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Gummersbacher Stadt-Magazin - Juli 2019

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MAGAZIN<br />

Rechtsvon<br />

Rechtsanwälten Jost, Strombach & Beer, Gummersbach<br />

Oftmals übertragen Eltern ihren Grundbesitz aus unterschiedlichen Gründen bereits<br />

zu Lebzeiten auf ihre Abkömmlinge und behalten sich als einzige Gegenleistung<br />

ein unentgeltliches lebenslanges Wohnungsrecht vor. Eine entsprechende<br />

Übertragung und die sich daran anschließenden Folgen lagen der Entscheidung des<br />

BGH vom 17.04.2018 – X ZR 65/17 – zugrunde:<br />

Eine Tochter hatte von ihren Eltern 1995 das Eigentum an einem Hausgrundstück<br />

erhalten gegen Einräumung eines unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsrechts<br />

zu Gunsten beider Eltern. Die Eltern verzichteten 2003 auf das Wohnungsrecht<br />

und bewilligten die Löschung im Grundbuch. Fortan hatte die Tochter die Wohnung<br />

gegen eine Kaltmiete von 340,00 € an die Mutter vermietet. 2010 verstarb der Vater.<br />

Nachdem die Mutter pflegebedürftig geworden war, lebte sie seit August 2012<br />

in einer Alten- und Pflegeeinrichtung. Die von ihr zuvor bewohnte Wohnung stand<br />

zunächst leer, ab September 2013 wurde sie von der Tochter für eine Kaltmiete<br />

von monatlich 360,00 € vermietet. Der klagende Landkreis leistete in der Zeit von<br />

2012 bis zum Tod der Mutter im März 2015 Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt<br />

22.248,37 €. In dieser Höhe nahm der Landkreis die Tochter aus übergeleitetem<br />

Recht in Anspruch. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht<br />

hatte auf Berufung des Landkreises hin die Tochter verurteilt, einen geringeren<br />

Betrag nebst Zinsen zu zahlen. Mit der vom Oberlandesgericht zur Höhe des<br />

Rückforderungsanspruchs zugelassenen Revision hat der Landkreis den abgewiesenen<br />

Teil seiner Klageforderung vorläufig erfolgreich weiterverfolgt.<br />

Der BGH (aaO.) weist in seiner Entscheidung zunächst allgemein darauf hin, dass<br />

der in § 528 BGB geregelte Rückforderungsanspruch bezwecke, den Schenker vor<br />

einer wirtschaftlichen Notlage zu bewahren, solange der Beschenkte durch das Geschenk<br />

weiterhin bereichert sei.<br />

Genauso wie die Einrede aus § 519 BGB solle bei § 528 BGB keine Notlage des<br />

Schenkers entstehen oder fortbestehen, während der Beschenkte durch das Geschenk<br />

ohne Gegenleistung weiter bereichert sei. Der Freigiebigkeit des Schenkers<br />

solle eine für ihn auskömmliche Vermögenslage zugrunde liegen. Falle diese Vermögenslage<br />

innerhalb von 10 Jahren weg (§ 529 Abs. 1 Alt. 3 BGB), während der<br />

Beschenkte noch bereichert sei, sei die Bereicherung herauszugeben, um die wirtschaftliche<br />

Notlage des Schenkers auszugleichen.<br />

Mit dem Rückforderungsanspruch gelte es, die Vermögenslage des Beschenkten<br />

so aus der Notlage zu führen, als hätte es das Geschenk nicht gegeben. Zur Bestimmung<br />

des Umfangs des Herausgabeanspruchs gemäß § 528 Abs. 1 S. 1 BGB<br />

sei deshalb eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Herauszugeben sei<br />

nicht nur der ursprünglich geschenkte Gegenstand. Bei einem wirtschaftlich nutzbaren<br />

Gegenstand, der das Vermögen des Beschenkten nicht nur mit dem Wert dieses<br />

Gegenstands, sondern auch mit der Möglichkeit bereichere, Nutzungen daraus<br />

zu ziehen, seien vielmehr auch die gezogenen Nutzungen herauszugeben.<br />

Soweit die Herausgabe des geschenkten Gegenstandes – hier der Verzicht auf das<br />

Wohnungsrecht – selbst nicht möglich und stattdessen gemäß § 818 Abs. 2 BGB<br />

dessen Wert zu ersetzen sei, komme es für die Anspruchshöhe auf den objektiven<br />

Wert dieses Gegenstands an. Maßgeblich sei im Zweifel der Verkehrswert. Bei<br />

Verzicht auf ein Wohnungsrecht sei deshalb die hierdurch eintretende Erhöhung<br />

des Verkehrswerts des Grundstücks auszugleichen. Dieser Wert finde in der für<br />

einen solchen Verzicht am Markt üblichen Gegenleistung seinen Ausdruck. Für die<br />

Ermittlung des Wertes des Geschenks sei der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der<br />

Rückforderungsanspruch des Schenkers entstehe, denn der Umfang des zu ersetzenden<br />

