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obacht Familienmagazin Februar/März 2020

obacht - für Februar/März 2020 mit Nicole Schmidt vom artgerecht Projekt zum Thema "Freust du dich schon auf die Schule?", Kulturbesuch in Kempten, die neuen Kinder-Kinofilme, Bücher- und Spieletipps, Nachrichten, Terminkalender, Gewinnspiel und mehr.

obacht - für Februar/März 2020 mit Nicole Schmidt vom artgerecht Projekt zum Thema "Freust du dich schon auf die Schule?", Kulturbesuch in Kempten, die neuen Kinder-Kinofilme, Bücher- und Spieletipps, Nachrichten, Terminkalender, Gewinnspiel und mehr.

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Einschulung<br />

von Manuela Subba am Telefon mit Nicola Schmidt<br />

FREUST DU DICH<br />

SCHON AUF DIE<br />

SCHULE?<br />

NEIIIIIIIIN!<br />

Jedes Vorschulkind wird ständig gefragt<br />

„Freust du dich schon auf die Schule?“,<br />

und als Antwort wird die große Begeisterung<br />

erwartet. Was aber, wenn die<br />

Antwort gegenteilig ausfällt? Als<br />

Erwachsene, Eltern, Onkel und Tanten<br />

stehen wir dann da, lächeln, und sagen<br />

„Ach was, das wird doch super.“ Entweder<br />

wechseln wir gleich das Thema, denn<br />

jetzt wird es anspruchsvoll, oder wir<br />

versuchen es mit Argumenten wie<br />

„Du wirst viele Freunde finden“ oder<br />

„Die Lehrer sind total nett“.<br />

Kinder dürfen auch negative Gefühle äußern.<br />

Solche Dinge ernst zu nehmen ist sehr<br />

wichtig. Es geht nicht darum, das Kind davon<br />

zu überzeugen, dass Schule eine super Sache<br />

ist. Viel mehr geht es darum, mit dem Kind ins<br />

Gespräch zu kommen und nachzufragen,<br />

welche Sorgen es hat. Die Einschulung ist<br />

unglaublich aufregend und fremd, und wir tun<br />

gut daran, diese ganzen Ängste und Gedanken<br />

nicht mit einem „Das muss man toll finden“<br />

wegzuwischen. Vielleicht hat das Kind Sorge,<br />

seine Kindergartenfreunde nicht mehr zu<br />

sehen, vielleicht hat es von einem älteren<br />

Freund etwas über eine böse Lehrerin gehört,<br />

oder es macht sich Gedanken um das frühere<br />

Aufstehen. Auch kleine Menschen machen<br />

sich große Sorgen. Kinder müssen hier einfach<br />

gleichwertig und gleichwürdig angenommen<br />

werden. Ganz wichtig ist, dass sie ihre Ängste<br />

oder ihre Ablehnung auch haben dürfen. Sie<br />

dürfen auch mal was doof finden. Kinder<br />

lernen am besten von Kindern, und vielleicht<br />

macht es Sinn, einen Freund zu fragen, der<br />

bereits in der Schule ist. Wie hast du das<br />

gemacht, wie war das bei dir. Es muss erlaubt<br />

sein, etwas nicht gut zu finden. Dadurch<br />

haben Kinder erst die Möglichkeit, sich mit<br />

einer Sache positiv auseinanderzusetzen.<br />

Es ist wichtig, mit dem Kind in Kontakt zu<br />

bleiben. Oft haben wir aber den Effekt, dass<br />

wir als Erwachsene viel zu viel auf die Kinder<br />

einreden. Machen Sie’s kurz, machen Sie’s<br />

klar, und wenn das Kind nicht mehr drüber<br />

reden will, lassen Sie’s los.<br />

Außer der Vorfreude erwarten Eltern ja<br />

noch ganz andere Dinge von Ihren<br />

ABC-Schützen, zum Beispiel das große<br />

Selbständig werden, womöglich auch noch<br />

Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein.<br />

Ist da die Enttäuschung auf<br />

Seiten der Eltern vorprogrammiert?<br />

Wie das Wort schon sagt: Wir sind einer<br />

Täuschung erlegen, und diese wird dann<br />

ent-täuscht. So ist es auch in diesem Fall.<br />

Nur weil ein Kind sechs Jahre alt ist und in<br />

die Schule kommt, ist es weder groß noch<br />

selbständig. Im Idealfall ist es schulfähig.<br />

Groß ist es mit 20 oder 22, wenn das Gehirn<br />

ausgewachsen ist. Wir erwarten auch oft von<br />

3-jährigen Dinge, die viele Leute mit 35 noch<br />

nicht können, wie etwa Emotionen zu<br />

regulieren, nicht zornig zu sein oder sich<br />

nicht aufzuregen. Morgens am Bahnhof, wenn<br />

der ICE Verspätung hat, sehe ich viele<br />

vermeintlich „Große“, die genau diese<br />

Probleme haben. Ein Kind mit sechs Jahren ist<br />

nicht groß, und das bedeutet wie immer bei<br />

Kindern, dass solch ein äußerer Schritt in eine<br />

fremde Welt wie bei der Einschulung einen<br />

inneren Rückschritt bedingt. Das Kind geht<br />

zurück in eine Sicherheit, die es vorher hatte.<br />

Nur aus dem sicheren Ort heraus kann es sich<br />

ins Unbekannte wagen. Das bedeutet, das<br />

Kind möchte vielleicht wieder auf den Schoß,<br />

macht nachts ins Bett, kann nicht alleine<br />

einschlafen.<br />

„Regression“ ist der Fachbegriff für dieses<br />

Zurückfallen in alte Verhaltensmuster.<br />

Wie können Eltern damit umgehen?<br />

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man<br />

hier dann hart bleiben muss, es durchziehen,<br />

konsequent sein, "Sowas darf man gar nicht<br />

erst einreißen lassen!". Das ist entwicklungspsychologisch<br />

totaler Quatsch. Das Gegenteil<br />

ist richtig. Wenn wir jetzt dem Kind die<br />

Sicherheit geben, nach der es fragt, ist es<br />

wieder an einem sicheren Ort. Vor dort aus<br />

kann es wachsen. Dann kann es selbständig<br />

werden. Vielleicht können wir dem Kind noch<br />

mehr Hilfe anbieten, zum Beispiel morgens<br />

beim Anziehen. Auch wenn es das im<br />

Kindergarten schon konnte ist es zusammen<br />

mit all den neuen Ansprüchen, die gestellt<br />

werden, möglicherweise überfordert. Und<br />

nein, sie werden nicht mit 18 immer noch bei<br />

Mama und Papa schlafen. Die Phase der<br />

Regression ist umso kürzer, je weniger Druck<br />

ausgeübt wird. Wenn wir Druck auf ein<br />

ohnehin gestresstes System geben geht es in<br />

der Regel kaputt. Stattdessen sollten wir<br />

sagen „Ich glaub du brauchst Hilfe, ich bin für<br />

dich da“.<br />

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