu informieren.<br />
Man muss einen Mittelweg zwischen didaktischer<br />
Überfrachtung und Information finden<br />
und darüber nachdenken, wie wir auch Menschen<br />
erreichen, die sich nicht generell für Kunst<br />
interessieren.<br />
P: Peter Weibel definierte das Museum als Supportsystem,<br />
das dafür sorgt, dass Kunstwerke<br />
nicht verschwinden, betonte aber auch seine<br />
absolute Verpflichtung für Zeitgenossenschaft.<br />
Ihr Jahresprogramm 2<strong>01</strong>9 wird dieser Forderung<br />
gerecht, denn Sie zeigen die Klassische<br />
Moderne ebenso wie Zeitgenössisches. TS: Für<br />
mich ist entscheidend, dass das Programm nicht<br />
austauschbar ist. Das heißt, es muss ersichtlich<br />
sein, warum diese Ausstellungen hier stattfinden<br />
und nicht anderswo. Dabei ist es mir wichtig zu<br />
betonen, dass wir das Museum der Moderne Salzburg<br />
und nicht das Museum für Moderne Kunst<br />
oder das Museum für Zeitgenössische Kunst sind.<br />
Es hat daher den Anspruch, die Moderne abzubilden<br />
– und diese ist ein gesamtgesellschaftliches<br />
Phänomen gewesen und war verbunden mit<br />
enormen Fortschritten und Zumutungen, die in<br />
eine umfassende Umgestaltung der Lebenswelt<br />
mündeten. Im Grunde genommen ist die Moderne<br />
ja ein unabgeschlossenes Projekt. Wir leben in<br />
ihren Aus- und Nachwirkungen und stehen heute<br />
im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung<br />
radikalen Veränderungen gegenüber. So<br />
verbinden sich mit der Befragung der Moderne<br />
stets auch gegenwärtige und zukunftsorientierte<br />
Themenstellungen. In unserer Sammlung sind<br />
etliche Meister der Klassischen Moderne vertreten,<br />
die man ins Spiel bringen muss, um die ganze<br />
Geschichte der Kunst der letzten rund 120 Jahre<br />
zu erzählen. Diese Verbindung von Moderne und<br />
Gegenwart wurde auch von Sabine Breitwieser<br />
ebenso wie von früheren Direktoren gepflegt.<br />
P: Bedeutet dies eine Reihe von Sammlungsausstellungen<br />
oder sehen Sie diese eher als Referenz?<br />
TS: Die Herausforderung besteht darin,<br />
mit der Sammlung so umzugehen, dass man sie<br />
stets neu sehen kann. Wie man weiß, generieren<br />
statische Sammlungsausstellungen auch wenige<br />
Besucher. Deshalb behalten wir den Rhythmus<br />
von halbjährigen Sonderausstellungen vorerst<br />
bei, um die Sammlung stets in anderen Konstellationen<br />
zu zeigen und unterschiedliche Schwerpunkte<br />
zu setzen – im Dialog mit zentralen Positionen<br />
der zeitgenössischen Kunst oder aber<br />
auch in einer historischen Neubetrachtung. So<br />
zeigen wir aktuell beispielsweise Ernst Ludwig<br />
Kirchner nicht als Maler, sondern als Fotograf,<br />
wofür er kaum bekannt ist. Ein weiteres Beispiel<br />
ist Asger Jorn, der unter Otto Breicha schon einmal<br />
in einem übersichtlichen Rahmen ausgestellt<br />
wurde und dem wir nun eine Retrospektive<br />
seines druckgrafischen Werks widmen. Einige<br />
seiner druckgrafischen Arbeiten befinden sich in<br />
unserem Sammlungsbestand. Das heißt, die Anlässe<br />
für eine Ausstellung werden in der Sammlung<br />
gefunden, die dadurch auch wieder eine<br />
neue Lebendigkeit erhält.<br />
»KUNST IST<br />
EIN SINNLICHES<br />
ERLEBNIS UND<br />
AUCH EINE<br />
KULTURTECHNIK, DIE<br />
ERLERNT WERDEN<br />
MUSS.«<br />
THORSTEN SADOWSKY<br />
P: Das Bild von Salzburg ist in hohem Maß<br />
von den Festspielen geprägt, von der theatralischen<br />
Kunst. Werden Sie mit dem Programm<br />
der Ausstellungen darauf reagieren? TS: Es<br />
ist naheliegend, dass man auf die Festspiele reagiert.<br />
Daran kommt man nicht vorbei und es<br />
wäre auch unklug, dies versuchen zu wollen. Die<br />
bildende Kunst hat ja seit den 1960er-Jahren verstärkt<br />
das Performative ins Spiel gebracht. Daher<br />
gibt es viele Anknüpfungspunkte. Ich habe<br />
aber auch den Anspruch, dass die zeitgenössischen<br />
Künstler, die wir einladen, neue Arbeiten<br />
für das Museum schaffen und sich mit dem Ort<br />
und seiner Geschichte auseinandersetzen. Wenn<br />
wir im kommenden Sommer Sigalit Landau in<br />
Salzburg zeigen, eine bedeutende israelische<br />
Künstlerin, die in ihren Arbeiten auch immer<br />
wieder den Holocaust thematisiert, so ist die bedrückende<br />
Last der Vergangenheit ein wesentliches<br />
Thema. Es ist mir wichtig, das Museum als<br />
Ort der kritischen Erinnerung zu etablieren beziehungsweise<br />
mit dieser Tradition fortzufahren.<br />
Damit verbunden ist selbstverständlich auch ein<br />
kritischer und geschichtsbewusster Blick auf die<br />
Gegenwart. P: Die Preise am Kunstmarkt erlauben<br />
den Museen kaum mehr ihre Aufgabe<br />
des Sammelns nachzukommen. Was gibt<br />
es für Möglichkeiten? Schenkungen oder gegen<br />
die Trends des Kunstmarktes kaufen? TS:<br />
Wir haben ein Ankaufsbudget, das zwar übersichtlich<br />
ist, aber uns dennoch einen Spielraum<br />
lässt; weiters gibt es die Möglichkeit, über die<br />
Galerienförderung junge Positionen anzukaufen,<br />
und natürlich bekommen wir auch Schenkungen.<br />
Gegen den Trend des Kunstmarktes<br />
zu sammeln ist auch eine Strategie und war,<br />
wenn man so will, eine Strategie der Sammlung<br />
Generali Foundation, die sich dem Ephemeren,<br />
Konzeptuellen, der Kunst als Institutionskritik<br />
verschrieben und Werke gesammelt hat, die nicht<br />
im Zentrum des Kunstmarktes platziert waren.<br />
Doch der Kunstmarkt ist sehr elastisch und vermag<br />
es, sich selbst die kritischen Positionen einzuverleiben.<br />
Ich finde es wichtig, dass man sich<br />
nicht dem Kunstmarkt unterwirft. Dies würde<br />
in einem sehr populistischen Programm enden,<br />
was aber letztlich vom Publikum auf lange Sicht<br />
nicht goutiert würde. Was unsere Sammlungspolitik<br />
angeht, so stellt sich die Frage: Wo sind Ergänzungen<br />
sinnvoll, wo können wir noch auf internationalem<br />
Niveau Positionen erwerben, die<br />
das Sammlungsprofil ergänzen? Es ist sinnvoll,<br />
die Ausstellungstätigkeit mit der Sammlungsentwicklung<br />
zu verknüpfen. Das war bereits in den<br />
letzten Jahren die Strategie des Museums und<br />
diese setze ich gerne fort. Wir werden versuchen,<br />
aus den Ausstellungen, die wir zeigen, Arbeiten<br />
zu erwerben. Andernfalls generiert man einen<br />
Kunsthallenbetrieb, der ohne Nachhall in der<br />
Sammlungsgeschichte bleibt. P: Sie haben angekündigt,<br />
eine Leitlinie des Museums zu erstellen.<br />
Was ist damit intendiert und wann wird<br />
sie veröffentlicht? TS: Wir planen dieses neue<br />
Leitbild im Herbst zu kommunizieren. Die Basis<br />
des Prozesses bildet eine Analyse zum Stand der<br />
Dinge. Wir müssen erarbeiten, wofür wir aktuell<br />
stehen und was die Unverwechselbarkeit des<br />
Museums ausmacht. Das Museumsteam muss<br />
sich über das Museumsprofil verständigen. Museumsleitungen<br />
ändern sich, doch ein Museum<br />
hat einen Kern – und dieser muss für die gesamte<br />
Belegschaft ersichtlich sein, sodass jeder zumindest<br />
drei bis vier Begriffe nennen kann, die<br />
die Identität des Hauses ausmachen. Dieser Prozess<br />
ist wesentlich, um uns weiterzuentwickeln<br />
und zu definieren, wo das Museum in fünf bis<br />
zehn Jahren stehen soll und die dafür notwendigen<br />
Strategien zu formulieren. Ein Aspekt ist<br />
mir dabei sehr wichtig: Ich habe zwar meine eigenen<br />
Vorstellungen, aber das Museum verfügt<br />
auch über ein Team mit langjährigen Mitarbeitern.<br />
Es gibt einen großen Erfahrungsschatz, der<br />
sehr wertvoll ist und genutzt werden sollte. Die<br />
Entwicklung einer Vision und Mission für das<br />
Museum geschieht in einem intensiven Dialog.<br />
Veränderungen lassen sich nicht verordnen, sondern<br />
müssen gelebt werden.<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 17
RA<br />
STADT DER
UEN<br />
STADT DER FRAUEN | Ausstellungsansicht | Foto: Johannes Stoll, © Belvedere, Wien
Stadt der Frauen<br />
KÜNSTLERINNEN IN WIEN<br />
VON 1900 BIS 1938<br />
Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts waren Künstlerinnen fester Bestandteil der Wiener Kunstszene und in Ausstellungen,<br />
Museen und Galerien präsent. Viele von ihnen sind inzwischen in Vergessenheit geraten. Ein Blick auf ihre Werke zeigt,<br />
dass sie es verdienen, nachhaltig in die Kunstgeschichte eingeschrieben zu werden. Sie haben mit ihren Werken einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Wiener Moderne und den künstlerischen Strömungen nach dem Ersten Weltkrieg geleistet. Im Unteren<br />
Belvedere ist ihrer emanzipatorischen Leistung eine längst überfällige Retrospektive gewidmet.<br />
CLARISSA MAYER-HEINISCH<br />
Das Ölgemälde „Die Ernte“ von Broncia Koller-<br />
Pinell, „Adolescentia“ und „Ver Sacrum“ von Elena<br />
Luksch-Makowsky oder „Akt in den Spiegel<br />
blickend“ von Helene Funke sind nur einige der<br />
Herzstücke der Ausstellung, die beweisen, wie<br />
avantgardistisch und expressionistisch Künstlerinnen<br />
schon in den sehr frühen 1900er-Jahren<br />
gearbeitet haben. Das ist nicht zuletzt dem<br />
Umstand geschuldet, dass Frauen zur damaligen<br />
Zeit der Zutritt zu heimischen Akademien verwehrt<br />
war und sie, sofern sie es sich leisten konnten,<br />
ihre Kunstausbildung in Paris, Berlin oder<br />
anderswo absolvierten. „Ich verstehe mich in gewisser<br />
Weise als feministische Kunsthistorikerin“,<br />
sagt Sabine Fellner, die freischaffende Kuratorin<br />
und Autorin, die „den Blick auf die weiblichen<br />
Kunstschaffenden lenken will“ und für die Schau<br />
im Belvedere verantwortlich zeichnet. Für die<br />
Ausstellungen „Die Kraft des Alters“ in diesem<br />
Haus und „Rabenmütter“ im Lentos in Linz<br />
hat sie den Blick auf frauenrelevante Themen gelenkt.<br />
Mit „Die bessere Hälfte“ im Jüdischen Museum<br />