Werts könne nicht über den Wert hinausgehen, den das Geschenk selbst zu<br />

dem Zeitpunkt habe, zu dem eine Rückgabe geschuldet wäre.<br />

Übertragen auf den zur Entscheidung anstehenden Fall führt der BGH weiter aus,<br />

dass die Tochter durch die Schenkung ein lastenfreies Grundstück anstelle des bis<br />

dahin mit dem Wohnungsrecht belasteten erhalten habe, wodurch sich der Grundstückswert<br />

erhöht habe. Der im August 2012 noch vorhandene Betrag dieser Erhöhung<br />

bilde den Wert des Geschenks und damit die Obergrenze des Rückforderungsanspruchs<br />

nach § 528 BGB. Ohne Belang sei, dass das Wohnungsrecht der Tochter<br />

mit dem Tod ihrer Mutter ohnehin zugeflossen wäre. Denn der Wert eines bebauten<br />

Grundstücks werde auch durch den Wert seiner Nutzbarkeit über die Zeit bestimmt.<br />

Es sei daher darauf abzustellen, in welcher Höhe der Grundstückswert durch den<br />

Verzicht auf den Wohnungswert objektiv erhöht worden sei. Dieser Anspruch sei<br />

nicht auf die von der Tochter von 2013 bis 2015 erwirtschafteten Mietüberschüsse<br />

beschränkt, sondern nach dem Wertzuwachs des Grundstücks zu bemessen, der<br />

2012 noch aus dem 2003 eingetretenen Wegfall der dinglichen Belastung mit dem<br />

Wohnungsrecht fortbestanden habe. Unerheblich sei, in welcher Weise und welchem<br />

Umfang der Grundstückseigentümer die ihm zugeflossene Werterhöhung<br />

mit Tipps und<br />

Informationen<br />

rund um Ihr gutes Recht<br />

Zum Rückforderungsrecht des verarmten Schenkers<br />

Rechtsanwältin Karin Beer, Fachanwältin für Erbrecht, Fachanwältin für Familienrecht<br />

„realisiert“ habe. Vor diesem Hintergrund spiele es auch keine Rolle, ob die Tochter<br />

das Haus selbst genutzt, vermietet oder habe leer stehen lassen.<br />

Die Nutzungen, die die Tochter bereits seit der Schenkung aus dem Geschenk gezogen<br />

habe, also die Einkünfte aus der Vermietung der vormals dem Wohnungsrecht<br />

unterliegen-den Wohnung, seien herauszugeben. Insoweit sei aber zu ermitteln, ob<br />

diese Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB bis zu dem maßgeblichen Zeitpunkt<br />

noch bestehe oder weggefallen sei.<br />

Mit dieser Begründung hob der BGH das Berufungsurteil auf, soweit dieses zum<br />

Nachteil des Landkreises erkannt hatte und verwies die Sache an das Berufungsgericht<br />

zurück. Es dürfe nicht aus dem jährlichen, von der Mutter an die Tochter<br />

gezahlten Mietzins von 4.080,00 € und der statistischen Lebenserwartung der<br />

Mutter ein die Klageforderung deutlich übersteigender Wert der Schenkung abgeleitet<br />

werden. Um den Wert der Zuwendung zu ermitteln, müssten vielmehr die auf<br />

das Wohnungsrecht und seine zu erwartende Dauer bezogenen Daten in Relation<br />

zu den für die Bewertung des Grundstücks insgesamt maßgeblichen Zahlen gesetzt<br />

werden. Die hierzu erforderlichen Feststellungen zum Grundstückswert seien<br />

bislang nicht getroffen worden. Es sei auch noch nicht erörtert worden, ob die Tochter<br />

nicht möglicherweise entreichert sei. .<br />

Die Entscheidung ist für die Praxis außerordentlich relevant. Es wird festgehalten,<br />

dass der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks nach §§ 528 Abs. 1 S. 1, 812<br />

BGB lediglich in dem Umfang besteht, in dem der Schenkungsgegenstand erforderlich<br />

ist, um den angemessenen Unterhalt des Schenkers zu decken. Bei einem nicht<br />

teilbaren Geschenk, wie einem Grundstück oder dem Verzicht auf ein Wohnrecht,<br />

ist dieser Anspruch von vornherein auf die wiederkehrende Zahlung eines der jeweiligen<br />

Bedürftigkeit des Schenkers entsprechenden Wertanteils gerichtet, bis der<br />

Wert des Geschenks erschöpft ist.<br />

Mitglied der<br />

Jost, Strombach & Beer<br />

Rechtsanwälte<br />

Kanzleien<br />

Gummersbach<br />

Nümbrecht<br />

Moltkestr. 21 Langenbacher Str. 22<br />

D-51643 Gummersbach D-51588 Nümbrecht<br />

Tel. +49-2261-2909-0<br />

Fax +49-2261-2909-10<br />

e-mail: info@jostrobe.de<br />

www.jostrobe.de<br />

Rechtsanwalt Manfred Jost (bis 01.01.2008)<br />

®<br />

Rechtsanwalt Ulrich Strombach (bis 01.01.2016)<br />

Rechtsanwältin Karin Beer:<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Erbrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Arzthaftungsrecht, Erbrecht, Zivilrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Strafrecht, Versicherungsrecht<br />

Rechtsanwalt Matthias Faulenbach:<br />

Fachanwalt für Familienrecht<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Familienrecht, Mietrecht, Straßenverkehrsrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Strafrecht, Nachbarrecht<br />

Rechtsanwalt Torsten Strombach:<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Fachanwalt für Sozialrecht<br />

Fachanwalt für Medizinrecht<br />

Tätigkeitsschwerpunkte: Baurecht, Arbeitsrecht, Handelsrecht<br />

Interessenschwerpunkte: Internetrecht, Verwaltungsrecht

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