Ausgabe 187
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>187</strong> / 07. 08. 2019<br />
Österreich, Europa und die Welt<br />
14<br />
der uns bewegt und zur Auseinandersetzung<br />
zwingt. Er ist ein Autor, der es versteht ge -<br />
sellschaftliche Debatten vom Zaun zu brechen.<br />
Wäre dies sein einziges Verdienst, in sei -<br />
nen Romanen unsere Gegenwart zur Kenntlichkeit<br />
überspitzt, übertrieben und zu Ende<br />
gedacht zu haben, so hätte er allein dafür<br />
die sen Preis mehr als verdient“, sagte Schallenberg<br />
abschließend.<br />
Fotos: BKA / Andy Wenzel<br />
Alexander Schallenberg überreicht in Brüssel das Große Silberne Ehrenzeichen mit Stern für<br />
Verdienste um die Republik Österreich an Botschafter Thomas Mayr-Hartingin<br />
Österreichischer Staatspreis<br />
für Europäische Literatur<br />
„Der Sinn und Zweck des Österreichischen<br />
Staatspreises für Europäische Literatur ist es,<br />
ganz besondere schriftstellerische Persönlichkeiten<br />
auszuzeichnen. Seine Absicht war<br />
und ist es, nicht nur die Schöpfer bedeutender<br />
literarischer Werke zu würdigen, sondern<br />
auch einen Beitrag zur kulturellen Verständigung<br />
und zum kulturellen Austausch in Eu -<br />
ropa zu leisten. Dies ist eine Zielsetzung, die<br />
nie an Gültigkeit verliert. Ich gratuliere Mi -<br />
chel Houellebecq sehr herzlich“, sagte<br />
Kunst- und Kulturminister Alexander Schallenberg<br />
in seiner Rede anläßlich der Verleihung<br />
des Österreichischen Staatspreises für<br />
Europäische Literatur 2019 an den französischen<br />
Schriftsteller Michel Houellebecq im<br />
Solitär der Universität Mozarteum Salzburg.<br />
„In einer herausfordernden Zeit wie dieser,<br />
in der unser europäisches Lebensmodell<br />
im Inneren sowie im Äußeren unter zunehmendem<br />
Druck steht und zum Teil von anderen<br />
Gesellschaftsmodellen herausgefordert<br />
wird, braucht es Vordenker und Mitdenker“,<br />
so Schallenberg. Es benötige gewissermaßen<br />
Forensiker der Gesellschaft, die den Menschen<br />
auf ihre Art vor Augen führen, daß<br />
nichts selbstverständlich sei. Keine Generation<br />
könne sich einfach ausruhen, sie müsse<br />
um den Erhalt ihrer Werte kämpfen. Gerade<br />
hier kämen Autoren wie Michel Houellebecq<br />
ins Spiel.<br />
Nicht alles, was Michel Houellebecq<br />
schreibe, würde immer und jeder Person ge -<br />
fallen. Aber das solle es auch nicht. Schallenberg<br />
betonte, daß dessen Werke „zum<br />
Nachdenken, zur Reflexion und Selbstreflexion<br />
anregen sollen. Unerbittlich, klar, kompromisslos,<br />
nüchtern und manchmal ernüchternd<br />
nimmt sich Michel Houellebecq in seinen<br />
Romanen und Essays jener Themen an,<br />
die uns bewegen. Themen wie Biotechnologie,<br />
der Traum vom ewigen Leben, politischer<br />
Radikalismus und Terror, Erotik und<br />
Massentourismus, die Auswirkungen von<br />
Turbokapitalismus, Entsolidarisierung und<br />
Vereinzelung.“ Seine Werke hätten wesentlich<br />
zur Erweiterung der literarischen Weltwahrnehmung<br />
beigetragen.<br />
„Michel Houellebecq ist ein Schriftsteller,<br />
der niemanden kalt läßt, ein Romancier,<br />
Der Österreichische Staatspreis<br />
für Europäische Literatur<br />
Der Österreichische Staatspreis für Europäische<br />
Literatur wird jedes Jahr für das literarische<br />
Gesamtwerk einer europäischen<br />
Autorin beziehungsweise eines europäischen<br />
Autors verliehen, das international<br />
besondere Beachtung gefunden hat. Das<br />
Werk muß auch in deutschsprachiger Übersetzung<br />
vorliegen, der Preis ist mit 25 000<br />
Euro dotiert. Zuletzt erhielten Patrick Modiano<br />
(2012), John Banville (2013), Ljudmila<br />
Ulitzkaja (2014), Mircea Cărtărescu (2015),<br />
Andrzej Stasiuk (2016), Karl Ove Knausgård<br />
(2017) und Zadie Smith (2018) diese<br />
Auszeichnung.<br />
Die Begründung der Jury<br />
Die Jury begründete die Wahl wie folgt:<br />
„Als Schöpfer eines höchst eigenwilligen<br />
literarischen Werks ist Michel Houellebecq<br />
eine der einflußreichsten Stimmen der europäischen<br />
Gegenwartsliteratur. Seine Texte<br />
verraten ein besonderes Sensorium für Fragen<br />
von gesellschaftlicher Sprengkraft,<br />
wobei er den Konjunkturen des Feuilletons<br />
stets vorausgeeilt ist – ob es um die moderne<br />
Arbeitsrealität geht, die Möglichkeiten und<br />
Gefahren der Gentechnik, die Erscheinungsformen<br />
des religiösen Fanatismus, die Kehrseite<br />
der sogenannten sexuellen Revolution<br />
(ein Monopolkapitalismus des Sex) oder den<br />
Verfall des ländlichen Raumes. Die zum Teil<br />
extrem provokanten Diagnosen Houellebecqs<br />
setzen jene Übertreibungskunst fort,<br />
die in der Literatur des 20. Jahrhunderts die<br />
Grenzen zwischen Biografie und Werk,<br />
Kunst und Leben systematisch überschritten<br />
hat. Seine drastischen Plots verblüffen durch<br />
krasse Überzeichnungen, verquere Peripetien<br />
und sprachlichen (Wahn)Witz; der enttäuschte<br />
Idealismus seiner gebeutelten, Helden<br />
schlägt in grellen Zynismus um. Die<br />
Auszeichnung gilt einem Werk, das das verstörende<br />
Potenzial von Literatur exemplarisch<br />
zeigt und weitaus komplexer ist als die<br />
medialen Debatten, die sein Autor mitangefacht<br />
hat.“<br />
https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Houellebecq<br />
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