wurden jüdische Künstlerinnen vorgestellt,<br />
ein Themenkreis, mit dem sie sich seit Jahren beschäftigt<br />
hatte. Sie ist selbst erstaunt, wie emanzipiert<br />
die Frauen vor dem Ersten Weltkrieg bereits<br />
waren. „Offensichtlich gelang es ihnen, allen Widerständen<br />
der männlich dominierten Kunstszene<br />
zum Trotz, erfolgreiche Karrieren aufzubauen.<br />
Und offensichtlich wurde all das vergessen.“<br />
In der Literatur des Stefan Zweig, Karl Kraus<br />
oder Roda Roda kamen die Künstlerinnen ebenso<br />
vor wie in den Schriften von Kunstkritikern<br />
wie Ludwig Hevesi oder Arthur Roessler. Sie waren<br />
in der Secession, dem Hagenbund und den<br />
ersten Galerien Wiens ausgestellt und so wie<br />
ihre männlichen Kollegen in der Zeitschrift „Ver<br />
Sacrum“ präsent. Seit 1945 jedoch schlummern<br />
die meisten Arbeiten der damals renommierten<br />
Künstlerinnen unbeachtet in Museumsdepots,<br />
in Kellern und auf Dachböden ihrer Nachkommen.<br />
Sabine Fellner hat sich die Mühe gemacht,<br />
an allen Orten zu suchen, und kann neben den<br />
bekannten Namen auch etliche in Vergessenheit<br />
geratene Künstlerinnen exemplarisch für die<br />
aufregende Zeit zeigen. Erika Giovanna Klien<br />
ist da ebenso zu sehen wie Mileva Roller, Elza<br />
Kövesházi-Kalmár, Frida Konstantin Lohwag,<br />
Johanna Kampmann-Freund, übrigens die erste<br />
Frau, die einen österreichischen Staatspreis erhielt,<br />
sowie Fanny Harlfinger-Zakucka, die als<br />
Gründerin der progressiven Vereinigung „Wiener<br />
Frauenkunst“ eine bedeutende Position einnahm.<br />
In der höchst divergenten Gruppe an vorgestellten<br />
Frauen bilden sich verschiedenste<br />
Schicksale, politische Ausrichtungen, unterschiedliche<br />
Lebensentwürfe und Strategien der<br />
Karriereplanung ab. So sind Werke der Nationalsozialistin<br />
Stephanie Hollenstein, die sich<br />
zunächst als Mann verkleidet an die Front begab<br />
und nach ihrer Entlarvung als Kriegsmalerin<br />
tätig war, neben Arbeiten der im Untergrund<br />
agierenden Antifaschistinnen Friedl Dicker und<br />
Trude Waehner zu sehen. Die von ihren Ehemännern,<br />
Vätern oder Lehrern unterstützten<br />
Künstlerinnen wie Emilie Mediz-Pelikan oder<br />
Elena Luksch-Makowsky stehen Einzelkämpferinnen<br />
wie Teresa Feodorowna Ries oder Helene<br />
Funke gegenüber. Tina Blau kam so wie etliche<br />
von ihnen aus einer assimilierten jüdischen Familie,<br />
deren Œuvre oft aus Gründen der Verfolgung<br />
oder Emigration in Vergessenheit geriet.<br />
Einige wenige von ihnen konnten nach der<br />
Flucht ihre Karriere international fortsetzen, wie<br />
Mariette Lydis und Lili Réthi.<br />
„Exemplarisch für die Künstlerinnenkarrieren<br />
steht der Werdegang Broncia Koller-Pinells,<br />
der vor 1900 begann und 1934 endete“, so Sabine<br />
Fellner im Katalog zur Ausstellung. Sie gehörte<br />
damals der österreichischen Malerelite an, war in<br />
rund 50 Ausstellungen, darunter auch den beiden<br />
Kunstschauen von 1908 und 1909, zu sehen, sie<br />
war Teil der Freitagabendtreffen der Klimtgruppe,<br />
Mitglied des Bundes österreichischer Künstler<br />
und Gründungsmitglied der Secession um<br />
Egon Schiele. Sie ist eine „jener Vergessenen, die<br />
erst Schritt für Schritt wieder in die allgemeine<br />
Wahrnehmung zurückgekehrt sind“, so Fellner.<br />
Eine wichtige Rolle für die künstlerische Entwicklung<br />
der Frauen zu Beginn des letzten Jahrhunderts<br />
spielten zum einen Franz Cižek, der<br />
Gründungsvater des Wiener Kinetismus, der ab<br />
1903 an der Kunstgewerbeschule unterrichtete,<br />
zum anderen Johannes Itten, „dem einige Schülerinnen<br />
ans Bauhaus in Weimar folgten, darunter<br />
die vielseitig begabte Friedl Dicker“, so Fellner.<br />
Starke Unterstützung erfuhren die Künstlerinnen<br />
auch vom Salon Pisko und der Galerie Miethke,<br />
wobei letztere beispielsweise schon 1911 für<br />
Broncia Koller-Pinell eine Ausstellung ausrichtete.<br />
Diese Galerie war zur damaligen Zeit „eines<br />
der wichtigsten Zentren der modernen Kunst<br />
und des Austauschs mit der internationalen<br />
Avantgarde“, erzählt Sabine Fellner. Hier wurden<br />
Vincent van Gogh, Paul Gauguin oder Henri<br />
de Toulouse-Lautrec gezeigt und auch Broncia<br />
Koller-Pinells Arbeiten fanden Aufmerksamkeit.<br />
So bezeichnete Berta Zuckerkandl sie als „vollblütige<br />
freudige Künstlernatur“ und gestand ihr<br />
ausdrücklich weibliche Kreativität zu.<br />
„In weniger als 40 Jahren eroberten Frauen die<br />
Kunstszene Wiens“, erklärt Sabine Fellner und<br />
beweist mit den für die Ausstellung zusammengestellten<br />
Werken, die teilweise noch nie gezeigt<br />
wurden, dass ernsthafte Karrieren gelungen sind.<br />
Die in der Ausstellung gezeigten Kunstwerke stehen<br />
exemplarisch für jene, die nicht mehr auffindbar<br />
sind, verloren gingen, in zu schlechtem<br />
Zustand sind oder überhaupt zerstört wurden.<br />
Die Künstlerinnen beschäftigten sich mit relevanten<br />
gesellschaftskritischen Themen, sie engagierten<br />
sich sozialpolitisch und sie vernetzten<br />
sich interdisziplinär. Mit der „Stadt der Frauen“<br />
ist es gelungen, den Blick auf heute großteils vergessene<br />
Künstlerinnen zu lenken, die so Wesentliches<br />
zur Kunst der Zeit beigetragen haben.<br />
20 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
STADT DER FRAUEN.<br />
KÜNSTLERINNEN IN WIEN<br />
VON 1900 BIS 1938<br />
bis 19. Mai 2<strong>01</strong>9<br />
UNTERES BELVEDERE<br />
RENNWEG 6A | 1030 WIEN<br />
WWW.BELVEDERE.AT<br />
TERESA FEODOROWNA RIES<br />
Somnambule, 1894, Marmor<br />
183 × 70 × 40 cm<br />
© Wien Museum
HELENE<br />
FUNKE<br />
HELENE FUNKE<br />
Akt in den Spiegel blickend, 1908–1910<br />
© Belvedere, Wien<br />
Foto: Johannes Stoll © Belvedere, Wien<br />
Die in Chemnitz geborene Helene Funke begründete eine eigenständige<br />
Form des Expressionismus. Sie studierte an der Münchner<br />
Damen-Akademie, stellte mit Matisse und Picasso in den Pariser<br />
Salons aus und feierte Erfolge als vielfach ausgezeichnete Malerin<br />
und Grafikerin neben Klimt und Schiele in Wien.<br />
22 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
HELENE VON<br />
TAUSSIG<br />
Neben München war um 1900 vor allem Paris das Ziel der Kunststudentinnen.<br />
Das Zentrum der Moderne bot eine Vielzahl von privaten Akademien, wohin es<br />
auch die 1879 in Wien geborene Helene von Taussig zog. Erst im fortgeschrittenen<br />
Alter und nach dem Tod ihres Vaters war es ihr möglich, die familiäre Konvention<br />
zu durchbrechen und ihrem Hang zur Malerei nachzugehen.<br />
HELENE VON TAUSSIG | Weiblicher Akt auf blauem Stuhl, 1920/30 | Foto: Johannes Stoll © Belvedere, Wien
TERESA<br />
FEODOROWNA<br />
RIES<br />
Die 1874 in Russland geborene Bildhauerin<br />
und Malerin erkämpfte sich den<br />
Zugang zu einer Malereiklasse für Fortgeschrittene<br />
an der Moskauer Akademie.<br />
Nach ein paar Jahren Privatunterricht in<br />
Wien war sie 19<strong>01</strong> Mitbegründerin<br />
der Gruppe »Acht Künstlerinnen«.<br />
1906 bezog die erfolgreiche Porträtistin<br />
ein eigenes Atelier in einem Seitengebäude<br />
des Palais Liechtenstein, das sie<br />
1938 an die SS abtreten musste.<br />
Selbstporträt, 1902<br />
© Wien Museum<br />
ELENA<br />
LUKSCH-<br />
MAKOWSKY<br />
Im Gegensatz zu anderen<br />
Künstlerinnen ihrer Generation<br />
studierte die 1878 in<br />
Russland geborene Elena<br />
Luksch-Makowsky in direkter<br />
Konkurrenz zu ihren männlichen<br />
Kollegen an der<br />
St. Petersburger Akademie.<br />
Die Kunstschule nahm bereits<br />
seit 1871 Frauen auf und<br />
ermöglichte so einen Bildungsweg,<br />
der in der Donaumonarchie<br />
erst 1920 frei wurde.<br />
links: Ver Sacrum. Selbstbildnis mit<br />
Sohn Peter, 19<strong>01</strong> | Foto: Johannes<br />
Stoll © Belvedere, Wien<br />
rechts: Adolescentia, 1903<br />
© Belvedere, Wien<br />
24
HELENE FUNKE | In der Loge, 1915, Öl auf Leinwand, 112,5 × 127 cm | Privatbesitz, Courtesy Kunsthandel Hieke, Wien<br />
EMANZIPIERTE FRAUEN<br />
In ihren unkonventionellen Frauenporträts löste<br />
Helene Funke die Frau aus ihrer passiven Rolle in<br />
der Gesellschaft und betonte ihre selbstbewusste<br />
Stellung innerhalb einer weiblichen Gemeinschaft.<br />
Die Frauengruppenbilder, so die Kunsthistorikerin<br />
Anna Storm, dienten Funke als Idealort<br />
weiblicher Emanzipation. Kunsthandel Hieke<br />
zeigte unter dem Titel „Expressiv. Modern.Weiblich“<br />
Arbeiten der Künstlerin im Dialog mit Werken<br />
von Broncia Koller- Pinell, darunter das Gemälde<br />
„In der Loge“. Entstanden 1915, stellt es<br />
das Gegenstück zu „In der Loge“ von 1907 dar,<br />
aus der Sammlung des LENTOS Kunstmuseums.<br />
Das Bild von 1915 galt seit mehr als 70 Jahren<br />
als verschollen und war im Rahmen der Ausstellung<br />
nun erstmals wieder in Österreich zu sehen.<br />
Bemerkenswert ist der schlichte Schnitt der<br />
Kleider, der an die Reformmode der damaligen<br />
Zeit angelehnt ist, sowie der Verzicht auf üppigen<br />
Schmuck. Im Vergleich: Renoir kleidete seine<br />
Dargestellten in seinem Gemälde „La Loge“<br />
von 1874 in feine Abendkleider und stattete sie<br />
mit Perlen und Rosen aus. Sie wirken so selbst<br />
wie Schmuckstücke für ihre männlichen Begleiter.<br />
In Funkes Version von 1907 entledigen sich<br />
die Frauen auch ihrer männlichen Begleitung,<br />
ohne die sie im 19. Jahrhundert kein Theater besuchen<br />
durften. 1915 sind auch zwei männliche<br />
Personen dargestellt, doch, wie Anna Storm anmerkt,<br />
kaum in das Geschehen integriert. „Es<br />
handelt sich um sprichtwörtliche Randfiguren.“<br />
Funkes Frauen entziehen sich, so Storm, dem<br />
gesellschaftlichen Diktat, welches die tradierte<br />
Vorstellung von Geschlechterrollen maßgeblich<br />
