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recke:in - Das Magazin der Graf Recke Stiftung Ausgabe 4/2016

In unserer Weihnachtsausgabe stellen wir, wie jedes Jahr, Menschen in den Mittelpunkt, bei denen sich 2016 etwas bewegt hat.

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8 <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

Nikolaus Schnei<strong>der</strong> lehnt das Töten als<br />

Dienstleistung <strong>der</strong> Gesellschaft ab.<br />

Thilo Boer will nicht beurteilen,<br />

wann e<strong>in</strong> Leben unerträglich ist.<br />

»<strong>Das</strong> Töten als Ausweg, das kann e<strong>in</strong>er für<br />

sich sagen, da würde ich nicht den Stab darüber<br />

brechen. Aber das Töten als Dienstleistung<br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft, das kann nicht<br />

die Lösung se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> es nicht<br />

mehr bei sich aushält und nicht mehr kann,<br />

hat e<strong>in</strong> Recht auf ärztliche Beratung, dass er<br />

se<strong>in</strong> Leben beendet, ohne dass es zur Tortur<br />

wird – aus dem Vertrauensverhältnis, das<br />

er durch die lange Begleitung zu ihm aufgebaut<br />

hat.«<br />

Nikolaus Schnei<strong>der</strong><br />

»Wir reden ganz häufig vom selbstbestimmten<br />

Leben und Sterben – da gibt es ja Grenzen,<br />

so autark s<strong>in</strong>d wir ja gar nicht, wir s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>gebunden <strong>in</strong> familiäre, <strong>in</strong> soziale und alle<br />

möglichen Systeme, und erfahrungsgemäß<br />

hängen wir an unserem Leben und wollen<br />

auch, dass Menschen, zu denen wir e<strong>in</strong>en<br />

Bezug haben, zufrieden und glücklich s<strong>in</strong>d.<br />

Und vielleicht kommen wir dann auch unter<br />

Druck und erforschen nicht mehr unseren<br />

eigenen Willen o<strong>der</strong> Wunsch zu gehen o<strong>der</strong><br />

zu bleiben, son<strong>der</strong>n wollen nur ke<strong>in</strong>em zur<br />

Last fallen und nicht im Weg stehen.«<br />

Birgit Kleekamp, Leiter<strong>in</strong> <strong>der</strong> beiden<br />

Düsseldorfer Pflegee<strong>in</strong>richtungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Graf</strong> <strong>Recke</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

»Wenn e<strong>in</strong> Mensch sagt, ich leide unerträglich,<br />

wer b<strong>in</strong> dann ich, dass ich sage: Ne<strong>in</strong>,<br />

ich glaube, Sie nicht?«<br />

Thilo Boer<br />

»Wichtig ist, dass solche Überlegungen<br />

immer wie<strong>der</strong> auf den Prüfstand gestellt<br />

werden, dann können sie handlungsleitend<br />

se<strong>in</strong>. Da, wo Verfügungen s<strong>in</strong>d, ist es immer<br />

E<strong>in</strong>leitende Worte von Professor L<strong>in</strong><strong>der</strong>haus.<br />

e<strong>in</strong>e Hilfe, als wenn man gar nicht weiß,<br />

was <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e vielleicht wollen könnte.<br />

Und trotzdem müssen wir uns damit ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen<br />

als die Menschen, die begleiten,<br />

weil nicht alles das, was e<strong>in</strong> Mensch<br />

sich vorher überlegt hat, immer mit den<br />

eigenen Überlegungen konform ist. Und wir<br />

müssen uns bei aller Fachlichkeit zurückhalten<br />

mit eigenen Bewertungen. Wir als<br />

Pflegende müssen das tun, was ärztlich vorgegeben<br />

ist. Unser Handlungsspielraum ist<br />

e<strong>in</strong>geschränkt, und das ist auch gut so. Was<br />

wir versuchen ist, den Menschen nahe zu<br />

se<strong>in</strong>, dem Betroffenen, den Angehörigen,<br />

und <strong>in</strong> allererster L<strong>in</strong>ie E<strong>in</strong>samkeit l<strong>in</strong><strong>der</strong>n,<br />

Schmerzen l<strong>in</strong><strong>der</strong>n mit allem, was die Mediz<strong>in</strong><br />

zu bieten hat, alles und jeden, <strong>der</strong> an diesem<br />

Punkt helfen kann, mit <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gespräch<br />

nehmen – die Angehörigen, die Bezugspersonen,<br />

die behandelnden Ärzte, die begleitenden<br />

Pflegekräfte. Und je besser vorbereitet,<br />

und je mehr man sich ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt<br />

hat mit diesen Möglichkeiten, umso<br />

eher wird das ausgehalten und mitgetragen.<br />

Je unvorbereiteter Menschen <strong>in</strong> solche Situationen<br />

geraten, umso hektischer s<strong>in</strong>d die<br />

Entscheidungen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht zum<br />

Wohle desjenigen, <strong>der</strong> da stirbt, dann ist es<br />

eher e<strong>in</strong> Abwehren: Ich will diese Symptome<br />

nicht, ich will das nicht ertragen, das nicht<br />

sehen, dass jemand ke<strong>in</strong>e Luft kriegt. Und<br />

dann kommt es zu spontanen Handlungen,<br />

die nicht wirklich e<strong>in</strong> würdevolles Sterben<br />

zulassen. Es ist unser Anliegen, zu begleiten,<br />

zu beraten und Angebote zu machen.«<br />

Birgit Kleekamp<br />

»Ich habe <strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>landen erfahren,<br />

dass e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Sterbehilfebitten hier<br />

damit zu tun hat, dass Leute sehr ängstlich<br />

s<strong>in</strong>d, dass sie weiter und weiter und weiter<br />

behandelt werden. Aus me<strong>in</strong>er Sicht s<strong>in</strong>d<br />

sowohl aktive Sterbehilfe als auch das endlose<br />

Weitermachen zwei Seiten <strong>der</strong>selben<br />

Münze.«<br />

Thilo Boer<br />

»Wir haben über zehn Jahre e<strong>in</strong>en noch<br />

relativ jungen Mann begleitet, und wir<br />

haben über zehn Jahre beobachtet, wie er<br />

immer e<strong>in</strong>geschränkter wurde, und dann<br />

war er im Krankenhaus und kam zurück<br />

und es g<strong>in</strong>g h<strong>in</strong> und her. Und irgendwann<br />

gab es den Familienrat, mit dem Betroffenen<br />

selber und unter H<strong>in</strong>zuziehung des<br />

Arztes, und dann haben sie sich entschlossen:<br />

Ne<strong>in</strong>, wir wollen ke<strong>in</strong>e Krankenhause<strong>in</strong>weisung<br />

mehr, wir wollen ke<strong>in</strong>e Antibiose<br />

mehr, wir wollen, dass <strong>der</strong> Bewohner im<br />

<strong>recke</strong>: <strong>in</strong> 4/<strong>2016</strong>

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