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Zwergerl Magazin Januar 2020

Das Familienmagazin in der Metropolregion München

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s12-19_red_jan20_Layout-zm 27.12.2019 13:46 Seite 17<br />

und ansprechenden Bildern. Ihre selbstbewusste Protagonistin Clara<br />

kennt ihren Körper ganz genau und weiß, dass nur sie alleine über ihn<br />

bestimmen darf. Mit klaren Botschaften ermutigt sie junge Leserinnen<br />

und Leser ab 5 Jahren, über Gefühle zu sprechen und in unangenehmen<br />

Situationen deutlich „Nein!“ zu sagen.<br />

Das <strong>Zwergerl</strong> <strong>Magazin</strong> sprach mit Dagmar Geisler über frühe Aufklärung,<br />

Grenzen setzen und die Verantwortung der Eltern.<br />

ZM: Tantes Schlabberkuss im Buch ist für Clara ekelig, aber ist das schon<br />

Missbrauch?<br />

Dagmar Geisler: Das ist zumindest ein Übergriff. Einer dieser Momente,<br />

wo das Kind wissen muss: Ich habe das Recht, mich zu wehren.<br />

ZM: Kinder werden eher Opfer eines sexuellen Übergriffs als eines Verkehrsunfalls.<br />

Sind sich Eltern dieser Gefahr bewusst?<br />

Dagmar Geisler: Ich glaube, ja. Nur denken viele, dass die Gefahr von<br />

außen kommt, vom „fremden Mann hinterm Busch.“ Dass die meisten Übergriffe<br />

im weiteren familiären Umfeld stattfinden, wird eher verdrängt.<br />

ZM: Ihr Aufklärungsbuch gibt es nun seit 25 Jahren. Sind Kinder heute<br />

mehr gefährdet als damals?<br />

Dagmar Geisler: Das glaube ich nicht. Aber es wird heute mehr und offener<br />

über das Thema „Missbrauch“ gesprochen.<br />

ZM: Gab es einen konkreten Anlass für Ihr Buch?<br />

Dagmar Geisler: Das Buch ist in Zusammenarbeit mit Pro Familia entstanden,<br />

als das Thema mehr in den öffentlichen Fokus gerückt ist. Zuvor<br />

war Missbrauch von Kindern ganz lange ein Tabu.<br />

ZM: Was kann die selbstbewusste Clara aus Ihrem Buch bei den jungen<br />

Lesern erreichen?<br />

Dagmar Geisler: Es geht hauptsächlich darum, sich dem Thema zu nähern.<br />

Sich zu fragen: Wie reagiere ich in solchen Situationen? Kann ich<br />

vielleicht auch mal „Nein“ sagen? Und das Selbstbewusstsein zu stärken<br />

und sich die Gewissheit zu holen, dass Neinsagen erlaubt ist.<br />

ZM: Was können Eltern konkret tun, um Ihr Kind vor Missbrauch zu schützen?<br />

Dagmar Geisler: Vor allem ihre Scheu ablegen, dass sich ihr Kind in unangenehmen<br />

Situationen deutlich, vielleicht auch mal unhöflich artikuliert.<br />

Auch „Nein“ sagen oder „Fass mich nicht an!“ muss geübt werden.<br />

ZM: Wir sollen mit unserem Kind offen über Gefühle und Sexualität sprechen,<br />

damit es gegen grenzverletzende Menschen gewappnet ist und<br />

Übergriffe auch benennen kann. Wie fange ich das bloß an?<br />

Dagmar Geisler: Vor allem so früh wie möglich. Und das Thema Zuhause<br />

wie ein ganz normales unter vielen behandeln, damit es keinen besonderen<br />

Anlauf braucht, darüber zu sprechen. Vielen Eltern fällt das schwer; deshalb<br />

müssen sie eine solch offene Gesprächskultur oft auch erst einmal selbst üben.<br />

ZM: Meistens kennen sich Opfer und Täter; Täter gewinnen das Vertrauen<br />

des Kindes und der Sorgeberechtigten. Hat ein Kind da überhaupt eine<br />

Chance?<br />

Dagmar Geisler: Bei kleinen Grenzüberschreitungen kann sich ein aufgeklärtes<br />

Kind wehren. Bei schlimmem Missbrauch wird es schwierig. Wir<br />

können aber mit einer offenen Gesprächskultur gegensteuern. Die erleichtert<br />

es dem Kind, schnell Hilfe zu holen und verhindert das Verschweigen<br />

aus Angst. Nie darf dem Kind aber die Schuld gegeben<br />

werden, wenn es das Neinsagen nicht geschafft hat.<br />

ZM: Verhindert unser Schamgefühl nicht ein offenes Gespräch?<br />

Dagmar Geisler: Eine angeborene Scham ist ganz gesund und o.k. Zum<br />

Beispiel, um die eigene Intimsphäre zu schützen. Was anderes ist die<br />

Scham bei bewussten Übergriffen. Kinder reagieren unglaublich sensibel<br />

auf atmosphärische Stimmungen, diese Heimlichtuer-Stimmung, und wissen<br />

intuitiv: Da stimmt was nicht. Darüber können sie dann hoffentlich<br />

mit einer Vertrauensperson sprechen.<br />

ZM: Wie sensibilisiere ich ein Kind ohne es zu ängstigen?<br />

Dagmar Geisler: Schon bei kleinen Übergriffen wie dem Schlabberkuss<br />

der Tante sollte das offene Gespräch geübt werden. Dann weiß das Kind:<br />

wenn mir etwas unangenehm ist, kann ich darüber auch sprechen. Ein<br />

solches Einüben ist vor allem für weniger selbstbewusste Kinder wichtig,<br />

denen ein lautes „Nein, das möchte ich nicht!“ schwerer fällt.<br />

ZM: Ab wann sollte man mit Kindern über Sexualität sprechen?<br />

Dagmar Geisler: Von Anfang an! Das Thema sollte so mitlaufen, damit<br />

immer klar ist: ich darf über alles sprechen. Was nicht geht: dem Kind<br />

das Thema übergriffig aufdrücken. Das Einüben einer offenen Gesprächskultur<br />

ist manchmal eine schwierige Gratwanderung. Eltern müssen dafür<br />

sorgen, dass das Kind nicht überfordert wird. Vielleicht fragen sie sich<br />

erst einmal: Wie gut können wir selbst eigentlich über den Körper und<br />

das Thema Sexualität sprechen. Die rechtzeitige Aufklärung ist auch deshalb<br />

so wichtig, weil unsere Kinder heute über<br />

die Medien sehr früh mit Inhalten konfrontiert<br />

werden, die sie nicht gut verarbeiten können.<br />

Mit altersgerechten Büchern kann man sich dem<br />

Thema gut nähern. Man schaut sich das Buch<br />

zusammen an, spricht darüber. Selbst wenn das<br />

Kind nicht gleich auf das Thema anspringt, weiß<br />

es: mein Körper und meine Gefühle sind Themen,<br />

über die man reden kann.<br />

Das Gespräch führte Katja von Wintzingerode-Knorr passend zum Buch<br />

„Mein Körper gehört mir“, von Dagmar Geisler/Pro Familia, Loewe Verlag<br />

Kinderzahnheilkunde Miesbach<br />

Dr. Sigrid Weisshaar<br />

Stadtplatz 10· Eingang Habererplatz· 83714 Miesbach<br />

praxis@kinderzahn-miesbach.de<br />

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Tel. 08025 99 317 88<br />

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