prägte, und verkörpern so eine neue Form von<br />
weiblicher Unabhängigkeit. „Trotz Einhaltung<br />
einer gewissen gesellschaftlichen Etikette geben<br />
sich die Frauen emanzpiert und selbstbewusst, sie<br />
besetzen den Raum mit Selbstverständnis.“<br />
26 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Mark Rothko<br />
12. MÄRZ BIS 30. JUNI 2<strong>01</strong>9<br />
Mark Rothko, No. 16 (Red, White, and Brown), 1957 © Kate Rothko Prizel & Christopher Rothko / Bildrecht, Wien, 2<strong>01</strong>9; Foto © Kunstmuseum Basel
Stadt der Frauen<br />
VON ALLIANZEN UND<br />
KOMPLIZINNENSCHAFTEN<br />
„Vernetzung“ ist das Keyword des jungen Wiens,<br />
„Kooperation“ jenes Schlagwort, das im Kontext<br />
der neuen Wiener Galerieszene rund um Sophie<br />
Tappeiner und Gianni Manhattan am häufigsten<br />
fällt. Auch die Off-Spaces haben sich 2<strong>01</strong>8 organisiert<br />
und mit dem „Independent Space Index Vienna“,<br />
einem übersichtlichen Lageplan mit gemeinsamen<br />
Veranstaltungen, zusammengeschlossen. Ebenso<br />
zählen der sehsaal und das basement zu wichtigen,<br />
von Künstlerinnen initiierten Räumen für Kunst.<br />
H E R S T O R Y<br />
PAULA WATZL<br />
28<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Stadt der Frauen<br />
IRIS ANDRASCHEK | Der Muse reicht’s, 2009/2<strong>01</strong>0<br />
Arkadenhof Universität Wien, Granit, ca. 33 × 9 m<br />
Foto: Herta Hurnaus<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9<br />
29
MICHAELA SCHWARZ-WEISMANN | Sleeping Men, 2<strong>01</strong>8, Öl auf Leinwand, 87 × 149 cm | Foto: Jork Weismann<br />
»NUR WENN MÄNNER SCHLAFEN,<br />
IST DIE WELT IN ORDNUNG«<br />
MICHAELA SCHWARZ-WEISMANN<br />
Längst haben aber nicht nur Künstlerinnen und<br />
Künstler die Vorzüge des Miteinanders entdeckt.<br />
Frauen organisieren und formieren sich. Viele der<br />
sozialpolitischen Initiativen in und um Wien sind<br />
dabei von Künstlerinnen, Kulturmanagerinnen<br />
und kunstnahen Meinungsbildnerinnen initiiert.<br />
So gründete Katharina Brandl, nun künstlerische<br />
Leiterin des Kunstraum Niederoesterreich,<br />
gemeinsam mit Therese Kaiser 2<strong>01</strong>4 den<br />
Verein Sorority. Das größte Frauennetzwerk Österreichs<br />
zählt mittlerweile mehr als 500 ordentliche<br />
Mitglieder. Gemeinsam beschäftigt man<br />
sich unter anderem mit dem Thema „Feministische<br />
Kommunikation rund um Professionelles“.<br />
Die beiden Netzwerk-Events im Festivalformat<br />
„Rrriot Festival“ und „Business Riot“ bieten darüber<br />
hinaus gezielte Workshop-Reihen und Vorträge,<br />
in der aktuellen Ausgabe Anfang März 2<strong>01</strong>9<br />
war etwa Kunstberaterin und Female-Empowerment-Spezialistin<br />
Ema Kaiser-Brandstätter mit<br />
dem Vortrag „Frauennetzwerke im Kunst- und<br />
Kreativbereich“ im „das weisse haus“ mit dabei.<br />
Ende 2<strong>01</strong>8 konnte sich auch ein erster Marktplatz<br />
queer-feministischer Kunst formieren, der<br />
„Sorority X Riot grrrls* Market“. Events, die<br />
Schwellen abbauen und den Diskurs über aktuellen<br />
Feminismus fördern. Überhaupt sehnt<br />
man sich nach ausgesprochener wie gedruckter<br />
Reflexion. So gründet auch der Verein „Das<br />
Kunstbuch“ auf einer Fraueninitiative. Marlene<br />
Obermayer und Denise Korenjak wollen die Verbreitung<br />
von Kunst- und Künstlerbüchern fördern<br />
und halten dazu von 4. bis 6. Oktober 2<strong>01</strong>9<br />
in Kooperation mit der Universität für angewandte<br />
Kunst die erste „Vienna Art Book Fair“<br />
ab. Zum gezielten Austausch und kreativen Sinnieren<br />
treffen, das erinnert an die Wiener Salonkultur.<br />
Diese keimt derzeit gleich an mehreren<br />
Orten der Stadt. Thema sind Salons auch unter<br />
Sorority-Mitgliedern. Da gibt es einerseits<br />
den Buchklub „Salon Sorority“, andererseits engagieren<br />
sich manche Sorority-Ladys, wie etwa<br />
Gründungsmitglied Martina Schöggl, Kulturmanagerin<br />
und Kuratorin, auch im „SALOON<br />
Wien“ – dem „Netzwerk für Frauen der Wiener<br />
Kunstszene“. Frauen, die in der Kunstbranche<br />
als Kuratorinnen, Künstlerinnen oder Journalistinnen<br />
sowie in Galerien, Museen oder Universitäten<br />
tätig sind, treffen sich in diesem Rahmen<br />
einmal im Monat zum Austausch und gemeinsamen<br />
Kulturkonsum. Unter anderem sind die<br />
Künstlerinnen Catharina Bond, Sophie Thun<br />
und Marianne Vlaschits sowie die Kulturschaffenden<br />
Ulla Bartel und Alexandra Grausam<br />
Mitglieder im SALOON. 2<strong>01</strong>2 in Berlin von Tina<br />
Sauerländer gegründet, weitete dieser sich 2<strong>01</strong>7<br />
nach Paris und Wien aus. Die Kuratorinnen<br />
Julia Hartmann, Aline Lara Rezende und Doris<br />
Richter leiten die Wiener Depen dance. Ein ironischer<br />
Seitenblick auf Männerbünde ist sowohl<br />
der Sorority als auch den SALOONS gemein.<br />
Die früheren Männerdomänen des Salon de Paris<br />
und die Saloons des Wilden Westens werden<br />
im Sinne des „writing HERstory“ anstelle der<br />
HIStory neuformuliert.<br />
Eine der radikaleren Varianten der Aneignung<br />
männlicher Territorien mit dem Endziel<br />
der Neuformulierung von vermeintlichen<br />
Konventionen ist in Wien wohl die 2<strong>01</strong>6 gegründete<br />
„Burschenschaft Hysteria“, die für das<br />
Matriarchat und unter anderem eine Frauenund<br />
Transgenderquote von 80 Prozent in öffentlichen<br />
Ämtern eintritt. Männern bleibt der Zutritt<br />
zum Polit-Performance-Projekt von Stefanie<br />
Sarg nagel gänzlich verboten, ein Umkehrschluss<br />
zu vielen gängigen Studentenvereinigungen. Zu<br />
den Kunst-bekanntesten Burschenschaftlerinnen<br />
der Hysteria zählt Verena Dengler. Die aufstrebende<br />
junge Künstlerin nahm 2<strong>01</strong>8 ihren „outstanding<br />
artist award“ des Bundeskanzleramts<br />
im „Wichs“ und mit „Deckel“, der roten Studentenkappe<br />
der Hysteria, entgegen und erschien<br />
diesen Winter im progressiven Musikvideo „Im<br />
Rausch der Zeit“ der Sängerin und linkspolitischen<br />
Kunstfigur Hyäne Fischer. Wir trafen die<br />
2<strong>01</strong>8 mit dem „STRABAG Art Award“ ausgezeichnete<br />
Künstlerin zum Gespräch.<br />
30 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Stadt der Frauen<br />
VERENA<br />
DENGLER<br />
Verena Dengler (*1981 Wien) mag den Einfluss,<br />
den der 22. Wiener Gemeindebezirk auf ihre<br />
Arbeit hat. Wäre Wien ein Matriarchat, wäre die<br />
Welt ein bisschen mehr in Ordnung, bis dahin<br />
sagt sie unmissverständlich ihre Meinung und<br />
organisiert sich mit Gleichgesinnten.<br />
PAULA WATZL: Ist Wien für dich eine Stadt der Frauen?<br />
VERENA DENGLER: In der Kunstszene und Literatur auf<br />
jeden Fall. Hier sind Frauen die interessantesten Leute.<br />
Ich denke da an Marianne Vlaschits, Stefanie Sargnagel,<br />
Puneh Ansari und viele mehr. Und es gibt gute Musik,<br />
wie Hyäne Fischer – es ist mir eine große Ehre, in ihrem<br />
ersten Musikvideo als Schauspielerin mitzuspielen.<br />
PW: Deine Arbeit ist eng mit deiner Biografie verknüpft,<br />
entsprechend gibt es immer wieder Berührungspunkte<br />
deines politischen Engagements und deiner Kunst.<br />
Ist Feminismus eher ein privates Thema oder kann man<br />
das schwer trennen? VD: Das sollte man nicht trennen.<br />
Obwohl ich biografisch arbeite, geht es nicht nur um<br />
mich. Wenn ich zum Beispiel Techniken der angewandten<br />
Kunst einbaue, geht es auch um eine Wertschätzung<br />
weiblicher Kunst. Immer spielt zudem eine Wertschätzung<br />
meiner Mutter eine Rolle. Ich nehme Material von<br />
mir, denn ich will mich da nicht rausnehmen. Es geht<br />
auch um mich, aber nichts steht nur für mich.<br />
PW: Wie wichtig ist Kooperation innerhalb der jungen<br />
Szene? VD: Das Patriarchat spielt ganz gerne Frauen gegeneinander<br />
aus, aber man sieht, welche Synergien entstehen,<br />
wenn man sich dem widersetzt – das läuft ganz<br />
gut in Wien. Das „sich Sachen zuschanzen“ haben die<br />
Männer besser im Griff, da gibt es eine Tradition – die<br />
sollten wir Frauen auch entwickeln.<br />
PW: Du bist breit aufgestellt – bist auch Kunsttheoretikerin,<br />
Bühnenbildgestalterin, Opernkritikerin etc. Außerdem<br />
entsteht deine Kunst über viele Medien und<br />
Techniken hinweg. Ist das Größenwahn oder Überlebensstrategie?<br />
VD: Ich bin eben ein Universalgenie. Ich<br />
kann gut schreiben, und das will ich der Welt nicht vorenthalten.<br />
Außerdem befruchten verschiedene Bereiche<br />
meine Kunst, man muss auch über den Tellerrand schauen.<br />
Ich bin der Meinung, dass weiblicher Größenwahn<br />
völlig unterschätzt wird, man muss das vom Kindergarten<br />
an fördern.<br />
PW: Rund 21 Prozent beträgt der gegenwärtige Gender<br />
Pay Gap zwischen Künstlern und Künstlerinnen.<br />
Meinst du, wird sich das für deine Generation noch ändern?<br />
VD: Mit nett sein wird das nichts. Man muss da<br />
schon andere Methoden aufziehen. Zum Beispiel finde<br />
ich es einen guten Schritt, was die Tate 2<strong>01</strong>9 macht. Es<br />
braucht derart radikale Maßnahmen.<br />
VERENA DENGLER | Art Award 2<strong>01</strong>8 | Foto: Eva Kelety<br />
31
KUNST IM ÖFFENTLICHEN<br />
RAUM<br />
KATHARINA CIBULKA<br />
»SOLANGE«<br />
»Solange Gleichberechtigung eine ewige Baustelle<br />
ist, bin ich Feministin«, lautet eine der Interventionen<br />
Katharina Cibulkas (*1975 Innsbruck).<br />
Im laufenden Projekt »Solange« bringt die Künstlerin<br />
gestickte Einsichten an Baustellen-Staubschutzplanen<br />
an – beispielsweise aktuell an der<br />
Akademie der bildenden Künste Wien.<br />
Es sind keine radikalen Äußerungen, die sich<br />
vor Dialog sperren und ein Opfer-Täter-Denken<br />
forcieren, sondern »doppeldeutige Statements mit<br />
Augenzwinkern«, so Cibulka, deren Projekt von<br />
