#DNP12
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BRAUCHT NACHHALTIGE<br />
GASTRONOMIE EINEN PREIS?<br />
Interview<br />
ANDREA WEBER<br />
WIE BEEINFLUSST DAS UNSERE RESTAURANT-<br />
BESUCHE?<br />
Die Menschen setzen sich nicht zuletzt wegen der<br />
#FridaysForFuture zunehmend mit den Fragen des<br />
Klimawandels auseinander. Essen ist dabei zu einem<br />
Dreh- und Angelpunkt geworden, zum Beispiel die<br />
Frage, ob nun moderater Fleischgenuss, Rückbesinnung<br />
auf Regionalität oder Fleischverzicht der<br />
goldene Weg zum Klimaschutz ist, der auf unseren<br />
„Wer es<br />
schafft,<br />
seine<br />
Produkte<br />
und Services<br />
vor seinen<br />
Mitbewerbern<br />
im<br />
Kreislauf zu<br />
planen, der<br />
wird zu den<br />
Gewinnern<br />
gehören.“<br />
CIRCULAR ECONOMY –<br />
THE NEXT BIG THING.<br />
Autor<br />
Seit vielen Jahrzehnten kennt unsere Wirtschaftsweise<br />
nur eine Richtung: Herstellen, Verwenden,<br />
Entsorgen. Dies gilt für die Produktion, die globale<br />
Verteilung und die Verwendung von Produkten und<br />
ist ein wesentlicher Baustein unseres Wohlstands.<br />
Wenn man nur in eine Richtung denken muss, vereinfacht<br />
dies vieles. Doch wir merken immer mehr, dass<br />
es auf einem Planeten mit begrenztem Ökosystem<br />
und limitierten Ressourcen kein lineares Denken<br />
geben kann.<br />
DR. CARSTEN GERHARDT, PARTNER BEI A.T. KEARNEY IM BEREICH ENERGY AND PROCESS INDUSTRIES<br />
Dafür sind die massiven, menschengemachten<br />
Einträge in die natürliche Umwelt zu erheblich. Sie<br />
scheinen für uns in Europa (noch) weit weg wie im<br />
Falle des „Plastic-Ocean“, des Artensterbens oder<br />
des Klimawandels. Tatsächlich spüren wir die Folgen,<br />
seien es Mikroplastik im Fisch auf unseren Tellern<br />
oder die Rekordhitzen.<br />
Bisher sind die Kosten für diese externen Schäden<br />
nicht in die Wirtschaftlichkeitsrechnung eingepreist.<br />
Damit verschaffen sie der linearen Wirtschaft einen<br />
wichtigen Kostenvorteil gegenüber geschlossenen<br />
Systemen, auch wenn sich in vielen Ländern bei Glas<br />
oder der Abwasserreinigung schon das Kreislaufprinzip<br />
etabliert hat.<br />
Doch die Tage des linearen Wirtschaftens sind<br />
gezählt. Verbraucher und Regulatoren akzeptieren<br />
immer weniger, dass Kosten externalisiert werden.<br />
Unternehmen sehen sich damit auf drei Ebenen gefordert:<br />
In Bereichen, wo Umwelteinträge vermeidbar<br />
sind, wie bei größeren Plastikprodukten, ist die<br />
Umstellung über Recylingsysteme mehr eine Frage<br />
des Wollens. Bei unbeabsichtigten oder technisch<br />
schwer zu vermeidenden Umwelteinträgen, wie etwa<br />
Mikroplastik in Kosmetik oder Reifenabrieb, ist eine<br />
Umstellung deutlich diffiziler. Nahezu unmöglich<br />
scheint sie, wo Einträge ins Ökosystem gewollt sind –<br />
wie bei Pflanzenschutzmitteln.<br />
Wer es schafft, seine Produkte und Services vor<br />
seinen Mitbewerbern im Kreislauf zu planen, der<br />
wird zu den Gewinnern gehören. Denn der Druck zur<br />
Veränderung wird angesichts einer wachsenden und<br />
wohlhabenderen Weltbevölkerung weiter massiv<br />
zunehmen.<br />
Für alle Zögerer gilt, Optimismus aus der Vergangenheit<br />
zu schöpfen. Wann immer sinnvolle<br />
Umweltstandards gesetzt wurden, waren diese nicht<br />
der Weltuntergang und haben oft Innovationen<br />
ausgelöst. Ein Grund liegt darin, dass der Teil der<br />
Wertschöpfung, der Umweltschäden auslösen kann,<br />
