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KOLUMNE<br />
BABY-BOOMER-BÖHLING<br />
Fasching<br />
Kinder verkleiden sich gern – okay. Aber es besteht doch ein<br />
Unterschied zwischen „mal eben zu Hause Omas Schuhe<br />
und Papas Jackett anziehen, Opas Hut aufsetzen und vor<br />
dem großen Schlafzimmerspiegel rumkaspern“ und dem allseits<br />
beliebten Kinderfasching.<br />
Allein das Wort kann bei Eltern Schnappatmung auslösen<br />
und das jede Karnevalssession aufs Neue. Das gilt übrigens<br />
nicht nur für Eltern. Ich kenne ein Kind, dessen größte Angst es<br />
war, alle Jahre wieder als komplett verkleidete und geschminkte<br />
Biene Maja einen Klassenraum voller Zivilisten zu betreten,<br />
weil es sich im Datum geirrt hat … In diesem immer wiederkehrenden<br />
Albtraum schaute dann die ganze Klasse von der Mathearbeit<br />
auf, und die Biene in der Tür lief tiefrot an.<br />
Apropos Biene Maja … Als wir Baby-Boomer zum Fasching<br />
gingen, war die Kostümlage doch deutlich überschaubarer.<br />
In der Zeit, als Halloween hierzulande noch Weltspartag<br />
hieß, gingen die Jungen als Seeräuber oder Cowboy und die<br />
Mädchen kamen als in Gardinentüll gehüllte Prinzessin mit<br />
Pappkrönchen oder als kleine Hexe mit Reisigbesen und zerknüllter<br />
Schultüte auf dem Kopf – fertig! Wenn da mal ein bis<br />
zwei versprengte Räuber Hotzenplotze oder Pippi Langstrümpfe<br />
gesichtet wurden, war das schon das höchste der Gefühle.<br />
Mein Freund Winfried ging sogar mal als Tankwart und gewann<br />
damit prompt den ersten Preis im Kostümwettbewerb.<br />
Heute marschiert in jeder Kita-Gruppe das gesamte Star-<br />
Wars-Imperium auf, gefolgt von Bibi Blocksberg, dem Sams,<br />
Harry Potter und Ritter Rost.<br />
Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass sich die Eltern –<br />
meistens Mütter – dabei in Sachen Kreativität in der Kostümbeschaffung<br />
wirklich nicht schonen. Tankwarte gewinnen da<br />
heute jedenfalls keinen Blumentopf mehr.<br />
Was waren das für schöne Kinderjahre, als man sich – ähnlich<br />
wie später in der Junggesellenbude – nur die Frage zu stellen<br />
brauchte, was man noch einmal anziehen konnte und was<br />
besser nicht.<br />
Die Antwort war einfach: Das Vorjahreskostüm blieb im<br />
Schrank und das aus dem Jahr davor wurde passend gemacht,<br />
fertig war der rote Korsar oder Billy the Kid.<br />
Einmal habe ich es tatsächlich gewagt, als Clown zum Fasching<br />
zu gehen. Das war aber eine absolut blöde Idee, denn<br />
man ließ mich zum Spielen weder auf das Piratenschiff noch in<br />
den Wild-West-Saloon. Stattdessen spielte ich mit den Hexen<br />
und Prinzessinnen „Blinde Kuh“ – und genauso fühlte ich mich<br />
auch. Im nächsten Jahr war die Welt dann wieder in Ordnung<br />
und ich als Cowboy verkleidet. Gut: Nicht besonders originell<br />
und einer von Zwölfen, aber das mit der Individualität kam<br />
erst später. Außerdem sind die imperialen Truppen von heute<br />
ja auch nicht wirklich zu unterscheiden – möge die Macht mit<br />
ihnen sein!<br />
Dirk Böhling, Jahrgang 1964, ist Schauspieler,<br />
Dirk Böhling<br />
Regisseur, Moderator und Autor. Im STADT-<br />
MAGAZIN wirft er einen Blick auf seine<br />
Generation – und auf <strong>Bremen</strong>. Ausgewählte<br />
Kolumnen sind unter dem Titel „Alle hießen<br />
Michael, außer Stefan, der hieß Thomas“ als<br />
Buch erschienen. Nachdem die erste Auflage<br />
Alle hießen Michael,<br />
bereits im Dezember ausverkauft war, ist die<br />
außer Stefan,<br />
der hieß Thomas zweite Auflage jetzt wieder in den Kundenzentren<br />
des WESER-KURIER sowie im Buch-<br />
Erinnerungen eines Baby-Boomers<br />
mit Anmerkungen von Martin Märtens<br />
handel für 9,80 Euro erhältlich.<br />
LOKALES<br />
Tag der Liebenden<br />
Foto: Pixabay<br />
Am 14. <strong>Februar</strong> ist Valentinstag – es geht um Liebe, Romantik<br />
und Zweisamkeit. Oftmals werden Blumen verschenkt, es<br />
wird zum romantischen Essen eingeladen oder auch eine<br />
Kurzreise unternommen. Zurückgehen soll der Brauch auf<br />
den heiligen Valentin, der im dritten Jahrhundert nach Christus<br />
gelebt haben soll, Verliebte mit Blumen beschenkte und<br />
sie oftmals auch traute. (SM)<br />
66. Bremer Literaturpreis<br />
Barbara Honigmann und Tonio Schachinger ausgezeichnet<br />
Tonio Schachinger, Bürgermeister Andreas Bovenschulte und Barbara<br />
Honigmann. <br />
Foto: Senatspressestelle<br />
Der Bremer Literaturpreis <strong>2020</strong> wurde am 20. Januar im Rahmen<br />
eines Festaktes in der Oberen Rathaushalle an Barbara Honigmann<br />
verliehen. Die Autorin erhält die mit 25.000 Euro dotierte<br />
Auszeichnung für ihren 2019 im Hanser Verlag erschienenen Roman<br />
„Georg“.<br />
Jurymitglied Dr. Lothar Müller lobte in seiner Laudatio über<br />
Honigmanns Roman besonders, dass es darin kein Fazit, kein abschließendes<br />
Urteil der Tochter über das Leben ihres Vaters gibt.<br />
Stattdessen, so Müller, gebe es eine „Leerstelle“ der nicht geschriebenen<br />
Lebenserinnerungen ihres Vaters: „Es gilt manchen Lesern als<br />
Ärgernis, wenn eine Figur nicht auserzählt ist. Barbara Honigmann<br />
aber ist für die große Kunst zu loben, mit der sie in „Georg“ von ihrem<br />
Vater erzählt, ohne ihn auszuerzählen.“<br />
Den Förderpreis in Höhe von 6000 Euro erhielt Tonio Schachinger<br />
für seinen bei Kremayr & Scheriau erschienenen Roman<br />
„Nicht wie ihr“. (SM)