Tracey Emin inspiriert wurde. »Wie lange müssen<br />
wir uns noch für Feminismus einsetzen? Haben<br />
wir den Gipfel der Emanzipation bereits erreicht?«,<br />
befragt sie ihr direktes Umfeld sowie Social-Media-Portale.<br />
Aus den Antworten generiert sie<br />
sodann jene Phrasen, die sie in den öffentlichen<br />
Raum projiziert und in die Männerdomäne der<br />
Bauindustrie einschreibt. Für 2<strong>01</strong>9 hat Kunst im<br />
öffentlichen Raum Wien bereits drei weitere Netze<br />
zugesagt. Außerdem wird Katharina Cibulka an der<br />
kommenden Rabat-Biennale in Marokko teilnehmen.<br />
KATHARINA CIBULKA | »Solange«<br />
Foto: Claudia Rohrauer
SICHTBARKEIT<br />
SILVIE AIGNER<br />
Performance, Fotografie, experimenteller Film und<br />
Video entwickelten sich ab den 1960er-Jahren zu<br />
den bevorzugten Medien gesellschaftlicher Anteilnahme<br />
und der Thematisierung politischer Inhalte,<br />
verbunden mit einer Neudefinition von Kunst<br />
und Öffentlichkeit. Insbesondere Künstlerinnen<br />
nutzten den öffentlichen Raum für ihre Anliegen.<br />
Ausgehend von den internationalen Frauenund<br />
Studentenbewegungen der späten 1960er-Jahre<br />
wurden auch in Österreich Forderungen nach<br />
Modernisierung und Demokratisierung der Gesellschaft<br />
gestellt und mit politischen und künstlerischen<br />
Fragestellungen verknüpft. Künstlerinnen<br />
wie Mary Kelly waren in den 1970er-Jahren involviert<br />
in Protestaktionen des Women’s Liberation<br />
Movement. Auch von offizieller Seite wurde die<br />
Frauenbewegung aufgegriffen. In Mexico City<br />
fand 1975 die erste von drei UN-Weltfrauenkonferenzen<br />
statt, die dazu führte, dass die UNO die Dekade<br />
von 1975 bis 1985 zum Jahrzehnt der Frauen<br />
erklärte. In Österreich reagierte man von offizieller<br />
Seite sowohl mit der Veröffentlichung des ersten<br />
Frauenberichts der Bundesregierung, erstellt von<br />
der Staatssekretärin Elfriede Karl, als auch mit der<br />
Ausstellung „Österreichische Künstlerinnen der<br />
Gegenwart“. Diese führte vor allem aufgrund der<br />
nur aus Männern bestehenden Jury zu massiven<br />
Protesten. Im selben Jahr stellte VALIE EXPORT<br />
die legendäre Ausstellung „MAGNA Feminismus“<br />
für die Galerie nächst St. Stephan zusammen. Es<br />
folgten Ausstellungen wie „Frauen – Kunst – Neue<br />
Tendenzen“ in der Galerie Krinzinger in Innsbruck<br />
oder das von Grita Insam initiierte Performancefestival.<br />
Österreichische Künstlerinnen, wie unter<br />
anderem Renate Bertlmann, Birgit Jürgenssen<br />
und VALIE EXPORT, nahmen an der Ausstellung<br />
„Künstlerinnen international 1877–1977“ in Berlin<br />
teil. Viele dieser Ausstellungen dokumentierten die<br />
Verwendung neuer Medien wie Film, Video, Fotografie<br />
und Performance, verbunden mit der Aufnahme<br />
aktueller gesellschaftspolitischer Inhalte.<br />
Das Verhältnis von Körper und Blick, von Bewegungsfreiheit<br />
und Kontrolle, von Sichtbarkeit und<br />
Unsichtbarkeit stand im Zentrum der feministischen<br />
Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlichen<br />
Umraum. Schon 1967 zog Kiki Kogelnik<br />
unter dem Titel „Wiener Straßenbilder“ mit ihren<br />
Cut-Outs auf der Wäscheleine durch Wien.<br />
Andere Künstlerinnen wie Linda Christanell oder<br />
Rita Furrer nützten in den 1980er-Jahren den<br />
Raum der Wiener Innenstadt für ihre performativen<br />
Aktionen. 1981 wurde der öffentliche Raum<br />
zum Platz für künstlerische Interaktionen. Themen<br />
wie Umweltschutz oder Verkehr, die damals<br />
auch im öffentlichen Diskurs standen – Stichwort<br />
Waldsterben und Walfang –, sowie die allgemeine<br />
Aufrüstung der Weltmächte und die von den
Stadt der Frauen<br />
Steyr-Werken geplanten Panzerverkäufe standen<br />
im Fokus. Ebenso wurden Tauschzentralen<br />
für Kleider in fünf Wiener U-Bahnstationen<br />
etabliert. Die Wiener Festwochen starteten<br />
im Mai 1982 mit dem Schwerpunkt „Vom anderen<br />
Theater“, das freie Theatergruppen und Projekte<br />
im öffentlichen Raum präsentierte. Darunter<br />
die Alternativszene „START“, mit Aktionen,<br />
Installationen und Objekten von Künstlern und<br />
Künstlerinnen am Karlsplatz. Von der Presse<br />
wurde „Kaorle am Karlsplatz“ von Margot Pilz<br />
wohl am häufigsten besprochen.<br />
Die Forderung nach neuen Strategien in<br />
der Kunst im öffent lichen Raum der Stadt<br />
Arbeiten wie „Der Muse reicht’s“ von Iris<br />
Andraschek und „Solange – Ein Projekt über<br />
den Mythos der erreichten Gleichberechtigung“<br />
von Katharina Cibulka sind Beispiele der letzten<br />
Jahre mit einer betont feministischen Ausrichtung,<br />
die davon ausgehend aktuelle Perspektiven<br />
diskutieren. Kunst im öffentlichen Raum hat<br />
sich längst im Feld der bildenden Kunst institutionalisiert,<br />
ausgehend von einem zunehmenden<br />
Interesse der Künstler, sich mit urbanen Fragestellungen<br />
zu befassen und gesellschaftspolitische<br />
Anliegen auch außerhalb des kunstinstitutionellen<br />
Raums zu thematisieren. Dabei spielen<br />
partizipatorische Projekte oft eine große Rolle.<br />
Künstlerinnen wie Barbara Holub hinterfragen<br />
jedoch die Praxis der Kunst im öffentlichen<br />
Raum. Nicht selten ist sie mit Wünschen von<br />
Stadt- und Regionalmarketing konfrontiert und<br />
dient häufig als Projektionsfläche für Bedürfnisse<br />
in anderen Bereichen der Gesellschaft, die nicht<br />
erfüllt werden. Kunst dient der Imagebildung<br />
und auch der Gentrifizierung von neuen Stadtentwicklungsgebieten,<br />
der Schaffung von neuen<br />
Identitäten in Umstrukturierungsprozessen. „Die<br />
Aufgaben, die Kunstprojekten dabei zukommen,<br />
befassen sich meist mit ,community building‘ im<br />
weiteren Sinn oder mit konkreter Problemlösung<br />
von sozialen Konflikten […], das heißt mit<br />
sozialen und gesellschaftspolitischen Aufgaben,<br />
die in anderen Bereichen politischer Verantwortung<br />
– und eben auch von der Stadtplanung oder<br />
der Stadtentwicklung – nicht behandelt werden“,<br />
so Barbara Holub in ihrer Publikation „Planning<br />
Unplanned“. Künstlern und Künstlerinnen wird<br />
Raum geboten, „bis die Aufwertung stattfindet<br />
und darüber hinaus, solange es gut in das touristische<br />
Stadtbild passt“. Eine Mischung aus Events<br />
und Projekten, Vermittlungsprogramm und Führungen,<br />
begleitet von medialen Tools. Doch was<br />
passiert mit den angeschobenen Kommunikationsprozessen,<br />
wenn die Projekte zu Ende sind?<br />
Holub fordert daher, dass Künstler und Künstlerinnen<br />
im Rahmen von Stadtentwicklung den<br />
anderen Experten gleichgestellt werden, anstatt<br />
nur punktuelle Aufgaben zu übernehmen. Wo<br />
kann kritische Kunst stattfinden, ohne dass sie<br />
sofort vereinnahmt wird?<br />
MARGOT PILZ | Kaorle am Karlsplatz, 1982 | Foto: © Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7)<br />
42 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Stadt der Frauen<br />
MARGOT PILZ – KAORLE AM KARLSPLATZ<br />
Margot Pilz gehört zu den Konzept- und Medienkünstlerinnen der ersten Stunde. Als<br />
Grenzgängerin zwischen den Medien lotete sie stets wagemutig neue Techniken und<br />
Materialien aus und zeigte gesellschaftliche Tabus und Stereotypen auf. 1982 realisierte<br />
sie im Rahmen der Wiener Festwochen »Kaorle am Karlsplatz«. Auf einer Fläche von<br />
über 200 Quadratmetern wurde Meeressand um den Teich vor der Kirche aufgeschüttet,<br />
Liegestühle, Sonnenschirme aufgestellt und unter großem Aufwand eine Palme organisiert.<br />
Im Rahmen des Projekts wurden Performances und Aktionen veranstaltet. Höhepunkt<br />
war der acht Meter lange, bemalte Wal, der begleitet vom Klang der Walgesänge<br />
ab Anfang Juni im Karlteich schwamm. Günther Baumann schrieb damals im »Kurier«:<br />
»Kaorle am Karlsplatz hieß die hinreißende Sanddüne als Wanderbühne von Margot Pilz.<br />
[…] Alles in allem ein Ereignis, so fröhlich, kreativ und unkonventionell, wie es in dieser<br />
Stadt an diesem Ort vor wenigen Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre.«<br />
(G. Baumann, Kaorle wird wieder abgebaut, Kurier 13. 6. 1982)<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 43
Stadt der Frauen<br />
IRIS ANDRASCHEK<br />
»DER MUSE REICHT’S«<br />
IRIS ANDRASCHEK<br />
»Der Muse reicht’s«, 2009/2<strong>01</strong>0<br />
Arkadenhof Universität Wien, Granit, ca. 33 × 9 m<br />
Foto: Hertha Hurnaus<br />
154 Büsten und Ehrentafeln für Männer<br />
und nur eine einzige Gedenktafel für eine<br />
Frau – Marie von Ebner-Eschenbach –<br />
erinnern im Arkadenhof an die Leistungen<br />
der Wissenschaft. Das Versäumnis, die<br />
Leistungen von Wissenschafterinnen der<br />
Universität Wien entsprechend gleichberechtigt<br />
zu würdigen, war Ausgangspunkt<br />
des Projekts. Andraschek nahm die<br />
statische Brunnenfigur der Muse Kastalia in<br />
der Mitte des Hofes sowohl raumstrukturell<br />
als auch thematisch zum Ausgangs- und<br />
Angelpunkt ihrer Arbeit: Die monumentale<br />
Schattenfigur aus dunklem Granit setzt mit<br />
ihrer rechten Fußspitze genau am Scheitelpunkt<br />
des Halbkreises vor dem Brunnen<br />
an. Dadurch entsteht der Eindruck, als<br />
hätte sich die Muse, nach 100-jährigem<br />
Ausharren plötzlich von einer rebellischen<br />
Energie erfasst, in einer zeitgenössischen<br />
Metamorphose quer über den Hof projiziert,<br />
um sich als gigantisches Negativ, das<br />
kämpferisch eine Faust in die Höhe streckt,<br />
in die Bodenfläche einzuschreiben.<br />
Zentrales Anliegen der Künstlerin war,<br />
die Wissenschaftlerinnen in das Projekt<br />
einzubinden, sowohl bei der Generierung<br />
des Schattens wie auch als Ideengeberinnen<br />
für die Sockelinschrift. Der Umriss<br />
des Schattens wurde aus einer Fotoarbeit<br />
entwickelt, in der Mitarbeiterinnen und Studentinnen<br />
