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SIEBEN: Juli/August 2019

Tipps für Tag- und Nachtschwärmer!

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10 Jubiläum<br />

1929–<strong>2019</strong>: 90 Jahre Tischlerei Wagner in Kaierde<br />

Tischlerhandwerk in vier Generationen<br />

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Im Jahr 1929 eröffnete Karl Wagner in Kaierde eine Bau-und Möbeltischlerei. Robert Wagner führte<br />

ab 1952 den kleinen Betrieb weiter und übergab ihn zum 50-jährigen Jubiläum an seinen Sohn<br />

Hans-Albert. Benjamin leitet den Traditionsbetrieb seit 2015 erfolgreich in nunmehr<br />

vierter Generation .<br />

Es ist Jubiläum und so wird in Archivmaterial geblättert,<br />

ungeordnet - aber kaum etwas geht verloren:<br />

Links: vier Generationen Wagner stolz auf dem Sofa zum<br />

Gruppenbild. Daneben die Rechnung des Motorrads - aus<br />

Anlass der Arbeitsaufnahme in Grünenplan gekauft.<br />

Oben: eine Preistabelle der Gandersheimer Tischlerinnung<br />

aus 1934.<br />

Karl Wagner wurde am 30. <strong>August</strong><br />

1888 in Wolferstedt im Kreis Apolda<br />

geboren. Nach seiner Schulzeit<br />

absolvierte er von April 1903 bis März<br />

1906 eine Tischlerlehre in Holdenstedt.<br />

Damals musste für eine Lehrstelle<br />

noch gezahlt werden. Also gab<br />

sein Vater monatlich Lehrgeld an den<br />

Meister, um seinem Sohn eine Ausbildung<br />

zu ermöglichen.<br />

Wie zu der Zeit üblich, ging dieser -<br />

nach erfolgreich abgeschlossener<br />

Lehre - 1906 drei Jahre lang auf Wanderschaft,<br />

um in anderen Werkstätten<br />

Erfahrungen zu sammeln.<br />

In seinem Gesellenbrief werden<br />

ihm Kenntnisse in vielen Bereichen<br />

bescheinigt: Bau von Fenstern, Türen<br />

und Treppen, Möbelbau, Fußbodenlegen,<br />

Anschlagen, Beizen, Polieren -<br />

aber durchaus auch landwirtschaftliche<br />

Fertigkeiten.<br />

Doch am Ende seiner Wanderschaft<br />

im Jahr 1909 fand er keine Arbeit, und<br />

so meldete er sich auf dem Arbeitsamt<br />

in Hannover. Dort traf er den<br />

Tischlermeister Reichard aus Kaierde,<br />

der seinerseits gerade Arbeitskräfte<br />

suchte. Karl wurde schnell mit<br />

ihm einig, kam so nach Kaierde - und<br />

blieb, da er dort auch seine Liebe<br />

fand: Karoline (Line) Bornemann.<br />

Selbstständigkeit oder Anstellung?<br />

Bei Tischler Reichard war er bis zur<br />

Mobilmachung für den Ersten Weltkrieg<br />

1914 beschäftigt und kehrte<br />

auch nach dem Krieg 1918 zunächst<br />

dorthin zurück.<br />

Er konnte sich finanziell verbessern,<br />

als er anschließend bei der Maschinen-<br />

und Fahrzeug-Fabrik Alfeld-Delligsen<br />

AG arbeitete. Im April 1929<br />

wagte er den Sprung in die Selbstständigkeit,<br />

wie Aufzeichnungen in<br />

alten Geschäftsbüchern der Tischlerei<br />

Wagner belegen. Allerdings werden<br />

die Eintragungen in den folgenden<br />

Jahren weniger und enden vorläufig<br />

1937.<br />

Mobil bleiben<br />

Im gleichen Jahr wurde mit einer<br />

200er NSU ein Motorrad angeschafft,<br />

das laut Originalrechnung immerhin<br />

stolze 500 RM kostete. Karl musste<br />

mobil werden, da er ab 1937 als Tischler<br />

im Baugeschäft Wilhelm Gille in<br />

Grünenplan beschäftigt war und von<br />

1938-1946 bei der Deutschen Spiegelglas<br />

AG.<br />

Sohn Robert Wagner lernte das<br />

Tischlerhandwerk von 1933 bis 1937<br />

bei Meister <strong>August</strong> Wiegering in<br />

Delligsen, damals betrug die Lehrzeit<br />

noch vier Jahre. Als Geselle war er<br />

dann einige Zeit in Grünenplan in der<br />

Zimmerei Erich Bock tätig, wurde im<br />

Arbeitsdienst als Einschaler am Atlantikwall<br />

verpflichtet, und kam von dort<br />

übergangslos an die Front. Erst 10<br />

Jahre später kehrte er 1947 aus russischer<br />

Gefangenschaft zurück.<br />

Die Zeit des Wiederaufbaus<br />

1948 heiratete Robert seine Inge<br />

Schlue. Im Jahr darauf wurde Hans-Albert<br />

Wagner geboren.<br />

Es war die Zeit des Wiederaufbaus<br />

nach dem Krieg und Robert Wagner<br />

arbeitete zu dieser Zeit in einer großen<br />

Tischlerei in Hannover.<br />

1952 übernahm er den damals<br />

noch sehr kleinen Betrieb von seinem<br />

Vater, den dieser trotz anderer<br />

Beschäftigungen nie aufgegeben<br />

hatte. Er schaffte die ersten Maschinen<br />

an und baute den Betrieb aus.<br />

1954 legte Robert vor der Handwerkskammer<br />

Braunschweig die Meisterprüfung<br />

ab.<br />

Möbeltischlerei<br />

In den 1950er Jahren wurden in der<br />

Tischlerei hauptsächlich Möbel angefertigt<br />

und instand gesetzt. Dazu<br />

gehörten z. B. Küchen, bestehend aus<br />

einem Buffet (heute: Küchenschrank),<br />

Stühlen, einem Tisch mit integrierten<br />

Abwaschschüsseln, einer Eimerbank<br />

(es gab noch nicht in allen Häuser fließend<br />

Wasser) und dem obligatorischen<br />

Holzkasten für das Brennholz.<br />

Ebenfalls gefertigt wurden Schlafzimmer<br />

in furnierter und massiver Ausführung,<br />

einschließlich der damals<br />

sehr beliebten Frisierkommoden mit<br />

dreiteiligen Spiegeln. Einige der von<br />

der Tischlerei Wagner angefertigten<br />

Stücke werden von ihren Besitzern<br />

mit dem Erinnern an Robert noch<br />

heute stolz gezeigt.<br />

Bautischlerei<br />

Mit der leichten Verfügbarkeit industriell<br />

hergestellter Möbel ging dieser<br />

Fertigungszweig aber immer mehr<br />

zurück. Entsprechend verlagerte sich<br />

der Schwerpunkt der Arbeit auf die<br />

Bautischlerei. Zum einen bedingt<br />

durch den einsetzenden Siedlungsund<br />

Neubau, zum anderen dadurch,<br />

dass immer häufiger Kunden die neuen<br />

und modernen sprossenlosen<br />

Fenster mit nur einer großen Scheibe<br />

haben wollten, wurden nun zunehmend<br />

Türen und Fenster gebaut.<br />

Generationswechsel zum 50.

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