weniger als 20 Prozent der Gesamtkosten ausmacht.<br />
Selbst wenn man in diesem Teil durch andere Materialien<br />
oder Recycling die Kosten um 50 Prozent<br />
steigert, so ist diese Hälfte von 20 Prozent doch<br />
nur zehn Prozent vom Gesamtpreis – wenn sie nur<br />
eins zu eins durchgereicht und nicht beaufschlagt<br />
wird. Für den Abwasserreinigungskreislauf zahlt<br />
jeder Bundesbürger beispielsweise kaum 50 Cent<br />
am Tag.<br />
Die Juristin mit dem grünen Herzen trägt in der<br />
METRO AG als Director Corporate Responsibility u. a.<br />
die Verantwortung für nachhaltige Einkaufsrichtlinien.<br />
Sie ist Teil der Jury, die 3 Gastronomen*innen<br />
für das Finale im METRO Preis für nachhaltige<br />
Gastronomie auswählt. Über den Gewinner entscheiden<br />
Jury und DNP-Publikum am 21. November um<br />
14.15 Uhr im METRO Forum gemeinsam.<br />
FRAU WEBER, WARUM SPRECHEN WIR ÜBER<br />
NACHHALTIGKEIT IN DER GASTRONOMIE?<br />
Zwei Mega-Trends, Außer-Haus-Essen und nachhaltiger<br />
Lebensstil, überschneiden sich zunehmend.<br />
Aktuell sind unsere Ausgeh-Entscheidungen davon<br />
geleitet, ob mich das Restaurant online die Karte<br />
einsehen oder einen Tisch reservieren lässt, und<br />
– noch wichtiger – wie andere Besucher das Restaurant<br />
bewerten. In Zukunft, und mit Blick auf<br />
Themen wie Klimaschutz oder Plastikmüll wird<br />
es auch entscheidend sein, wie nachhaltig ein<br />
Restaurant ist.<br />
WIE KOMMT ES, DASS DIESE THEMEN UNSERE<br />
RESTAURANTWAHL BEEINFLUSSEN?<br />
Wir alle erleben, dass unsere Umwelt unter großem<br />
Druck steht, weil wir viel zu lange nicht ausreichend<br />
verantwortungsvoll mit ihr umgegangen sind. Der<br />
Klimawandel ist eine Realität, die in den letzten<br />
Jahren durch Extremwetterereignisse, Hitzewellen<br />
und Ernteausfälle für jeden von uns spürbar wurde.<br />
Diese Entwicklungen machen auch an Restauranttüren<br />
nicht halt. Die Besucher wollen sehen, dass<br />
Themen wie Plastikmüllvermeidung, die Bekämpfung<br />
von Lebensmittelverschwendung oder Regionalität<br />
einen hohen Stellenwert haben. Zusätzlich<br />
wollen sie sich auch in ihrem Lebensstil bestätigt<br />
fühlen. Eine Karte kommt heute nicht mehr ohne<br />
vegetarische und vegane Gerichte aus.<br />
Tellern beginnt, wie viele Medien, Blogs und Politik<br />
diskutieren. Die gastronomischen Betriebe müssen<br />
sich damit auseinandersetzen, wie sie zu dem nachhaltigen<br />
Lebensstil beitragen, den ihre Kundinnen<br />
und Kunden im Alltag vermehrt anstreben. Wir<br />
essen täglich mehrmals. Mit unseren Entscheidungen<br />
können wir Veränderungen selbst und sofort<br />
herbeiführen. Deswegen ist Essen so essenziell in<br />
dieser Debatte.<br />
UND WAS WILL DER „METRO PREIS FÜR NACH-<br />
HALTIGE GASTRONOMIE“ ERREICHEN?<br />
Wir wollen mit dieser Ausschreibung zeigen, dass es<br />
bereits „grüne“ und verantwortungsbewusste Gastronomie<br />
gibt. Einreichungen aus ganz Deutschland<br />
haben uns erreicht, die unterschiedlicher nicht sein<br />
könnten – von der Betriebsgastronomie bis zum<br />
Deli. Die Bandbreite der Bewerbungen und die<br />
unterschiedlichen Konzepte haben uns gezeigt, dass<br />
Nachhaltigkeit längst ein bestimmendes Thema in<br />
der Gastronomie geworden ist.<br />
„ Nachhaltigkeit<br />
ist längst<br />
ein bestimmendes<br />
Thema in<br />
der Gastronomie<br />
geworden.“<br />
IN ZUKUNFT WIRD ES AUCH ENTSCHEIDEND SEIN, WIE NACHHALTIG EIN RESTAURANT IST.