der Universität Wien auf einem<br />
Sockeldummy Haltung zu ihrer Nichtvertretung<br />
im Arkadenhof einnahmen und als<br />
lebende Denkmäler posierten. Zusätzlich<br />
bezogen sie in Interviews Stellung zu den<br />
Versäumnissen bei den Ehrungen von Frauen<br />
an der Universität. So regte das Projekt<br />
Diskussionen über die Gleichstellung von<br />
Männern und Frauen an der Universität<br />
an und trug zu einer Sensibilisierung für<br />
dieses Thema bei. »Sie evoziert damit auch<br />
eine prekäre Moderne, in der traditionelle<br />
Geschlechterrollen und Repräsentationssysteme<br />
gleichermaßen aufzubrechen<br />
begonnen hatten. Dass die Musen und die<br />
ideologischen Sockel, auf denen diese im<br />
Dienste eines männlich definierten Symbolsystems<br />
platziert worden waren, von den<br />
Avantgarden gestürzt wurden, bedeutete<br />
jedoch nicht zugleich, dass Frauen die<br />
gleichen Rechte wie Männern zugestanden<br />
wurden. Diese mussten und müssen sie<br />
sich nach wie vor erkämpfen. Der Muse<br />
reicht’s — und das schon seit Langem; dies<br />
in der Universität zu manifestieren, ist Iris<br />
Andraschek eindrucksvoll gelungen«, so<br />
die Kunsttheoretikerin Silvia Eibelmayr.<br />
44 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Ernst Ludwig<br />
Kirchner<br />
Der Maler als Fotograf<br />
2. März – 16. Juni 2<strong>01</strong>9<br />
Mönchsberg<br />
Asger<br />
Jorn<br />
Das druckgrafische Werk<br />
23. März – 30. Juni 2<strong>01</strong>9<br />
Mönchsberg<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Selbstporträt, um 1928, Glasnegativ, Kirchner Museum Davos, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, 1992<br />
Asger Jorn, Nasobois – La laie qui se croit un Sphinx, 1971, aus der Serie Etudes et surprises, Farbholzschnitt, Museum Jorn, Silkeborg © Donation Jorn, Silkeborg / Bildrecht, Wien, 2<strong>01</strong>9<br />
museumdermoderne.at
Stadt der Frauen<br />
DARF KUNST<br />
EINE FUNKTION HABEN?<br />
ÜBER DIE MÖGLICHKEITEN KÜNSTLERISCH-URBANER STRATEGIEN<br />
Ein Gespräch mit Barbara Holub<br />
Barbara Holub studierte Architektur an der Technischen Universität Stuttgart. In ihrer künstlerischen<br />
Arbeit fokussiert sich Holub auf den öffentlichen Raum und die Schaffung von Situationen,<br />
die es den Nutzern ermöglichen, sich den öffentlich-urbanen Raum anzueignen, anstatt sich von<br />
Architekten und Urbanisten vorgegebenen Funktionen unterzuordnen. 1999 gründete sie mit Paul<br />
Rajakovics (Architekt und Urbanist) transparadiso als transdisziplinäre Plattform für eine erweiterte<br />
urbane Praxis. Silvie Aigner traf Barbara Holub in ihrem Atelier in Wien-Leopoldstadt.<br />
BARBARA HOLUB | Times of Dilemma, Manoel Island<br />
Valletta, 2<strong>01</strong>8 | Foto: Natascha Sturny
Stadt der Frauen<br />
<strong>PARNASS</strong>: transparadiso erforscht und entwickelt<br />
Strategien für Handlung und Kommunikation<br />
in Bezug auf aktuelle Fragen der Gesellschaft<br />
und der Stadtplanung. Ihr Schwerpunkt<br />
liegt auf interdisziplinären Verbindungen zwischen<br />
Kunst, Urbanismus und Architektur,<br />
Theorie und Praxis. 2<strong>01</strong>8 haben Paul und du<br />
dafür den Österreichischen Kunstpreis für<br />
Bildende Kunst erhalten – eine wichtige Anerkennung.<br />
BARBARA HOLUB: Ich sehe den Preis<br />
als eine Wertschätzung für jene Art kritischer<br />
künstlerischer Praxis, die zwischen Kunstinstitutionen<br />
und öffentlichem Raum oszilliert. Er ist<br />
damit ein wichtiges Zeichen, das weit über uns<br />
hinausreicht – vor allem auch, da diese künstlerische<br />
Praxis in Österreich weitgehend unterschätzt<br />
wird, ganz im Gegensatz zur internationalen<br />
Wahrnehmung und Wertschätzung.<br />
P: In deinen Ausstellungen und urbanen Interventionen<br />
thematisierst du aktuelle gesellschaftliche<br />
sowie urbane Fragestellungen,<br />
hinterfragst aktuelle und tradierte Wertvorstellungen<br />
und beschäftigst dich mit der Rolle der<br />
Kunst in der Gesellschaft und künstlerischen<br />
Strategien im Bereich einer gesellschaftlich engagierten<br />
Stadtplanung. BH: In meinen Kunstprojekten<br />
geht es mir vor allem darum, neben<br />
dem Kunstpublikum auch noch andere Öffentlichkeiten<br />
anzusprechen. Dabei stellt sich die<br />
Frage, an wen die Arbeit adressiert ist und wie<br />
man im öffentlichen urbanen Raum, in einem<br />
nicht von Kunst vordefinierten Setting, arbeitet.<br />
Muss man die Arbeitsweise ändern, wenn man<br />
auch ein nicht kunstaffines Publikum ansprechen<br />
möchte? Ich finde, dass es nicht um Anpassung<br />
der Arbeit geht, sondern um die Frage,<br />
wie man diese vermittelt. Gerade dieser Wechsel<br />
zwischen verschiedenen Öffentlichkeiten interessiert<br />
mich und daher wehre ich mich auch gegen<br />
die Trennung von Kunst, die für den Kunstmarkt<br />
kompatibel ist, und jener, die eine „critical<br />
spatial practice“ verfolgt. Es ist wichtig, sich aktuell<br />
die Frage zu stellen, wie diese Bereiche wieder<br />
zusammenkommen können, wie Kunst, die sich<br />
auch gesellschaftlich kritisch formuliert, Eingang<br />
in den Kunstmarkt finden kann. Welche Art von<br />
Sammeln wäre es, wenn man prozessorientierte<br />
Kunst unterstützt? Aber auch in diesem Bereich<br />
gibt es Arbeiten, die man sich an die Wand hängen<br />
kann – das ist ja das große Missverständnis,<br />
zu glauben, das würde es nicht geben.<br />
P: In der gemeinsam mit Christine Hohenbüchler<br />
herausgegebenen Publikation „Planning<br />
Unplanned“ stellst du die Frage: Darf<br />
Kunst eine Funktion haben? Welche Möglichkeiten<br />
gibt es, künstlerisch-urbane Strategien<br />
aktiv in die Stadtentwicklung einzubinden?<br />
BH: Die Frage ist, in welchem Kontext Projekte<br />
im öffentlichen Raum eine Rolle spielen und welches<br />
Anliegen man damit transportieren möchte,<br />
denn es geht nicht darum, eine Skulptur auf<br />
einen Platz zu stellen. Mich interessieren jene<br />
Orte, wo ich das Gefühl habe, dass Kunstprojekte<br />
aktiv dazu beitragen können, neue, sozial ausgerichtete<br />
Mehrwerte zu diskutieren und dadurch<br />
wesentliche Fragen zur aktuellen gesellschaftspolitischen<br />
Situation und zur Stadtentwicklung stellen<br />
zu können. Es geht darum, künstlerische Strategien<br />
und Tools für Urbanismus als gleichwertig<br />
mit herkömmlichen Methoden der Stadtplanung<br />
aufzuzeigen und zu fragen, wie diese Expertise<br />
sowohl das künstlerische als auch das urbanistische<br />
Handlungsfeld erweitern kann. Unser<br />
Projekt „Times of Dilemma“ für die Europäische<br />
Kulturhauptstadt Valetta 2<strong>01</strong>8 ist ein aktuelles<br />
Beispiel dafür, wie man Fragen einer ungehemmten<br />
Stadt entwicklung thematisieren kann<br />
– unter Einbeziehung der Bewohner und der vor<br />
Ort fast vergessenen Tradition des Għana, eines<br />
in Versform entwickelten Gesangs, der Fragen<br />
des Alltags behandelte. Wir nutzten diesen Gesang<br />
als künstlerische Methode, um aktuelle Konfliktsituationen<br />
in Malta zu veranschaulichen und<br />
mittels großformatiger Megaphon-Objekte über<br />
die Bucht von Valetta in den öffentlichen Raum<br />
zu tragen. Generell werden die Kontexte gesellschaftlich<br />
engagierter Kunstprojekte im öffentlichen<br />
Raum und jene von Stadtplanung weiterhin<br />
als Parallel ebenen behandelt. International<br />
zeigen spannende Beispiele, welche Rolle Kunst<br />
oder künstlerische Strategien haben können –<br />
von München-Riem bis Beyond Leidsche Rijn in<br />
Utrecht. Diese Entwicklung ist jedoch an Wien<br />
vorübergegangen. Der Kurator Tom van Gestel<br />
hat in Utrecht damals schon sogenannte „Blind<br />
Spots“ vorgesehen, die ich ganz wichtig finde. Bestimmte<br />
Bereiche werden von der Planung freigehalten,<br />
um auf unvorhergesehene Entwicklungen<br />
eingehen zu können. Während unseres Architekturstudiums<br />
sind wir noch in dem Glauben ausgebildet<br />
worden, dass man Entwicklungen hochrechnen<br />
kann und danach die Planung ausrichtet.<br />
Seit den letzten 20 Jahren wissen wir, dass dies so<br />
nicht mehr der Fall ist. Es braucht neue Methoden,<br />
um auf das Unvorhergesehene reagieren zu<br />
können. Ich plädiere daher dafür, die Wendigkeit<br />
von künstlerischen Strategien gleichwertig zu<br />
konventionellen Planungspraktiken anzuwenden.<br />
P: Aber gerade das Unvorhergesehene, das<br />
Planbare hat kaum Raum in der Stadt? BH: Ich<br />
finde, dass wir uns zunehmend von vordefinierten,<br />
juristischen Räumen einnehmen lassen und<br />
das viel über unsere Gesellschaft aussagt. Es geht<br />
stets um eine Absicherung, um nicht haftbar gemacht<br />
werden zu können. Es ist die Aufgabe von<br />
Kunst, diese Reglementierung in Frage zu stellen,<br />
Dinge zuzulassen, die sonst keinen Platz haben.<br />
Das sind oft Qualitäten, die ökonomisch nicht<br />
quantifizierbar sind. Doch vor dem Hintergrund<br />
grundlegender und nicht absehbarer Veränderungen<br />
in Europa ist es wichtig, diese nicht-ökonomischen<br />
Werte, die die Gemeinschaft stärken,<br />
neu zu etablieren und den verschiedenen Kulturen<br />
Raum zu geben, wie wir das etwa in unserem<br />
Projekt „Harbour for Cultures“ in Triest gemacht<br />
haben. Dafür ist es auch notwendig, von<br />
angestammten Expertenfeldern wegzukommen,<br />
das heißt die Grenzen der Disziplinen zu überschreiten<br />
und auch Zweifel zuzulassen.<br />
P: Dabei spielt auch die Einbeziehung des Einzelnen<br />
eine große Rolle – eine Möglichkeit,<br />
mehr individuelles Engagement zu generieren?<br />
BH: Ja, dabei sind die Politiker ebenso aufgerufen<br />
wie das Individuum beziehungsweise die Zivilgesellschaft.<br />
Es geht darum, Verantwortung<br />
für die Gemeinschaft zu übernehmen und sich<br />
