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KRGB Rundbrief 2019/1

GRUND -> RICHTUNG: Zukunft des Religionsunterrichts mitgestalten Dokumentation von Landestagung und Festakt 2018 in Münsterschwarzach zum 120-jährigen Jubiläum des KRGB

GRUND -> RICHTUNG: Zukunft des Religionsunterrichts mitgestalten
Dokumentation von Landestagung und Festakt 2018 in Münsterschwarzach zum 120-jährigen Jubiläum des KRGB

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GRUNDRICHTUNG – Zukunft des Religionsunterrichts mitgestalten<br />

DOKUMENTATION<br />

Vortrag von Prof. Dr. Claudia Gärtner<br />

»Der Religionsunterricht in der<br />

Bundesrepublik Deutschland«<br />

Der Beschluss der Würzburger Synode – Grund und<br />

Richtung unseres Religionsunterrichts.<br />

In ihrem Eröffnungsvortrag hob Prof. Dr. Claudia Gärtner<br />

unter dem Stichwort „Totgesagte leben länger“ die<br />

Bedeutung der Korrelationsdidaktik hervor, insofern als<br />

Korrelation eine Grundkonstante der Theologie darstellt,<br />

alteritätssensible Erfahrung ermöglicht und<br />

Grundstruktur der menschlichen Erkenntnis ist. Vor dem<br />

Hintergrund dieser Neubesinnung auf die bleibende<br />

Bedeutung der Korrelationsdidaktik entwickelte Prof. Dr.<br />

Gärtner Fachlichkeit und Relevanz als Säulen eines<br />

Religionsunterrichts, der im Würzburger<br />

Synodenbeschluss „Der Religionsunterricht in der Schule“<br />

relevante und immer noch aktuelle Herausforderungen zu<br />

finden vermag.<br />

Mit ihrem Bonmot „Sie tun täglich die Dinge, über die ich<br />

nachdenke“ gewann Prof. Dr. Gärtner die Aufmerksamkeit<br />

der ihr Zuhörenden, die teilweise ja erst nach einem<br />

Unterrichtstag angereist waren. Zum Einstieg zeigte sie die<br />

Frage nach der konzeptionellen Ausrichtung des RU durch<br />

drei Filme aus dem Schülerwettbewerb „Feier Deinen<br />

Religionsunterricht“ der dkv-Kampagne #daRUm! auf, die<br />

tiefe Einblicke in die Legitimierung und das Verständnis des<br />

RU ermöglichten. Inwiefern mit diesem Titel eher fragliche<br />

Vorstellungen des Religionsunterrichts-Ichs der Schülerinnen<br />

und Schüler befördert werden, wurde nur angedeutet.<br />

Konkret unterschieden sich die Filme sehr stark:<br />

Prof. Dr. Gärtner während ihres Vortrags –<br />

Foto: B. Münch<br />

Im ersten Film wurde der RU als Lebenshilfe dargestellt,<br />

womit eine weitgehende Ausblendung der Gottesfrage und<br />

Glaubenstradition einherging und somit eine funktionale<br />

Begründung des RU erfolgte. Film 2 stellte wie viele<br />

Wettbewerbsbeiträge den Glauben im Alltag und die<br />

traditionellen vier Grundvollzüge der Kirche in den<br />

Mittelpunkt, wodurch nicht die Frage „Was ist guter RU?“<br />

beantwortet, sondern die Frage nach den Erwartungen der<br />

Schülerinnen und Schüler an einen guten RU gestellt wurde.<br />

Film 3 ging mit seinem „Vorher-/Nachher“-Schnitt zwischen<br />

wörtlicher und historisch-kritischer Exegese unverstellt der<br />

Frage nach dem Umgang mit der Bibel nach und zeigte somit<br />

auf, dass der Religionsunterricht<br />

• legitimationsbedürftig ist,<br />

• in Abgrenzung zu Gebet, Liturgie und<br />

• in Abgrenzung zu einem Katechismusunterricht dazu<br />

• als wissenschaftlich fundierter RU (Bibel, Gottesfrage<br />

etc.) erfolgen<br />

• sowie Raum für freie Meinung, Diskussion, Glaubensfreiheit,<br />

Spaß ermöglichen muss!<br />

Wie also gehen gesellschaftliche Legitimation, fachliche<br />

(wissenschaftliche) Ansprüche, religiöse Traditionen und<br />

Bedürfnisse der Lernenden nach Diskussion, Spaß und<br />

Entspannung zusammen?<br />

Als Problemaufriss ergibt sich folglich:<br />

• Abgrenzung zu Katechese ⇔ Einführung in Glauben<br />

• Orientierung an Fachwissenschaft Theologie ⇔<br />

Interessen der Schülerinnen und Schüler<br />

• freie Diskussion ⇔ konfessorische Dimension<br />

• funktionaler Beitrag für Gesellschaft ⇔ Kritik an bzw.<br />

Inspiration für Gesellschaft.<br />

Somit stellten sich die grundsätzlichen Fragen:<br />

Welche konzeptionelle Ausrichtung von RU ist<br />

gegenwartsrelevant und zukunftsfähig?<br />

<br />

Was ergibt ein Blick in die Geschichte mit diesem<br />

Erkenntnisinteresse?<br />

Zur Geschichte des Religionsunterrichts in Deutschland, der<br />

dort seit der Reformation nur als res mixta vorstellbar ist,<br />

stellte Prof. Dr. Gärtner einige entscheidende Linien dar:<br />

• den Weg von der Konfessionalisierung auf katholischer<br />

Seite v. a. im 16./17. Jh. über die geistliche Schulaufsicht<br />

ab dem 18. Jh. zum staatlichen Aufsichtsrecht im GG von<br />

1949<br />

• die konfessionelle Vielfalt als Problem unter den<br />

Bedingungen allgemeiner Schulpflicht im 19. Jh. sowie<br />

die Problematik einer unzeitgemäßen Didaktik schon ab<br />

dem 19. Jh.<br />

• die auch in dieser Hinsicht prägende Weimarer<br />

Reichsverfassung von 1919 mit ihrer Kompromissformel<br />

zum ordentlichen Schulfach RU<br />

• Bemerkenswert dabei ist, dass im Gegensatz zu aktuellen<br />

Erhebungen schon spätestens um 1900 Klagen<br />

über den bei Schülerinnen und Schülern unbeliebten RU<br />

laut wurden, wodurch der konfessionelle RU massiv<br />

unter Druck kam.<br />

Wenig verwunderlich führte der historische Exkurs zur<br />

Würzburger Synode (1971–1975). Hier aber überraschte die<br />

Referentin ihre Zuhörenden, indem sie zunächst auf das<br />

Arbeitspapier „Das katechetische Wirken der Kirche“ (1974)<br />

Bezug nahm, das „Katechese“ als Verkündigung des<br />

Glaubens in vielen Dimensionen auffasst und von dieser<br />

Überlegung her einerseits die Katechese klar aus dem Raum<br />

der Schule herausnimmt (Wirken A 3.6), andererseits aber<br />

vor einer Gegenüberstellung von Katechese und RU warnt<br />

(Wirken A 5).<br />

Der Synodenbeschluss „Der Religionsunterricht in der<br />

Schule“ (1974) begründet bekanntlich religiöse Bildung an<br />

<strong>KRGB</strong>-<strong>Rundbrief</strong> 1/<strong>2019</strong> | www.<strong>KRGB</strong>.de<br />

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