in seinem Handeln nicht auf persönliche Eigeninteressen<br />
zu konzentrieren. Unsere Gesellschaft<br />
schaut genauso aus, wie wir sie selbst gestalten.<br />
Als Künstlerin interessiert mich dabei die Frage:<br />
Wie kann ich Situationen schaffen, in denen<br />
man angeregt wird, selbst initiativ zu werden,<br />
und zwar jeweils in einer Form, die für den<br />
Einzelnen möglich ist oder die er für sinnvoll erachtet.<br />
Ich bezeichne das als „Silent Activism“.<br />
P: Widersprüche zuzulassen, etwas nicht vorzudefinieren,<br />
Fragen zu stellen, anstatt Lösungen<br />
anzubieten, löst sich stark vom traditionellen<br />
Bild des Architekten. Ist dies die Funktion,<br />
die Kunst einnimmt? BH: Ja, ich denke, dass es<br />
wesentlich ist, mit der Behauptung aufzuräumen,<br />
„Das, was ich mache, ist richtig, und alle anderen<br />
müssen mir folgen“. Diese Art des Denkens, das<br />
Zweifel zulässt, ist stark weiblich konnotiert, was<br />
nicht bedeutet, dass sie nur Frauen oder Künstlerinnen<br />
eigen ist. Für die Zukunft braucht es einen<br />
anderen Geist und eine andere Einstellung. Daher<br />
finde ich Ausstellungen wie die „Stadt der Frauen“<br />
oder die Ankündigung der Direktorin der Tate<br />
Britain, Maria Balshaw, mit „Sixty Years“ 2<strong>01</strong>9<br />
Werke von Künstlerinnen in den Fokus zu stellen,<br />
ein wesentliches Statement. Früher hätte ich<br />
dies noch sehr kritisch beurteilt, in der aktuellen<br />
Situation bin ich jedoch von der Notwendigkeit<br />
überzeugt. Denn vieles, ob in der Architektur oder<br />
Kunst, war bislang oft einseitig – mit einem Fokus<br />
auf männliche Repräsentation dokumentiert.<br />
Ein Beispiel, diese Sichtweise zu ändern, ist auch<br />
die sehenswerte Ausstellung von Anni Albers in<br />
der Tate Modern. Erstmals wurde ein Überblick<br />
über ihr Schaffen und ihre einflussreiche Lehrtätigkeit<br />
am Black Mountain College gezeigt. Auch<br />
sie stand in ihrer Rezeption stets im Schatten ihres<br />
bekannten Mannes. Das männliche Denken ist oft<br />
erfolgreicher, weil es zielstrebiger auf eine Sache<br />
hin konzentriert ist. Ich glaube aber, dass wir beides<br />
brauchen und dass jene Eigenschaften, die üblicherweise<br />
dem weiblichen Denken und Handeln<br />
zugeschrieben werden, endlich einen wesentlichen<br />
Raum in der Gesellschaft einnehmen müssen.<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 47
FEMALE<br />
AUCH AM KUNSTMARKT?<br />
EVA KOMAREK
Stadt der Frauen<br />
BIRGIT JÜRGENSSEN<br />
Schuhroulade, 1977 | s/w Fotografie<br />
23,9 × 30,2 cm | Privatsammlung, Wien<br />
Estate Birgit Jürgenssen, Bildrecht Wien, 2<strong>01</strong>9<br />
Courtesy Galerie Hubert Winter, Wien<br />
„The Female Triumphant“, der Siegeszug der Frauen, unter diesem Titel stellte Sotheby’s<br />
21 Arbeiten von 14 Alten Meisterinnen in den Mittelpunkt der Masters Week in New York,<br />
die Anfang Februar über die Bühne ging. Es sollte ein wahrer Triumph mit einem neuen Rekord<br />
für die prämoderne Arbeit einer Künstlerin werden. Das Porträt Mohammed Dervich<br />
Khans von Élisabeth Vigée-Le Brun erzielte einen Zuschlag von 7,2 Millionen Dollar. „In<br />
den vergangenen fünf Jahren haben sowohl Kuratoren als auch Sammler das Ungleichgewicht<br />
zwischen weiblichen und männlichen Künstlern angesprochen und aktiv begonnen,<br />
in Künstlerinnen zu investieren. Sie sind bisher im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen<br />
auf dem Markt unterbewertet“, sagte Calvine Harvey, Sotheby’s-Altmeister-Expertin, anlässlich<br />
der Masters Week.<br />
Derzeit erfahren Künstlerinnen quer durch alle Epochen die längst überfällige Anerkennung.<br />
Im Unteren Belvedere ist gerade die Ausstellung „Stadt der Frauen“ zu sehen, die sich<br />
Künstlerinnen in Wien um 1900 widmet. Das Brooklyn Museum hat Künstlerinnen von<br />
Käthe Kollwitz bis Nancy Spero hervorgeräumt und damit die Ausstellung „Half the Picture:<br />
A Feminist Look at the Collection“ zusammengestellt. Und für echtes Aufsehen sorgte Maria<br />
Balshaw, Direktorin der Tate Britain, als sie ankündigte, ab April in der Sammlung von Kunst<br />
ab 1960 mindestens ein Jahr lang nur noch Werke von Frauen zu zeigen. Auf dem Kunstmarkt<br />
war 2<strong>01</strong>8 ein Jahr der weiblichen Rekorde. Jenny Saville ist seit Oktober die teuerste<br />
lebende Künstlerin. Ihre Arbeit „Propped“ erzielte bei Sotheby’s in London umgerechnet<br />
12,4 Millionen Dollar. Davor holte sich die englische Künstlerin Cecily Brown im Mai für<br />
„Suddenly Last Summer“ diesen Titel mit einem Rekord von 6,8 Millionen Dollar. Gagosian<br />
hatte das Bild 2<strong>01</strong>0 noch für eine Million Dollar erstanden. Das zeigt, wie sehr die Preise gestiegen<br />
sind. Im selben Monat pulverisierte „Blueberry“ von Joan Mitchell die Schätzungen<br />
und setzte mit 16,6 Millionen Dollar eine neue Höchstmarke für die Künstlerin. Die Galerie<br />
Zwirner hatte kurz zuvor bekanntgegeben, dass sie die Repräsentanz der Joan Mitchell Foundation<br />
übernommen hat. Der generell höchste Preis für ein Werk einer Künstlerin ist aber<br />
seit 2<strong>01</strong>4 ungebrochen. Diesen Titel hält die abstrakte Expressionistin Georgia O’Keeffe mit<br />
44,4 Millionen Dollar für „Jimson Weed/White Flower No 1“, erzielt 2<strong>01</strong>4 von Sotheby’s.<br />
Trotz der jüngsten Rekorde rangieren Künstlerinnen im Vergleich zu ihren männlichen<br />
Kollegen preislich immer noch unter ferner liefen. Ein Vergleich zwischen dem neuen Rekord<br />
von Jenny Saville und David Hockney sagt alles: Das „Portrait of an Artist (Pool With<br />
Two Figures)“ erzielte nur einen Monat nach Saville einen Zuschlag von 80 Millionen Dollar<br />
und machte es zum teuersten Werk eines lebenden Künstlers. Besser schneiden Frauen<br />
laut Kunstpreisdatenbank Artprice in der Generation unter 40 Jahren ab. Die Liste<br />
der Top-10-Zuschläge 2<strong>01</strong>8 wird von einer Frau angeführt. Njideka Akunyili Crosbys Arbeit<br />
„Mimetic Gestures“ erzielte bei Christie’s 1,9 Millionen Dollar. Fünf der zehn höchsten<br />
Zuschläge erzielten Werke von Künstlerinnen. Allerdings stammen die fünf Werke von<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 49
Stadt der Frauen<br />
die Vermittlung von Schor nahm die Kärntner<br />
Galeristin Lena Freimüller von der Galerie3 Pilz in<br />
ihr Programm auf. „Ich habe die Arbeit von Pilz<br />
schon längere Zeit geschätzt, bin aber im Zuge<br />
meiner Recherche auf eine Fotoarbeit aus den späten<br />
1970er-Jahren gestoßen, die ihre Hände zeigten.<br />
Das gab den Anstoß, sie zu kontaktieren. Als<br />
es zum Treffen mit Margot Pilz kam, war es nicht<br />
mehr nur ihr Werk, das mich überzeugte, sondern<br />
die Künstlerin als Person“, erinnert sich die Galeristin.<br />
Endlich erkennen Museen wie Privatsammlungen<br />
die historische Bedeutung von Künstlerinnen<br />
der feministischen Avantgarde, sagt sie. Die<br />
performative Fotografie, wie sie Pilz praktiziert,<br />
sei dabei ein wichtiger Zugang. Zuletzt verkaufte<br />
sie Arbeiten von Pilz in einer Preisspanne von<br />
2.200 bis 37.000 Euro für die siebenteilige Serie<br />
„The White Cell Project“ von 1983–85.<br />
Eine Galeristin, die auch Pionierarbeit geleistet<br />
hat, ist Ursula Krinzinger. Sie hat 1975 in<br />
Innsbruck die erste Künstlerinnenausstellung gemacht.<br />
„Frauen, Kunst, Neue Tendenzen“ war die<br />
Initialzündung für ein stark weibliches Programm<br />
ihrer Galerie. „Damals haben die Leute noch mit<br />
dem Finger auf mich gezeigt. Seither hat sich die<br />
Durchschlagskraft der Künstlerinnen enorm gesteigert“,<br />
sagt sie. Sie hat einigen österreichischen<br />
Künstlerinnen zu internationaler Bekanntheit verholfen,<br />
darunter Martha Jungwirth, Eva Schlegel<br />
und Brigitte Kowanz. Letztere hat auf dem Markt<br />
seit ihrer Teilnahme an der Biennale von Venedig<br />
2<strong>01</strong>7 einen Preisaufschwung erlebt. Krinzinger<br />
verkauft Neon-Arbeiten aktuell für 25.000 bis<br />
65.000 Euro. Auf dem Auktionsmarkt liegt der<br />
höchste Preis bei 20.200 Euro für die Lichtinslinke<br />
Seite | BRIGITTE KOWANZ | Connect the Dots, 2<strong>01</strong>8, LED, Acrylglas, 85 × 265 × 13 cm<br />
Foto Studio Brigitte Kowanz, Courtesy by the artist und Galerie Krinzinger<br />
rechte Seite | ANNA-SOPHIE BERGER | Italien (Italy), 2<strong>01</strong>8, Sperrholz, Polarfleece, Faden, Schrauben und Plastikräder, 40 × 46 × 49 cm<br />
Foto: Maximilian Anelli-Monti, Courtesy by the artist und Galerie Emanuel Layr Wien/Rom<br />
nur zwei Frauen. Neben Akunyili ist das Avery<br />
Singer. Ihre Arbeit „Fellow Travelers, Flaming<br />
Creatures“ wurde für 735.000 Dollar versteigert<br />
und belegt damit Platz 5. Übrigens hatte die Arbeit<br />
2<strong>01</strong>3 die Greene Naftali Gallery noch für<br />
20.000 Dollar erworben.<br />
Und wie sieht es mit österreichischen zeitgenössischen<br />
Künstlerinnen aus? Gabriele Schor,<br />
Gründungsdirektorin der Sammlung Verbund<br />
und Kuratorin der Ausstellung „Feministische<br />
Avantgarde“, die bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung<br />
feministischer Kunst Pionierarbeit geleistet<br />
hat, beobachtet, dass auch österreichische<br />
Künstlerinnen auf dem internationalen Kunstmarkt<br />
größere Wertschätzung erfahren. „Die im<br />
Oktober 2<strong>01</strong>7 von Alison Gingeras kuratierte<br />
Sektion ,Sex Work: Feminist Art & Radical Politics‘<br />
auf der Messe Frieze in London hat große<br />
Aufmerksamkeit hervorgerufen. Da waren auch<br />
zwei österreichische Einzelpräsentationen dabei:<br />
Birgit Jürgenssen und Renate Bertlmann.“ Beide<br />
haben ihre Preise zuletzt steigern können. Als<br />
Schor 2004 begonnen hat, Werke von Jürgenssen<br />
für die Sammlung zu erwerben, lagen ihre Fotografien<br />
zwischen 1.800 Euro etwa für die Vintagefotografie<br />
„Selbst mit Fellchen“ und 6.400<br />
Euro für „Hausfrauenküchenschürze“ sowie<br />
ihre Zeichnungen zwischen 10.000 und 20.000<br />
Euro. Heute hat in Österreich die Galerie Hubert<br />
Winter Jürgenssen im Programm. Inzwischen liegen<br />
ihre Arbeiten laut Galerie bei 16.000 Euro<br />
für Fotos, Zeichnungen gibt es ab 45.000 Euro<br />
und Skulpturen um die 120.000 Euro. Und sie ist<br />
inzwischen auch international vertreten. So widmete<br />
ihr zuletzt die Galerie Barbara Gladstone in<br />
Brüssel eine Ausstellung, Alison Jacques Gallery<br />
in London und Fergus McCaffrey in New York<br />
haben sie ebenfalls im Programm. Letzterer zeigte<br />
ihr Werk 2<strong>01</strong>8 erstmals auch in Japan. Auf<br />
Auktionen werden ihre Arbeiten kaum angeboten<br />
und wenn, nur in Österreich. Ihr höchster<br />
Zuschlag liegt bei 30.000 Euro im Jahr 2<strong>01</strong>2.<br />
Vergleichbar entwickelten sich die Preise für<br />
Bertlmann. Schor kaufte 2009 die Zeichnung<br />
„Frau“ aus dem Jahr 1974 um 2.660 Euro und<br />
„Hochzeitsgesellschaft“ um 5.550 Euro. Für Fotografie<br />
zahlte sie zwischen 2.000 und 5.000 Euro.<br />
Bertlmann wird in Wien von der Galeristin<br />
Silvia Steinek vertreten, die sich damals in ihre<br />
Arbeiten „spontan verliebt hat“, wie sie erzählt.<br />
Die Preise sind seither sukzessive, aber „gemütlich“<br />
gestiegen. Sie bietet Fotos mit einer<br />
3er-Auflage ab 5.000 Euro an, Vintagefotografie<br />
gibt es nicht mehr unter 10.000 Euro, Zeichnungen<br />
ab 4.600 Euro aufwärts. Objekte fangen<br />
bei 25.000 Euro an und Malerei bei 60.000 Euro.<br />
„International werden Werke von Bertlmann<br />
aber auch für ein paar 100.000 Euro verkauft“,<br />
sagt Steinek. So lag etwa die Preisspanne beim<br />
Auktionshaus Sotheby’s, das 2<strong>01</strong>7 Bertlmann<br />
gemeinsam mit Maria Lassnig eine kuratierte<br />
Verkaufsausstellung widmete, zwischen 3.700<br />
und 150.000 Pfund. Neben Steinek vertritt<br />
die Künstlerin der Londoner Galerist Richard<br />
Saltoun. Ähnlich wie Jürgenssen ist Bertlmann<br />
auf Auktionen so gut wie nie vertreten, nicht einmal<br />
in Österreich.<br />
Noch eine dritte Künstlerin, für die Schor mit<br />
ihrer Aufarbeitung den Weg bereitete, steht derzeit<br />
verstärkt im Rampenlicht: Margot Pilz. Über<br />
50 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Stadt der Frauen<br />
tallation „flash back“ aus dem Jahr 2008, erzielt<br />
2<strong>01</strong>5 im Dorotheum. Arbeiten von Eva Schlegel<br />
verkauft Krinzinger ab 2.500 Euro, große Fotoarbeiten<br />
für 23.000 Euro. Große In stallationen seien<br />
noch teurer. Der höchste Auktionspreis liegt<br />
bei 21.800 Euro, erzielt 2<strong>01</strong>7 im Dorotheum. Zuletzt<br />
sind die meisten bei Auktionen angebotenen<br />
Arbeiten aber nicht verkauft worden. Und obwohl<br />
sie auch international in anerkannten Projekten<br />
vertreten ist, wie zuletzt in der von Tracey<br />
Emin kuratierten Schau „Another World, Charity<br />
Postcard Project“ auf der Frieze in London,<br />
kann sie bei Auktionen im Ausland nicht reüssieren.<br />
Martha Jungwirth, mit der die Galerie<br />
Krinzinger seit 2<strong>01</strong>4 arbeitet, hat zuletzt mehr<br />
Anerkennung erfahren. Denn obwohl die Künstlerin<br />
schon 1977 auf der documenta ausstellte,<br />
blieb es die längste Zeit still um sie. Krinzinger<br />
bemühte sich, Jungwirth international zu positionieren,<br />
und konnte Arbeiten in der Rubell Collection<br />
platzieren, die ihr sogar einen eigenen Raum<br />
widmet. Das machte Jungwirth auch in den USA<br />
bekannt. Im Vorjahr zeigte die Albertina die erste<br />
große Personale und Direktor Klaus Albrecht<br />
Schröder nannte sie in einem Atemzug mit Joan<br />
Mitchell. Laut Krinzinger seien für Jungwirth die<br />
Preise zuletzt nach oben gegangen. Derzeit verkauft<br />
sie Aquarelle ab 5.500 Euro, Ölbilder gehen<br />
bis 75.000 Euro. Doch auch Jungwirth liegt<br />
am Sekundärmarkt unter den Galeriepreisen. Der<br />
höchste Zuschlag liegt bei 50.000 Euro und datiert<br />
ins Jahr 2<strong>01</strong>6 für „Großer Narziß“ im Kinsky.<br />
Auf internationalen Auktionen ist ihr Name in<br />
den letzten Jahren nie aufgetaucht.<br />
„Auf dem Auktionsmarkt regiert das Geld und<br />
außer Maria Lassnig spielt auf dem internationalen<br />
Parkett keine andere Österreicherin mit“,<br />
sagt Andrea Jungmann, Direktorin von Sotheby’s<br />
Österreich und Ungarn. Ähnlich sieht das Elke<br />
Königseder, Expertin für Zeitgenössische Kunst<br />
im Dorotheum. Sie nennt jedoch neben Lassnig<br />
noch VALIE EXPORT, Martha Jungwirth und<br />
Eva Schlegel. „Außer Lassnig gibt es keine andere<br />
österreichische Künstlerin, die wir für Auktionen<br />
suchen“, sagt auch Angela Baillou, Direktorin<br />
von Christie’s Österreich. Kowanz und VALIE<br />
EXPORT würden sie im Rahmen einer Sammlung<br />
eventuell mitverkaufen. Ein Blick in die Preisdatenbank<br />
bestätigt das. Der höchste Preis für VALIE<br />
EXPORT wurde 2<strong>01</strong>5 von Westlicht mit 45.000<br />
Euro erzielt. 2<strong>01</strong>3 erzielte eine Arbeit bei Christie’s<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 51
Stadt der Frauen<br />
40.918 Euro. Der Rest blieb im Land und preislich<br />
weit darunter. Allerdings könnte die Künstlerin in<br />
Zukunft einen Aufschwung erleben. Im Oktober<br />
2<strong>01</strong>7 hat die Galerie Thaddaeus Ropac ihre Vertretung<br />
übernommen. Die in Paris gezeigte Ausstellung<br />
„Body Configurations“ erfuhr viel Aufmerksamkeit.<br />
Die Galeriepreise lagen mit einer<br />
Preisspanne von 10.000 bis 135.000 Euro deutlich<br />
über dem Sekundärmarkt. Baillou sieht das<br />
Problem im schwachen heimischen Markt. „Erst<br />
wenn sich ein breiter Markt im eigenen Land etabliert<br />
hat, werden die Künstler auch für internationale<br />
Auktionen interessant. Das ist das Problem<br />
der kleinen Länder, die nicht so eine große Kaufkraft<br />
haben“, s0 Baillou. Auch bei Lassnig hat es<br />
lange gedauert, bis der internationale Markt auf<br />
sie aufmerksam wurde. Eigentlich kam der große<br />
Durchbruch erst nach ihrem Tod 2<strong>01</strong>4, mit internationale<br />
Ausstellungen, wie im PS1 in New<br />
York, deren Eröffnung Lassnig noch erlebte, und<br />
einer Retrospek tive in der Tate Liverpool 2<strong>01</strong>6.<br />
Entscheidend war aber, dass sich zwei internationale<br />
Galerieschwergewichte der Künstlerin annahmen.<br />
Die Galerie Friedrich Petzel in New<br />
York und Hauser Wirth & Schimmel, die Niederlassung<br />
der Zürcher Galerie Hauser & Wirth,<br />
die sie beide in den USA positionieren. Die Galeristen<br />
Petzel und Wirth sind zudem Vorstandsmitglieder<br />
der Lassnig-Stiftung und an einem<br />
Ankurbeln des Marktes interessiert. Preislich<br />
hat der Auktionsumsatz der Künstlerin in ihrem<br />
Todesjahr einen Sprung gemacht. 2<strong>01</strong>3 lag er<br />
bei knapp 400.000 Dollar, ein Jahr später stieg<br />
er auf 2,6 Millionen Dollar. Seither hat sich der<br />
Umsatz zwischen 1,0 und 1,5 Millionen Dollar<br />
eingependelt. Der höchste Zuschlag liegt bei<br />
400.000 Euro und wurde zum ersten Mal 2<strong>01</strong>4<br />
für „Der Wald“ im Dorotheum erzielt und im<br />
Vorjahr erneut für „Korkenziehermann“ im<br />
Kinsky. Obwohl auch die großen Auktionshäuser<br />
ihre Arbeiten anbieten, werden die höchsten<br />
Preise in Österreich erzielt.<br />
52 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
von henri<br />
matisse<br />
bis louise<br />
bourgeois<br />
linke Seite | ULRIKE MÜLLER | Container, 2<strong>01</strong>8, Glasemail auf Stahl<br />
39,4 × 30,5 cm | Courtesy Galerie Meyer Kainer, Wien, Foto: Katja Illner<br />
rechte Seite | MARIA LASSNIG | Der Wald, 1985, Öl auf Leinwand<br />
205 × 140 cm | © Dorotheum<br />
„Internationale Vernetzung und mediale Aufmerksamkeit spielen<br />
für die Positionierung eine große Rolle“, sagt Sophie Tappeiner, eine<br />
der jungen Wiener Galeristinnen, die sich sehr für Künstlerinnen<br />
einsetzt. Sie hat Angelika Loderer im Programm, die international<br />
reüssiert. Die Secession widmete ihr eine Einzelausstellung und sie<br />
hat auf der Mailänder Messe Miart Fair für die Soloshow den Preis<br />
für den besten Stand erhalten. Positive Kritiken gab es von internationalen<br />
Kunstmagazinen wie dem Frieze und dem Artforum. Preislich<br />
hat Tappeiner ihre Arbeiten zuletzt etwas angehoben, sie liegen<br />
jetzt zwischen 2.000 und 20.000 Euro.<br />
Ein gutes Beispiel, wie internationale Vernetzung wirkt, ist auch<br />
Anna-Sophie Berger, die in Österreich Emanuel Layr im Programm<br />
hat. „Anna-Sophie hat starken Rückhalt bei internationalen Kuratoren.<br />
Sehr hilfreich war das Projekt mit Balenciaga. Ihre Skulpturen<br />
stehen in den wichtigen Balenciaga-Stores. Es ist eine Abwandlung<br />
einer Arbeit, die sie im Rahmen des Ars-Viva-Preises gezeigt hat“, so<br />
der Galerist. Sie kann auf eine enorme internationale Ausstellungsaktivität<br />
verweisen. In New York vertritt sie die JTT Galerie. „Das<br />
schlägt sich auch in den Preisen nieder, die in den vergangenen beiden<br />
Jahren um rund 30 Prozent gestiegen sind“, so Layr.<br />
Ein vergleichbares Beispiel ist Ulrike Müller, die nach New York<br />
ging und dort hervorragend vernetzt ist. Sie ist Mitglied der feministischen<br />
Genderqueer-Gruppe LTTR. 2<strong>01</strong>7 war sie auf der Whitney<br />
Biennial vertreten und heuer wird sie auf der Biennale von Venedig<br />
sein. In Wien vertritt sie die Galerie Meyer Kainer. „In New York<br />
kennen sie alle Künstler, in Österreich wird sie nicht wahrgenommen<br />
trotz der Ausstellung im MUMOK. Aber wir sind in Österreich<br />
nicht neugierig genug auf neue Künstlerinnen“, kritisiert Galeristin<br />
Renate Kainer. Preislich seien ihre Arbeiten noch erschwinglich,<br />
Emailarbeiten kosten beispielsweise um die 20.000 Euro.<br />
Das Musée d’Art<br />
moderne de<br />
la Ville de Paris<br />
zu Gast in der<br />
Kunsthalle Würth<br />
Schwäbisch Hall<br />
15. 4. – 15. 9. 2<strong>01</strong>9<br />
Täglich 10 – 18 Uhr<br />
Eintritt frei<br />
Robert Delaunay, Tour Eiffel, 1926, (Detail), Öl auf Leinwand<br />
www.kunst.wuerth.com<br />
[]
Sammlung<br />
SIGG<br />
COLLECTION<br />
DIE STORYLINE DER CHINESISCHEN KUNST<br />
Der Schweizer Kunstsammler und Mäzen Uli Sigg bewegt sich als Manager, Wirtschaftsjournalist,<br />
Berater und zeitweiliger Botschafter seit etwa 40 Jahren in China. Sein Wissen und Verständnis für<br />
diese Kultur haben ihn dazu bewogen, eine einzigartige Sammlung chinesischer zeitgenössischer<br />
Kunst anzulegen. Eine kleine Auswahl davon ist derzeit im MAK zu sehen.<br />
CLARISSA MAYER-HEINISCH<br />
72<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Sammlung<br />
SUI JIANGUO | Legacy Mantle, 1999, Garten Schloss Mauensee | Foto: Franca Heller<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9<br />
73
Sammlung<br />
ULI SIGG<br />
Shao Fan, Moon Rabbit, 2<strong>01</strong>0<br />
Foto: Karl-Heinz Hug<br />
74 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
Sammlung<br />
Eine Viertelstunde von Luzern entfernt, dort, wo<br />
die urbane Besiedlung in eine malerisch-hügelige<br />
Landschaft übergeht, wo prachtvolle Bauernhöfe<br />
von ihren Kuh- und Pferdeherden umgeben<br />
sind und wo diverse Vogelarten ihren Weg<br />
in den Süden unterbrechen, hier liegt der idyllische<br />
Mauensee und in seiner Mitte eine kleine<br />
Insel, auf der Uli und Rita Sigg zu Hause sind.<br />
Ein Ansitz der österreichischen Habsburger<br />
ist es einst gewesen, bevor seine wechselvolle<br />
Geschichte zum heutigen Zustand des Schlosses<br />
Mauensee geführt hat. Ein stolzes Herrenhaus,<br />
ein gepflegter Park und handverlesene, beeindruckende<br />
Kunstwerke springen dem Besucher ins<br />
Auge. Ai Wei Wei, ein Freund des Hausherrn, ist<br />
hier mit der Marmorinstallation „60 Türen“ vertreten,<br />
eine riesige Stahlskulptur scheint gerade<br />
am Ufer gelandet und eine übergroße Mao-Jacke<br />
aus Aluminium gegossen zu sein. Das sind nur<br />
einige der Arbeiten, die den Spaziergang rund<br />
ums Haus so anregend machen.<br />
Uli Sigg begleitet uns persönlich und erzählt,<br />
wie alles kam. Als junger Offizier hatte er mit seiner<br />
Kompanie in den späten 1960er-Jahren den<br />
Übungsauftrag zur Landnahme des Schlosses<br />
Mauensee erhalten und schon damals war er begeistert<br />
von dem Anwesen. Als es dann etliche<br />
Jahrzehnte später zum Verkauf stand, schlug Sigg<br />
zu. Das Haus war in desolatem Zustand, doch<br />
davon ist heute nichts mehr zu erahnen.<br />
Die große Eingangstür führt in eine holzgetäfelte<br />
Halle. Kunst, wohin das Auge blickt. Am<br />
Fensterbrett eine Keramik, an den Wänden Ölbilder,<br />
da und dort Skulpturen aus Holz, aus<br />
Stein, aus Wachs, aus Silikon, und zu jeder der<br />
Arbeiten kann Uli Sigg eine Geschichte erzählen.<br />
Tian Wei, der in seinen Arbeiten die Erfahrungen<br />
mit chinesischer Kalligrafie und dem<br />
amerikanischen Abstrakten Expressionismus verbindet,<br />
Chen Ke, die Künstlerin, die in beinahe<br />
jedem ihrer comicartigen Gemälde ein stupsnasiges<br />
Mädchen vorkommen lässt, Shi Jinsong, der<br />
im Bereich der Plastik arbeitet und eine breite<br />
Palette traditioneller Techniken einsetzt, oder<br />
Li Shan, der Künstler, der sich der konsequenten<br />
Beobachtung, Erforschung und Reflexion<br />
der Gentechnologie, des menschlichen und tierischen<br />
Lebens und Wesens durch künstlerische<br />
Produktion annähert – sie alle und viele, viele<br />
mehr kennt Uli Sigg persönlich, er besucht sie<br />
in ihren Ateliers, kauft ihre Arbeiten und fördert<br />
sie auf vielfältige Weise.<br />
„Meine Sammlung erzählt die Storyline der<br />
chinesischen Kunst seit den 1970er-Jahren“,<br />
sagt Uli Sigg. Das offizielle China hatte in den<br />
1980er-Jahren, als Sigg von der Firma Schindler<br />
nach China geschickt worden war, um dort das<br />
allererste Joint Venture zwischen einem westlichen<br />
und einem chinesischen Unternehmen<br />
einzufädeln, die zeitgenössischen heimischen<br />
Künstler noch gar nicht zu sammeln begonnen.<br />
Sigg hat sich diese „frei gewählte Mission“, wie er<br />
PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9 75
Sammlung<br />
augenzwinkernd sagt, auferlegt und begonnen,<br />
systematisch vorzugehen. Was ihn damals wie<br />
heute beeindruckt, kann er klar benennen: Die<br />
meisten chinesischen Künstler haben eine solide<br />
akademische Ausbildung, wobei ihre handwerklichen<br />
Fähigkeiten ganz besonders gefördert<br />
werden. Und wenn dann „gute Ideen mit<br />
exzellenter Technik umgesetzt werden, ist das<br />
Produkt meist faszinierend“, sagt der Sammler.<br />
Auf dem Teppich in einem der Salons ist die<br />
Stadt Hongkong zu sehen. Uli Sigg zeigt mit<br />
Freude auf die nördlich von Hongkong gelegene<br />
Halbinsel Kowloon, die sich längst zum hippen<br />
Shopping-, Kunst- und Unterhaltungsviertel der<br />
Stadt entwickelt hat und wo im Jahr 2020 das<br />
Museum „M+“ eröffnet wird. Ein Haus für zeitgenössische<br />
Kunst, dessen Herzstück die „M+<br />
Sigg Collection“ darstellen wird. 1.500 Arbeiten<br />
aus seinem Besitz hat der Sammler den Chinesen<br />
geschenkt und sie werden im geometrisch angelegten<br />
Bau des Architekten-Duos Herzog & de<br />
Meuron ihren Ehrenplatz erhalten.<br />
Das Museum M+ in Hongkong wird auch den<br />
von Uli Sigg vor etwa 20 Jahren ins Leben gerufenen<br />
„Chinese Contemporary Art Award“ übernehmen<br />
und ihn unter dem Titel „Sigg Prize“<br />
langfristig weiterführen. Die Vergabejury wird<br />
nun von Uli Sigg gemeinsam mit dem Museum<br />
M+ besetzt. Unter den prominenten Persönlichkeiten<br />
aus seinem Kulturnetzwerk finden sich<br />
unter anderem die Direktoren des Centre Pompidou,<br />
der Tate London, der Power Station of Art<br />
in Hongkong sowie weitere bekannte Namen aus<br />
linke Seite | WANG JIN | Wang, 2007, Garten Schloss Mauensee | Foto: Karl-Heinz Hug<br />
rechte Seite | SCHLOSS MAUENSEE | Foto: Niklaus Wächter
CHINESE WHISPERS<br />
NEUE KUNST AUS DER SIGG COLLECTION<br />
bis 26. Mai 2<strong>01</strong>9<br />
MAK – ÖSTERREICHISCHES MUSEUM FÜR ANGEWANDTE KUNST/GEGENWARTSKUNST<br />
STUBENRING 5 | 1<strong>01</strong>0 WIEN | WWW.MAK.AT<br />
der zeitgenössischen Kunstszene. Das tiefe Verständnis<br />
für chinesische Gegenwartskunst ist<br />
auf Schloss Mauensee nicht zu übersehen. Viele<br />
der Arbeiten, die Uli Sigg im Laufe der letzten<br />
40 Jahre entdeckt hat, haben mit dem Wesen<br />
und der Geschichte Chinas unmittelbar zu<br />
tun. Sowohl überlieferte Techniken und immer<br />
schon verwendete Materialien als auch gedankliche<br />
Metaphern spiegeln sich in den Werken der<br />
Künstler wider. Da liegen rote Mao-Bücher aus<br />
Porzellan im Kamin, ein Ziegel aus der Verbotenen<br />
Stadt ist mit einer Dollarnote übermalt,<br />
und ein Bonsai, der mit Zwingen und Drähten<br />
in die gewohnte Form gebracht wird und Assoziationen<br />
zur Erziehungspolitik des Landes weckt,<br />
sind nur einige der Beispiele dafür.<br />
In Uli Siggs Sammlung sind etwa 500 Künstler<br />
vertreten, die er beinahe alle persönlich kennt.<br />
Diese und weitere fördert er als Mäzen, indem er<br />
seinen Einfluss geltend macht, wenn es um Ausstellungen<br />
in Museen oder Galerien geht oder<br />
auch um Auftritte bei Messen. So wurden beispielsweise<br />
1999 im erstmals geöffneten Arsenale<br />
auf der Biennale von Venedig 20 chinesische<br />
Künstler vorgestellt.<br />
77
Sammlung<br />
Die Galerienszene in Peking und Shanghai<br />
ist lebendig, dennoch ist es oft politisch unerwünscht<br />
und schwierig, zeitgenössische und mitunter<br />
regimekritische Kunst auszustellen. Viel<br />
leichter geht das in Europa, wo gerade letztes Jahr<br />
die „Chinese Whispers“ aus der Sigg Collection<br />
im Kunstmuseum und im Klee-Zentrum in Bern<br />
zu sehen waren. „In Wien zeigt man weniger von<br />
den großen Arbeiten“, bedauert Uli Sigg, das sei<br />
dem wesentlich kleineren Raumangebot im MAK<br />
geschuldet – es stehen nur 2.000 Quadratmeter<br />
Ausstellungsfläche zur Verfügung. Deshalb würden<br />
die Verantwortlichen des Hauses „eher auf<br />
die großen Namen setzen“. Dementsprechend<br />
ist ein riesiger, wie vom Himmel gefallener roter<br />
Kristallleuchter von Ai Wei Wei als Zentralobjekt<br />
zu sehen. In der MAK-Ausstellung treten<br />
die Arbeiten der Sigg Collection in Dialog mit<br />
einer korrespondierenden Auswahl historischer<br />
Objekte der MAK-Sammlung Asien aus China.<br />
Seit seiner Gründung vor über 150 Jahren setzt<br />
das MAK einen musealen Schwerpunkt auf asiatisches<br />
Kunstgewerbe aus China, Japan und Korea.<br />
Der Präsident der Volksrepublik China Xi Jinping<br />
„will sein Land ins Zentrum der Welt rücken“,<br />
konstatiert der Kenner Uli Sigg. „Zu unserer<br />
eigenen Sicherheit sollten wir mehr über<br />
China wissen“, empfindet er und hofft, dass die<br />
Österreicher sich für die Ausstellung im MAK<br />
begeistern. Denn: „Kunst ist die unmittelbarste<br />
Art, ein Land kennenzulernen – mehr als die<br />
Lektüre von hundert Büchern.“<br />
ULI SIGG | Shi Jinsong,<br />
Lack Pine Tree, 2<strong>01</strong>1<br />
Foto: Nick Hunger<br />
78 PA R NASS <strong>01</strong>/2<strong>01</strong>9
VIELEN DANK<br />
FÜR IHR INTERESSE.<br />
Hiermit endet Ihre <strong>PARNASS</strong>-<strong>Leseprobe</strong>.<br />
Auf Wunsch lassen wir Ihnen gerne<br />
unser Magazin zukommen.